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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.02.2005
Aktenzeichen: 1 KN 7/04
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 11
BauGB § 1a III 3
BauGB § 1a III 4
BauGB § 214 I Nr 2
BauGB § 3 I 1
BauGB § 3 II 4
1. Verzichtet die Gemeinde auf die Durchführung einer vorgezogenen Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB, ist der Verstoß gegen diese Beteiligungsvorschrift unbeachtlich.

2. Es hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit eines Bebauungsplans, wenn die Gemeinde dem Betroffenen das Ergebis der Prüfung der von ihm geltend gemachten Anregungen entgegen § 3 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz BauGB nicht mitteilt.

3. Entscheidet sich die Gemeinde zur Durchführung von naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages gemäß § 11 BauGB, reicht es aus, wenn der Vertrag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses abgeschlossen und damit das "Mindestmaß an rechtlicher Bindung" hergestellt ist, das nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 19.9.2002 -4 CN 1.02-,BRS 65 Nr. 20) zu verlangen ist.


Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die Bebauungspläne Nr. 0312 und Nr. 0304 - 3. Änderung - der Antragsgegnerin. Sie befürchten eine unzumutbare Belastung ihrer Ferienhausgrundstücke mit Verkehrslärm bei Verwirklichung der Festsetzung allgemeines Wohngebiet des erstgenannten Bebauungsplanes und bei Umsetzung der das Baugebiet erschließenden Stichstraße, die Gegenstand der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 ist.

Die Antragsteller sind Eigentümer der Grundstücke O. 41 und 43 (Antragsteller zu 1.) bzw. 35 B (Antragsteller zu 2.). Alle drei Grundstücke liegen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 0304 mit der Festsetzung Sondergebiet (Ferienhausgebiet), und zwar am nördlichen Rand des Plangebietes. Die Ferienhausgrundstücke der Antragsteller werden von der mit ihrer Nordseite an die genannten Flurstücke angrenzende, hier von Westen nach Osten verlaufende O. erschlossen.

Am 26. März 1997 beschloss der Rat des Rechtsvorgängers der Antragsgegnerin, der Flecken P., auf einer unmittelbar an den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 0304 nördlich anschließenden Fläche von 38 m Tiefe und ca. 250 m Breite den Bebauungsplan Nr. 0312 aufzustellen, um im gesamten Plangebiet ein weiteres Ferienhausgebiet festzusetzen. Nach Aufgabe dieser Zielvorstellung für den weitaus überwiegenden Teil des zukünftigen Geltungsbereiches und Bekanntgabe der Absicht, mit Ausnahme eines kleinen Teilgebietes im Osten, für das weiterhin die Festsetzung Sondergebiet für Ferienhausnutzung vorgesehen sei, den übrigen Bereich als allgemeines Wohngebiet festzusetzen, leitete der Flecken das Beteiligungsverfahren ein, das zur Auslegung der Planunterlagen in der Zeit vom 1. März 1999 bis zum 1. April 1999 führte. Der Rat des Fleckens prüfte in seiner Sitzung vom 29. Juni 1999 die eingegangenen Bedenken und Anregungen und beschloss den Plan als Satzung. Die Bekanntmachung des Planes stellte der Flecken zurück, um die Erschließungsfrage für das neue Baugebiet zu lösen.

Am 14. Oktober 1999 beschloss der Rat des Fleckens, den Bebauungsplan Nr. 0304 in einem Teilbereich zwischen dem Grundstück O. 41 des Antragstellers zu 1. und dem Grundstück O. 37 B zu ändern - 3. Änderung -. Die Altfassung des Planes setzte an dieser Stelle eine 3 m breite Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung Fuß-/Radweg fest, die von der O. abzweigte und im Norden an der Plangrenze endete. Mit der Planänderung bezweckte die Antragsgegnerin, anstelle des Fuß- und Radweges eine 5 m breite öffentliche Straße festzusetzen, um darüber die Bauplätze im allgemeinen Wohngebiet des Bebauungsplanes Nr. 0312 zu erschließen. Während der Auslegung des Planentwurfes in der Zeit vom 27. Juni 2001 bis zum 27. Juli 2001 regte der Antragsteller zu 1. an, auf eine Anbindung des neuen Baugebietes an dieser Stelle zu verzichten. Er habe im Vertrauen auf die alte Planung sein Ferienhausgrundstück erworben. Jetzt müsse er damit rechnen, dass in unmittelbarer Nachbarschaft seines Grundstückes O. 41 ein immissionsreicher Verkehrsknotenpunkt entstehe.

