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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: 12 LC 165/04
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 10 V
BSHG § 12 I 1
BSHG § 21 Ia
BSHG § 3
BSHG § 4 II
BSHG § 8 I
1. Sozialhilfeempfänger können nicht verlangen, dass ihr Bedarf an Oberbekleidung und Bettwäsche ausschließlich und vollständig durch Geldleistungen und ladenneue Ware gedeckt wird; zumindest für Teile des Bedarfes ist auch die Inanspruchnahme von Gebrauchtware zumutbar.

2. Der Verweis von Sozialhilfeempfängern auf die Inanspruchnahme einer von einem Träger der freien Wohlfahrtspflege betriebenen Kleiderkammer ist zulässig, wenn sich deren Leistungen nach den gesamten Umständen des Einzelfalles als Hilfegewährungen des Sozialhilfeträgers darstellen und zu diesem Zweck erbracht werden.


Tatbestand:

Die Kläger, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt durch die für den Beklagten handelnde Samtgemeinde F. beziehen, wenden sich dagegen, dass diese ihnen auf ihren Antrag auf Gewährung einer einmaligen Leistung zur Beschaffung von Oberbekleidung (streitgegenständlich noch: eine Hose für die Klägerin zu 1.) und Kinderbettwäsche (für den Kläger zu 2.) lediglich ein Drittel des für die Beschaffung als erforderlich angesehenen Betrages als Geldleistung bewilligt und sie im Übrigen darauf verwiesen hat, ihren Bedarf durch Inanspruchnahme der Kleiderkammern in G. und H. (im Folgenden einheitlich: Kleiderkammer) zu decken, die der Kreisverband G. des Deutschen Roten Kreuzes (im Folgenden: DRK) betreibt. Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung des vollständigen Betrages, der für die Beschaffung einer Damenhose und von Kinderbettwäsche in ladenneuem Zustand erforderlich ist.

Der Beklagte bzw. die Sozialämter der von ihm herangezogenen Gemeinden gewähren Leistungen nach §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 1a Nr. 1 BSHG (hier und im Folgenden: in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) zur Deckung des Bedarfs an Kleidung durch Pauschalbeträge, sofern die Hilfeempfänger mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind. Hilfeempfänger, die wie die Kläger nicht an dem Pauschalierungsverfahren teilnehmen, erhalten einmalige Beihilfen in Form von Geld für die Beschaffung von Bekleidung von nicht geringem Anschaffungspreis uneingeschränkt nur für Schuhe und für (Leib-) Wäsche, die die Intimsphäre berührt. Für den Bedarf an Oberbekleidung wird eine Geldbeihilfe zunächst nur in Höhe eines Drittels des Wertes der benötigten Kleidungsstücke bewilligt. Im Übrigen werden die Hilfeempfänger an die Kleiderkammer des DRK verwiesen. Durch die Leistung eines Teilbetrages in Geld will der Beklagte den Hilfeempfängern eine gewisse Dispositionsfreiheit erhalten und ihnen zumindest für einen Teil ihres Bedarfs die Möglichkeit eines Erwerbs ladenneuer Ware nach freier Auswahl einräumen. In entsprechender Weise verfährt der Beklagte im Hinblick auf Bettwäsche.

Die Funktionsweise der durch das DRK betriebenen Kleiderkammer und deren Einbindung in die Gewährung von Sozialhilfe für die Beschaffung von Oberbekleidung und Bettwäsche durch den Beklagten lässt sich wie folgt kennzeichnen: Das DRK betreibt die Kleiderkammer als unabhängiger Träger der freien Wohlfahrtspflege. Das Angebot der Kleiderkammer wird gespeist aus Sammlungen gebrauchter Bekleidung in Altkleidercontainern und durch das Altkleidermobil des DRK. Hinzu kommen Sachspenden, die teilweise, etwa wenn sie von Bekleidungsgeschäften gegeben werden, auch Neuware umfassen. Das DRK ist bestrebt sicherzustellen, dass Sozialhilfeempfänger nicht an ihrer Kleidung zu erkennen sein sollen, und bietet deshalb nur als hochwertig eingeschätzte und wenn möglich auch modische Kleidung an. Im Jahr 2001 wurden von 267.212 kg gesammelter Altkleidung 97.642 kg in das Angebot der Kleiderkammer aufgenommen, der Rest wurde als nicht tragbar aussortiert. Die Kleiderkammer finanziert sich aus Spenden, Beiträgen der DRK-Mitglieder und Zuschüssen des Beklagten. Der Beklagte beteiligte sich im Jahr 1999 mit einem Zuschuss in Höhe von 105.500,- DM an dem Bau der neuen Kleiderkammer im I.. Er leistete in den letzten Jahren auf entsprechende Anträge des DRK hin durch Förderbescheide Zuschüsse zu den Betriebskosten der Kleiderkammer in Höhe von ca. 30.000,-€ p.a.. Er übernahm darüber hinaus im Rahmen der Hilfe zur Arbeit nach § 18 Abs. 4 BSHG die Lohnkosten für die Mitarbeiter des DRK, die in den Kleiderkammern tätig sind, in Höhe von ca. 70.000,-€ p.a.. Die Abläufe in der Kleiderkammer sind ähnlich wie in einem Kaufhaus organisiert, das heißt, die Interessenten können die Ware aus Regalen bzw. von Kleiderständern entnehmen und sie gegebenenfalls anprobieren. Sozialhilfeempfänger, die ihren Bedarf bei dem für sie zuständigen Sozialamt anmelden, bekommen dort einen Berechtigungsschein ausgehändigt, auf dem ihr Name und die in der Kleiderkammer zu beschaffenden Gegenstände nach Art und Menge angegeben sind. Sie können sich die Artikel in der Kleiderkammer selbst aussuchen und bekommen diese nach einem entsprechenden Vermerk auf dem Berechtigungsschein kostenlos ausgehändigt. Steht ein bestimmter Artikel nicht zur Verfügung, wird dies durch die Mitarbeiter der Kleiderkammer auf dem Berechtigungsschein bestätigt. Bei Vorlage der Bestätigung auf dem zuständigen Sozialamt wird zusätzlich zu dem bereits gezahlten Betrag von einem Drittel des Wertes der Restbetrag in Geld gewährt. Ebenso wird verfahren, wenn Hilfeempfänger Ware aus von dem Beklagten anerkannten Gründen nicht akzeptiert haben. Diesem langjährig geübten Verfahren liegen schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Beklagten und dem DRK bzw. Verwaltungsanweisungen des Beklagten nicht zu Grunde.

