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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 11 LC 72/06
Rechtsgebiete: BedarfVO-RettD, NRettDG


Vorschriften:

BedarfVO-RettD § 2
NRettDG § 15 I 4
NRettDG § 2 II 1 Nr. 1
NRettDG § 4
1. Die Eintreffzeit des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD gilt für das erste geeignete Rettungsmittel.

2. Der Rettungswagen (RTW) kann wegen seiner Funktion im Rettungsdienst das erste geeignete Rettungsmittel sein, das am Einsatzort eintrifft.

3. Ob die notärztliche Versorgung im Rettungsdienst bedarfsgerecht ist, beurteilt sich nach dem allgemeinen Bedarfsbemessungsgrundsatz des § 2 Abs. 1 BedarfVO-RettD. Die Eintreffzeit des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD ist dabei ergänzend als grobe Orientierungshilfe heranzuziehen.


Tatbestand:

Der Kläger, der Landkreis A., ist Träger des Rettungsdienstes. Er begehrt die Verpflichtung der beklagten Schiedsstelle, den beigeladenen Krankenkassen aufzugeben, die Mehrkosten, die durch den Ausbau der Rettungswache Sandkrug zu einem 24-Stunden-Notarzt-Standort entstanden sind, im Jahr 2003 in Höhe von 261.227,51 Euro als wirtschaftlich anzuerkennen und festzusetzen.

Der Kläger betreibt im Kreisgebiet sechs Rettungswachen, darunter eine am Standort Sandkrug. Jede der Rettungswachen hat einen im Bedarfsplan für den Rettungsdienst des Klägers festgelegten Ausrückebereich für die Rettungsmittel. Zur notärztlichen Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes bestehen im Kreisgebiet vier sogenannte Notarztsysteme, die angebunden sind an die Standorte der Rettungswachen Bookhorn, Hude, Sandkrug und Wildeshausen. Die notärztliche Versorgung in Randbereichen des Kreisgebietes nehmen benachbarte Träger des Rettungsdienstes wahr.

Die dem Standort Wildeshausen im Süden des Kreisgebietes zugeordneten Notärzte werden vom Krankenhaus D. in Wildeshausen gestellt, das vertraglich eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft gewährleistet. Bei den den Standorten Bookhorn und Hude zugeordneten Notärzten handelt es sich um niedergelassene Ärzte, die durch einen festgelegten Plan die Einsatzbereitschaft eines Notarztes für das gesamte Jahr rund um die Uhr garantieren. Für die Rettungswache Sandkrug bestand bis Januar 2003 eine vertragliche Regelung mit mehreren niedergelassenen Ärzten bzw. Klinikärzten, die sich nach ihrer individuellen Verfügbarkeit als Notarzt einsatzbereit meldeten. Der Einsatz der Notärzte an allen Stützpunkten ist so organisiert, dass das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) der Rettungswache den Notarzt im Krankenhaus, in der Arztpraxis oder von der Wohnung abholt und danach zum Einsatzort fährt. Das NEF folgt dem Rettungswagen (RTW), der direkt von der Rettungswache zum Einsatzort fährt.

Im Rahmen der Bedarfsplanung für das Jahr 2003 stellte der Kläger fest, dass die für den Einsatz als Notarzt vertraglich gebundenen Ärzte des Notarztsystems Sandkrug im Jahr 2001 nur in einem Zeitrahmen zur Verfügung standen, der 39,7 % des Jahreseinsatzbedarfs abdeckte. Für 2002 betrug die Quote 24,7 % (vgl. den Bedarfsplan für den Rettungsdienst 2004, S. 40). In der übrigen Zeit alarmierte die Leitstelle den Notarzt der Stadt Oldenburg, die einen eigenen Rettungsdienst betreibt, oder den Notarzt der Standorte Wildeshausen und Hude. Nach den Ermittlungen des Klägers überschritt das der Rettungswache Sandkrug zugeordnete NEF im Jahr 2000 in 11,32 v. H. der Einsätze und im Jahr 2001 in 16 v. H. der Einsätze die von dem Rettungsdienstträger als maßgeblich angesehene Eintreffzeit des § 2 Abs. 3 der Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes - BedarfVO-RettD - von 15 Minuten. Ferner stellte der Kläger fest, dass bei Inanspruchnahme von NEF aus der Stadt Oldenburg und den Standorten Wildeshausen und Hude einzelne in der Mitte des Kreisgebietes gelegene Ortschaften des dem Notarztsystem Sandkrug zugeordneten Bereichs schon wegen der Länge der Anfahrtsstrecke nicht in der Eintreffzeit erreicht werden konnten.