Der Rat des Fleckens P. prüfte in seiner Sitzung vom 23. Oktober 2001 die eingegangenen Anregungen, darunter auch die des Antragstellers zu 1., und beschloss die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 als Satzung. Als Rechtsnachfolgerin des Fleckens entschied die Antragsgegnerin, eine schalltechnische Stellungnahme des TÜV Nord Umweltschutz GmbH & Co. KG - TÜV Nord - zu dem Ausmaß der von der neuen Verkehrsanbindung ausgehenden Verkehrsgeräusche in unmittelbarer Nachbarschaft der geplanten Festsetzungen einzuholen. Der TÜV Nord bescheinigte in seiner Stellungnahme vom 25. Juli 2002 eine deutliche Unterschreitung der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV. Nach Einarbeitung dieser Aussage in die Begründung des Bebauungsplanes beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 27. Februar 2003 die 3. Änderung des Bebauungsplanes als Satzung.

Der Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung - wurde am 14. November 2003 und der Bebauungsplan Nr. 0312 wurde am 19. Dezember 2003 bekannt gemacht.

Das rechteckige Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 0312 grenzt im Süden und Westen an den Bebauungsplan Nr. 0304. Nördlich des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes Nr. 0312 schließen sich langgestreckte Wohngrundstücke an, die wiederum auf ihrer Nordseite Zugang zu der Q. Straße haben. Der Bebauungsplan Nr. 0312 stößt lediglich in seiner nördlichen Ecke auf Höhe des festgesetzten Sondergebietes an die genannte Straße an. Der Plan setzt auf einer 38 m x 220 m großen Fläche allgemeines Wohngebiet fest. Dazu gehört auch die Festsetzung einer Straßenverkehrsfläche, die stutzenförmig auf die südliche Grenze des Plangebietes zuläuft, und zwar an der Stelle, an der sich nach Süden im Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 0304 - 3. Änderung - die Festsetzung einer öffentlichen Straße anschließt. Mit dem Bebauungsplan Nr. 0312 will die Antragsgegnerin 13 Bauplätze für Bürger aus dem Gemeindegebiet zur Errichtung von Wohnhäusern für den Eigenbedarf zur Verfügung stellen. Die Begründung zu dem Bebauungsplan führt hierzu aus: Wegen des auf den Fremdenverkehr zurückzuführenden Verdrängungswettbewerbs auf dem Wohnbaumarkt fänden junge Leute keine freien Bauplätze mehr. Die Gemeinde beabsichtige, den Erwerb der Baugrundstücke durch Einheimische mit Hilfe der abzuschließenden Kaufverträge zu steuern. Im Osten des Plangebietes wird der Bebauungsplan Nr. 0312 durch eine kleine Fläche mit der Festsetzung Sondergebiet (Ferienhausgebiet) abgerundet.

Die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 betrifft lediglich einen geringen Teil des Planes in seiner Ursprungsfassung, die zahlreiche Grundstücke in dem Winkel zwischen Q. Straße im Norden und R. (Kreisstraße 212) im Osten als Ferienhausgebiet festsetzt. Mit der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 wird zwischen den Grundstücken O. 41 und 37 B eine 5 m breite Straßenverkehrsfläche und entlang der genannten Grundstücke jeweils eine 3 m breite öffentliche Grünfläche festgesetzt. In der Begründung zu der Planänderung heißt es, die Anbindung des Plangebietes über die Stichstraße im Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 0304 sei den Anliegern zuzumuten. Die Berechnung des TÜV Nord habe ergeben, dass der zu erwartende Verkehrslärm die Immissionsgrenzwerte weit unterschreite. Eine Erschließung der Baugrundstücke über eine Zuwegung im nordöstlichen Bereich des Plangebietes zur Q. Straße scheide aus, weil die Q. Straße hier steil ansteige und direkt auf die Deichkrone hinauf führe. Auf der Deichkrone befinde sich der Kreuzungsbereich mit der Kreisstraße 212. Die Deichauffahrt sei hier sehr schmal und in keiner Weise für einen Begegnungsverkehr geeignet. Zudem stehe das im Sondergebiet des Planes befindliche Grundstück, das an die Q. Straße angrenze, nicht im Eigentum der Gemeinde. Die weiter westlich gelegenen Grundstücke zwischen dem Plangebiet und der Q. Straße stünden ebenfalls nicht im Eigentum der Gemeinde. Auch in diesem Bereich sei die Q. Straße sehr schmal und nicht für den Begegnungsverkehr geeignet. Eine Verlängerung der Planstraße im Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 0312 in Richtung Westen mit Anbindung an die O. komme nicht in Betracht. Die Zuwegungsstraße zur O. stehe nicht im Eigentum der Gemeinde. Eine solche Alternative führte im Übrigen zu Mehrkosten von mindestens 100.000,-- €, weil die für den Verkehrsweg zu veranschlagende Fläche deutlich größer und fremder Grundbesitz anzukaufen sei. Wegen des anderen Zuschnitts des Wohngebietes verringere sich die Anzahl der zu verkaufenden Grundstücke und damit die Gesamtverkaufsfläche. Dadurch steige der Erwerbspreis für die einheimischen Kaufwilligen in nicht mehr zu vertretender Weise.