Die Kleiderkammer wird in großem Umfang unabhängig von dem beschriebenen Berechtigungsscheinverfahren in Anspruch genommen. Ca. 90 % ihrer Nutzer sind nicht im Besitz eines derartigen Scheines. Unter diesen befinden sich nach Einschätzung des DRK zahlreiche Hilfeempfänger, die ansonsten am oben genannten Pauschalierungsverfahren des Beklagten teilnehmen. Diese Nutzer müssen pro erworbenen Artikel einen Betrag in Höhe von 1,-€ bis 15,-€ zahlen.

Am 29. April 2002 beantragten die Kläger zusammen mit Herrn J. K., der mit der Klägerin zu 1. bis zum 22. Mai 2002 in eheähnlicher Gemeinschaft lebte, bei der Samtgemeinde F. die Gewährung einmaliger Leistungen für diverse Bekleidungsgegenstände, u.a. für Unterwäsche, drei Tops, ein Paar Schuhe und eine Hose für die Klägerin zu 1. und fünf T-Shirts, Socken, Sommerschuhe, einen Bademantel und Kinderbettwäsche für den Kläger zu 2.

Mit Bescheid vom 4. Mai 2002 gewährte die Samtgemeinde F. den Klägern und Herrn K. eine einmalige Beihilfe zur Beschaffung von Kleidung in Höhe von insgesamt 126,33 €. Dabei setzte die Samtgemeinde für die von den Klägern und Herrn K. begehrten Schuhe jeweils deren angenommenen vollen Wert an. Von dem hierfür ausgeworfenen Teilbetrag in Höhe von 95,- € entfielen auf die Klägerin zu 1. 35,- € und auf den Kläger zu 2. 20,- €. Den Wert der von der Klägerin zu 1. beantragten Hose veranschlagte die Samtgemeinde F. auf 31,- €, denjenigen der von dem Kläger zu 2. begehrten Bettwäsche auf 14,- €. Als auszuzahlende Beihilfe nahm die Samtgemeinde ein Drittel dieser Beträge, das heißt 15,- € an. In entsprechender Weise verfuhr sie in Bezug auf eine von Herrn K. beantragte Hose und eine für den Haushalt vorgesehene Garnitur Bettwäsche, so dass sie für die in Rede stehende Bedarfsgruppe insgesamt einen Betrag von 31,33 € auswarf. Im Übrigen erteilte sie für die Bedarfsgruppe einen Berechtigungsschein für die Kleiderkammer des DRK. Im Hinblick auf die von den Klägern jeweils beantragte Unterwäsche, die von der Klägerin zu 1. begehrten Tops sowie die von dem Kläger zu 2. gewünschten T-Shirts und Socken lehnte die Samtgemeinde F. die Gewährung einer Beihilfe unter Verweis darauf vollständig ab, dass es sich um Bekleidungsgegenstände von geringem Anschaffungspreis handele, die aus den gewährten Regelsätzen zu beschaffen seien. Eine Beihilfe für die Beschaffung eines Bademantels für den Kläger zu 2. könne nicht gewährt werden, weil dieser nicht zum notwendigen Lebensbedarf zähle.

Am 24. Juni 2002 legten die Kläger durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid der Samtgemeinde F. vom 4. Mai 2002 mit der Begründung ein, dass eine Verweisung an die Kleiderkammer nicht in Betracht komme. Im Übrigen werde der Leistungsantrag aus dem April 2002 erneut gestellt. Nachdem sich die Samtgemeinde F. bei der Kleiderkammer des DRK vergewissert hatte, dass dort Damenhosen in den für die Klägerin in Frage kommenden Größen und auch Bettwäschegarnituren vorhanden waren, lehnte sie mit Bescheid vom 9. Juli 2002 den am 24. Juni 2002 gestellten Antrag unter Verweis auf den Bewilligungsbescheid vom 4. Mai 2002 und die Vorschrift des § 66 SGB I ab. Die Kläger hätten durch ihre Ablehnung, die Kleiderkammer in Anspruch zu nehmen, nicht alle Möglichkeiten zur Selbsthilfe im Sinne des § 2 BSHG genutzt. Auch diesen Bescheid griffen die Kläger mit anwaltlichem Widerspruchsschreiben vom 14. Juli 2002 unter neuerlicher Ablehnung eines Besuches der Kleiderkammer an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2002 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid der Samtgemeinde F. vom 4. Mai 2002 wegen Verfristung als unzulässig und den Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 9. Juli 2002 unter Verweis auf seine ständige Praxis der Einbeziehung der Kleiderkammer des DRK in die Bedarfsdeckung ab.