Um diese aus der Sicht des Rettungsdienstträgers unbefriedigende Situation zu verbessern, entschied der Kläger, ab 1. Februar 2003 am Standort Sandkrug einen Notarzt rund um die Uhr vorzuhalten. Der Kläger vereinbarte mit dem Klinikum A. gGmbH, dass ein Notarzt im Schichtdienst auf der Rettungswache 24 Stunden am Tag anwesend ist. Durch den Ausbau des Notarztstandortes Sandkrug entstanden dem Kläger Mehrkosten, deren Übernahme er in den Verhandlungen mit den beigeladenen Krankenkassen forderte. Da die Beigeladenen sich weigerten, den geltend gemachten Betrag von 261.227,51 Euro als wirtschaftliche Ausgabe anzuerkennen, beantragte der Kläger am 17. Juli 2003 die Einleitung des Schiedsstellenverfahrens. Zur Begründung machte der Kläger geltend, nach seinen Ermittlungen habe der der Rettungswache Sandkrug zugeordnete Notarzt in deutlich weniger als 95 v. H. seiner Einsätze die Eintreffzeit von 15 Minuten eingehalten. Da § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD bei der Berechnung der Frist von 15 Minuten auf das Eintreffen des Notarztes am Einsatzort abstelle, sei dringender Handlungsbedarf gegeben. Aber selbst bei Billigung einer Auslegung, der zufolge die Eintreffzeit auch eingehalten werde, wenn in 95 v. H. der Notfalleinsätze der RTW den Einsatzort innerhalb von 15 Minuten erreiche, sei die bereits umgesetzte Ausbaumaßnahme am Standort Sandkrug notwendig. Im Jahr 2001 hätten 6,96 v. H. aller Notfalleinsätze (RTW und NEF) und 5,47 v. H. der Einsätze mit RTW außerhalb der Eintreffzeit gelegen. Deshalb stelle ab 1. Februar 2003 das Klinikum A. gGmbH einen Notarzt, der 24 Stunden täglich in der Rettungswache Sandkrug anwesend sei. Die Mehrkosten für den Notarzt und für das 24 Stunden täglich vorzuhaltende NEF beliefen sich auf insgesamt 261.227,51 Euro.

Die Beigeladenen vertraten im Schiedsstellenverfahren mit Schriftsatz vom 18. August 2003 die Auffassung, die geltend gemachten Mehrkosten seien nicht bedarfsgerecht. Für die Ermittlung einer separaten Eintreffzeit für den Notarzt gebe es keine gesetzliche Grundlage. § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD stelle auf das Eintreffen des ersten geeigneten Rettungsmittels ab. Ein solches könne auch der RTW sein. Soweit die Eintreffzeit für RTW die 95 v. H.-Grenze überschreite, seien die Alarmierungs-, Ausrück- und Dispositionszeiten zu verringern.

In der mündlichen Verhandlung vor der Schiedsstelle am 5. September 2003 erklärte der Kläger, dass der RTW aufgrund verbesserter Organisation in 95 v. H. aller Notfalleinsätze den Einsatzort innerhalb von 15 Minuten erreiche.

Mit Schiedsspruch vom 5. September 2003 wies die Beklagte den Antrag des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus: Das für den Standort Sandkrug eingeführte System mit einem 24 Stunden auf der Rettungswache anwesenden Notarzt sei nicht erforderlich und daher unwirtschaftlich im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes - NRettDG -. Die Kostenträger seien nicht verpflichtet, die dafür entstehenden Mehrkosten von 261.227,51 Euro zu übernehmen. Das vorhandene System sei ausreichend, um die Bevölkerung im Einsatzgebiet der Rettungswache Sandkrug ausreichend mit einem Notarzt zu versorgen. Die Planung der Notfallrettung sei ausreichend, wenn der RTW in 95 v. H. der zu erwartenden Notfalleinsätze innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort eintreffe. Eine gesonderte Eintreffzeit für den Notarzt sei in der BedarfVO-RettD nicht vorgesehen. Wie in der mündlichen Verhandlung vom Kläger ausgeführt, halte der RTW die in § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD vorgegebene Eintreffzeit ein. Das Notarztsystem müsse hinsichtlich des Eintreffens des Notarztes auf den ganzen Landkreis bezogen betrachtet werden. Dabei sei festzustellen, dass das NEF innerhalb kurzer Zeit nach dem RTW eintreffe. Soweit hinsichtlich der Effizienz des Einsatzes Defizite bestünden, könnten diese durch eine straffe Organisation und schnelleres Ausrücken behoben werden. Bei einer isolierten Betrachtung des Notarztsystems Sandkrug falle dessen geringe Auslastung auf. Deshalb sei eher an eine Beschränkung als an eine Erweiterung des vorhandenen Systems zu denken. Ferner sei die Zusammenarbeit mit benachbarten Trägern des Rettungsdienstes zu intensivieren.

