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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.02.2007
Aktenzeichen: 12 OA 102/07
Rechtsgebiete: GKG, RVG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 2
GKG § 53 Abs. 3
RVG § 32 Abs. 1
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert in der Regel allenfalls die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Werts.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 12 OA 102/07

Datum: 06.02.2007

Gründe:

Die Antragsteller haben sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entwidmung einer Straße gewandt, die als Stichstraße - abgesehen von einem Eckgrundstück am Anfang der Straße - ausschließlich der Erschließung eines früher durch ein Kinderheim genutzten und inzwischen seit mehreren Jahren ungenutzten, jetzt nach dem Vorbringen der Antragsteller in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks dient. Die Straße soll nach den Planungen der Antragsgegnerin künftig als Privatstraße weiter genutzt werden können. Nach Rücknahme des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Antragsteller hat das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 15. Januar 2007 eingestellt, die Verfahrenskosten den Antragstellern auferlegt und den Streitwert nach §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. II.1.5 und II.43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (F. 2004) auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gegen die Streitwertfestsetzung wenden sich die Antragsgegnerin und zugleich in eigenem Namen deren Prozessbevollmächtigte mit der Beschwerde, mit der sie eine zu niedrige Festsetzung des Streitwerts rügen.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unzulässig. Sie hat nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, inwiefern sie durch die Streitwertfestsetzung in eigenen Rechten betroffen sein könnte.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Sie machen - erstens - geltend, dass für die Streitwertfestsetzung das wirtschaftliche Interesse des jeweiligen Klägers bzw. Antragstellers maßgeblich sei und der Streitwertkatalog in Nr. 43.3 für den Streit um die Entwidmung einer Straße einen Mindestwert von 7.500 Euro vorsehe. Hier sei aber zu berücksichtigen, dass die Antragsteller im Hauptsacheverfahren vorgetragen hätten, dass im Fall der Entwidmung der Straße "das wertvolle Millionengebäude" dem Verfall preiszugeben sei und irgendwann beseitigt werden müsste.

Diese Bewertung ist nicht zweifelsfrei angesichts dessen, dass die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 04. Dezember 2006 (dort S. 4) das Grundstück als "baulich nicht nutzbares Außenbereichsgrundstück mit einem abgängigen Baubestand" beschrieben hat. Diese Frage kann aber dahingestellt bleiben. Denn Streitgegenstand ist nicht der Wert des Grundstücks oder dessen Nutzbarkeit und auch nicht seine Erschließung durch die Straße, sondern allein die Frage, ob die Straße weiterhin dem öffentlichen Verkehr gewidmet bleibt oder ob sie künftig nur noch als Privatstraße nutzbar ist. Damit mag eine Verlagerung der Unterhaltungskosten vom Träger der (öffentlichen) Straßenbaulast auf die jeweiligen Eigentümer von Straße und Grundstück verbunden sein, deren Umfang aber nicht bekannt und - abhängig von der Art der künftigen Nutzung des Grundstücks - derzeit nicht absehbar ist. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht bei der Streitwertfestsetzung von dem Mindestbetrag nach Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs ausgegangen ist.

Die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller wenden - zweitens - ein, es sei nicht gerechtfertigt, gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den für das Hauptsacheverfahren vorgesehenen Streitwert zu halbieren, da der möglicherweise geringeren Bedeutung des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes bereits durch niedrigere Gebührensätze des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (lfd. Nrn. 5210 ff.) Rechnung getragen werde. Sie beziehen sich damit auf die Streitwertpraxis des 7. Senats des Nds. OVG, der mit dieser Begründung im Regelfall von einer Ermäßigung des Streitwerts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes absieht (vgl. z.B. Beschl. v. 2.11.2005 - 7 OA 181/05). Der beschließende Senat teilt diese Auffassung nicht und folgt für den Regelfall der Empfehlung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525 = NVwZ 2004, 1327, dort Nr. 1.5), und der ganz herrschenden Meinung (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Anhang zu § 164 Rn. 11 - vorläufiger Rechtsschutz, m.w.N.; Nds. OVG - 1. Senat -, Beschl. v. 24.1.2006 - 1 OA 10/06 -; 9. Senat, Beschl. v. 6.2.2006 - 9 OA 404/05 -). Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs.1 GKG anhand der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen oder gemäß § 52 Abs. 2 GKG, wenn insoweit genügende Anhaltspunkte fehlen, mit 5.000 Euro anzunehmen. In den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 GKG bestimmt sich der Wert nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Das heißt indes nicht, dass das Interesse des Antragstellers am Ausgang des Eilverfahrens mit demjenigen des Hauptsacheverfahrens gleichzusetzen wäre. Vielmehr ist die jeweilige Bedeutung der Sache auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgebend, welche regelmäßig hinter der der Hauptsache zurückbleibt, weil die Entscheidung im Eilverfahren nach Funktion und Rechtsnatur im Allgemeinen nur vorläufigen Charakter hat. Anders liegt es insbesondere, wenn durch die Entscheidung im Eilverfahren das mit dem Rechtsbehelf in der Hauptsache verfolgte Prozessziel vorweggenommen wird.

Für den jeweiligen Streitwert ergibt sich die Höhe der Gerichtsgebühren aus § 34 Abs. 1 GKG; die Anzahl der anfallenden Gebührensätze im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach dem Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, lfd. Nrn. 5110 ff.). Es ist zwar richtig, dass für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes danach weniger Gebührensätze vorgesehen sind als für das Hauptsacheverfahren. Ein Grund hierfür mag sein, dass Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als weniger aufwändig angesehen werden. Das bedarf hier aber keiner weiteren Erörterung. Jedenfalls knüpft die Gebührenhöhe an die Streitwertbemessung an und ergibt sich aus ihr. Die Höhe der Gebührensätze ist aber kein für die Streitwertbestimmung maßgebliches Kriterium; davon hängt nicht die Bedeutung ab, die die Sache nach dem Antrag des Rechtssuchenden hat. Im Übrigen sind die zugunsten der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin anzusetzenden Gebühren nicht nach dem GKG, sondern nach dem RVG zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach dem GKG ist zwar auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend (§ 32 Abs. 1 RVG). Es ist aber nach der Gebührenstruktur des RVG nicht erkennbar und von den Beschwerdeführern auch nicht behauptet worden, dass eine Ermäßigung des Streitwerts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes deshalb zu einer mehrfachen Verringerung der Gebühren führte, weil die geringere Bedeutung dieser Verfahren bereits bei der Festsetzung der Gebührensätze nach dem Vergütungsverzeichnis (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) berücksichtigt worden wäre. Spezielle Gebührenbestimmungen für Eilverfahren enthält das RVG nicht.

Ende der Entscheidung

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