Am 10. September 2002 haben die Kläger Klage erhoben. Mit Gerichtsbescheid vom 10. Juni 2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die in seinem Urteil vom 1. November 2001 (Az.: 3 A 738/00) ausgesprochene grundsätzliche Billigung der Praxis des Beklagten verwiesen. Die Kläger haben in Bezug auf den Gerichtsbescheid die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt. Gegen die durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. November 2003 ausgesprochene Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug haben sie Beschwerde vor dem erkennenden Senat erhoben. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2002 (Az.: 12 PA 545/03) hat ihnen der Senat unter Abänderung des ablehnenden verwaltungsgerichtlichen Beschlusses Prozesskostenhilfe für das Verfahren im ersten Rechtszug bewilligt. In der Begründung seines Beschlusses hat der Senat auf die zu prüfende Voraussetzung einer Zuordnung der Hilfeleistung durch die Kleiderkammer des DRK an den Beklagten und die umstrittene Frage der Zumutbarkeit von Gebrauchtkleidung verwiesen.

Die Kläger haben sich zur Begründung ihrer Klage wiederum auf die Unzulässigkeit einer Verweisung an die Kleiderkammer des DRK berufen.

Sie haben beantragt,

den Bescheid der Samtgemeinde F. vom 9. Juli 2002 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 12. August 2002 aufzuheben und die beantragten und abgelehnten Bekleidungsgegenstände zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, er sei nicht der Auffassung, dass ihm die Kleiderkammer des DRK organisatorisch zuzuordnen sein müsse. Deren Leistung stelle keine Zuwendung eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege im Sinne des § 78 BSHG dar, weil der Leistungsinhalt nicht durch das DRK bestimmt werde. Vielmehr könnten die Hilfesuchenden aus einem Sortiment, das auch Personen zugänglich sei, die keine Sozialhilfe bezögen, frei auswählen. Die Wahrnehmung dieser Möglichkeit sei als zumutbare Selbsthilfe im Sinne des § 2 BSHG zu qualifizieren. Unabhängig hiervon sei eine Zuordnung jedoch tatsächlich gegeben. Da ohne die erhebliche finanzielle Förderung, die er, der Beklagte, dem DRK zukommen lasse, diesem der Betrieb der Kleiderkammer nicht möglich sei, verstehe es sich von selbst, dass er auf den Betrieb in gleicher Weise Einfluss nehmen könne, als wenn es sich um seine eigene Einrichtung handele. Es bestünden überdies umfassende und regelmäßige Kontakte zwischen ihm und dem DRK, auch zur Klärung von Einzelfällen.

Mit Urteil vom 11. März 2004 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe für die Damenhose bzw. die Kinderbettwäsche, die nach dem Verfahrensverlauf allein noch einer materiellen Überprüfung zugänglich seien, ein Anspruch auf Auszahlung weiterer Barmittel nicht zu. Die Verwaltungspraxis des Beklagten, derzufolge die Samtgemeinde F. eine Barauszahlung nur in Höhe eines Drittels des festgestellten Wertes der begehrten Gegenstände vorgenommen und die Kläger im Übrigen auf die Inanspruchnahme der Kleiderkammer des DRK verwiesen habe, sei rechtlich nicht zu beanstanden. § 78 Abs. 1 BSHG hindere eine Verweisung auf die Kleiderkammer in der praktizierten Form nicht, weil die Zusammenarbeit des Beklagten mit dem DRK in einer Weise angelegt und strukturiert sei, die es rechtfertige, die Hilfeleistungen der Kleiderkammer bei der Deckung des Bedarfs an Kleidung und Bettwäsche dem Grunde nach dem Beklagten zuzuordnen. Dies ergebe sich schon daraus, dass das DRK die Leistungen seiner Kleiderkammer ohne die finanzielle Unterstützung des Beklagten als Sozialhilfeträger nicht erbringen könne. Aus der finanziellen Beteiligung des Beklagten ergebe sich ein direkter und erheblicher Einfluss auf die von der Kleiderkammer vorgenommene Bedarfsdeckung. Auch sei es rechtlich nicht geboten, den Bedarf von Sozialhilfeempfängern an Oberbekleidung und Bettwäsche stets durch ladenneue Ware zu decken. Nach § 4 Abs. 2 BSHG entscheide der Sozialhilfeträger über Form und Maß der Sozialhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Grenzen dieses Ermessens habe der Beklagte mit seiner Praxis der Hilfegewährung nicht überschritten. Insbesondere werde die Menschenwürde der Kläger im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG nicht dadurch verletzt, dass ihnen der Beklagte zumute, zwei Drittel ihres entsprechenden Bedarfes durch saubere Gebrauchtware aus der Kleiderkammer des DRK zu decken. Dies gelte jedenfalls für den konkreten Umfang der Verweisung auf Gebrauchtwaren unter Berücksichtigung der Modalitäten der Bedarfsfeststellung und der Ausgestaltung der Kleiderkammer. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO zugelassen. Der Rechtssache komme im Hinblick auf die Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob Sozialhilfeempfänger in rechtmäßiger Weise auf gebrauchte Kleidung und Bettwäsche verwiesen werden könnten.