Am 14. Oktober 2003 hat der Kläger gegen den am 29. September 2003 zugestellten Schiedsspruch Klage erhoben. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt: Maßgeblich für die Berechnung der Eintreffzeit im Sinne des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD sei der Zeitpunkt, zu dem der Notarzt am Einsatzort eintreffe. Nur dieser sei ein geeignetes Rettungsmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 BedarfVO-RettD. Bei anderer Auslegung gäbe es keine zeitlichen Vorgaben für die Planung einer Notarztversorgung. Soweit der Schiedsspruch auf S. 3 unten anhand der Notarzteinsätze im Jahr 2000 auf eine mangelnde Auslastung des Standortes Sandkrug schließe, sei dem entgegenzuhalten, dass die Zahl der Notarzteinsätze im Kreisgebiet deutlich höher gewesen sei als von der Beklagten angenommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Schiedsspruch der Beklagten vom 5. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beigeladenen zu verpflichten, die Kosten für den Ausbau der Rettungswache Sandkrug zu einem 24-Stunden-Notarzt-Standort im Jahre 2003 in Höhe von 261.227,51 Euro anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Schiedsspruch verteidigt.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 1) hat erwidert, dass im Falle einer Auslegung von § 2 Abs. 2 und Abs. 3 BedarfVO-RettD, wie sie der Kläger anstrebe, im gesamten Rettungsdienst in Niedersachsen Mehrkosten in Höhe von etwa 29 Millionen Euro entstünden.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. Januar 2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Einführung des 24-Stunden-Nortarzt-Systems bei der Rettungswache Sandkrug sei unwirtschaftlich im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 NRettDG. Der Kläger habe seiner Bedarfsbemessung gemäß § 2 BedarfVO-RettD einen unrichtigen Maßstab zugrunde gelegt. Es sei nicht erforderlich, dass das NEF in 95 v. H. der in einem Jahr im Rettungsdienstbereich zu erwartenden Notfalleinsätze innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort eintreffe. Aus § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD lasse sich eine gesonderte Eintreffzeit für das Notarzteinsatzfahrzeug nicht herleiten. Dort sei von dem ersten Rettungsmittel die Rede. Aus § 2 Abs. 2 BedarfVO-RettD ergebe sich, dass dieses Rettungsmittel geeignet sein müsse. Der RTW sei aufgrund seiner Funktion und des Tätigkeitsfeldes seiner Besatzung (Rettungsassistent oder Rettungssanitäter) ein solches geeignetes Rettungsmittel. Der RTW könne deshalb erstes geeignetes Rettungsmittel sein. Hinsichtlich der Eintreffzeit für den Notarzt ergebe sich aus der allgemeinen Regelung des § 2 Abs. 1 BedarfVO-RettD ein Maßstab, der auch vor dem Ausbau der Rettungswache Sandkrug beachtet worden sei. Nach den Bedarfsplänen für den Rettungsdienst der Jahre 2000 bis 2002 habe das NEF in mehr als 95 v. H. seiner Einsätze den Einsatzort innerhalb von 17 Minuten erreicht.

Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutsamkeit der Frage, ob § 2 BedarfVO-RettD eine besondere Eintreffzeit für das NEF bestimme, zugelassenen Berufung vom 27. Februar 2006 gegen das am 8. Februar 2006 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts trägt der Kläger vor: Mit der Vorhaltung eines Notarztes auf der Rettungswache Sandkrug rund um die Uhr ab 1. Februar 2003 genüge er der gesetzlichen Vorgabe in § 8 Abs. 3 Satz 1 NRettDG, dass sich auf der Rettungswache ein Notarzt für den Einsatz bereitzuhalten habe. Eine solche gesetzeskonforme Handlungsweise sei rettungsdienstrechtlich nicht unwirtschaftlich. Käme er der vorgenannten gesetzlichen Anforderung nicht nach, liefe er Gefahr, mangels Erfüllung seines Sicherstellungsauftrages wegen Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten in Anspruch genommen zu werden, z. B. bei Eintritt eines Gesundheitsschadens wegen des verspäteten Eintreffens eines Notarztes. In den Jahren 2000 bis 2002 habe der Notarzt in ganzen Bereichen des Kreisgebietes - es handele sich um ca. 1/5 des Einsatzgebietes - die Eintreffzeit von 15 Minuten verfehlt. In 9,5 v. H. bis 12 v. H. aller Einsätze sei der Notarzt erst deutlich später als 15 Minuten nach der Einsatzmeldung am Einsatzort eingetroffen. Der wegen der unzureichenden Gewährleistung der notärztlichen Versorgung im Bereich der Rettungswache Sandkrug hinzugezogene Notarzt aus der Stadt Oldenburg habe bei seinen Einsätzen in den Jahren 2000 bis 2002 in 25 v. H. aller Einsätze die Eintreffzeit von 15 Minuten überschritten. Ließe sich die Behebung dieses strukturellen Versorgungsmangels nicht auf § 8 Abs. 3 Satz 1 NRettDG stützen, läge die Ausdehnung der notärztlichen Versorgung im Bereich der Rettungswache Sandkrug jedenfalls noch im Rahmen des ihm bei der Organisation des Rettungsdienstes einzuräumenden Gestaltungsspielraums. Die notärztliche Rund-um-die-Uhr-Vorhaltung sei notwendig und wirtschaftlich, weil sie § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD entspreche. Bei einer Notfallrettung mit Notarztindikation treffe nach dieser Vorschrift, die nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 BedarfVO-RettD betrachtet werden müsse, ein geeignetes Rettungsmittel erst dann ein, wenn sowohl der RTW als auch das NEF den Einsatzort erreicht hätten. Da erst beide Fahrzeuge - die Besatzung des RTW habe nur eine beschränkte Notkompetenz - gemeinsam die geeignete Rettung darstellten, könnten sie über den Begriff des "ersten Rettungsmittels" nicht von einander getrennt und von der Eignung losgelöst werden. Selbst für den Fall, dass die Eintreffzeit von 15 Minuten nicht auf das NEF anwendbar wäre, ergäbe sich die Verpflichtung des Rettungsdienstträgers zur Vorhaltung einer notärztlichen Rund-um-die-Uhr-Versorgung aus der Vorgabe, im gesamten Rettungsdienstbereich eine geeignete Notfallrettungsleistung zu erbringen. Es sei wirtschaftlich, wenn auch nicht notwendig, die Eintreffzeit des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD auch als Maßstab für die Berechnung der Frist, die der Notarzt einzuhalten habe, heranzuziehen. Anderenfalls gäbe es keinen verlässlichen Maßstab für die Beurteilung einer angemessenen notärztlichen Versorgung.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanz-lichen Klagantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich der erstinstanzlichen Urteilsbegründung an.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Klägers und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den beigeladenen Kostenträgern aufzugeben, die Kosten für den Ausbau der Rettungswache Sandkrug zu einem 24-Stunden-Notarzt-Standort im Jahre 2003 in Höhe von 261.227,51 Euro als wirtschaftlich anzuerkennen und festzusetzen.

