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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.11.2004
Aktenzeichen: 12 LA 72/04
Rechtsgebiete: StVZO


Vorschriften:

StVZO § 31a
An der o. g. Kausalität fehlt es etwa dann, wenn sich der Fahrzeughalter nicht bereits im Ordnungswidrigkeitenverfahren auf eine fehlende Erinnerung an den Fahrzeugführer berufen hat bzw. wenn ihm ein zur Identifizierung des Fahrers ausreichendes Foto vorgelegt worden ist.
Gründe:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, mit dem dieses die Klage gegen die durch den Beklagten getroffene Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg. Der von dem Kläger in Anspruch genommene Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift nicht durch.

Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen seines angefochtenen Urteils ausgeführt, die Ermittlung des Fahrers, der am 28. März 2002 mit dem Fahrzeug des Klägers eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 32 km/h begangen habe, sei im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich gewesen, da der Kläger den Anhörungsbogen, den ihm der D. als Ordnungswidrigkeitenbehörde unter dem 26. April 2002 übersandt hatte, nicht zurückgesandt habe und es auch im Übrigen an jeder Mitwirkung an der Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers habe fehlen lassen.

Der Kläger beruft sich demgegenüber in der Begründung seines Berufungszulassungsantrages darauf, der D. habe nicht allein wegen des Umstandes, dass er den Anhörungsbogen im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zurückgesandt habe, davon ausgehen dürfen, dass er bestreite, das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes geführt zu haben. Es habe über die Versendung des Anhörungsbogens hinaus eines weiteren Versuches bedurft, ihn als Beschuldigten oder Zeugen selbst zu hören. Darüber hinaus sei ihm der Anhörungsbogen nicht innerhalb der in der Rechtsprechung anerkannten Frist von zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß übersandt worden. Auch diese verspätete Anhörung stehe der Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches entgegen.

Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Mit seinem erstgenannten Einwand übersieht der Kläger, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. nur: Beschl. v. 4.12.2003 - 12 LA 442/03 -, DAR 2004, 607 = Zfs 2004, 433 f., und zuletzt: Beschl. v. 2.11.2004 - 12 ME 413/04 -) die Ordnungswidrigkeitenbehörden im Rahmen ihrer nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO erforderlichen Ermittlungstätigkeit dann nicht Anlass zu umfangreichen weiteren Ermittlungen haben, wenn der Halter des Kraftfahrzeuges, mit dem der Verkehrsverstoß begangen worden ist, nicht hinreichend daran mitwirkt, den Fahrzeugführer zu bezeichnen. An einer solchen hinreichenden Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter - wie hier - den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. Damit hat es regelmäßig sein Bewenden. Weitere Bemühungen der Ordnungswidrigkeitenbehörde zur Feststellung des Fahrzeugführers ändern an dieser Rechtslage nichts. Sie deuten nicht darauf hin, weitere Maßnahmen zur Feststellung des Fahrzeugführers seien geboten gewesen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, diese Feststellung sei im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Hiernach hätte es bereits nicht mehr der durch den D. veranlassten persönlichen Anhörung des Klägers durch die Polizeistation E. bedurft, nachdem der Kläger den Anhörungsbogen nicht zurückgesandt hatte und seinem Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht gewährt worden war, ohne dass insoweit eine Äußerung erfolgt wäre. Der Umstand, dass sich der Kläger bei seiner polizeilichen Anhörung am 15. Juli 2002 wiederum nicht zu dem Verkehrsverstoß vom 28. März 2002 äußern wollte, belegt zusätzlich, dass bei ihm eine Mitwirkungsbereitschaft nicht gegeben war.

Der Kläger kann gegen die ihm auferlegte Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches auch nicht mit Erfolg einwenden, der D. habe ihn als Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht innerhalb von 14 Tagen seit dem Verkehrsverstoß vom 28. März 2002 angehört. Zwar gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem als Voraussetzung für die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage zu fordernden angemessenen Ermittlungsaufwand grundsätzlich die unverzügliche, d.h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen erfolgende Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung. Verzögerte Ermittlungshandlungen der Behörde schließen gleichwohl die Fahrtenbuchanordnung nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist (vgl. nur: BVerwG, Beschlüsse v. 13.10.1978 - 7 C 77.74 - und v. 25.6.1987 - 7B 139.87 -, Buchholz 442, 16, Nrn. 5 und 17 zu § 31a StVZO). Die Kausalität zwischen der verzögerten Anhörung und der Nichtfeststellung des Fahrzeugführers ist insbesondere dann zu verneinen, wenn sich der Fahrzeughalter nicht bereits im Ordnungswidrigkeitenverfahren, sondern erst in dem sich daran anschließenden Verwaltungsverfahren betreffend die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches auf eine fehlende Erinnerung an den Fahrzeugführer beruft (Beschl. d. Sen. v. 12.4.2002 - 12 ME 346/02 -, S. 3 BA) oder wenn dem Halter ein zur Identifizierung des Fahrers ausreichendes Foto vorgelegt worden ist, da es in einem solchen Falle in erster Linie nicht auf das Erinnerungsvermögen, sondern auf das Erkenntnisvermögen ankommt (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.11.1998 - 10 S 2673/98 -, NZV 1999, 224 f.; Beschl. d. Sen. v. 15.10.2002 - 12 LA 616/02 -, S. 4 BA). Beide Konstellationen sind hier erfüllt. Der Kläger hat sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht geäußert und entsprechend auch nicht auf eine fehlende Erinnerung an die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers berufen. Darüber hinaus hat der Senat keine Zweifel daran, dass das bei dem Verkehrsverstoß automatisch gefertigte Foto, das sich in dem Verwaltungsvorgang befindet und mit diesem dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Einsichtnahme übersandt wurde, hinreichend deutlich ist, um dem Betrachter die Identifizierung einer ihm bekannten Person zu ermöglichen.



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