Am 21. April 2004 haben die Kläger bei dem Verwaltungsgericht Berufung gegen das am 6. April 2004 zugestellte Urteil eingelegt. Zugleich mit der Einlegung des Rechtsmittels haben sie zu dessen Begründung ausgeführt: Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass - jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides - die streitige Damenhose und Bettwäsche in der Kleiderkammer des DRK vorhanden gewesen seien. Überdies hätten Sozialhilfeempfänger regelmäßig Anspruch darauf, in die Lage versetzt zu werden, sich ladenneue Ware beschaffen zu können. Es werde bestritten, dass zwischen dem Beklagten und dem DRK eine Absprache bestehe, die die Hilfeleistungen der Kleiderkammer quasi dem Beklagten zuordne. Für eine derartige Annahme bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte. Das in der Kleiderkammer beschäftigte Personal des DRK maße sich an, im Einzelfall eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Kleidungsstück von einem Sozialhilfeempfänger zu Recht oder zu Unrecht abgelehnt werde. Auch das zuständige Sozialamt sei im Zusammenhang mit der Frage, ob den betroffenen Hilfeempfängern ein zusätzlicher Zuschuss gewährt werden müsse, nicht in der Lage, zu überprüfen, ob die Ablehnung der Bedarfsdeckung in der Kleiderkammer berechtigt oder unberechtigt gewesen sei. Der Beklagte müsse hierfür die abgelehnten Artikel sicherstellen und sich selbst von deren Zumutbarkeit überzeugen. Dies geschehe jedoch nicht. Schließlich sei den Hilfeempfängern das Aufsuchen der Kleiderkammer auch deshalb nicht zumutbar, weil der Beklagte die hierfür entstehenden Fahrtkosten nicht übernehme.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihnen eine einmalige Beihilfe als Zuschuss für eine Damenhose und Kinderbettwäsche in Höhe von insgesamt 30.- € zu bewilligen sowie den Bescheid der Samtgemeinde F. vom 9.Juli 2002 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12. August 2002 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, die Kläger könnten nicht in wirksamer Weise mit Nichtwissen bestreiten, dass die von ihnen begehrten Gegenstände in der Kleiderkammer des DRK vorhanden gewesen seien. Jedenfalls am 9. Juli 2002 sei dies ausweislich des Verwaltungsvorganges der Fall gewesen. Die Kläger hätten es bereits zu diesem Zeitpunkt abgelehnt, die Kleiderkammer überhaupt aufzusuchen. Dass den Klägern auch unter Berücksichtigung der in § 1 Abs. 2 BSHG umschriebenen Aufgabe der Sozialhilfe zumutbar sei, ihren streitgegenständlichen Bedarf in der Kleiderkammer des DRK zu decken, ergebe sich bereits daraus, dass das Angebot der Kleiderkammer auch und überwiegend von Personen genutzt werde, die Sozialhilfe nicht bezögen. Die Fahrtkosten, die den in F. wohnhaften Klägern im Zusammenhang mit einem Besuch der Kleiderkammer in G. entstünden, müssten diese aus dem für Fahrtkosten vorgesehenen Anteil ihres Regelsatzes aufbringen. Die Deckung ihres Bekleidungsbedarfes ausschließlich in ihrem Wohnort sei ohnehin nicht möglich. Dass die durch die Kleiderkammer des DRK gewährten Hilfeleistungen ihm, dem Beklagten, ohne Einschränkungen zuzuordnen seien, ergebe sich aus den in den Verwaltungsvorgängen dokumentierten Abläufen im Zusammenhang mit der Einschaltung der Kleiderkammer in die Bedarfsdeckung.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2005 Beweis erhoben durch die Vernehmung des stellvertretenden Geschäftsführers des DRK - Kreisverbandes G. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem Verfahren und zu dem Verfahren zum Aktenzeichen 3 A 738/99 des Verwaltungsgerichts sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Die Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat das im Berufungsverfahren allein noch weiterverfolgte Begehren der Kläger, den Beklagten zur Bewilligung einer einmaligen Geldleistung von insgesamt noch 30,--€ für die Beschaffung einer Damenhose für die Klägerin zu 1) und von Kinderbettwäsche für den Kläger zu 2) - jeweils als Neuware - zu verpflichten, zu Recht abgewiesen.

Zwar sind die Kläger - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - im sozialhilferechtlichen Sinne hilfebedürftig und können deshalb gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG sind Kleidung und Bettwäsche, die zum Hausrat zählt, Bestandteile des notwendigen Lebensunterhaltes. Der Beklagte (bzw. hier und im Folgenden: die für diesen handelnde Samtgemeinde F.) gewährt für ihre Beschaffung, sofern diese wie hier einen geringen Anschaffungspreis übersteigt, einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 a Nr. 1 BSHG. Dabei begegnet der Umstand keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte diese Hilfeleistung an die Kläger, die an dem Verfahren zur pauschalen Deckung ihres Bekleidungsbedarfes nicht teilnehmen, entsprechend seiner ständigen Praxis in der Form erbracht hat, dass er einen Geldbetrag in Höhe von einem Drittel des für den Kauf von Neuware erforderlichen Betrages an die Kläger ausgezahlt und diese im übrigen unter Aushändigung eines entsprechenden Berechtigungsscheines darauf verwiesen hat, die Kleiderkammer in Anspruch zu nehmen, in der das DRK (teils neuwertige, zum größten Teil) gebrauchte Oberbekleidung und Bettwäsche bedürftigen Menschen im Kreisgebiet des Beklagten zur Verfügung stellt. Die Kläger können die begehrte Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung des restlichen für die Beschaffung einer Damenhose und einer Garnitur Kinderbettwäsche in ladenneuem Zustand erforderlichen Betrages nicht beanspruchen.

Die Entscheidung des vorliegenden Falles erfordert eine Stellungnahme zu drei grundlegenden Fragestellungen der Hilfegewährung, die aufeinander aufbauen und ineinander verschränkt sind. Dabei gelten für den Bedarf an Oberbekleidung und Bettwäsche identische Maßstäbe (vgl. insoweit unstreitig: 4. Senat des erkennenden Gerichts, Beschluss v. 15.4.1986 - 4 B 75/86 -, FEVS 36, 327 f.). Zunächst stellt sich die Frage, ob ein Sozialhilfeträger einmalige Leistungen für den Bedarf eines Hilfeempfängers an Oberbekleidung und Bettwäsche stets vollständig in Geld zu erbringen hat oder Sachleistungen erbringen darf. Weiterhin wird die Problematik aufgeworfen, ob dieser Bedarf nur durch ladenneue Ware oder auch durch im Hinblick auf die Qualität, die Gebrauchstauglichkeit und die Hygiene einwandfreie Gebrauchtware gedeckt werden kann. Schließlich ergibt sich die Fragestellung, ob gebrauchte Oberbekleidung und Bettwäsche zum Zweck einer sozialhilferechtlich wirksamen Bedarfsdeckung nur in einer eigenen Kleiderkammer des Sozialhilfeträgers oder auch durch die Kleiderkammer eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege wie des DRK abgegeben werden darf. Sämtliche Fragen sind entgegen der von den Klägern vertretenen Rechtsposition zu entscheiden, so dass eine Grundlage für den von ihnen erhobenen Anspruch nicht besteht.

