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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 08.06.2005
Aktenzeichen: 13 LC 129/02
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG 4 Nr. 20 lit. a Satz 2
Die Bescheinigung zur Befreiung von der Umsatzsteuer kann nur von der davon betroffenen Einrichtung beantragt werden (nicht - auch - vom Finanzamt).
Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Bescheinigung zur Befreiung von der Umsatzsteuer, die für sie vom Finanzamt Bad Bentheim (beigeladenes Amt) beantragt worden ist.

Sie wurde am 24. Dezember 1998 durch ihren alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer C. gegründet und verfolgt den Zweck der "Förderung von Kunst und Kultur", der "insbesondere" durch die Unterhaltung eines Schifffahrtsmuseums verwirklicht wird. Die bei der Einrichtung des Museums entrichteten Umsatzsteuern sind vom beigeladenen Finanzamt zunächst erstattet und dann wieder eingefordert worden. Insoweit sind noch Rechtsmittelverfahren anhängig. Nach Ansicht der Klägerin dient die hier streitige Bescheinigung der Schwächung ihrer Rechtsposition in jenen Verfahren.

Das beigeladene Finanzamt stellte mit Schreiben vom 12. September 2000 bei der seinerzeit (Runderlass MWK vom 24.5.89, MinBl. 1989, 640) insoweit zuständigen Bezirksregierung Weser-Ems den Antrag auf Ausstellung einer die Klägerin betreffenden Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. vom 9. Juni 1999 - UStG - (BGBl. I S. 1270). Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

...

20. a) die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, Botanische Gärten, Zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, daß sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen."

Der Klägerin solle bescheinigt werden, "daß sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 der Vorschrift genannten Einrichtungen erfüllt". Dazu führte das Finanzamt aus, dass die "Steuerpflichtige" die betreffende Bescheinigung nicht beantragt habe, "weil sie aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht für sie ungünstiger ist; denn bei Vorlage der Bescheinigung sind die Umsätze des Museums umsatzsteuerfrei mit der Folge, daß die mit dem Betrieb des Museums anfallenden Vorsteuerbeträge nicht abzugsfähig sind". Nach dem "Erlaß" des Bundesfinanzministers vom 3. April 1980 (BStBl. 1980 I, S. 190) könne die für die Bescheinigung zuständige Landesbehörde nicht nur vom Unternehmer selbst, sondern "auch von Amts wegen eingeschaltet werden"; der "Erlaß" sei durch Urteile des Finanzgerichts München vom 20. September 93, 14 K 3507/89, (EFG 1994, 416) und des Bundesfinanzhofes vom 24. September 1998, V R 3/98, (BFHE 187, 334) bestätigt worden.

Die Klägerin, die von diesem Antrag durch das Finanzamt Kenntnis erhalten hatte, wandte sich mit Schreiben vom 28. September und 17. November 2000 an die Bezirksregierung Weser-Ems und bat diese, ihm nicht zu entsprechen. Damit solle nämlich ihr Vorhaben torpediert werden, indem ihr sowie ihrem Geschäftsführer der "Vorsteuerabzug" entzogen (zurückgefordert) werde, was die Aufrechterhaltung des Museums infragestelle.

Die Bezirksregierung Weser-Ems befragte den "Museumsverband für Niedersachsen und Bremen" danach, ob das B. ein "Museum" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei und es sich um eine Einrichtung handele, die die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle, wie die Museen der Gebietskörperschaften; ihres Erachtens sei es "geboten, private Sammlungen von Gegenständen, die für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, zu unterscheiden von Museen, die die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen, wie die Museen der Gebietskörperschaften" (Schreiben vom 10.1.01). Unter dem 14. Mai 2001 teilte der Museumsverband daraufhin mit, dass die "Frage, ob das B. als Museum zu bewerten ist, ... eindeutig mit ja beantwortet werden" könne. Allerdings sei der Begriff "Museum" nicht "geschützt und damit rechtsverbindlich definiert". Herr C. bezeichne seine "Einrichtung" als "private Sammlung in Form einer Schausammlung". Eine "Entscheidung über den Status ... als Museum" (offenbar im Sinne des Umsatzsteuerrechtes) könne von dort "in rechtsverbindlicher Form nicht gefällt werden".

