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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: 1 KN 119/03
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 6
BauNVO § 4 Abs. 2 Nr. 3
BauNVO § 6 Abs. 1
BauNVO § 6 Abs. 2 Nr. 3
Zum Vertrauensschutz eines allgemeinen Wohngebietes, wenn südlich eines 40 m breiten Grünstreifens die Möglichkeiten gewerblicher Nutzung intensiviert werden und die Grundlage dafür geschaffen wird, eine Moschee von überregionaler Bedeutung anzusiedeln.
Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 1216 der Antragsgegnerin. Sie sehen hierdurch vor allem ihr Vertrauen in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen verletzt, welche ihre Wohnruhe weit wirksamer geschützt hätten, und meinen, die Antragsgegnerin habe das Ausmaß der Verschlechterungen, welche die 2. Planänderung insbesondere durch die Einräumung der Möglichkeit zu mischgebietstypischer Nutzung einschließlich der Errichtung einer von den Beigeladenen beabsichtigten Moschee mit sich bringe, bei ihrer Abwägungsentscheidung nicht richtig erkannt und dementsprechend planerisch nicht (ausreichend) bewältigt.

Die Antragsteller sind Eigentümer bzw. Nutzer zweier jeweils mit einem selbstgenutzten Einfamilienhaus bebauter Grundstücke. Das im Rubrum genannte Reihenhausgrundstück des Antragstellers zu 1) liegt nördlich der Straße In der Bruchheide am Südende eines langgestreckten Karrees, welches im Norden von der Straße Schwarze Heide, im Westen von der Straße Wiedenlohe und im Osten von der Straße Lindhorn umschlossen wird. Das gleichfalls im Rubrum aufgeführte Grundstück des Antragstellers zu 3) - die Antragstellerin zu 2) ist dessen Ehefrau und nutzt dieses Grundstück mit - bildet den südöstlichen Abschluss des nach Osten gesehen übernächsten Bauquartiers, welches im Westen von der Straße Am Hasenwinkel und im Osten von der Straße Rehbruch umschlossen wird. Südlich aller genannten Wohnquartiere erstreckt sich die 40 m tiefe, schon in der Ursprungsfassung des Bebauungsplans der Antragsgegnerin Nr. 1216 festgesetzte, westöstlich verlaufende öffentliche Grünverbindung. Der Geltungsbereich dieses im Jahre 1996 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplanes wird im Süden von der Bundesautobahn 2 (Europastraße 30) und an seinem Ostende von der nach Nordosten abgehenden Bundesautobahn 352 begrenzt. Nördlich eines autobahnbegleitend festgesetzten Lärmschutzwalles und einer Fläche für Versorgungsleitungen waren im mittleren Planbereich, der hier vor allem interessiert, folgende Festsetzungen getroffen worden: Im Süden waren vier große, etwa 190 m tiefe Gewerbeflächen festgesetzt worden. Diese reichten bis zu der westöstlich verlaufenden Straße Alter Damm. Zwischen dieser und der oben beschriebenen öffentlichen Grünverbindung liegen mehrere rund 80 m tiefe Grundstücke, die in einer Tiefe von rund 73 m bebaut werden können. Für sie war mit Maßgaben Mischgebiet als zulässige Nutzungsart festgesetzt worden. § 5 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan 1216 lautete:

"Die im Plangebiet festgesetzten MI-Gebiete werden wie folgt gegliedert:

In einem 20 m breiten Streifen zur nördlich angrenzenden öffentlichen Grünverbindung hin sind nur die in § 6 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 BauNVO genannten Nutzungen - Wohngebäude und sonstige Gewerbebetriebe - zulässig. Die Gewerbebetriebe sind auch nur insoweit zulässig, als sie hinsichtlich ihres Störungsgrades auch in einem allgemeinen Wohngebiet wären.

In den übrigen Teilbereichen der MI-Gebiete sind folgende Nutzungen gemäß § 6 Abs. 2 BauNVO - Wohngebäude (Nr. 1), Geschäfts- u. Bürogebäude (Nr. 2), Einzelhandelsbetriebe (Nr. 3 teilw.), sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe (Nr. 4) sowie Anlagen für Verwaltungen (Nr. 5 teilw.) - zulässig.

Großflächige Handelsbetriebe, die nicht der planungsrechtlichen Einschränkung nach § 11 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 unterliegen, und Vergnügungsstätten aller Art sind in den MI-Gebieten generell nicht zulässig. (§ 1 Abs. 5, 6 u. 9 BauNVO)"

§ 7 der textlichen Festsetzung, welcher durch die zweite Planänderung nicht tangiert wird, schließt in den Misch- und Gewerbegebieten auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO und bauliche Anlagen aus, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig wären; ausgenommen sind Zufahrten auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen.

Nördlich der öffentlichen Grünverbindung ist allgemeines Wohngebiet festgesetzt. § 1 der textlichen Festsetzung, welcher durch die hier angegriffene zweite Planänderung nicht berührt wird, bestimmt hierzu, dass dort die gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO genannten Nutzungen nicht Bestandteil des Bebauungsplanes sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).

In der Begründung des Ursprungsplanes wurde u.a. folgendes ausgeführt: In Anbetracht des äußerst knappen Angebotes an geeigneten Flächen für den Wohnungsbau, die Ansiedlung von Gewerbetrieben und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (diese sind im Wesentlichen im westlichen Planbereich untergebracht worden) gelte das Plangebiet als eine der wenigen für diese Nutzungen geeigneten und verfügbaren Reserven. Das geplante Wohnbauland solle in besonderem Maße der Deckung des dringenden Wohnbedarfs der Bevölkerung in J. dienen. Wegen der räumlichen Nähe zu den großen Industriebetrieben im Stadtteil K. und dem benachbarten Nordhafen werde mit dem Plan zugleich die Voraussetzung zur Ansiedlung von Zuliefer- und Gewerbebetrieben geschaffen. Dabei sollten vor allem zur Stärkung und Sicherung von Arbeitsplätzen in Betrieben des Stadtteils die Möglichkeit der Just-in-time-Anlieferung offeriert werden. Zwischen dem allgemeinen Wohngebiet und dem Gewerbegebiet werde ein Mischgebiet festgesetzt, in dem wohnverträgliche Gewerbebetriebe mit allgemeiner Wohnnutzung gemischt werden könnten. Statt einer Mononutzung könnten so Nutzungen geschaffen werden, die der Nahversorgung der Bevölkerung z.B. in der Form des Einzelnhandels dienten. Damit solle die städtebauliche Vielfalt und Belebung dieses Quartiers gefördert sowie ein guter städtebaulicher Nutzungsübergang vom Gewerbegebiet zum vorhandenen/geplanten allgemeinen Wohngebiet geschaffen werden. In den MI- und GE-Gebieten zulässige Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke würden nicht Bestandteil des Bebauungsplanes. Denn diese Anlagen könnten eventuell einen größeren Besucherkreis anziehen. Das werde unter Berücksichtigung des angrenzend zu schützenden Wohnens nicht gewünscht. Die Grünverbindung habe auch die Funktion, die städtebaulich notwendige Gliederung und Trennung der unterschiedlichen Baugebiete, insbesondere die Abstufung zwischen dem allgemeinen Wohn- und dem Gewerbegebiet zu unterstützen.

