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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2007
Aktenzeichen: 10 ME 87/07
Rechtsgebiete: GG, NGO, ParteienG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs.1
GG Art. 3 Abs. 3 S. 1
GG Art. 21
NGO § 22
ParteienG § 5 Abs. 1 S. 1
Voraussetzung eines Anspruches einer politischen Partei gegen eine Gemeinde auf Überlassung einer kommunalen Einrichtung, die durch eine juristische Person des Privatrechts betrieben wird, ist es, dass die Gemeinde in der Lage ist, die Zweckbindung der Einrichtung gegenüber der privatrechtlichen Gesellschaft durch Ausübung von Mitwirkungs- und Weisungsrechten durchzusetzen.

Die gilt ebenso, wenn der Betrieb der kommunalen Einrichtung einem Privaten, etwa einem Pächter, überlassen wird.


NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 10 ME 87/07

Datum: 10.03.2007

Gründe:

Der Antragsteller ist der Landesverband Niedersachsen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands - NPD - mit Sitz in C.. Er begehrt im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm gemäß seinem Antrag vom 9. März 2007 den kleineren "Neuen Festsaal" in der Weser-Ems-Halle in Oldenburg für seinen Landesparteitag am 11. März 2007 zur Verfügung zu stellen.

Den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 9. März 2007 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom gleichen Tage abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Vorbefassung der Antragsgegnerin sei noch nicht abgeschlossen; sie sei mit dem Antrag des Antragstellers auf Überlassung des kleineren "Neuen Festsaals" in der Weser-Ems-Halle noch nicht befasst gewesen. Die dafür zuständigen Gremien oder Entscheidungsträger hätten noch nicht beteiligt werden können. Erst wenn eine verbindliche, von den zuständigen Organen getroffene Ablehnung vorliege oder unzweifelhaft zu erwarten sei, bestehe Anlass für gerichtlichen Rechtsschutz.

Mit seiner dagegen gerichteten Beschwerde macht der Antragsteller u.a. geltend, dass unstreitig in der Weser-Ems-Halle bereits Landesparteitage anderer politischer Parteien stattgefunden hätten. Er habe am 9. März 2007 in mündlicher Form die Absage erhalten, ihm den kleineren "Neuen Festsaal" zu vermieten. Der Mitarbeiter der Pächterin, D., habe dem Landesvorsitzenden des Antragstellers den Terminkalender gezeigt, in den für den 11. März 2007 lediglich "NPD" handschriftlich eingetragen gewesen sei. Dieser habe dem Landesvorsitzenden sodann mitgeteilt, dass er von der Antragsgegnerin angewiesen sei, an die NPD keinen Raum zu vermieten und gehalten sei, von dem Anmietungsversuch der Antragsgegnerin Meldung zu machen.

Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung sich die Entscheidung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Änderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin auf Überlassung des kleineren "Neuen Festsaals" in der Weser-Ems-Halle in Oldenburg nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die politischen Parteien in der Fassung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3673) - ParteienG -, i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 sowie Art. 21 GG nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO)

Voraussetzung eines Anspruchs einer politischen Partei gegen eine Gemeinde auf Überlassung einer kommunalen Einrichtung, die durch eine juristische Person des Privatrechts betrieben wird, ist es, dass die Gemeinde in der Lage ist, die Zweckbindung der Einrichtung gegenüber der privatrechtlichen Gesellschaft durch Ausübung von Mitwirkungs- und Weisungsrechten durchzusetzen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21. Juli 1989 - BVerwG 7 B 184.88 - DVBl. 1990, 154 und juris; Sächsisches OVG, Urt. v. 25. Februar 2003 - 4 D 699/99 -, juris; Wefelmeier in: KVR-NGO, Losebl., § 22 Rdnr. 5). Dies gilt ebenso, wenn der Betrieb der kommunalen Einrichtung einem Privaten, zum Beispiel einem Pächter, überlassen wird. Auch in diesem Fall ist es für den gegen die Antragsgegnerin gerichteten Anspruch erforderlich, dass dieser Private den Weisungen der Gemeinde unterworfen ist oder dass sich die Gemeinde dem Privaten gegenüber entsprechende Einwirkungsrechte vorbehalten hat (vgl. dazu Bay. VGH, Urt. v. 23. März 1988 - 4 B 02336 -, NVwZ-RR 1988, 71; Wefelmeier, aaO, § 22 Rdnr. 13).

Der Antragsteller trägt dazu unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seines Landesvorsitzenden vom 9. März 2007 vor, dass Herr D. eine Anmietung des begehrten Festsaals mit der Begründung abgelehnt habe, er sei von der Antragsgegnerin angewiesen worden, dem Antragsteller einen Saal in der Weser-Ems-Halle nicht zu vermieten.

Dagegen hat die Antragsgegnerin unter Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung des Herrn E. F., Geschäftsführer der G. GmbH, der Pächterin des betreffenden Saals, vom 9. März 2007 dargelegt, dass ihr eine Weisungsbefugnis in Bezug auf die Vermietung und Überlassung von Räumen in der Weser-Ems-Halle vertraglich nicht zustehe. Weisungen würden vom Geschäftsführer der Pächterin auch nicht entgegengenommen und seien an diesen auch weder von der Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH noch von ihr gerichtet worden.

Außerdem hat die Antragsgegnerin eine eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters der Pächterin, Herr D., vom 9. März 2007 vorgelegt, in der dieser erklärt, er habe gewusst, dass der Geschäftsführer der Pächterin die Räumlichkeiten nicht an den Antragsteller vermieten wolle. Deshalb habe er zur Gedächtnisstütze die Buchstaben "NPD" im Kalender notiert, weil ihm aus der Presse bekannt gewesen sei, dass der Antragsteller am 11. März 2007 in Oldenburg einen Parteitag durchführen wolle. Er habe gewusst und dies auch dem Landesvorsitzenden des Antragstellers mitgeteilt, dass sowohl die Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH als auch die Antragsgegnerin einer Veranstaltung des Antragstellers ablehnend gegenüberstünden. Er schließe aus, dass er erklärt habe, dass ihm in Bezug auf die Vermietung eines Veranstaltungssaals an den Antragsteller von der Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH oder von der Antragsgegnerin eine Weisung erteilt worden sei. Weisungen erhalte er ausschließlich vom Geschäftsführer der Pächterin.

Unter diesen Umständen kann der Senat die Antragsgegnerin nicht im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichten, dem Antragsteller den begehrten Veranstaltungsraum zu überlassen. Denn bei dem vorliegenden Sach- und Streitstand kann der Senat nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin durch die Ausübung von Mitwirkungs- und Weisungsrechten gegenüber der Pächterin rechtlich in der Lage ist, den vom Antragsteller geltend gemachten Überlassungsanspruch in Bezug auf den kleineren "Neuen Festsaal" durchzusetzen und zu erfüllen. Nach Darstellung des Geschäftsführers der Pächterin in der o.g. eidesstattlichen Versicherung bestehen solche Weisungsrechte vertraglich nicht und würden von ihm auch nicht akzeptiert. Im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Sache kann der Senat den insoweit gegensätzlichen Darstellungen der Beteiligten nicht weiter nachgehen. Ob der Antragsteller einen Anspruch auf Überlassung des betreffenden Festsaals gegenüber der Pächterin hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

Ende der Entscheidung

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