Unter dem 23. Mai 2001 stellte die Bezirksregierung Weser-Ems daraufhin die streitige Bescheinigung aus: Dem B. wurde bescheinigt, "dass es die gleichen kulturellen Aufgaben wie die entsprechenden Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände erfüllt". Diese Bescheinigung wurde dem beigeladenen Amt und (unter dem 30.5.01, mit Rechtsmittelbelehrung versehen) der Klägerin zugestellt. Diese legte dagegen am 27. Juni 2001 Widerspruch ein mit der Begründung, ihr Museum erfülle nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 lit. a Satz 3 UStG, da es ihm an der "Wissenschaftlichkeit" fehle. Nach der Konzeption des Museums werde mit der Ausstellung nicht der Anspruch erhoben, "eine wissenschaftliche oder eine Kunstsammlung zu sein". Diesen Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Bescheid vom 29. August 2001 mit der Begründung zurück, dass unerheblich sei, ob es sich "bei der betroffenen Einrichtung" um ein Museum/eine wissenschaftliche Sammlung handele. Voraussetzung für die fragliche Bescheinigung sei lediglich, dass eine "gleichartige Einrichtung" die "gleichen kulturellen Aufgaben" erfülle. Dafür komme es nicht auf steuerrechtliche Fragen an, sondern auf kulturelle Gesichtspunkte. Die Klägerin erfülle mit ihrem Museum "zweifellos ... die gleich kulturellen ... Aufgaben wie die vergleichbaren Einrichtungen der Gebietskörperschaften", wobei, indem auf die Aufgaben von Museen abgestellt wurde: "Sammeln, Bewahren, Erforschen, Vermitteln", die Frage, ob die Klägerin ein "Museum" betreibt, fraglos bejaht wurde, allerdings, ohne dies an der gesetzlichen Definition des § 4 Nr. 20 lit. a S. 3 UStG auszurichten.

Am 5. September 2001 hat die Klägerin Klage erhoben und diese wie folgt begründet: Es sei bereits fraglich, ob die Bescheinigung vom 23. Mai 2001 (als begünstigender Verwaltungsakt) überhaupt ohne ihren Antrag und gegen ihren erklärten Willen habe ausgestellt werden dürfen. Aus dem Wortlaut des § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG ergebe sich das jedenfalls nicht. Wenn der Gesetzgeber dem Finanzamt ein Antragsrecht habe einräumen wollen, hätte diese "Systemwidrigkeit" ausdrücklich geregelt sein müssen. Die zitierte (Gegen-) Ansicht des Finanzgerichts München sei denn auch umstritten. Aber auch materiell lägen die Voraussetzungen für die streitige Bescheinigung nicht vor. Die Klägerin habe im Widerspruchsverfahren zutreffend belegt, dass es sich bei dem B. nicht um ein Museum im Sinne der Legaldefinition (aaO, Satz 3) handele. Die Frage, ob es als "wissenschaftliche Sammlung" anzusehen sei, sei durch die Stellungnahme des Museumsverbandes nicht geklärt worden. Im Widerspruchsbescheid spiele die Legaldefinition entgegen dem Gesetz keine Rolle mehr.

Mit Urteil vom 19. März 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es sei in der (offenbar finanzgerichtlichen) Rechtsprechung anerkannt, "dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 a Satz 2 UStG nicht zur Disposition des Steuerpflichtigen steht, sondern die für die Erteilung der Bescheinigung zuständige Landesbehörde auch von Amts wegen - etwa durch das zuständige Finanzamt - eingeschaltet werden kann". Ferner hat das Verwaltungsgericht unter Berufung auf Ausführungen des Urteils des Bundesfinanzhofes vom 19. Mai 1993 (BFHE 172, 163/169) gemeint, dass "die Entscheidungsbefugnis der Landesbehörde nicht die Würdigung und Beurteilung umfasst, ob es sich bei der jeweils in Rede stehenden Einrichtung tatsächlich um ein Museum oder eine sonstige in § 4 Nr. 20 a Satz 1 UStG genannte Einrichtung handelt". Die Frage der "Wissenschaftlichkeit" sei allein vom Finanzamt zu beurteilen; insoweit sei der "Regelungs- und Feststellungsgehalt" der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG "begrenzt". Die Bescheinigung führe "nicht gleichsam zur Steuerbefreiung, sondern eine solche tritt nur ein, wenn nach den insoweit maßgeblichen Feststellungen des Finanzamtes ... die Wissenschaftlichkeit der Sammlung festgestellt wird".

Gegen dieses, ihr am 3. April 2002 zugestellte Urteil richtet sich die (vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene und) am 2. Mai 2002 eingelegte Berufung der Klägerin, die sie am 3. Juni 2002 begründet hat. Sie meint, dass im Rahmen einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG die Entscheidung der Frage, ob es sich um ein "Museum" handele, nicht - entgegen dem gesetzlichen Wortlaut - dem Finanzamt überlassenbleiben könne, zumal sie Vorfrage der von der Verwaltungsbehörde zu beurteilenden Frage nach der Gleichartigkeit der von einer Einrichtung wahrgenommenen kulturellen Aufgaben sei.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 23./30. Mai 2001 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 29. August 2001 aufzuheben.

Das nach Wegfall der Bezirksregierungen (Art. 1 § 1 des Gesetzes vom 5.11.04 - GVBl. S. 394 - gemäß Art. 1 § 2 dieses Gesetzes) an die Stelle der ursprünglich beklagten Bezirksregierung Weser-Ems getretene Ministerium, stellt keinen Antrag.