Der Beklagte war nicht verpflichtet, den streitigen Oberbekleidungs- und Bettwäschebedarf der Kläger vollständig durch Gewährung einer Geldleistung zu decken. Er konnte vielmehr in ermessensfehlerfreier Weise den Klägern die begehrte Damenhose und Kinderbettwäsche in sächlicher Form zugänglich machen.

Gemäß § 8 Abs. 1 BSHG ist die Sachleistung wie die Geldleistung eine der Formen der Sozialhilfe. Nach § 4 Abs. 2 BSHG entscheidet der Sozialhilfeträger über Form und Maß der Sozialhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen, soweit nicht das Bundessozialhilfegesetz - was hier nicht der Fall ist - das Ermessen ausschließt. Allerdings hat der Sozialhilfeträger bei seiner Entscheidung, in welcher Form er die Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt, alle geschriebenen und ungeschriebenen Grundsätze zu beachten, die sich aus dem Bundessozialhilfegesetz, dem Sozialgesetzbuch (AT) und gegebenenfalls aus dem Verfassungsrecht ergeben. Insbesondere muss er bei seiner Ermessensentscheidung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BSHG den Besonderheiten des Einzelfalles und den angemessenen Wünschen der Hilfeempfänger Rechnung tragen, sowie der in § 1 Abs. 2 BSHG statuierten Aufgabe der Sozialhilfe entsprechen, den Hilfeempfängern die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (BVerwG, Urt. v. 16.1.1986 - BVerwG 5 C 72.84 -, BVerwGE 72, 354, 355 ff.; Urt. v. 14.3.1991 - BVerwG 5 C 70.86 -, FEVS 41, 397, 398 ff.; Dauber, in: Mergler/ Zink <Hrsg.>, BSHG, Loseblattsammlung, Stand: August 2004, § 4, Rn. 46). Hiernach wird der Sozialhilfeträger die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich in Form von Geld zu leisten haben, um jedenfalls dem erwachsenen Menschen die Möglichkeit zu lassen, im Rahmen der ihm nach dem Gesetz zustehenden Mittel seine Bedarfsdeckung frei zu gestalten (BVerwG, Urt.v. 16.1.1986, a.a.O.; Roscher/Conradis in: LPK-BSHG, 6. Aufl., 2003, § 4 Rn. 23; Dauber, in: Mergler/ Zink, a.a.O., § 4, Rn. 46a).

Der Senat vermag sich allerdings nicht denjenigen Stimmen in der Rechtsprechung (4. Senat des erkennenden Gerichts, Beschlüsse v. 12.9.1985 - 4 OVG B 115/85 -, info also 1986, 37 f; 15.4.1986, a.a.O.; 4.6.1987 - 4 OVG B 83/87 -; 20.4.1988 - 4 OVG B 169/88 -, info also 1989, 41; 18.9.1991 - 4 O 2165/91 -, info also 1992, 136 f.; 19.12.1991 - 4 M 2245/91, ZfF 1992, 266; VGH Bad-Württ., Beschl. v. 3.11.1992 - 6 S 2356/92 -, info also 1993, 26 ff.; VG Stade, Beschl. v. 29.2.1988 - 2 D 113/87 -, info also 1989, 39 f; VG Göttingen, Urt. v. 27.1.1999 - 2 A 2402/96 -, info also 1999, 92 f.) und in der Literatur (Hofmann in: LPK-BSHG, a.a.O., § 21 Rn. 24; Wenzel in: Fichtner/ Wenzel <Hrsg.> BSHG, 2. Auflage 2003, § 8 Rn. 14, § 12 Rn. 34) anzuschließen, die den Grundsatz des regelmäßigen Vorranges der Geldleistung vor der Sachleistung von dem Bereich der laufenden Hilfe uneingeschränkt auf denjenigen der einmaligen Leistungen zum Lebensunterhalt, insbesondere im Hinblick auf den Bedarf an Oberbekleidung und Bettwäsche übertragen. Diese Übertragung wird in der Regel nicht ausdrücklich begründet und oftmals mit der weiteren Problematik einer Zumutbarkeit von gebrauchter Oberbekleidung bzw. Bettwäsche vermischt. Tragend ist hier jedoch letztlich ebenfalls stets der Gedanke, den Hilfeempfängern auch im Bereich der einmaligen Leistungen einen Bereich des eigenständigen und selbständigen Wirtschaftens zu erhalten.

Zur Überzeugung des Senats ist bei den einmaligen Hilfen zum Lebensunterhalt die generelle Annahme eines Vorranges der Geldleistung vor der Sachleistung unter entsprechender Einengung des dem Sozialhilfeträger durch § 4 Abs. 2 BSHG eingeräumten Ermessens nicht gerechtfertigt. Denn anders als bei der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt steht bei der einmaligen Hilfe die konkrete Bedarfsdeckung und nicht die Gestaltungsfreiheit der Hilfeempfänger bei der Verwendung der Hilfe im Vordergrund. Der Sozialhilfeträger ist deshalb auch durch die von ihm zu achtende Menschenwürde der Hilfeempfänger grundsätzlich nicht gehindert, diese - nicht zuletzt aus Gründen der Sparsamkeit im Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln - auf zumutbare Sachleistungen zu verweisen; dies gilt auch im Hinblick auf Oberbekleidung und Bettwäsche (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.3.1994 - 6 S 1591/92 -, FEVS 45, 258, 260; Urt. v. 3.11.2003 - 7 S 1162/01 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.9.2000 - 12 A 1192/00 -, FEVS 52, 109 ff., W. Schellhorn/ H. Schellhorn, a.a.O., § 12 Rn. 52, jeweils unter Berufung auf: BVerwG, Urt. v. 14.3.1991, a.a.O. - gebrauchte Matratze als Sachleistung -).