Die Antragsteller haben am 9. Januar 2004 die Normenkontrolle gegen die Bebauungspläne Nr. 0312 und Nr. 0304 - 3. Änderung - eingeleitet. Zur Begründung tragen sie vor: Es liege ein Verfahrensmangel vor. Die Niedersächsische Gemeindeordnung und das Baugesetzbuch verpflichteten die Gemeinde, die unmittelbar Betroffenen nach Möglichkeit frühzeitig von den beabsichtigten Maßnahmen in Kenntnis zu setzen. Dies sei hier nicht geschehen. Auf die Anregungen des Antragstellers zu 1. im Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 habe die Antragsgegnerin mit einem Schreiben reagiert, demzufolge die Angelegenheit erledigt sei. Die Planung sei nicht erforderlich. Einheimische hätten kein Interesse an Bauplätzen. In der Vergangenheit seien mehrfach Flächen, die an sich für Bürger der Gemeinde zur Verfügung gestellt worden seien, mangels Nachfrage an Hersteller von Ferienwohnungen verkauft worden. Da eine Festsetzung der gesamten Fläche des Bebauungsplanes Nr. 0312 als Ferienhausgebiet wegen der bestehenden Überfremdung keine Mehrheit in den Gremien bekommen hätte, habe sich die Gemeinde entschieden, ein allgemeines Wohngebiet unter dem Vorwand festzusetzen, es bestünde ein Bedarf für die Bereitstellung von Bauplätzen an Ortsansässige. Die Antragsgegnerin plane im Übrigen die Schaffung weiterer Bauplätze für Einheimische an anderer Stelle. Die Gemeinde habe ferner nicht ausreichend Varianten für eine verkehrliche Anbindung des neuen Baugebietes geprüft. Nördlich des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes Nr. 0312 habe ein Grundstück drei Jahre zum Verkauf gestanden. Über diese Baulücke hätte eine Zuwegung zu der Q. Straße geschaffen werden können. Mit der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 werde die Verkehrslärmproblematik nicht hinreichend bewältigt. Der Antragsteller zu 1. habe darauf vertrauen können, dass an der linken Seite seines Grundstücks O. 41 nur ein Fuß- und Radweg verlaufe. Zukünftig werde sein Grundstück an drei Seiten von Verkehrsflächen umgeben. Die Antragsgegnerin plane zudem, die Müllbehälter für das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 0312 im Bereich der Zufahrt zu dem neuen Baugebiet auf Höhe seines Grundstücks O. 41 zu platzieren. Sein Ferienhaus werde dadurch im Wert gemindert. Die Vermietung als Ferienobjekt sei in Frage gestellt.

Die Antragsteller beantragen,

den vom Rat des Rechtsvorgängers der Antragsgegnerin, des Fleckens P., am 29. Juni 1999 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 0312 und den vom Rat der Antragsgegnerin am 27. Februar 2003 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung - für unwirksam zu erklären.

Die anwaltlich nicht vertretene Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.

Sie erwidert: Weitere Baugrundstücke für Einheimische gebe es nicht. Von den im Zuge des Neubaus der Ortsumgehungsstraße entstandenen sechs Baugrundstücken befänden sich vier im Besitz privater Eigentümer, die die Flächen auswärtigen Interessenten anböten. Die verbleibenden zwei Grundstücke seien wegen ihrer Größe von 1135 qm bzw. 2407 qm und wegen der eingeschränkten Bebaubarkeit mit nur einem Einfamilienhaus zu teuer. Auf den Hinweis der Antragsteller auf eine Baulücke an der Q. Straße sei zu erwidern, dass an dieser Stelle in dem Bebauungsplan Nr. 0304 in seiner Ursprungsfassung aus dem Jahr 1983 eine Anbindung an die Q. Straße vorgesehen worden sei. Nach Verkleinerung des Plangebietes um die jetzt wieder neu festgesetzten Flächen des Bebauungsplanes Nr. 0312 im Jahr 1985 sei auch die mögliche Anbindung an die Q. Straße entfallen. Die schalltechnische Stellungnahme des TÜV Nord belege, dass der zu erwartende Anliegerverkehr in das neue Baugebiet über die Stichstraße die Bewohner der O. nicht unzumutbar mit Verkehrsgeräuschen belaste. Der Bebauungsplan Nr. 0312 setze lediglich Müllbehälterstandplätze innerhalb der Wendeanlagen, nicht aber auf Höhe des Grundstücks O. 41 fest. Städtebauliche Verträge zur Durchführung der naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen seien vorbereitet worden. Ein Abschluss dieser vertraglichen Vereinbarungen sei nicht zustande gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag der Antragsteller ist zulässig.