Der Schiedsspruch der Beklagten vom 5. September 2003 ist rechtmäßig. Das an die Beigeladenen gerichtete Verlangen, die Mehrkosten zu übernehmen, die durch das Bereithalten eines Notarztes in der Rettungswache Sandkrug rund um die Uhr entstehen, verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 NRettDG muss die Summe der Entgelte die vom Träger des Rettungsdienstes und den Kostenträgern einvernehmlich festgestellten Gesamtkosten des Rettungsdienstes decken. Maßstab der Feststellungen sind nach Abs. 1 Satz 4 der Vorschrift die Kosten eines wirtschaftlich arbeitenden Rettungsdienstes. Danach genügen nur notwendige Kosten dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Urt. d. Sen. v. 07.12.2005 - 11 LC 91/04 -, NVwZ-RR 2006, 547). Die Prüfung, ob ein Rettungsdienst wirtschaftlich organisiert ist, orientiert sich an der Aufgabe des Rettungsdienstes, eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen auf Dauer sicherzustellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 NRettDG). Dies bedeutet, dass weder die Kostenträger verpflichtet sind, überzogene Ausstattungsstandards zu akzeptieren, noch die Rettungsdienstträger berechtigt sind, Kostenberechnungen hinzunehmen, die die Kosten in Wahrheit nicht decken (LT-Drs. 12/3016, S. 12; Ufer, Komm. z. NRettDG, Stand: März 2006, § 15 Nr. 6). Daran gemessen hat der Kläger mit der Ausdehnung der notärztlichen Versorgung durch Stationierung eines 24-Stunden-Notarztdienstes an der Rettungswache Sandkrug dem Wirtschaftlichkeitsgebot zuwider gehandelt.

Das von dem Kläger mit der Einführung einer notärztlichen Versorgung rund um die Uhr am Standort Sandkrug verfolgte Konzept ist nicht bedarfsgerecht. Der Sicherstellungsauftrag des § 2 Abs. 1 Satz 1 NRettDG umfasst nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift auch die Gewährleistung der notärztlichen Versorgung. Der Notarztdienst ist notwendiger Bestandteil des Rettungsdienstes (Ufer, a.a.O., § 4 Nr. 2). Das Gebot der bedarfsgerechten Versorgung zwingt den Sicherstellungspflichtigen, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes vorzuhalten. Für die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen der kommunalen Rettungsdienstträger gilt die Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes - BedarfVO-RettD -. Sie führt die Verordnungsermächtigung des § 30 Nr. 2 NRettDG aus, einheitliche Maßstäbe zur Bemessung des sich aus § 2 ergebenden Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes zu erlassen.