Bereits Ende 1997/Anfang 1998 trug sich die Antragsgegnerin mit Gedanken zur Änderung dieses Bebauungsplanes. In einem Vorlagenentwurf vom 19. Dezember 1997 (Vorabstimmung 1997 - BA A <Planaufstellungsvorgang>, letzter Teil) wird hierzu ausgeführt: Die Notwendigkeit, innerhalb der Mischgebiete mindestens 30% der Grundstücke zu Wohnzwecken zu nutzen, stelle sich in doppelter Hinsicht als Hindernis heraus, die Planfestsetzungen umzusetzen. Zum einen betreffe das die Grundstücke innerhalb des Mischgebietes selbst. Wegen der direkt angrenzenden Gewerbegebiete fänden sich kaum Interessenten für die Wohnnutzung. Zum anderen ließen sich wegen der Möglichkeit, dass sich unmittelbar angrenzend Wohnnutzung niederlasse, die Gewerbegrundstücke nicht zweckentsprechend vermarkten. Ansiedlungswillige hegten die Befürchtung, auf die uneingeschränkt zulässige Wohnnutzung im Mischgebiet/Pufferbereich südlich des Grünzuges Rücksicht nehmen zu müssen. Zudem habe sich gezeigt, dass die nach § 7 der textlichen Festsetzungen nicht überbaubaren Grundstücksbereiche innerhalb des Gewerbegebietes die Vermarktungschancen ebenfalls schmälerten. Daher sei ein anderes Konzept für ein verträgliches Nebeneinander dieser miteinander konkurrierenden Nutzungen erforderlich. Nach den seinerzeit gehegten Vorstellungen sollten allerdings Anlagen für soziale, kulturelle, kirchliche und vergleichbare Zwecke nach wie vor nicht in die Planfestsetzungen aufgenommen werden. Diese Nutzungen sollten "mit Rücksicht auf die aufwendige Erschließung und die Lagegunst für gewerbliche Ansiedlungen an diesem Standort" weiter unterbleiben. Die sonstigen Ausschlüsse seien im Hinblick auf die mit diesen Nutzungen verbundenen Verkehrslärmimmissionen begründet.

Nachdem die Antragsgegnerin im November 2000 einen Investor gefunden hatte, welcher innerhalb des (bisherigen) Mischgebietes einen Verbrauchermarkt errichten wollte, beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 18. Januar 2001, den Bebauungsplan Nr. 1216 zum zweiten Mal zu ändern und den Entwurf dazu öffentlich auszulegen. Zugleich beschloss er die 2. Änderung schon als Satzung, allerdings unter dem Vorbehalt, dass während der öffentlichen Auslegung keine Anregungen vorgebracht würden. Weil sie dies als gegeben ansah, machte sie die zweite Änderung des Planes im Amtsblatt des Regierungsbezirkes J. Nr. 7 vom 28. März 2001 öffentlich bekannt.

Während der öffentlichen Auslegung (1.2. bis 2.3.2001) brachten die Antragsteller oder andere Grundstückseigentümer aus dem Bereich des allgemeinen Wohngebiets keine Anregungen vor. Zu Wort meldete sich allerdings die benachbarte Stadt L.. Diese hatte schon unter dem 27. Januar 1999 geltend gemacht, die Antragsgegnerin müsse Steuerungsinstrumente gegen die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit größeren Verkaufsflächen ausschließen. Unter dem 15.2.2001 wiederholte die Stadt L. ihre Bedenken und forderte, auch für die Flächen nördlich des Alten Dammes eigenständige Einzelhandelsbetriebe auszuschließen. Sie stehe im Begriff, neue Versorgungsstandorte auszuweisen. Diese Bemühungen würden zunichte gemacht, wenn die Antragsgegnerin - etwa durch Ansiedlung eines Vollsortimenter-Discounters - im Einmündungsbereich Alter Damm/Stelinger Straße einen Versorgungsschwerpunkt im Foodbereich entstehen lasse.

Nachdem die Stadt L. unter dem 7. Mai 2001 bekräftigt hatte, sie wolle die Attraktivität ihrer für den Stadtteil M. geplanten/vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten durch die nun eröffnete Möglichkeit, Einzelhandelsbetriebe zuzulassen, nicht gefährdet sehen, beschloss der Rat der Antragsgegnerin unter dem 18.12.2001 über die Anregungen der Stadt L. und die hier angegriffene zweite Planänderung erneut als Satzung. Zu den Einwendungen der Stadt L. führte sie aus: Es seien eher deren Pläne, unter anderem einen Wal-Mart mit 10.000 m² Verkaufsfläche anzusiedeln, sowie der S-Bahnhof L. und der bestehende real-Markt, welche erhebliche und bewältigungsbedürftige Spannung hervorriefen.