Die Antragsteller sind antragsbefugt gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Ihre Grundstücke an der O. liegen zwar außerhalb des Geltungsbereiches des unmittelbar nördlich angrenzenden Bebauungsplanes Nr. 0312 und außerhalb des Geltungsbereiches der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304, die nur den bisher als Fuß- und Radweg festgesetzten Bereich erfasst. Die Grundstücke der Antragsteller liegen aber entweder im Einmündungsbereich (Grundstück O. 41 des Antragstellers zu 1.) der mit dem Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung - festgesetzten öffentlichen Verkehrsfläche, die das Baugebiet des Bebauungsplanes Nr. 0312 erschließt, oder jedenfalls im weiteren Verlauf der O. (Grundstücke O. 43 des Antragstellers zu 1. und 35 B des Antragstellers zu 2.), auf der der Anliegerverkehr des neuen Baugebietes fließen wird. In dieser planungsrechtlichen Situation ist das Interesse der Antragsteller, Beeinträchtigungen abzuwehren, die sich aus einer faktischen Steigerung des Zu- und Abgangsverkehrs ergeben, abwägungsbeachtlich (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 17.9.1998 - 4 CN 1.97 -, BRS 60 Nr. 45; Beschl. v. 19.8.2003 - 4 BN 51.03 -, BauR 2004, 1132).

Der Antrag ist teilweise begründet. Die beiden Bebauungspläne Nr. 0312 und Nr. 0304 - 3. Änderung - sind wegen der Mängel beim Ausgleich der Eingriffe in Natur und Landschaft unwirksam. Die weiteren rechtlichen Angriffe der Antragsteller gegen beide Pläne bleiben erfolglos.

Die beiden Planungen der Antragsgegnerin begegnen in verfahrensrechtlicher Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Es ist nicht ganz klar, worauf der Einwand der Antragsteller in dem Schriftsatz vom 15. April 2004 zu 1. abzielt, soweit dort ausgeführt wird, sie seien als unmittelbar Betroffene nicht von der Planung der Antragsgegnerin in Kenntnis gesetzt worden, obwohl die gesetzlichen Bestimmungen eine möglichst frühzeitige Beteiligung vorsähen. Falls die Antragsteller damit geltend machen wollen, die Antragsgegnerin habe im Rahmen der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 entgegen der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BGBl I S. 2141, berichtigt BGBl 1998 I S. 137), geändert durch Gesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2850), keine vorgezogene Bürgerbeteiligung durchgeführt, ist dieser Einwand zwar nach der ergänzenden Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2005 zutreffend, aber unbeachtlich. Die genannte Vorschrift bestimmt, dass die Bürger möglichst frühzeitig insbesondere über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung öffentlich zu unterrichten sind und ihnen Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben ist. Die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes unbeachtlich. § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (jetzt § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB 2004), der die Beachtlichkeit von Verstößen gegen die Vorschriften über die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange regelt, führt § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht auf. Die Verletzung der genannten Beteiligungsvorschrift hat daher keine Rechtsfolgen (OVG Münster, Urt. v. 19.10.1993 - 10 a NE 41/89 -, NWVBl. 1994, 169; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 3 Rdnr. 8).

Auch das weitere Vorbringen der Antragsteller, die zu dem Planentwurf vorgebrachten Anregungen des Antragstellers zu 1. seien nach Beschlussfassung über die 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 0304 dahingehend beschieden worden, dass die Angelegenheit erledigt sei, führt nicht zur Annahme eines Verfahrensmangels. Ein Schreiben mit einem solchen Inhalt findet sich in den Planunterlagen der Antragsgegnerin nicht. Die Antragsteller haben ebenfalls ein Schreiben mit dem dargestellten Inhalt nicht vorgelegt. Soweit die Antragsteller mit ihrem Vorbringen zum Ausdruck bringen wollen, dass die Anregungen des Antragstellers zu 1. von der Antragsgegnerin überhaupt nicht beschieden worden seien, entspricht diese Darstellung den Tatsachen. Nach dem vorgelegten Aufstellungsvorgang, dort Spalte 10, ist lediglich der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband in S. unter dem 9. April 2003 über die Behandlung seiner Anregungen durch Mitteilung der Abwägungsempfehlung benachrichtigt worden. Die Antragsgegnerin hat bestätigt, dass der Antragsteller zu 1. nicht über die Prüfung der von ihm unter dem 13. Juli 2001 vorgebrachten Anregungen schriftlich informiert worden ist. Darin liegt zwar ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz BauGB, der in Anknüpfung an den 1. Halbsatz, fristgemäß vorgebrachte Anregungen sind zu prüfen, bestimmt, dass das Ergebnis der Prüfung mitzuteilen ist. Eine Verletzung dieser Vorschrift ist aber ebenfalls unbeachtlich. Unterbleibt die Mitteilung nach § 3 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz BauGB, hat dies keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Bebauungsplanes (W. Schrödter, aaO, § 3 Rdnr. 41 m.w.N.).