Die Vorhalteplanung des Klägers in Bezug auf den Notarztdienst an der Rettungswache Sandkrug entspricht für das Jahr 2003 nicht den in § 2 BedarfVO-RettD niedergelegten Grundsätzen für die Bedarfsbemessung. Mit der Einrichtung eines 24-Stunden-Notarzt­dienstes liegt eine den Bedarf übersteigende Versorgung vor, die unwirtschaftlich ist. Nach Abs. 1 der vorgenannten Vorschrift ist der Bedarf an Einrichtungen des Rettungsdienstes so zu bemessen, dass in jedem Rettungsdienstbereich eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes gewährleistet ist. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BedarfVO-RettD ist die Planung der Notfallrettung unter Beachtung der örtlichen Verhältnisse darauf auszurichten, dass jeder an einer öffentlichen Straße gelegene Einsatzort von einem geeigneten Rettungsmittel innerhalb der Eintreffzeit nach Abs. 3 erreicht werden kann. Dabei ist nach Abs. 2 Satz 2 die mögliche Unterstützung durch die Luftrettung zu berücksichtigen. Nach Abs. 3 der Bestimmung soll der Zeitraum zwischen dem Beginn der Einsatzentscheidung durch die zuständige Rettungsleitstelle bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels am Einsatzort (Eintreffzeit) in 95 v. H. der in einem Jahr im Rettungsdienstbereich zu erwartenden Notfalleinsätze 15 Minuten nicht übersteigen. Der Kläger vertritt die Auffassung, das erste geeignete Rettungsmittel habe erst dann den Einsatzort erreicht, wenn sowohl der Rettungswagen (RTW) als auch das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) eingetroffen seien. Beide Fahrzeuge stellten gemeinsam die geeignete Notfallrettung dar. Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen.

Nach einer am Wortlaut und am Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD gilt die Eintreffzeit für das erste geeignete Rettungsmittel. Es ist ausreichend, dass ein Rettungsmittel in der in der vorgenannten Vorschrift bezeichneten Hilfsfrist am Einsatzort eintrifft. Die Verordnungsregelung spricht ausdrücklich vom "ersten" und nicht von allen oder mehreren Rettungsmitteln. Hinter dieser Formulierung steht die bereits von der Beklagten in der angegriffenen Schiedsstellenentscheidung angesprochene Erwägung, dass in der Notfallrettung weit überwiegend das sogenannte Rendezvous-System bevorzugt wird, in dem ein mit Rettungspersonal besetzter RTW unmittelbar nach der Alarmierung zum Einsatzort ausrückt und parallel dazu das NEF eingesetzt wird, das im Regelfall nach der Alarmierung zunächst den Notarzt an anderer Stelle aufnehmen muss, es sei denn NEF und Notarzt befinden sich an einem Standort, um dann ebenfalls den Einsatzort anzufahren. Werden mehrere Rettungsmittel im Rendezvous-System oder im Rahmen einer anderen Einsatzplanung eingesetzt, ist für die Berechnung der Eintreffzeit nur das erste eintreffende Fahrzeug heranzuziehen. Hätte der Verordnungsgeber das Eintreffen aller Rettungsfahrzeuge bzw. von RTW und NEF als maßgeblich angesehen, hätte er diese Absicht durch eine entsprechende Formulierung verdeutlichen können. Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen.

Bei dem ersten eintreffenden Rettungsmittel muss es sich um ein geeignetes Rettungsmittel handeln. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD, der lediglich vom ersten Rettungsmittel spricht. Dass das Rettungsmittel geeignet für den Rettungsdienst sein muss, lässt sich aber § 2 Abs. 2 BedarfVO-RettD entnehmen, wonach die Notfallrettung darauf auszurichten ist, dass der näher bezeichnete Einsatzort innerhalb der Eintreffzeit von einem geeigneten Rettungsmittel erreicht werden kann. Unbestritten ist, dass das NEF wegen der besonderen notfallmedizinischen Qualifikation des handelnden Arztes ein Rettungsmittel im Sinne des § 9 NRettDG ist, das gemäß § 2 Abs. 2 BedarfVO-RettD für den Rettungsdienst geeignet ist. Gleiches gilt nach Auffassung des Senats für den Rettungswagen, der gemäß § 9 NRettDG ebenfalls Rettungsmittel ist. Er ist allein - und nicht nur in der Kombination mit dem NEF - ein geeignetes Rettungsmittel. Dies ergibt sich aus der Funktion des RTW im Rettungsdienst.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NRettDG hat der Rettungsdienst lebensbedrohlich Verletzte oder Erkrankte, nachdem zuvor lebensrettende Maßnahmen am Einsatzort durchgeführt und die Transportfähigkeit dieser Personen hergestellt wurden, mit dafür besonders ausgestatteten Rettungsmitteln "in eine für die weitere Versorgung geeignete Behandlungseinrichtung zu befördern". Diese Beförderungsaufgabe obliegt dem RTW. Er ist das dafür besonders ausgestattete Rettungsmittel. Die Beklagte spricht in diesem Zusammenhang von einer Ausstattung als kleiner mobiler Behandlungsraum. Das mit dem Notarzt besetzte NEF könnte diese Aufgabe nicht übernehmen, weil es sich hierbei im Regelfall um einen PKW-Kombi handelt, in dem die zu rettende Person nicht transportiert werden kann.