Die am 16. Januar 2002 (ABlRBHan, Nr. 2) bekannt gemachte 2. Änderung des Bebauungsplans 1216 umfasst den Bereich zwischen der Autobahn im Süden, der K 3 (Stelinger Straße) im Westen, der Grünverbindung/In der Bruchheide im Norden sowie des ersten Bauquartiers östlich des verschwungen verlaufenden Desbrocksheiderings. Sie setzt folgende Veränderungen fest: Es blieb bei der Festsetzung von Gewerbegebieten zwischen der Bundesautobahn/dem Lärmschutzwall und der Straße Alter Damm. Für die bisher als Mischgebiet überplanten Flächen zwischen dem Alten Damm und der öffentlichen Grünverbindung/In der Buchheide setzt der Plan jetzt eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Seine textlichen Festsetzungen lauten nunmehr:

"§ 1

Der § 5 der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 1216 wird folgendermaßen neu gefasst:

Innerhalb der Gewerbegebiete (GE) nördlich der Straße Alter Damm sind folgende, nicht wesentlich störende Nutzungen im Sinne des § 6 BauNVO zulässig:

Zulässig sind:

- Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude,

- Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,

- sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,

- Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Nicht zulässig sind:

- Lagerplätze und öffentliche Betriebe,

- Gartenbaubetriebe,

- Tankstellen,

- Vergnügungsstätten aller Art.

Ausnahmsweise können zugelassen werden:

- pro Betrieb eine Wohnung für Aufsichts- oder Bereitschaftspersonal oder für den Betriebsinhaber, sofern diese Wohnung dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse eindeutig ungeordnet ist,

1 Abs. 5 und 6 BauNVO)

§ 3

In den GE-Gebieten nördlich der Straße Alter Damm sind innerhalb des 35 m breiten Streifens an der nördlichen Plangebietsgrenze Tür-, Fenster- und sonstige Gebäudeöffnungen an der Nordseite baulicher und sonstiger Anlagen nicht zulässig, sofern von diesen Emissionen ausgehen können. Ausgenommen sind nicht zu öffnende Vorrichtungen zur Belichtung von Räumen. Die Bestimmung des Brandschutzes und sonstiger bauordnungsrechtlicher Auflagen bleiben von dieser Festsetzung unberührt.

Die Anordnung von Stellplätzen und Zufahrten an der Nordseite baulicher und sonstiger Anlagen ist innerhalb dieses 35 m breiten Streifens ebenfalls nicht zulässig.

9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB und § 12 Abs. 6 BauNVO).

§ 6

Innerhalb der eingeschränkten Gewerbegebiete nördlich der Straße Alter Damm ist die Errichtung baulicher Anlagen zur Aufstellung und Einfriedung von Wertstoffbehältern auch auf den nicht überbaubaren Flächen zulässig.

23 Abs. 5 BauNVO)."

In der Planbegründung wird insbesondere Folgendes ausgeführt: Vorrangiges Ziel sei ein neues Konzept für ein verträgliches Nebeneinander der miteinander konkurrierenden gewerblichen und der Wohnnutzung. Die uneingeschränkte Zulassung von Wohnnutzung im Pufferbereich südlich des Grünzuges habe die Attraktivität des Gewerbegebietes erheblich beeinträchtigt. Daher solle das Misch- in ein eingeschränktes Gewerbegebiet umgewandelt werden. Dort sollten nur mischgebietstypische Emissionen verursacht werden dürfen. In dem nördlichen, 35 m breiten Streifen seien weitere Nutzungseinschränkungen vorgesehen. Zusätzliche Belastungen für die im Norden angrenzende Wohnnutzungen seien demnach nicht zu erwarten. Mit den getroffenen Nutzungseinschränkungen werde gewährleistet, dass die im Norden des eingeschränkten Gewerbegebiets angrenzende Wohnnutzung nicht wesentlich beeinträchtigt werden könne. Auch die nunmehr zulässigen Schank- und Speisewirtschaften sowie die Anlagen kirchlicher, sozialer und ähnlicher Zweckbestimmung und die Beherbergungsbetriebe seien nur in dem Maße zulässig, wie sie in einem Mischgebiet zulässig seien. Bisher habe sie das mit Rücksicht auf das nördlich anschließende allgemeine Wohngebiet ausgeschlossen. Da die Wohnnutzung in dem einstigen Mischgebiet nunmehr erheblich eingeschränkt werde, sei eine Erweiterung des bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsspektrums an diesem Standort zur Durchmischung zweckmäßig. Eine Beeinträchtigung der angrenzenden Wohnnutzungen sei durch die vorgenannte Erweiterung des Nutzungsspektrums nicht zu befürchten. Hierzu trage bei, dass die Bauflächen ausschließlich über die Straße Alter Damm und damit über die dem allgemeinen Wohngebiet abgewandte Seite erschlossen würden. Eine erhebliche Mehrbelastung durch gewerblich bedingten Lärm sei voraussichtlich nicht zu erwarten.

Der Beigeladene beabsichtigt, auf dem 2.800 m² großen Bereich, der im nördlichen Knie der Einmündung des Alten Damms und des Desbrocksheideringes liegt, eine Moschee zu errichten. Die entsprechende Teilfläche aus dem ehemaligen Flurstück 56, Flur 15 der Gemarkung K. hatte ihm die Antragsgegnerin durch notariell beurkundeten Vertrag vom 20. April 2001 verkauft. In dessen Nr. 7 versprach der Beigeladene, innerhalb von 12 Monaten nach Beurkundung dieses Vertrages einen ordnungsgemäßen Bauantrag für die Errichtung eines Gebetshauses (Moschee) zu stellen und das Grundstück im Einvernehmen mit dem Stadtplanungsamt der Antragsgegnerin zu bebauen. Mit der Errichtung der Baulichkeiten solle nach Erteilung der Baugenehmigung bzw. einer vorzeitigen Bauerlaubnis begonnen werden; sie seien zügig fertig zu stellen. Nr. 8 des Vertrages räumt der Antragsgegnerin für den Fall der Nichtbefolgung ein Rücktrittsrecht ein.

Am 11. April 2003 haben die Antragsteller die 2. Änderung des Bebauungsplanes 1216 mit dem Normenkontrollantrag angegriffen und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Durch Beschluss vom 18. Juli 2003 - 1 MN 120/03 - (Leitsatz in BauR 2002, 1442, Volltext in JURIS), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, lehnte der Senat den Eilantrag ab.