Die Kläger können weiterhin nicht verlangen, dass ihr Bedarf an Kleidung und Bettwäsche ausschließlich und vollständig durch ladenneue Ware gedeckt wird. Vielmehr ist der Verweis auf gebrauchte Ware nach den Bedingungen, unter denen der Beklagte diesen vornimmt, nicht zu beanstanden.

Zunächst besteht für die Hilfeempfänger die Möglichkeit, ihren Bekleidungsbedarf durch Teilnahme an dem Pauschalisierungsverfahren des Beklagten zu decken. Auch wenn sie dies - wie die Kläger - nicht tun, sinnt ihnen der Beklagte nicht an, ihren gesamten Bedarf an Bekleidung - und Bettwäsche - durch Gebrauchtware zu decken. Von vornherein ausgenommen von dieser Regelung sind Schuhe und (Leib-)Wäsche, die die Intimsphäre berührt (vgl. zur besonderen Problematik eines Verweises auf Gebrauchtkleidung aus diesen Bereichen: OVG des Saarlandes, Beschl. v. 27.7.1990 - 1 W 121/90 -, FEVS 41, 71, 75; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.3.1994, a.a.O.). Nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist überdies davon auszugehen, dass die gebrauchte Oberbekleidung und Bettwäsche, die den Hilfeempfängern in der Kleiderkammer angeboten wird, in Bezug auf Qualität, Gebrauchstauglichkeit und hygienischen Zustand einwandfrei (vgl. zur Voraussetzung der Qualität: BVerwG, Beschl. v. 2.9.2004 - 5 B 18/04 -) ist und die Kleidungsstücke in aller Regel auch zeitgemäß gestaltet sind. Darüber hinaus ist durch die von dem Beklagten und die für ihn tätigen Sozialämter geübte Praxis gewährleistet, dass die Hilfeempfänger den Geldbetrag, der für den Erwerb von Kleidungsstücken bzw. Bettwäscheteilen erforderlich ist, die in der Kleiderkammer des DRK nicht passend vorhanden sind, vollständig erhalten. Gleiches gilt nach der aus der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung des Senats in den Fällen, in denen vorhandene Ware von den Hilfeempfängern aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt wird. Schließlich zahlt der Beklagte in jedem Fall einen Betrag in Höhe von einem Drittel des angenommenen Wertes der benötigten Bekleidung bzw. Wäsche als Geldleistung aus. Die Hilfeempfänger sind danach jedenfalls durch ein Ansparen dieser Geldbeträge in der Lage, bestimmte, von ihnen für besonders bedeutsam erachtete Kleidungsstücke - bzw. Bettwäsche - auch in ladenneuem Zustand zu erwerben.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat mit dem Verwaltungsgericht keinen Anlass, die von dem Beklagten geübte Praxis allein deshalb zu verwerfen, weil und soweit sie den Hilfeempfängern eine Bedarfsdeckung durch gebrauchte Oberbekleidung und Bettwäsche zumutet. Der Senat ist nicht der Ansicht, dass der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG im streitgegenständlichen Zeitraum im Sommer des Jahres 2002 (noch) regelmäßig ladenneue Oberbekleidung und Bettwäsche umfasste, weil es den Lebensgewohnheiten auch der Bevölkerungsschichten mit niedrigem Einkommen entsprochen hätte, sich regelmäßig mit neuwertigen im Sinne von ladenneuen Waren aus diesem Segment zu versorgen (in diesem Sinne für die achtziger und frühen neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts: 4. Senat des erkennenden Gerichts, Beschlüsse v. 12.9.1985, 15.4.1986, 4.6.1987, 20.4. 1988, 19.12.1991, jew. a.a.O. und im Übrigen: VG Stade, Beschl. v. 29.2.1988 und VG Göttingen, Urt. v. 27.1.1999, jew. a.a.O.; Hofmann, in: LPK-BSHG, a.a.O., § 21, Rn. 24; Frings, info also 1991, 110).

Zwar soll durch die Hilfegewährung auf die jeweils herrschenden Lebensgewohnheiten und Erfahrungen Rücksicht genommen und es den Hilfeempfängern ermöglicht werden, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben (BVerwG, Urt. v. 14.3.1991, a.a.O.; Urt. v. 9.2.1995 - BVerwG 5 C 2.93 -, BVerwGE 97, 376, 378; Wenzel, in: Fichtner/ Wenzel, a.a.O., § 12, Rn. 1; Kunz, in: Oestreicher/ Schelter/ Kunz/ Decker, BSHG, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2003, § 12, Rn., 1). Jedoch kann sich der Inhalt des notwendigen Lebensunterhaltes durch die wirtschaftliche Entwicklung und die damit im Zusammenhang stehenden Lebensumstände der nicht sozialhilfebedürftigen Bevölkerung verändern (Wenzel, in: Fichtner/ Wenzel, a.a.O., § 12, Rn. 3; Dauber, in: Mergler/ Zink, a.a.O., § 12, Rn. 4; Kunz, in: Oestreicher/ Schelter/ Kunz/ Decker, a.a.O., § 12, Rn.2). Auch muss die Sozialhilfe nur im Rahmen dessen, was zur Führung eines menschenwürdigen Lebens gehört, den Hilfeempfängern Lebensgewohnheiten und Lebensumstände der übrigen Bevölkerung und eine Gleichstellung mit ihr ermöglichen. Was jedermann als unzumutbar erscheint und was nach den allgemeinen Lebensgewohnheiten und Lebensumständen deshalb gemieden zu werden pflegt, darf auch einem Hilfeempfänger nicht zugemutet werden (BVerwG, Urt. v. 14.3.1991, a.a.O. im Hinblick auf gebrauchte Matratzen).