Daneben ergibt sich die Eignung des RTW für den Rettungsdienst aus seinem Personal. Der RTW ist regelmäßig mit Rettungsassistenten und/oder Rettungssanitätern besetzt. Diese Personen sind für den Rettungsdienst geeignet, auch wenn beide Berufsgruppen aufgrund ihrer Ausbildung eine unterschiedliche Aufgabenstellung haben. Der Rettungsassistent soll als Helfer des Notarztes dazu befähigt sein, am Einsatzort die in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NRettDG genannten Aufgaben zu übernehmen, nämlich unter anderem bis zur Übernahme der Behandlung durch den Notarzt lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchzuführen und die Transportfähigkeit dieser Personen herzustellen (Ufer, a.a.O., § 10 Nr. 4.2). Dem Rettungssanitäter obliegt es, den Notarzt und den Rettungsassistenten bei der Durchführung von lebensrettenden Maßnahmen und bei der Herstellung der Transportfähigkeit von Notfallpatienten zu unterstützen. Er kann allerdings bis zur Übernahme der Behandlung durch einen Notarzt oder zum Tätigwerden eines Rettungsassistenten selbständig Herz-Lungen-Wiederbelebungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Funktionen durchführen (Ufer, a.a.O., § 10 Nr. 4.3). Aus vorstehenden Erwägungen folgt, dass beide genannten Berufsgruppen geeignet sind, einzelne Aufgaben des Rettungsdienstes durchzuführen. Sowohl Rettungsassistenten als auch Rettungssanitäter sind deshalb für den Rettungsdienst geeignet.

Unter Berücksichtigung dieser Auslegung des Rechtsbegriffs "erstes geeignetes Rettungsmittel" im Sinne des § 2 Abs. 2 und Abs. 3 BedarfVO-RettD bedurfte es im Jahre 2003 im Rettungsdienstbereich des Klägers nicht einer notärztlichen Versorgung rund um die Uhr an der Rettungswache Sandkrug. Der RTW der Rettungswache Sandkrug ist nach Angaben des Klägers wegen verbesserter Organisation in der Lage, in 95 v. H. seiner zu erwartenden Einsatzfahrten den Einsatzort innerhalb der Eintreffzeit von 15 Minuten zu erreichen. Da mit dem RTW ein erstes geeignetes Rettungsmittel eintrifft, genügte die bisherige Organisation den rettungsdienstrechtlichen Anforderungen.

Dagegen wendet der Kläger zu Unrecht ein, im Falle einer Notarztindikation sei bei der Berechnung der Hilfsfrist gemäß § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD auf das Eintreffen des mit dem Notarzt besetzten NEF abzustellen. Diese Argumentation liefe darauf hinaus, eine separate Eintreffzeit für den Notarzt anzuerkennen. Wie oben ausgeführt, fordert die BedarfVO-RettD nicht, dass das NEF in 95 v. H. seiner Einsätze die Hilfsfrist von 15 Minuten einhält. Diese Auffassung vertritt auch das für den Rettungsdienst in Niedersachsen zuständige Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (vgl. Rundschreiben Nr. 711/2000 des Niedersächsischen Landkreistages vom 20.10.2000).

Die Verpflichtung des Klägers zur Einrichtung eines Notarztdienstes rund um die Uhr an der Rettungswache Sandkrug ergibt sich auch nicht aus der Vorgabe, eine geeignete Notfallrettungsleistung vorzuhalten. Der sich an den Träger des Rettungsdienstes richtende Auftrag (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 NRettDG), gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NRettDG eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen sicherzustellen, verpflichtet diesen auch, eine bedarfsnotwendige notärztliche Versorgung als Teil des Rettungsdienstes zu organisieren. Ob der Notarztdienst in den vorgenannten Sinn angemessen ist, beurteilt sich nach dem allgemeinen Grundsatz des § 2 Abs. 1 BedarfVO-RettD, der unter Wiederholung der Aufgabe des Rettungsdienstes in § 2 Abs. 1 Satz 1 NRettDG als Maßstab die Gewährleistung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes festlegt. Zur Ausfüllung der Bedarfsbemessungskriterien einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung ist zwar nach dem Vorgesagten ein unmittelbarer Rückgriff auf die Hilfsfrist des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD nicht möglich. Im Interesse einer Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes ist es allerdings erforderlich, dass die in § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD genannte Eintreffzeit im Rettungsdienstbereich des Rettungsdienstträgers übers Jahr gesehen auch vom Notarzt nur in einem zeitlich begrenzten Umfang überschritten wird. Insoweit bildet § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD eine grobe Orientierungshilfe für die Organisation der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst (Ufer, a.a.O., § 4 Nr. 2). Der Einwand des Klägers, bei Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne er den Notarztdienst auch so organisieren, dass der Notarzt dem innerhalb der Hilfsfrist des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD eintreffenden RTW erst eine Stunde später oder gar nicht nachfolge, überzeugt deshalb nicht.