Zur Begründung ihres Normenkontrollantrages machen die Antragsteller unter anderem geltend:

Die Planung sei nicht im städtebaulichen Sinne erforderlich. Es handele sich um eine reine Gefälligkeitsplanung für die Beigeladene. Mit der angegriffenen 2. Änderung des Bebauungsplanes 1216 wolle die Antragsgegnerin lediglich dem Beigeladenen lediglich die Nutzungsmöglichkeiten verschaffen, welche im Kaufvertrag vom 20. April 2001 bedungen und seinerzeit eben noch nicht rechtlich gesichert gewesen seien. Sehr bezeichnend sei, dass die Ansiedlungswünsche der Beigeladenen in den Planaufstellungsakten überhaupt nicht erwähnt würden, obwohl nicht zuletzt sie das treibende Motiv für den Fortgang des Planänderungsverfahrens gewesen seien. Die in der Planbegründung erwähnten Motive seien nur vorgeschoben. Es fehle jeder objektive Anhaltspunkt für die vom Senat in der Eilentscheidung übernommene Darstellung der Antragsgegnerin, die südlich ihrer Grundstücke gelegenen Gewerbegrundstücke hätten bis dahin nicht vermarktet werden können.

Die angegriffene Planänderung sei außerdem und vor allem abwägungsfehlerhaft. Ausweislich der Planbegründung und ihrer Erwiderung auf den zeitgleich gestellten Eilantrag habe die Antragsgegnerin wohl nicht einmal erkannt, jedenfalls nicht in einer mit dem Abwägungsgebot zu vereinbarenden Weise planerisch bewältigt, dass mit der 2. Änderung des Planes Nr. 1216 erhebliche Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohngebiets verbunden seien. Südlich davon würden nunmehr Nutzungen zugelassen, deren Störungsgrad deutlich höher sei als die bisher zulässige. Während in einem 20 m breiten Streifen bislang nur eine Nutzung habe stattfinden dürfen, welche auch in einem allgemeinen Wohngebiet hätte entfaltet werden können, sei in dem Streifen nördlich des Alten Damms nunmehr eine mischgebietstypische Nutzung zulässig. Die für diese Verschärfung angeführten Gründe überzeugten nicht. Diese hätten es allenfalls gerechtfertigt, für diesen Bereich die Wohnnutzung auszuschließen. Schon das hätte die Vermarktung der südlich davon liegenden Gewerbefläche in ausreichender Weise ermöglicht. Ohne dass es Einwendungen aus dem allgemeinen Wohngebiet bedurft habe, hätte die Antragsgegnerin zudem und vor allem ihr Vertrauen in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen in die Abwägung einstellen müssen. Das sei in rechtswidriger Weise unterblieben. Die unterlassenen Einwendungen schwächten ihre Position entgegen der vom Senat in seiner Eilentscheidung vom 18. Juli 2003 vertretenen Auffassung ihre Schutzposition nicht. Auch materiell habe ein Bedürfnis bestanden, den Nutzungskonflikt wirklich zu bewältigen. Denn nach einer nunmehr von den Sachverständigen Bonk/Maire/Hoppmann erstellten Schalltechnischen Untersuchung vom 15. April 2004 sei fraglich, ob angesichts der auf die Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche aus dem Gewerbegebiet einschließlich des LKW-Zulieferungsverkehrs, der Vorbelastung durch die Autobahnen 2 und 352 sowie des im Plangebiet gelegenen Bolzplatzes die Gesamtbelastung des allgemeinen Wohngebietes unter der Schwelle der Richtwerte bleibe. Diese schon deswegen von Rechts wegen geforderte sachverständige Untersuchung habe die Antragsgegnerin nicht angestellt. Es komme hinzu, dass das Vorhaben des Beigeladenen bei einem zu erwartenden Besucherverkehr von bis zu 500 Personen zu nicht mehr zuzumutenden Immissionen führen werde.

Die Antragsteller beantragen,

die vom Rat der Antragsgegnerin am 13. Dezember 2001 als Satzung beschlossene 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 1216 "Gewerbegebiet Alter Damm - Stadtteil K." für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin und der Beigeladene beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin, deren Stellungnahme sich der Beigeladene im Wesentlichen anschließt, erwidert:

Entgegen der Annahme der Antragsteller handele es sich nicht um eine reine Gefälligkeitsplanung. Bereits 1998 seien erste Überlegungen zur 2. Änderungsplanung angestellt und dabei erwogen worden, soziale und kirchliche Einrichtungen doch zuzulassen. Erst im Jahre 2000 sei der Beigeladene auf sie zugetreten und habe Interesse an der Errichtung einer Moschee im Stadtgebiet bekundet. Ihm habe sie verschiedene Grundstücke angeboten, bis man sich auf dieses geeinigt habe.

Die Planung sei nicht abwägungsfehlerhaft. Insbesondere habe sie das Vertrauen angemessen berücksichtigt, welches die Antragsteller in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen hätten setzen dürfen. Die Grundkonzeption des Planes sei durch die 2. Änderung nicht aufgegeben worden. Diese habe darin bestanden, das allgemeine Wohngebiet durch einen Puffer von der südlich davon zur stark emittierenden Bundesautobahn 2 hin gelegenen Gewerbefläche abzuschirmen. Die ursprüngliche Konzeption sei durch die angegriffene Planänderung nur im Detail verändert, nicht jedoch zum Nachteil des allgemeinen Wohngebiets vollständig aufgegeben worden. Ihre ursprüngliche Plankonzeption habe darin bestanden, in dem Bereich zwischen dem öffentlichen Grünzug und der Straße Alter Damm ein Mischgebiet zu schaffen, in dem sich junge Handwerksbetriebe mit entsprechendem Wohnanteil für den Betriebsinhaber ansiedelten. Diese Nutzungskonzept habe sich jedoch nicht verwirklichen lassen und zur Folge gehabt, dass das südlich davon liegende Gewerbegebiet aus Sorge, auf diese uneingeschränkte Wohnnutzung Rücksicht nehmen zu müssen, großflächig unbebaut geblieben sei. Daher sei das Gewerbegebiet nach Norden verschoben, durch mehrere textliche Festsetzungen jedoch zugleich sichergestellt worden, dass die Schutzinteressen des allgemeinen Wohngebiets nicht unangemessen hintan gestellt würden. Noch immer schiebe sich zwischen gewerbliche und allgemeine Wohnnutzung ein Puffer mit nur eingeschränkter Nutzungsmöglichkeit. Den Bewohnern des allgemeinen Wohngebiets müsse zudem entgegen gehalten werden, dass ungeachtet des Lärmschutzwalles von der unweit davon verlaufenden Bundesautobahn 2/E 30 starke Immissionen ausgingen und den Schutzanspruch des allgemeinen Wohngebiets schmälerten. Zudem wirke eine mit der 2. Planänderung geförderte Bebauung der gewerblich zu nutzenden Flächen als "Schallschutzschirm". Der mit der geplanten Moschee verbundene An- und Abfahrtsverkehr sei nicht so stark, dass sich die Geräuschbelastung auf den Grundstücken der Antragsteller - wie diese befürchteten - regelrecht verdoppele.