Die Bebauungspläne Nr. 0312 und 0304 - 3. Änderung - der Antragsgegnerin sind - mit Ausnahme der Mängel beim Ausgleich der Eingriffe in Natur und Landschaft - in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Antragsteller ziehen die Erforderlichkeit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes in dem Bebauungsplan Nr. 0312 zu Unrecht in Zweifel. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was im Sinne dieser Vorschrift erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen nicht vollzogen werden kann oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung hat (BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29). Soweit dem Vorbringen der Antragsteller die rechtliche Vorstellung zugrunde liegt, die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes sei nur dann "erforderlich" im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, wenn im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ein Bedarf nach Bauplätzen aktuell bestehe oder sich doch zumindest für die Zukunft bereits abzeichne, überspannen sie die Anforderungen der genannten Vorschrift. Erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB kann auch eine bauleitplanerische Regelung sein, die es der Gemeinde im Vorgriff auf künftige Entwicklungen ermöglichen soll, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich zwar noch nicht konkret abzeichnet, aber bei vorausschauender Betrachtung in einem absehbaren Zeitraum erwartet werden kann (BVerwG, Beschl. v. 8.9.1999 - 4 BN 14.99 -, BRS 62 Nr. 2). Daran gemessen entspricht die Angebotsplanung der Antragsgegnerin der gesetzlichen Leitvorstellung.

Mit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes möchte die Antragsgegnerin ausweislich ihrer Ausführungen zur Planveranlassung in der Begründung des Planes Bauplätze zur Errichtung von Wohnbauvorhaben für die einheimische Bevölkerung zur Verfügung stellen. Diese planerische Vorstellung genügt den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB. Mit dem Vorbringen, die Antragsgegnerin plane, weitere Bauplätze für Einheimische zu schaffen, könnten die Antragsteller allenfalls die Rechtmäßigkeit zukünftiger Pläne, die Bauland für die ortsansässige Bevölkerung festsetzen, in Frage stellen. Die Antragsgegnerin hat diesem Vorbringen im Übrigen mit dem Hinweis widersprochen, dass gegenwärtig die Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Erweiterung des Angebotes von Bauplätzen für Einheimische nicht geplant sei. Die Angebotsplanung der Antragsgegnerin wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Zuge des Neubaus der Ortsumgehungsstraße insgesamt sechs neue Baugrundstücke entstanden sind. Vier der genannten Grundstücke sind in Privatbesitz, so dass die Antragsgegnerin den Verkauf an einheimische Interessenten nicht steuern kann. Die verbleibenden zwei Grundstücke sind sehr groß (1135 qm bzw. 2407 qm) und nur mit einem Einfamilienhaus bebaubar. Sie kommen wegen der mit der Anschaffung verbundenen hohen Kosten nur eingeschränkt für junge Bauwillige aus dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin in Betracht.

Die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 ist ebenfalls gemäß § 1 Abs.3 BauGB erforderlich. Mit der Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung Straße in dem Änderungsbereich wird die Erschließung des neuen Baugebietes in dem Bebauungsplan Nr. 0312 gesichert und damit ein städtebauliches Anliegen verfolgt.

Die angegriffenen Bebauungspläne verstoßen auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB (jetzt: § 1 Abs. 7 BauGB 2004). Nach dieser Vorschrift sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und die privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Abwägung ergeben sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309). Sie lassen sich wie folgt zusammen fassen: Eine sachgerechte Abwägung muss überhaupt stattfinden. In diese muss eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Dabei darf die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkannt und muss der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen werden, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Diesen Anforderungen genügen die Planungen der Antragsgegnerin. Die Antragsteller machen vergeblich geltend, dass die Gemeinde nicht erschöpfend Erschließungsvarianten für die Anbindung des Baugebietes Nr. 0312 geprüft habe.