An der vorgenannten Leitlinie gemessen war die Organisation der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienstbereich des Klägers vor der Umstellung ausreichend. Nach den Feststellungen des Klägers (vgl. S. 4 des Bedarfsplans für den Rettungsdienst 2003) hat das NEF im gesamten Rettungsdienstbereich im Jahr 2001 zwar in 12,01 v. H. aller Einsätze den Einsatzort nicht innerhalb von 15 Minuten erreicht. Für 2002 beläuft sich der Wert auf 9,45 v. H. (vgl. S. 4 des Bedarfsplans für den Rettungsdienst 2004).

Bei anderer Lesart der vorstehend näher bezeichneten Tabellen in den Bedarfsplänen 2003 und 2004 ergibt sich aber, dass in 95 v. H. aller auf das Jahr bezogenen Einsätze das NEF den Einsatzort innerhalb von 18 Minuten (2001) bzw. 17 Minuten (2002) erreicht hat. Da der Kläger ein Eintreffen des RTW innerhalb der Eintreffzeit des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD gewährleistet, ist es vertretbar, dass der Notarzt in dem dargestellten Umfang nicht innerhalb von 15 Minuten, sondern geringfügig später den Einsatzort erreicht.

Aus der von dem Kläger im Berufungsverfahren überreichten Übersicht über die Dauer der Einsatzfahrten des NEF der Stadt Oldenburg im Rettungsdienstbereich des Klägers ist keine andere rechtliche Bewertung abzuleiten. Nach der vorgelegten Tabelle hat das NEF der Stadt Oldenburg bei Einsätzen im Rettungsdienstbereich des Klägers im Jahr 2001 in 17,47 v. H. und 2002 in 26,27 v. H. der Fälle nicht innerhalb von 15 Minuten den Einsatzort erreicht. Bei anderer Interpretation der Tabelle ist festzuhalten, dass das NEF in beiden Bezugsjahren in 95 v. H. aller Einsätze innerhalb von 19 Minuten am Einsatzort eingetroffen ist. Damit liegen die Fahrzeiten des NEF der Stadt Oldenburg zwar etwas höher als die Fahrzeiten aller vom Kläger in seinem Rettungsdienstbereich eingesetzten NEF. Da das auswärtige NEF aber einen vergleichsweise geringen Prozentsatz aller erforderlichen Einsätze abdeckt (2001: 166 Einsätze des NEF der Stadt Oldenburg gegenüber 1424 Einsätzen aller vom Kläger gestellten NEF; 2002: 217 Einsätze gegenüber 1534 Einsatzfahrten), ist für den gesamten Rettungsdienstbereich noch eine bedarfsgerechte Versorgung mit notärztlichen Leistungen anzunehmen.

Die frühere Konzeption des Klägers offenbarte auch nicht einen strukturellen Mangel in Bezug auf die Versorgung der im Zuständigkeitsbereich des Notarztsystems Sandkrug wohnenden Bevölkerung mit notärztlichen Leistungen. Zwar konnte das der Rettungswache Sandkrug zugeordnete NEF in 2001 in 16 v. H. und im Jahr 2002 in 13,8 v. H. aller Einsätze nicht innerhalb von 15 Minuten den Einsatzort erreichen (vgl. S. 46 des Bedarfsplans 2003 und S. 41 des Bedarfsplans 2004). Dieser Wert stellt sich bei einer Betrachtung der tatsächlichen Fahrzeiten aber etwas anders dar. Danach erreichte der Notarzt bei 245 Einsätzen im Jahr 2001 lediglich in vier Fällen (1,6 v. H.) nicht innerhalb von 18 Minuten und in 10 Fällen (4,1 v. H.) nicht innerhalb von 17 Minuten den Einsatzort. Für 2002 lassen sich vergleichbare Zahlen ermitteln: Bei 239 Einsätzen traf der Notarzt nur in sechs Fällen (2,5 v. H.) nicht innerhalb von 18 Minuten und in acht Fällen (3,3 v. H.) nicht innerhalb von 17 Minuten am Einsatzort ein. Es lässt sich somit feststellen, dass die Fahrzeiten des der Rettungswache Sandkrug zugeordneten NEF nicht von den Fahrzeiten aller im Rettungsdienstbereich des Klägers eingesetzten NEF abweichen. Das NEF Sandkrug hat in 95 v. H. aller auf die Jahre 2001 und 2002 bezogenen Einsätze den Einsatzort innerhalb von 17 Minuten erreicht.