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und den überreichten Planaufstellungsvorgang Bezug genommen, der in seinen wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragsteller können geltend machen, die 2. Änderung des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 1216 verletze sie im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO möglicherweise in ihren Rechten. Denn ihr Interesse, von unzumutbaren Lärmbelästigungen verschont zu bleiben, die von den nunmehr als Gewerbegebiet überplanten Flächen ausgehen, war im Rahmen der Abwägung (§ 1 Abs. 6 BauGB a.F.) zu ihrem Vorteil in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215, 220 = DVBl. 1999, 100). Das gilt auch im Hinblick auf die Antragstellerin zu 2). Wenn schon Mieter beanspruchen können, dass ihr Interesse an Schutz vor unzumutbarem gewerblichen oder Straßenlärm bei der Abwägung zutreffend beurteilt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 - 4 CN 1.98 -, DVBl. 2000, 793 = BRS 62 Nr. 51; B. v. 25.1.2002 - 4 BN 2.02 -, BauR 2002, 1199 = BRS 65 Nr. 52), dann gilt dies erst recht jedenfalls für den Ehegatten des Eigentümers, der dessen Eigentum zusammen mit diesem nutzt und daher in gleicher Weise von den Auswirkungen der Planungen berührt wird. Die Antragsgegnerin hat ausweislich ihrer Planbegründung auch ausführlich Bedacht auf die Frage genommen, ob die hier angegriffene zweite Planänderung zu Lasten des allgemeinen Wohngebiets unzumutbare Belästigungen mit sich bringt. Ob sie das zutreffend bewältigt hat, ist nicht eine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Normenkontrollantrages.

Der Normenkontrollantrag ist indes nicht begründet. Das vom Senat in seinem Eilbeschluss gefundene Ergebnis hält den weiteren Angriffen der Antragsteller stand.

Der Plan ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB aus städtebaulichen Gründen erforderlich.

Welche städtebaulichen Ziele eine Gemeinde sich setzt, bestimmt sich nach ihrer Konzeption. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung sowohl dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, als auch dann, wenn sie die planerischen Voraussetzungen für eine Bedarfslage schaffen will, die sich erst für die Zukunft abzeichnet. Als Rechtfertigung kommen allein öffentliche Belange in Betracht. Solche können auch darin liegen, eine gegenwärtig vorhandene Situation zu erhalten; das gilt jedenfalls dann, wenn die Gemeinde in den Baubestrebungen eine Fehlentwicklung sehen darf. Andererseits darf die Gemeinde aber auch einen bestimmten Bauwunsch zum Anlass nehmen, ein diesem günstiges Städtebaurecht planerisch zu schaffen.

Danach begründet die Ansiedlung des von dem Beigeladenen verfolgten Vorhabens keine durchgreifenden Zweifel an der städtebaulichen Erforderlichkeit der angegriffenen Planänderung, und zwar aus zwei Gründen.

Erstens: Nach der Aktenlage und dem Vorbringen der Antragsteller bestehen keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme, die Antragsgegnerin habe sich zur Rücknahme des Ausschlusses von Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke durch den Vertragsschluss vom 20.4.2001 veranlasst gesehen. Denn der Satzungsbeschluss vom 13.12.2001 wiederholt im wesentlichen denjenigen vom 18.1.2001. Schon in der damals beschlossenen Fassung ließ der Plan durch Neufassung der textlichen Festsetzung § 5 (§ 1 der zweiten Planänderung) Anlagen für diese Zwecke (wieder) zu. Bei der öffentlichen Auslegung des Planänderungsentwurfs (1.2. bis 2.3.2001) war der Vertrag vom 20.4.2001 noch nicht in rechtsverbindlicher Weise geschlossen gewesen. Die Antragsteller haben keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme zu schildern vermocht, schon zu diesen beiden Zeitpunkten hätten sich die Verhandlungen, welche die Antragsgegnerin mit dem Beigeladenen geführt hatte, so weit auf dieses Grundstück konzentriert, dass sich die Planänderung - auch - als Bestreben darstelle, die planerische Grundlage für die erst noch zu übernehmende kaufvertragliche Verpflichtung dargestellt habe.

Zweitens: Selbst wenn die von den Klägern behauptete Kausalität bestünde, raubte dies dem Plan die städtebauliche Erforderlichkeit nicht. Denn auch dann wäre die Planänderung von einem städtebaulich ausreichenden, vor § 1 Abs. 3 BauGB standhaltenden Interesse getragen gewesen. Eine Gemeinde von der Größe und Funktion der Antragsgegnerin (Landeshauptstadt) darf ein nicht nur kulturell, sondern auch städtebaulich motiviertes Interesse daran haben, Einrichtungen dieser Art schaffen. Diese lassen sich verbreitet nicht allein aufgrund einer Angebotsplanung, sondern nur in Abstimmung mit der Gemeinde unterbringen. Deshalb darf die Gemeinde ohne Verstoß gegen städtebauliche Planungsgrundsätze Verträge über die Ansiedlung abschließen und parallel dazu die planerischen Grundlagen schaffen.