Die Antragsgegnerin hat bei der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 0304 - 3. Änderung - das Interesse der Antragsteller an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes - Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung Fuß-/Radweg - zwischen den Grundstücken O. 37 B und 41 gesehen und seinem Gewicht entsprechend in die Abwägung einbezogen. Die genannte Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 0304 in seiner Ursprungsfassung begründet ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass Veränderungen, die sich für Nachbarn nachteilig auswirken können, nur unter Berücksichtigung ihrer Interessen vorgenommen werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 - 4 NB 3.92 -, BRS 54 Nr. 21; Beschl. v. 3.12.1997 - 4 B 193.97 -, Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 317; Urt. d. Sen. v. 18.9.2001 - 1 L 3779/00 -, BRS 64 Nr. 31). Ausweislich der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung -, Seite 1, hat die Antragsgegnerin Varianten einer Anbindung des neuen Baugebietes in dem Bebauungsplan Nr. 0312 über die Q. Straße und über eine Verlängerung der Planstraße des neuen Baugebietes in Richtung Westen zur O. erwogen und aus nachvollziehbaren, im Rahmen der Abwägung nicht angreifbaren Gründen verworfen. Die Erschließung des Plangebietes an der Stelle im Nordosten des Geltungsbereiches, an der der Bebauungsplan Nr. 0312 an die Q. Straße angrenzt, scheidet aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf dieser Straße aus. Die Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung - führt hierzu aus, dass die Q. Straße hier steil ansteige und direkt zur Deichkrone hinaufführe, auf der sich der Kreuzungsbereich mit der Kreisstraße 212 befinde. Die Straße sei in diesem Streckenabschnitt sehr schmal und deshalb für einen Begegnungsverkehr nicht geeignet. Die von der Antragsgegnerin per E-mail übersandten drei digitalen Fotoaufnahmen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, bestätigen die Einschätzung der Gemeinde. Die Fotos zeigen den Verlauf der Q. Straße nördlich des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes Nr. 0312 entlang des Deiches. Sie belegen, dass Begegnungsverkehr von Pkw nur bei Benutzung des nicht befestigten Seitenstreifens möglich ist. Ferner ist anhand der Fotoaufnahmen nachvollziehbar, dass eine Erschließung des allgemeinen Wohngebietes über die Q. Straße im Nordosten des Plangebietes ausscheidet. Auf Höhe des Grundstückes Q. Straße 3 steigt die Straße in Richtung Deichkrone steil an. Eine gefahrlose, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigende Anbindung wäre an dieser Stelle nicht möglich.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Variante einer Verlängerung der Planstraße im Bebauungsplan Nr. 0312 in Richtung Westen zur O. nicht für vorzugswürdig gehalten hat. Die Vermeidung der deutlich höheren Kosten für diese Straßenalternative ist ein abwägungsbeachtlicher öffentlicher Belang (vgl. Seite 1 unten der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung -).

Die von den Antragstellern angesprochene Baulücke (Flurstück 17/3), die im Süden an den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 0312 und im Norden an die Q. Straße angrenzt, musste die Antragsgegnerin nicht näher als Variante für eine Anbindung in den Blick nehmen. Dieses 1.500 m2 große Flurstück befindet sich nach den Angaben der Antragsteller in Privatbesitz und hätte deshalb von der Antragsgegnerin angekauft werden müssen. Das langgestreckte Grundstück ist zudem rd. 65 m tief, so dass die Anlegung einer Stichstraße in dieser Länge erforderlich geworden wäre. Sowohl der Erwerb als auch die Herstellungskosten hätten die Planung der Antragsgegnerin erheblich verteuert, so dass es sich hierbei nicht um eine zumutbare Erschließungsvariante handelt. Hinzu kommt, dass die Q. Straße zu schmal ist, um weiteren Erschließungsverkehr aufzunehmen. Angesichts der aufgezeigten Nachteile anderer Zuwegungsvarianten ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin für die festgesetzte Erschließungslösung entschieden hat. Eigenständig fällt zu Lasten der Antragsteller, namentlich des Antragstellers zu 1., ins Gewicht, dass schon der Bebauungsplan Nr. 0304 in seiner Ursprungsfassung an der Stelle, die jetzt Gegenstand der 3. Änderung des Plans ist, eine großzügig bemessene Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung Fuß- und Radweg festgesetzt hat. Insbesondere der Antragsteller zu 1. als Eigentümer des Grundstücks O. 41 musste deshalb damit rechnen, dass im Falle der Erweiterung der Bauflächen nach Norden eine Erschließung dieser neuen Flächen über den Stichweg zwischen den Grundstücken O. 37B und 41 festgesetzt wird.