Der Kläger kann sich zur Rechtfertigung der von ihm durchgeführten Neuorganisation, die vorsieht, dass sich ein Notarzt rund um die Uhr in der Rettungswache Sandkrug aufhält, nicht mit Erfolg auf § 8 Abs. 3 NRettDG berufen. Satz 1 dieser Vorschrift lautet: In Rettungswachen hält sich eine Notärztin oder ein Notarzt für den Einsatz bereit. Nach Satz 2 der Vorschrift kann sich die Notärztin oder der Notarzt in einem geeigneten Krankenhaus bereithalten, soweit die Aufgabe des Rettungsdienstes dem nicht entgegensteht. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 NRettDG kann in besonderen Ausnahmefällen zugelassen werden, dass sich die Notärztin oder der Notarzt an einem anderen geeigneten Ort aufhält. Die Vorschrift ist weder so zu verstehen, dass sich ein Notarzt in jeder Rettungswache des bodengebundenen Rettungsdienstes aufhalten muss, noch ist ihr zu entnehmen, dass sich der Notarzt ausnahmslos in einer typischen Rettungswache bereithalten muss, unter der üblicherweise eine stationäre Rettungsdiensteinrichtung zur Unterbringung unter anderem des Rettungsdienstpersonals und der Rettungsmittel, insbesondere der Fahrzeuge, verstanden wird. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 8 Abs. 3 Satz 1 NRettDG (vgl. LT-Drs. 13/1401 S. 17/18) enthält die Vorschrift lediglich einen Grundsatz, von dem Abweichungen möglich sind. Standort der Rettungswache kann nach dieser Begründung zum Gesetzentwurf auch das Krankenhaus, sofern der Notarzt dort tätig ist, oder die Arztpraxis sein, soweit ein niedergelassener Arzt den Notarztdienst übernimmt. § 8 Abs. 3 Satz 1 NRettDG ist in erster Linie eine Organisationsvorschrift, die die einsatztaktisch notwendige Verbindung von Rettungs- und Notarztdienst sicherstellen soll (Ufer, a.a.O., § 8 Nr. 4.1). Von ihr sind die in § 8 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 NRettDG bezeichneten Ausnahmen zulässig, wenn organisatorische und auch finanzielle Gründe dies erfordern Die Stationierung des Notarztes an der Rettungswache kommt deshalb nur in Betracht, wenn sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt. Die Beklagte ist dem Vorhaben des Klägers, einen Notarzt an der Rettungswache Sandkrug rund um die Uhr vorzuhalten, zunächst zu Recht mit der Erwägung entgegengetreten, dass die bisherige Einsatzplanung den nach § 2 BedarfVO-RettD anzulegenden Bedarfsbemessungskriterien entsprochen habe, weil der RTW als erstes geeignetes Rettungsmittel die Eintreffzeit des Absatzes 3 eingehalten habe. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte hieraus die Bewertung abgeleitet hat, die Neuorganisation sei unwirtschaftlich. Auch nach Auffassung des Senats stellt die Bedarfsnotwendigkeit im Sinne des § 2 BedarfVO-RettD einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit dar.

Darüber hinaus wendet die Beklagte gegen die Wirtschaftlichkeit der Vorhaltung eines Notarztes rund um die Uhr an der Rettungswache Sandkrug mit billigenswerten Erwägungen ein, dass das dieser Wache zugeordnete NEF in der Vergangenheit nur in geringem Umfang ausgelastet gewesen ist. Die Auslastungsquote des NEF am Standort Sandkrug lag im Beispielsjahr 2001 selbst bei Einbeziehung der 166 vom NEF der Stadt Oldenburg absolvierten Einsätze noch deutlich unter zwei Einsätzen pro Tag im Durchschnitt eines Jahres.

Die Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 12.11.1992 - III ZR 178/91 -, NJW 1993, 1526) zur Amtshaftung aus Organisationsverschulden beim Notarztdienst bietet keine Anknüpfungspunkte für eine andere rechtliche Beurteilung. Der zitierten Entscheidung lässt sich nicht ein Rechtssatz des Inhalts entnehmen, die notärztliche Versorgung sei nur dann angemessen, wenn eine mit der Regelung des § 2 Abs. 3 BedarfVO-RettD vergleichbare Hilfsfrist eingehalten werde. Vielmehr ist auch nach der Rechtsprechung des BGH der Inhalt des Sicherstellungsauftrages anhand der maßgeblichen Rechtsvorschriften näher zu bestimmen, hier also nach den vorstehend behandelten Rechtsvorschriften.

Der vom BGH in der zitierten Entscheidung angesprochene Gestaltungsspielraum für den Rettungsdienstträger bei der Organisation des Rettungsdienstes gilt nicht unbeschränkt. Seine Grenzen sind überschritten, wenn die ergriffenen Maßnahmen dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht genügen. Auch nach der Rechtsprechung des BGH sind finanzielle Erwägungen bei der Entscheidung, wie der Notarztdienst zu betreiben ist, nicht von vornherein auszuschließen.

Ende der Entscheidung

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