Aber auch das Bestreben, die südlich der Grünverbindung liegenden Flächen einer intensiveren Nutzung zuzuführen, ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich gewesen. Dabei kommt es nicht auf die von den Antragstellern nunmehr bestrittene Darstellung der Antragsgegnerin an, die südlich des Alten Damms gelegenen Gewerbeflächen hätten wegen der Rücksichtnahme auf die im Mischgebiet zulässige Wohnnutzung überhaupt nicht vermarktet werden können. Selbst wenn das nicht vollständig zutreffen sollte, war doch immerhin zu konstatieren, dass diese Flächen - wie auch in der mündlichen Verhandlung unbestritten geblieben ist, sich im übrigen aus den Einzeichnungen in der Planurkunde sowie der eingangs der Planaufstellungsvorgänge (BA A) abgehefteten Fotos ergibt - Ende 1997/Anfang 1998, als die Antragsgegnerin ihre Umplanungsüberlegungen begann, trotz der Tatsache, dass der Plan schon im Mai 1996 rechtsverbindlich geworden war, allenfalls untergeordneten Umfangs bebaut waren. Bereits dieser Umstand begründete die Befugnis der Antragsgegnerin, hier planerisch einzugreifen. Denn der Planbereich befand sich nicht nur in attraktiver Nähe zum VW-Werk K., sondern auch zu zwei Bundesautobahnen. Wenn sich innerhalb von viereinhalb Jahren zwischen Rechtsverbindlichkeit der Urplanung und dem hier angegriffenen Satzungsbeschluss (13. 12.2001) keine ausreichenden Interessenten fanden, so durfte dies die Antragsgegnerin selbst dann zum Anlass für die Überarbeitungsbedürftigkeit des Planes Nr. 1216 nehmen, wenn die Gewerbeflächen in J. nicht besonders rar gewesen wären. Da sich die Gemeinde nach den oben angegebenen Grundsätzen zur Anwendung des § 1 Abs. 3 BauGB ihre städtebauliche Ziele grundsätzlich selbst wählen darf und § 1 Abs. 3 BauGB nur einen vergleichsweise groben Filter für auf der Hand liegende städtebauliche Missgriffe darstellt, kann die Erforderlichkeit nicht geleugnet werden.

Die zweite Planänderung ist nicht abwägungsfehlerhaft. Der seinerzeit geltende § 1 Abs. 6 BauGB verpflichtet die planende Gemeinde, dass eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt stattfindet. In diese muss an Belangen eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Dabei darf die Gemeinde die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkennen und muss den Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vornehmen, die zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens verletzt die Gemeinde das Abwägungsgebot nicht, wenn sie sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309).

Diesen Anforderungen wird die abgegriffene Planungsentscheidung gerecht.

Die Antragsgegnerin ist in eine Abwägung eingetreten.

In diese hat sie insbesondere die Interessen der nördlich der öffentlichen Grünverbindung liegenden allgemeinen Wohnbebauung an der Beibehaltung des im Mai 1996 rechtsverbindlich gewordenen Planungszustandes eingestellt. Das ergibt sich aus den Ausführungen auf Seite 5 der Planbegründung zu Nr. 4 (Inhalte der Bebauungsplanänderung), A (Umwidmung der Mischgebiete nördlich der Straße Alter Damm in eingeschränkte Gewerbegebiete). Gleich zu Beginn wird herausgestellt, schon durch § 1 der textlichen Festsetzungen (= Neufassung des § 5 der textlichen Festsetzungen im Ur-Plan) werde gewährleistet, dass die im Norden angrenzenden Wohnnutzungen nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Mit diesen Ausführungen lässt die Antragsgegnerin nicht nur erkennen, dass sie die Interessen der Antragsteller und sonstiger Bewohner des allgemeinen Wohngebietes überhaupt in den Blick genommen hat. Zugleich lässt sie dabei erkennen, dass sie eine gewisse Beeinträchtigung der Wohnruhe im allgemeinen Wohngebiet als Folge der zweiten Planänderung zwar gesehen, jedoch zur Einschätzung gelangt ist, diese seien ihm aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen sowie des Gewichts ihres Interesses zuzumuten, die südlich davon liegenden "Filetstücke" gewerblich nutzen zu lassen.

An dieser Einschätzung ändern auch die nachfolgenden Ausführungen in der Planbegründung nichts. Darin wird zwar unter anderem dargetan, die mit der Planänderung verbundene Erweiterung des Nutzungsspektrums lasse eine Beeinträchtigung der angrenzenden Wohnnutzungen nicht befürchten. Wenn daran anschließend ausgeführt wird, hierzu trage unter anderem bei, dass die einzelnen Bauflächen ausschließlich über den Alten Damm und damit über die dem Wohnquartier abgewandten Seite erschlossen worden, so kann das nur bedeuten, diese Einschätzung sei Ergebnis einer Abwägung, welche sich mit gewissen Einbußen an Wohnqualität deshalb abfinde, weil diese abwägungsgerecht seien. Nur in diesem Sinne ist es dann auch zu verstehen, wenn einen Absatz weiter auf Seite 5 der Begründung zur zweiten Planänderung ausgeführt wird, (auch) § 3 der (neuen) textlichen Festsetzungen habe zur Folge, dass "eine Beeinträchtigung der im Norden angrenzenden Wohnnutzung .... somit nicht zu erwarten" sei. Das bedeutet nicht etwa die Annahme, diese Wohnbebauung habe überhaupt keine Einbußen zu verzeichnen. Da gerade dieses - vermeintlich - schon im Zusammenhang mit der Regelung von § 1 der textlichen Festsetzungen beteuert worden ist, kann dies bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nur die Bedeutung haben: Auch § 3 der neuen textlichen Festsetzungen trage dazu bei, dass sich die Belastungen der nördlich der Grünverbindung stehenden Wohnbebauung in einem Rahmen halten, welcher dieser bei Beachtung des Abwägungsgebotes noch zuzumuten sei.

Diese Abwägungsentscheidung ist auch im übrigen nicht zu beanstanden. Wie schon im Eilbeschluss des Senats vom 18. Juli 2003 - 1 MN 120/03 - ausgeführt, hätte sich die Antragstellerin selbst dann nicht in einer dem Abwägungsgebot und § 2 Abs. 3 Halbs. 2 BauGB widersprechenden Weise selbst gebunden, wenn sie die Abwägungsentscheidung im wesentlichen unter dem Eindruck des Kaufvertrages vom 20.4.2001 getroffen hätte. Denn ein Rechtsanspruch auf einen solchen Plan war dem Beigeladenen darin nicht eingeräumt worden. Zudem darf die Antragsgegnerin - wie oben schon dargelegt - als städtebauliches Interesse die Ansiedlung einer Moschee verfolgen.