Mit der Entscheidung, das Baugebiet des Bebauungsplanes Nr. 0312 über die Stichstraße, die Gegenstand der 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 0304 ist, zu erschließen, hat die Antragsgegnerin die Interessen der Antragsteller, von unzumutbarem Verkehrslärm verschont zu werden, ausreichend gewahrt. Die Antragsgegnerin hat diese privaten Interessen der Antragsteller gesehen und deshalb eine schalltechnische Stellungnahme des TÜV Nord zum Umfang der von der neuen Verkehrsanbindung zwischen den Häusern Nr. 37 B und 41 der O. ausgehenden Verkehrsgeräusche eingeholt. Die Begutachtung der sachverständigen Stelle geht davon aus, dass bei 13 Wohneinheiten und 3,5 Einwohner je Wohneinheit 0,8 Kfz/Tag je Einwohner und Richtung zu erwarten sind. Danach ist mit einem Verkehrsaufkommen von 73 Kfz/Tag auf der Stichstraße zu rechnen. Der TÜV Nord gelangt zu der Einschätzung, dass an den jeweils sechs Immissionspunkten (je drei für Erdgeschoss und Obergeschoss) der benachbarten Grundstücke O. 37 B und 41 die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete in Höhe von 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV) deutlich unterschritten werden. Die Stellungnahme des TÜV Nord schließt mit der Erwägung, dass selbst bei einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens um 100 % und einem damit verbundenen Anstieg der Beurteilungspegel um plus 3 dB(A) die Lärmvorsorgewerte der 16. BImSchV immer noch um mindestens 10 dB(A) unterschritten würden. Der TÜV Nord hat zu Recht auf die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV abgestellt. Wird eine bislang ruhige Wohnlage den Immissionen einer neuen Straße ausgesetzt, gelten die Grenzwerte der genannten Verordnung. Dies beruht auf der Wertung des Gesetzgebers, der Wohnruhe der Anlieger in diesem Fall nur eine eingeschränkte Durchsetzungskraft zu verleihen. Daneben tritt die Erwägung, beim Bau neuer Straßen im Allgemeinwohlinteresse die öffentlichen Kassen vor allzu großen Entschädigungsforderungen zu verschonen.

Dem Vorbringen des Antragstellers zu 1., die Einrichtung von Müllsammelplätzen im Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 0312 in unmittelbarer Nähe seines Grundstücks O. 41 führe zu unzumutbaren Lärmbelästigungen auf diesem Ferienhausgrundstück, musste die Antragsgegnerin nicht nachgehen. Der Antragsteller zu 1. hat während der Auslegung des Planentwurfes des Bebauungsplanes Nr. 0312 in der Zeit vom 1. März 1999 bis zum 1. April 1999 keine Anregungen vorgebracht. Lediglich in einem Schreiben vom 14. September 1999 ist auf Seite 3 unten die Rede davon, dass geplant sei, an dem festgesetzten Fuß- und Radweg Plätze für Container und Müllbehälter zu schaffen. Dieses Vorbringen konnte der Rat des Rechtsvorgängers der Antragsgegnerin nicht mehr berücksichtigen, weil er bereits in seiner Sitzung vom 29. Juni 1999 den Bebauungsplan Nr. 0312 als Satzung beschlossen hatte.

Abgesehen davon ist die Befürchtung des Antragstellers zu 1. unbegründet. Der Bebauungsplan Nr. 0312 setzt Müllbehälterstandplätze in den beiden Wendeanlagen der Planstraße B fest, und zwar jeweils in der äußersten östlichen bzw. westlichen Ecke des Wendehammers. Es ist also nicht geplant, die Müllbehälter im Bereich der Zufahrt zu dem neuen Baugebiet auf Höhe des Grundstücks O. 41 zu platzieren. Wegen der Entfernung der festgesetzten Standorte muss der Antragsteller zu 1. auf seinem Ferienhausgrundstück nicht mit wesentlichen Lärmeinwirkungen rechnen. Die Erläuterungen auf Seite 14 der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0312 stehen dieser Annahme nicht entgegen. Soweit dort ausgeführt wird, für die Müllentsorgung sei im Einmündungsbereich der Stichstraße ein Müllbehälterstandplatz festgesetzt, bezieht sich diese Passage nicht auf die festgesetzte Stichstraße im Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung -, sondern auf die Planstraßen A und C, die sich im Westen bzw. Osten des Plangebietes jeweils an den dort festgesetzten Wendehammer anschließen. Den zukünftigen Anliegern dieser schmalen Stichstraßen wird nach der Planbegründung zugemutet, ihre Mülltonnen an den Abfuhrtagen zu den festgesetzten Müllbehälterstandplätzen zu transportieren, um ein Befahren der nicht über eine Wendemöglichkeit verfügenden Planstraßen A und C durch Müllfahrzeuge zu vermeiden.