Das Verwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, dass die in der Bevölkerung immer beliebtere Nutzung von Internetportalen und spezialisierten Läden, die qualitativ hochwertige Gebrauchtkleidung vertreiben, Zeichen einer in der Bevölkerung gerade in den letzten Jahren gestiegenen Akzeptanz des Tragens gebrauchter Kleidung sind. Ursache hierfür ist zur Überzeugung des Senats in erster Linie der Umstand, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse weiter Teile der Bevölkerung in dem letzten Jahrzehnt merklich verschlechtert haben (vgl. in diesem Sinne auch: VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.3.1994, a.a.O.). Der Senat vermag deshalb nicht zu erkennen, dass sich Hilfeempfänger durch das Tragen gebrauchter Oberbekleidung äußerlich negativ von der übrigen Bevölkerung abheben würden (vgl. hierzu: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.11.1992, a.a.O.; Hofmann, in: LPK-BSHG, a.a.O., § 21, Rn. 21; W. Schellhorn/ H. Schellhorn, a.a.O., § 12, Rn. 25) oder dass die Nutzung von Gebrauchtkleidung - und ebenso die Inanspruchnahme gebrauchter Bettwäsche - an sich weithin als diskriminierend und menschenunwürdig empfunden würde und deshalb den Empfängern von Sozialhilfe nicht zumutbar wäre (in diesem Sinne auch: OVG des Saarlandes, Beschl. v. 27.7.1990; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.3.1994; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.9.2000, jew. a.a.O.; VG Arnsberg, Urt. v. 7.6.1990 - 5 K 922/89 -, NWVBL 1991, 30 f; vgl. auch- zumindest für einen Teil des Bekleidungsbedarfs -: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.8.1990 - 24 A 1836/87 -, NVWBL 1991, 28; aus der Literatur: W. Schellhorn/H.Schellhorn, a.a.O., § 12, Rn. 27 und - zumindest teilweise -: Dauber, in: Mergler/ Zink, a.a.O., § 12, Rn. 25c).

Dass die speziellen Umstände der Versorgung mit gebrauchter Oberbekleidung und Bettwäsche in der Kleiderkammer des DRK eine diskriminierende Wirkung nicht aufweisen, ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass ein großer Teil der Besucher der Kleiderkammer Sozialhilfe nicht bezieht, und zum anderen daraus, dass die Abgabe der Bekleidung und Wäsche in der Kleiderkammer des DRK sich am Erscheinungsbild des Einzelhandels orientiert. Auch können, wie der Beklagte überzeugend dargelegt hat, die Hilfeempfänger und mit ihnen die Kläger die Kleiderkammer in zumutbarer Weise erreichen (vgl. zu einer Fallgestaltung, in der dies nicht gegeben war: VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 3.11.2003 - 7 S 1162/01-). In Anbetracht des Umstandes, dass die Kläger einen Besuch der Kleiderkammer von vornherein abgelehnt haben, ist ihnen weiterhin der Einwand abgeschnitten, dass die von ihnen benötigten Artikel dort nicht bzw. nicht in angemessener Form vorhanden gewesen seien. Überdies hatte die Samtgemeinde F. vor Erlass des angefochtenen Bescheides abgeklärt, dass zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Bedarfs - auf diesen und nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides kommt es an - die benötigten Gegenstände jedenfalls der Art nach in der Kleiderkammer vorrätig waren.

Schließlich unterliegt die von dem Beklagten im Hinblick auf den Hilfebedarf an Oberbekleidung und Bettwäsche generell und auch gegenüber den Klägern geübte Praxis nicht deswegen rechtlichen Bedenken, weil der Beklagte die Gebrauchtwaren nicht durch eine eigene Einrichtung abgibt, sondern die Hilfeempfänger - zunächst - auf die Kleiderkammer des DRK verweist.

Der Senat hat in dem von den Klägern gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe im ersten Rechtszug anhängig gemachten Beschwerdeverfahren ausgesprochen, der zuständige Träger der Sozialhilfe dürfe sich seiner Pflicht zur Hilfeleistung grundsätzlich nicht dadurch entziehen, dass er Hilfesuchende unter Berufung auf die Selbsthilfeverpflichtung aus § 2 Abs. 1 BSHG und unter Außerachtlassung des Regelungsgehaltes des § 78 BSHG anhalte, sich um eine Deckung ihres Bedarfs in der freien Wohlfahrtspflege zu bemühen. Etwas anderes könne gelten, wenn nach den konkreten Umständen des Falles die Hilfeleistung durch die Kleiderkammer dem Sozialhilfeträger zuzuordnen sei (Beschl. v. 8.12.2003 - 12 PA 545/03 -; ebenso: Beschl. v. 6.11.2002 - 12 PA 717/02 -; jeweils unter Verweis auf: OVG des Saarlandes, Beschl. v. 27.7.1990, a.a.O.; W. Schellhorn/H. Schellhorn, a.a.O., § 12, Rn. 27, § 78, Rn. 2; vgl. auch: VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.3.1994, a.a.O.; weitergehend wohl: VG Arnsberg, Urt. v. 7.6.1990 - 5 K 922/89 -, NWVBL 1991, 30; Zeitler, in: Mergler/ Zink, a.a.O., § 78, Rn. 9). In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschl. v. 20.12.2002 - 12 ME 759/02 -, wiederum unter Verweis auf OVG des Saarlandes, Beschl. v. 27.7.1990, a.a.O.) hat der Senat hierzu gefordert, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Träger der freien Wohlfahrtspflege rechtlich in eindeutiger und nachweisbarer Hinsicht strukturiert sein müsse.