Die Abwägungsentscheidung stellt schließt auch inhaltlich die Interessen der Antragsteller nicht unangemessen hintan. Insbesondere war es nicht erforderlich, vor der Abwägungsentscheidung durch ein Gutachten ermitteln zu lassen, welchen zusätzlichen Lärmeintrag die streitige Planänderung verursachen werde. Die planende Gemeinde muss nicht jede einzelne Planungsannahme gutachterlich untersuchen und erhärten lassen. Dazu besteht erst dann Anlass, wenn sich ihr aufdrängen musste oder ihr durch das gerade zu diesem Zwecke durchzuführende Beteiligungsverfahren verdeutlicht wurde, dass hier ein Aufklärungsbedarf besteht, den sie mit ihren eigenen Mitteln nicht zu bewältigen vermag, sondern nur mit sachverständiger Hilfe Dritter stillen kann. Beides war hier nicht der Fall. Weder haben die Antragsteller oder andere Bewohner des allgemeinen Wohngebietes während oder nach der öffentlichen Auslegung Bedenken gegen die jetzt angegriffene zweite Planänderung vorgebracht. Noch bestanden objektiv ausreichende Anhaltspunkte, die mit dieser Planänderung verbundenen zusätzlichen Lärmbelästigungen erreichten auch bei Berücksichtigung des in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen gesetzten Vertrauens ein Ausmaß, dass sie erst vollständig durch ein Gutachten ermittelt werden müssten, bevor der Rat der Antragsgegnerin eine sachgerechte Abwägungsentscheidung würde treffen können. Dieser Eindruck ist zudem gerade auf der Grundlage der schalltechnischen Untersuchung angebracht, welche die Antragsteller nunmehr zu den Akten haben gelangen lassen. Im einzelnen ist dazu auszuführen:

Die Antragsgegnerin stützte ihre Annahme, die Zusatzbelastungen könnten den Bewohnern des allgemeinen Wohngebietes zugemutet werden, unter anderem und insbesondere auf die Annahme, auch dieser Bereich sei durch die von den Bundesautobahnen 2 und 352 ausgehenden Immissionen in einem Umfang vorbelastet, dass die durch die Planänderung bewirkte Mehrbelastung nicht wesentlich ins Gewicht fällt (vgl. S. 9/10 der Planänderungsbegründung). Diese Einschätzung ist gerade auf der Grundlage der Schalltechnischen Untersuchung des Büros Bonk/Maire/Hoppmann vom 15. April 2004, welches die Antragsteller kurz vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt haben, gerechtfertigt. Danach wirken diese Autobahnen mit einem Mittelungspegel von 56 dB(A) tags und 52 dB(A) nachts auf den Südrand des allgemeinen Wohngebietes ein. § 1 der textlichen Festsetzungen der zweiten Planänderung stellt sicher, dass im gesamten Gewerbegebiet nördlich des Alten Damms nur eine mischgebietstypische Nutzung stattfindet. Diese darf daher die Orientierungswerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts nicht wesentlich überschreiten. Bereits dies führt dazu, dass die mit der zweiten Planänderung verbundenen Belastungen des allgemeinen Wohngebiets gering ausfallen. Denn schon die an dieses eingeschränkte Gewerbegebiet nördlich anschließende öffentliche Grünverbindung führt angesichts ihrer Tiefe von 40 m überschlägig betrachtet dazu, dass selbst eine volle Ausnutzung dieses Lärmkontingents die nächtliche Lärmfracht von 52 dB(A) überhaupt nicht und die am Tage zu verzeichnende die Vorbelastung (56 dB(A)) allenfalls um 1 - 2 dB(A) erhöht.

Es kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin in § 3 der textlichen Festsetzung zur zweiten Planänderung Maßnahmen ergriffen hat, welche diese neue Belastung weiter mindern. Diese Festsetzungen stellen sicher, dass wesentliche Lärmbeeinträchtigungen von dem nächstgelegenen, nunmehr eingeschränkt gewerblich zu nutzenden Geländestreifen zu Lasten des allgemeinen Wohngebiets nicht ausgehen werden und sich der Schutzstreifen daher faktisch auf etwa 75 m erweitert. Diese Festsetzungen sind bestimmt genug und wirksam. Sie gewährleisten, dass von den nördlichen Gebäudebereichen allenfalls Emissionen ausgehen werden, wie sie auch in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wären.

Eine danach etwa noch verbleibende Erhöhung der Lärmeinwirkungen ist den Antragstellern entgegen ihrer Einschätzung ungeachtet des Vertrauens zuzumuten, welches sie in die Fortgeltung der bisher rechtsverbindlichen Festsetzungen setzen durften. Richtig ist zwar, dass eine Gemeinde bei der Änderung bestehender Planfestsetzungen nicht dieselbe planerische Freiheit genießt wie bei einer Erstplanung. Bei der Entscheidung über eine Planänderung hat sie vielmehr besonders zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich die Planunterworfenen (oder auch Nachbarn des Plangebietes/-änderungsbereiches) auf die Fortgeltung der Planfestsetzungen eingerichtet haben und welches Gewicht diesem Vertrauen in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen zukommt (vgl. Senatsurteil v. 18.9.2001 - 1 L 3779/00 -, BauR 2002, 906 = DVBl. 2002, 713). Wird ein Bebauungsplan geändert, so ist das Interesse der Planbetroffenen an der Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes nicht nur/erst dann abwägungserheblich, wenn die Planänderung ein subjektives öffentliches Recht berührt oder beseitigt. Bei einer Planänderung abwägungsrelevant ist vielmehr jedes mehr als nur geringfügige private Interesse am Fortbestehen des Bebauungsplanes in seiner bisherigen Fassung, selbst wenn dieser den Planunterworfenen bislang nur tatsächlich, nicht jedoch in rechtlich gesicherter Weise begünstigt hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 - 4 NB 3.92 -, NVwZ 1993, 468 = DVBl. 1992, 1441 = BRS 54 Nr. 21; siehe auch Beschl. v. 3.12.1997 - 4 B 193.97 -, Buchholz 11, Art. 14 GG Nr. 317). Allerdings schließt all dies eine Änderung bestehender Festsetzungen nicht aus. Vielmehr kommt es sowohl hinsichtlich des Ob als auch hinsichtlich der Tragweite zulässiger Planänderungen auf das Gewicht der konkurrierenden Interessen an, welche in diesem Fall für eine Planänderung streiten.

