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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.04.2009
Aktenzeichen: 11 ME 484/08
Rechtsgebiete: AufenthG, AuslG


Vorschriften:

AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 7
AuslG § 44 Abs. 1 Nr. 3
Zur Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG.
Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Wegen der Begründung im Einzelnen verweist der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände, die allein zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Der Senat hat keine Zweifel, dass die dem Antragsteller erteilte Niederlassungserlaubnis gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen ist.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt der Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist. Im Hinblick auf den Zweck dieser Regelung, Rechtsklarheit über den Besitz eines Aufenthaltstitels zu schaffen, ist eine an dem Wortlaut orientierte Auslegung geboten (vgl. Langeheine, in: Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, S. 443 f. unter Hinweis auf BR-Drs. 11/90, S. 72). Um unbeabsichtigte Härten zu vermeiden, wird die Möglichkeit der Bestimmung einer längeren Frist durch die Ausländerbehörde eröffnet. Es ist allgemein anerkannt, dass es für den Eintritt der Rechtsfolge des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG - dasselbe galt bereits für den wortgleichen § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG - weder auf die Natur des Ausreisegrundes noch auf diejenigen Gründe ankommt, aus denen ein Ausländer nicht innerhalb der Sechs-Monats-Frist wieder in das Bundesgebiet eingereist ist oder eine Fristverlängerung durch die Ausländerbehörde nicht erwirkt hat (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 8.5.2008 - 18 A 2542/06 -, juris; Senatsurt. v. 27.3.2008 - 11 LB 203/06 -, InfAuslR 2009, 54; Hailbronner, AuslR, Stand: Oktober 2008, § 51 AufenthG Rn. 27; Langeheine, a.a.O., S. 444). Es ist deshalb für den Eintritt des gesetzlichen Erlöschungstatbestandes in § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG unerheblich, ob ein unterbliebener Antrag auf Fristverlängerung oder die Rückkehr nach Ablauf der sechs Monate auf einem Verschulden des Ausländers beruht oder nicht. Eine Ausnahme kann allenfalls dann gemacht werden, wenn ein Ausländer nicht in der Lage war, fristgerecht einen Antrag auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist zu stellen. Ein derartiger Fall ist vom Verwaltungsgericht Bremen entschieden worden (Urt. v. 30.11.2005 - 4 K 1013/05 -, InfAuslR 2006, 198), Der Kläger jenes Verfahrens war durch die Verbringung in das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba infolge einer dort bestehenden weitgehenden Kontaktsperre und des langfristigen Vorenthaltens anwaltlichen Beistands an der fristgerechten Stellung eines entsprechenden Antrags gehindert. Nicht anwendbar sind diese Erwägungen jedoch auf eine Fallgestaltung, in der einem im Ausland inhaftierten Ausländer die Kontaktaufnahme zur zuständigen Ausländerbehörde über diplomatische oder anwaltliche Vermittlung möglich ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.1.2007 - 24 BV 03.722 -, juris; Hailbronner, a.a.O.).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sich der Antragsteller, der nach der Ausreise in die Türkei im Februar 2006 erst im Mai 2007 im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt ist, voraussichtlich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass ihn kein Verschulden an der verspäteten Wiedereinreise treffe, weil er in der Türkei vollauf mit der Pflege seines an Prostatakrebs erkrankten Vaters beschäftigt gewesen sei und ihn dies wegen der damit verbundenen starken emotionalen Belastung an einer Kontaktaufnahme mit der Antragsgegnerin gehindert habe. Hiervon abgesehen dürfte es sich bei diesem Vortrag auch um eine Schutzbehauptung handeln. Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 22. Januar 2009 unwidersprochen darauf hingewiesen, dass der Antragsteller immerhin während dieses Zeitraums in der Lage gewesen sei, mehrfach Kontakt mit der bulgarischen Botschaft zur Beantragung von Visa aufzunehmen und aus der Türkei nach Bulgarien und zurück zu reisen. Diese Umstände deuten darauf hin, dass es dem Antragsteller entgegen seinem Vorbringen doch möglich gewesen wäre, rechtzeitig einen Antrag auf Fristverlängerung bei der Antragsgegnerin zu stellen. Dass er in der Zeit vom 26. Dezember 2006 bis zu seiner Auslieferung nach Deutschland in Bulgarien aufgrund eines internationalen Haftbefehls inhaftiert war, vermag die Fristversäumnis nicht ausnahmsweise zu rechtfertigen. Zum einen war die Sechs-Monats-Frist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bereits im August 2006 abgelaufen. Zum anderen hat der Antragsteller weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass ihm während seiner Inhaftierung die Kontaktaufnahme zur Antragsgegnerin über diplomatische oder anwaltliche Vermittlung verwehrt war.

Dass der Antragsteller am 2. Januar 2009 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat, führt ebenso wenig zu einem Erfolg seines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Insbesondere hat er nicht glaubhaft gemacht, dass ihm deswegen ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zusteht. Die Antragsgegnerin hat mit Anhörungsschreiben vom 8. Januar 2009 dem Antragsteller mitgeteilt, aus welchen Gründen sie beabsichtige, seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abzulehnen. Der Senat hält diese Gründe nach summarischer Prüfung für plausibel, zumal der Antragsteller ihnen im vorliegenden Verfahren nicht entgegen getreten ist. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch an der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG scheitern dürfte. Die Sperrwirkung der mit Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 23. Oktober 2008 verfügten Ausweisung greift nach ganz überwiegender Meinung unabhängig davon ein, ob die Ausweisungsverfügung sofort vollziehbar oder bestandskräftig ist (vgl. etwa Senatsbeschl. v.20.2.2007 - 11 ME 386/06 -, NVwZ-RR 2007, 417; OVG NRW, Beschl. v. 18.7.2007 - 18 B 1324/06 -, juris; Hailbronner, a.a.O., § 11 AufenthG Rn. 9; Renner, AuslR, 8. Aufl., § 11 AufenthG Rn. 4). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Antragsteller - wie er behauptet - eine Arbeitsstelle in Aussicht hat, die es ihm ermöglichen werde, seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.

Ende der Entscheidung

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