Diese Anforderungen sind, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, im vorliegenden Fall erfüllt. Insbesondere besteht kein Grund dafür, die Leistungen, die die Kleiderkammer des DRK den Hilfeempfängern gewährt, unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 78 Abs. 1 BSHG als nicht auf den Bedarf anzurechnende Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege zu qualifizieren.

Zwar haben der Beklagte und das DRK einen gemäß § 56 SGB X der Schriftform bedürfenden öffentlich-rechtlichen Vertrag über eine Beteiligung des DRK an den Aufgaben des Trägers der Sozialhilfe nach § 10 Abs. 5 BSHG, der eine Charakterisierung als Zuwendung im Sinne des § 78 Abs. 1 BSHG ohne weiteres ausschließen würde, nicht geschlossen. Jedoch verweist der Beklagte die Hilfeempfänger, für deren Betreuung er zuständig ist, nicht einseitig auf das Kleiderkammerangebot des DRK. Vielmehr stellen sich die von der Kleiderkammer an die Hilfeempfänger erbrachten Leistungen objektiv als Hilfegewährungen des Beklagten in seiner Funktion als Sozialhilfeträger dar. Denn der Beklagte fördert die Kleiderkammer finanziell in einem Umfang, ohne den das DRK nach der Aussage des in der mündlichen Verhandlung von dem Senat als Zeuge vernommenen stellvertretenden Geschäftsführers seines Kreisverbandes G. nicht zum Betrieb der Einrichtung in der Lage wäre. Der Beklagte erlässt in diesem Zusammenhang jährliche Förderbescheide, die in ihrem Bestand von der Erreichung des auf die Kleiderkammer bezogenen Verwendungszweckes abhängen. Hierdurch ist sichergestellt, dass der Beklagte generell großen Einfluss auf den Betrieb der Kleiderkammer hat. Der Ablauf der Hilfegewährung ist zudem durch das System der von dem Beklagten ausgegebenen Berechtigungsscheine in nachweisbarer Weise dahingehend strukturiert, dass der Beklagte das Verfahren der Bedarfsdeckung auch im konkreten Fall stets unter Kontrolle behält. Darüber hinaus gehen nach den Bekundungen der Vertreterinnen des Beklagten und des stellvertretenden Geschäftsführers des Kreisverbandes G. des DRK in der mündlichen Verhandlung sowohl der Beklagte als auch das DRK (letzteres in Kenntnis der insoweit restriktiven Erklärung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. vom 5. November 1991, IDAS 4/91 III S. 195 ff., hierzu: Brühl, in: LPK-BSHG, a.a.O., § 2, Rn. 9, § 78, Rn. 4; Frings, info also 1991, 110 f.) auch in subjektiver Hinsicht übereinstimmend davon aus, dass die Leistungen der Kleiderkammer dazu bestimmt sind, den entsprechenden sozialhilferechtlichen Bedarf der Hilfeempfänger (teilweise) zu decken.

Die Rüge der Kläger, nach der Praxis des Beklagten obliege die Entscheidung, ob ein in der Kleiderkammer vorhandener Artikel von dem Hilfeempfänger in berechtigter Weise abgelehnt worden sei, in unzulässiger Weise den in der Kleiderkammer tätigen Mitarbeitern des DRK, geht fehl. Vielmehr liegt es in der Konsequenz der Zuordnung der Hilfeleistungen der Kleiderkammer an den Beklagten, dass dieser in jedem streitigen Fall die Entscheidung darüber treffen muss, ob der Bedarf eines Hilfeempfängers durch einen bestimmten Gegenstand gedeckt wird oder nicht. Der Beklagte muss deshalb verfahrensmäßig sicherstellen, dass er zu der entsprechenden Entscheidung in der Lage ist und diese gegebenenfalls auch gerichtlich überprüft werden kann. Nach den Ausführungen der Vertreterinnen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung geht dessen Praxis dahin, in einzelnen Fällen eine Überprüfung durch den zuständigen Sachbearbeiter vor Ort in der Kleiderkammer vorzunehmen. Die Frage, ob der Beklagte zudem veranlassen müsste, dass die streitige Ware - wie die Kläger meinen - in der Kleiderkammer ausgesondert und aufbewahrt oder aber - weniger weit gehend - fotographisch dokumentiert wird, kann dahin stehen. Denn der Beklagte wird, wenn sich die von ihm getroffenen Vorkehrungen im Einzelfall als unzureichend erweisen, im Zweifel stets den für die Beschaffung des fraglichen Artikels erforderlichen restlichen Geldbetrag zu leisten haben. Die Kläger können jedoch mit dem Einwand, in ihrem Fall sei ein solches Verfahren nicht eingehalten worden, bereits deshalb nicht durchdringen, weil sie die Kleiderkammer überhaupt nicht aufgesucht haben und dementsprechend ein Streit über die Zumutbarkeit einer bestimmten Hose oder Bettwäschegarnitur gar nicht entstanden ist.

Abschließend hebt der Senat hervor, dass er in der Praxis des Beklagten - insbesondere im Zusammenhang mit den an die Hilfeempfänger ausgegebenen Berechtigungsscheinen für die Inanspruchnahme der Kleiderkammer - eine unzulässige Offenbarung von Sozialdaten nicht angelegt sieht (ablehnend hierzu allgemein: Der Hessische Datenschutzbeauftragte, info also 1989, 134; Hofmann, in: LPK - BSHG, a.a.O., § 21, Rn. 24; Schoch, ZFSH/SGB 2005, 73). Die Datenübermittlung ist zur Überzeugung des Senats zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten als Sozialhilfeträger Im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X erforderlich.

Ende der Entscheidung

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