Danach ist im Hinblick auf die textliche Festsetzung des mit der zweiten Planänderung eingeführten § 1, welcher die Ansiedlung einer Moschee ermöglicht, folgendes auszuführen:

Es kann unentschieden bleiben, ob eine Moschee, wie das VG Frankfurt (Urt. v. 27.8.2001 - 3 E 815/01 -, NVwZ-RR 2002, 175) im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 27.9.1992 - 4 C 50.89 -, UPR 12992, 269 = NJW 1992, 2170 = BRS 54 Nr. 193) meint, wegen § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO selbst in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wäre. Es sind jedenfalls keine durchgreifenden Bedenken erkennbar, hierfür in einem Abstand von mindestens 200 m zum nächstgelegenen Rand eines allgemeinen Wohngebietes die planerische Grundlage zu schaffen und dies für einen Bereich zu tun, der verkehrstechnisch eindeutig so von dem WA abgegrenzt ist, dass der Zu- und Abfahrtsverkehr zu dieser Moschee (anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht am 27.9.1992, aaO, entschiedenen Fall) nicht durch das allgemeine Wohngebiet geleitet wird. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass es dem Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) gerade nicht widersprechen würde, ein allgemeines Wohn- unmittelbar an ein Mischgebiet grenzen zu lassen. Aus der sachverständigen Würdigung des Verordnungsgebers in § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO 1990, wonach Moscheen jedenfalls in Mischgebieten grundsätzlich unbedenklich sind und deshalb zu den Regelnutzungen gehören, ergibt sich, dass jedenfalls auch bei einer solchen (um 200 m getrennten) "Nachbarschaft" unzumutbare Belästigungen zu Lasten eines allgemeinen Wohngebiets grundsätzlich als ausgeschlossen anzusehen sind. Daraus folgt, dass der Schutz, den der Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 1216 in seiner ursprüngliche Fassung durch Teilausschluss der in § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO genannten Anlagen gewährleistete, nicht annähernd so weit reichte, wie die Antragsteller nunmehr vortragen. Die "Wiedereinführung" der Regelnutzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO erlegt den Antragstellern daher bei objektiver Betrachtung weit weniger Lasten auf, als die Antragsteller dies annehmen.

Aber auch die Intensivierung der gewerblichen Nutzung südlich der öffentlichen Grünverbindung stellt das in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen gesetzte Vertrauen "des allgemeinen Wohngebiets" nicht ohne ausreichende städtebauliche Rechtsfertigung hintan. Schon der Umstand, dass diese Mischgebiets- und Gewerbeflächen trotz des nahen VW-Werks K. und der nachgerade idealen Autobahnanbindung(en) innerhalb von viereinhalb Jahren kaum bebaut worden waren, berechtigte die Antragsgegnerin dazu, hier steuernd einzugreifen und die Attraktivität dieses Areals weiter zu erhöhen. Auf die Frage, ob dies allein durch die Zulassung der Wohnnutzung im Mischgebietsstreifen bedingt war, kam es danach allenfalls in zweiter Linie an.

Dabei brauchte sich die Antragsgegnerin entgegen der Annahme der Antragsteller keineswegs darauf zu beschränken, nur die Wohnnutzung aus dem Mischgebietsteil des ursprünglichen Planes zurückzudrängen. Denn bereits nach den bisherigen Festsetzungen hatten die Antragsteller schon wegen der von den Bundesautobahnen ausgehenden Lärmfrachten allen Anlass, ruhebedürftigere Wohnungsteile nicht nach Süden auszurichten. Die angegriffene Planänderung fügt der Situation also nichts hinzu, was die Wohnsituation der Antragsteller und der übrigen Anlieger sozusagen grundsätzlich in Frage stellte, diese gleichsam umkrempelte und die Wohnsituation grundsätzlich neu "definierte".

Die Antragsgegnerin war auch bei Berücksichtigung des Vertrauens in die Fortgeltung bestehender Festsetzungen nicht verpflichtet, die Planänderungen sozusagen auf das Allernötigste zu beschränken. Es ist bereits zweifelhaft, ob allein die "Herausnahme" der Wohnnutzung aus dem für das bisherige Mischgebiet geltenden Nutzungsspektrum ausreichen würde, die Attraktivität der südlich davon gelegenen Gewerbeflächen so zu erhöhen, dass sich nunmehr nennenswerten Umfangs Ansiedlungswillige finden ließen. Dann hätten die dort zulässigen Gewerbe nach der textlichen Festsetzung § 5 (Urfassung) noch immer nur den Störungsgrad eines allgemeinen Wohngebietes entfalten und dementsprechend - vice versa - verlangen dürfen, von Süden her keinen unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt zu sein.

Außerdem und vor allem aber darf die planende Gemeinde, wenn sie sich schon an eine Umplanung macht, das zulässige Baugeschehen so weit steuern und verändern, wie dies triftige Interessen der sonstigen Planunterworfenen - bei aller Beachtung des o.g. Vertrauens - nicht unzumutbar hintanstellt. Durch die oben gewürdigten Einschränkungen für den Bereich zwischen der öffentlichen Grünverbindung im Norden und dem Alten Damm im Süden hat die Antragsgegnerin die mit der Planänderung verbundenen Nachteile so weit verringert, dass sich die Auswirkungen auf ein Minimum beschränkten. Angesichts der durch die Erschließungsanlagen grob "vorgezeichneten" Zuschnitte der künftigen Gewerbegrundstücke war auch nicht anzunehmen, dass die mit der Zulassung gewerblicher Nutzung verbundenen Einbußen auf den nördlich der als Puffer dienenden öffentlichen Grünverbindung zu unzumutbaren Belästigungen führen würde. Diese Grundstücke können nur über den Alten Damm erreicht werden. Der verläuft in einer Entfernung von ca. 130 m zu der jenseits der Grünverbindung stehenden Wohnbebauung. Näher kann der Zu- und Abgangsverkehr also nicht an die Wohngrundstücke herangelangen. Da der Lärm mit der Verdoppelung der Entfernung exponentiell um 4 dB(A) abnimmt, liegt der durch den Zu- und Abgangsverkehr zu den neuen Gewerbeflächen verursachte Lärm aller Voraussicht nach deutlich unter dem Wert der Lärmvorbelastung, den die Autobahnen im Süden des Plangebietes nach der nunmehr vorgelegten Schalluntersuchung des Büros Bonk/Maire/Hoppmann vom 15.4.2004 zu Lasten des allgemeinen Wohngebietes verursachen.



Ende der Entscheidung

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