Soweit der Antragsteller zu 1. unter Bezugnahme auf ein Wertgutachten geltend macht, dass das Grundstück O. 41 in seinem Wert gemindert werde, weil es zukünftig an drei Seiten von Straßen umgeben sei, ist dem entgegen zu halten, dass eine Grundstückswertminderung keinen eigenständigen Abwägungsposten darstellt (BVerwG, Beschl. v. 9.2.1995 - 4 NB 17.94 -, NVwZ 1995, 895). Steht die Planung in Einklang mit § 1 Abs. 6 BauGB, kann selbst eine Wertminderung von Grundstücken in der Nachbarschaft der angegriffenen Festsetzung nicht zur Unwirksamkeit der Planung führen. Abgesehen davon ist fraglich, ob die von dem Antragsteller zu 1. behauptete Wertminderung tatsächlich durch die angegriffenen Planungen ausgelöst wird. Das vorgelegte Wertgutachten enthält hierzu keine Angaben. Bei dem geringen Anliegerverkehr, der im Übrigen in der Regel in der Tagzeit bis 22.00 Uhr stattfindet, ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, warum Feriengäste von einer Buchung des Ferienhauses des Antragstellers zu 1. Abstand nehmen sollten. Die ruhige Lage des Ferienhausgrundstückes wird durch maximal 73 Kfz-Bewegungen pro Tag nicht in Frage gestellt.

Die beiden Bebauungspläne Nr. 0312 und Nr. 0304 - 3. Änderung - sind wegen der mangelhaften Sicherung des Ausgleichs der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft unwirksam. § 1a Abs. 3 Satz 3 BauGB (vgl. jetzt § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB 2004) bestimmt, dass die Gemeinde bei der Umsetzung einer naturschutzrechtlichen Kompensation nicht auf die Mittel der Bauleitplanung nach Satz 1 beschränkt sein soll, sondern auch vertragliche Regelungen gemäß § 11 BauGB oder sonstige geeignete Maßnahmen treffen kann, sofern sie hierfür Flächen bereitstellt, die auch außerhalb des Plangebietes liegen können (vgl. § 1a Abs. 3 Satz 2 BauGB bzw. § 1a Abs. 3 Satz 3 BauGB 2004). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber die Gemeinde nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise hat festlegen wollen (BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 CN 1.02 -, BRS 65 Nr. 20). Die Gemeinde darf vielmehr jede wirksame Möglichkeit nutzen, um das Ziel eines Ausgleiches für den vorgesehenen Eingriff zu erreichen. Erforderlich ist nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings, dass dies in hinreichend gesicherter, d.h. in einer Form geschieht, welche es der Gemeinde verwehrt, sich im Nachhinein ohne weitere Kontrolle und ohne Gefährdung des Bebauungsplanes davon wieder loszusagen (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.11.1997 - 4 BN 26.97 -, BRS 59 Nr. 239; Urt. d. Sen. v. 29.1.2003 - 1 KN 42/02 -, AgrarR 2004, 24). Entscheidet sich die Gemeinde für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages gemäß § 11 BauGB, reicht es aus, wenn der Vertrag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses abgeschlossen und damit das "Mindestmaß an rechtlicher Bindung" hergestellt ist, das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Urt. v. 19.9.2002 - 4 CN 1.02 -, a.a.O., zu verlangen ist (Urt. d. Sen. v. 18.11.2004 - 1 KN 122/03 -, V.n.b.). Daran gemessen ist die Durchführung der auf Seite 7 der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0312 und auf Seite 2 der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0304 - 3. Änderung - beschriebenen Kompensationsmaßnahmen nicht ausreichend sichergestellt.

In der Begründung zu dem Bebauungsplan Nr. 0312, Seite 7, wird ausgeführt, dass sich die Gemeinde im Anzeigeverfahren schriftlich zur Durchführung der Kompensationsmaßnahmen verpflichten werde. Weitere Angaben enthält die Planbegründung nicht. Nach der Darstellung der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren hatten ihr Rechtsvorgänger und der Landkreis Aurich im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 0312 einen städtebaulichen Vertrag vorbereitet, mit dem die in der Planbegründung angesprochenen naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen umgesetzt werden sollten. Nach § 2 des vorgelegten Vertragsentwurfes hätte der Landkreis die Aufwertungsmaßnahmen auf der Ausgleichsfläche von 3.800 qm übernehmen sollen. Im Gegenzug sollte der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin lt. § 3 des Vertragsentwurfes einmalige Kosten in Höhe von 7.600,- DM für die Durchführung der Ersatz- und Pflegemaßnahmen übernehmen. Ein Vertrag mit diesem Inhalt ist nicht zustande gekommen. Gleiches gilt hinsichtlich der für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 0304 - 3. Änderung - vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen. Die von einer vertraglichen Vereinbarung ausgehende rechtliche Verbindlichkeit war somit zum Zeitpunkt der Beschlüsse über die beiden angegriffenen Satzungen nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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