Das beigeladene Finanzamt beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Bescheinigung, insbesondere auch im Hinblick auf das Antragsrecht des Finanzamtes.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die von ihnen eingereichten (oder veranlassten) Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch in der Sache berechtigt. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Unrecht abgewiesen habe. Denn der Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems über die Befreiung der Klägerin von der Umsatzsteuer vom 23./30. Mai 2001 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben.

Wegen des mit der Befreiungsbescheinigung verbundenen Ausschlusses des "Vorsteuerabzugs" (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG) geht der Senat von einem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage aus, obwohl die Bescheinigung als solche an sich für die Klägerin vorteilhaft ist. Indessen geht es insoweit hier nicht um steuerrechtliche Fragen, vielmehr obliegt dem Senat allein die Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der von einer (allgemeinen) Verwaltungsbehörde ausgestellten Bescheinigung und die Voraussetzungen für deren Ausstellung. Demgegenüber sind die mit der Frage des "Vorsteuerabzugs" verbundenen Steuerprobleme zwischen der Klägerin, ihrem Geschäftsführer und dem Finanzamt ggf. durch die Finanzgerichte zu klären.

Die der Klägerin unter dem 30. Mai 2001 übermittelte Bescheinigung vom 23. Mai 2001 gründet sich auf § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG, wo von einer - außerhalb der Finanzverwaltung - tätig zu werdenden "zuständigen Landesbehörde" die Rede ist. Die von dieser vorliegend ausgestellte Bescheinigung entspricht dieser Rechtsgrundlage indessen nicht.

§ 4 Nr. 20 lit. a Satz 1 UStG regelt die Steuerfreiheit der (unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden) "Umsätze" bestimmter "Einrichtungen" des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände, also der Einrichtungen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Genannt werden u.a. Theater, Orchester, Museen oder Zoologische Gärten. Satz 3 der Vorschrift enthält eine (Legal-) Definition der Einrichtung "Museum". Satz 2 betrifft die Umsätze "gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer", für die die Umsatzsteuerbefreiung nicht von Gesetzes wegen gilt, sondern nur dann, wenn für diese eine bestimmte Bescheinigung (über die Erfüllung der gleichen kulturellen Aufgaben) ausgestellt wird. Eine solche Bescheinigung, bezogen auf das von der Klägerin in G. betriebene Schifffahrtsmuseum, ist dieser hier zu Unrecht ausgestellt worden.

Die Steuerbefreiung nach § 4 UStG betrifft "unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallende Umsätze". Nach dieser Vorschrift unterliegen "Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt", der Umsatzsteuer. Erste Voraussetzung für die Ausstellung einer Bescheinigung zur Steuerbefreiung ist damit, dass es sich bei dem von der Klägerin betriebenen Schifffahrtsmuseum um einen "Unternehmer" (§ 2 UStG) handelt. Wenn das beigeladene Amt ihr diese "Unternehmer"-Eigenschaft abspricht (so S. 2 des Schriftsatzes vom 6.3.00, Bl. 145 GA), ginge die Bescheinigung vom 23. Mai 2001 von vornherein ins Leere und wäre bereits deshalb rechtswidrig und aufzuheben. Das mag hier jedoch dahinstehen.

Zweite Voraussetzung für die Ausstellung einer "Umsatzsteuerbefreiungsbescheinigung" wäre die, dass es sich bei der betreffenden Einrichtung gegenüber den in § 4 Nr. 20 lit. a Satz 1 UStG aufgeführten (öffentlichrechtlichen) Einrichtungen um eine "gleichartige (private) Einrichtung" handelt. Hinsichtlich des Schifffahrtsmuseums käme insoweit nur eine Gleichartigkeit mit einem öffentlich-rechtlichen Museum in Betracht. Was unter einem "Museum" zu verstehen ist, besagt § 4 Nr. 20 lit. a Satz 3 UStG. Diese Definition kann daher im Rahmen der "Gleichartigkeitsprüfung" nicht übergangen werden, wie es die Bezirksregierung Weser-Ems - und ihm folgend - das Verwaltungsgericht aber getan haben. Soweit das Verwaltungsgericht sich dazu auf Äußerungen des Bundesfinanzhofes beruft und daraus Folgerungen für die zur Ausstellung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG ermächtigte Behörde zieht, kann dem nicht gefolgt werden. Die Aussage des Bundesfinanzhofes, die "Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde bindet das Finanzamt ... nur im Rahmen der dieser Behörde nach dem Gesetzeswortlaut zustehenden Entscheidungsbefugnis, nicht aber hinsichtlich der Frage, ob es sich bei der Einrichtung um ein Museum ... handelt" (BFHE 172, 163/169 u.H. auf BFHE 153, 454/457 f. und BFHE 157, 458/482 f.), kann für die "zuständige Landesbehörde" nicht maßgeblich sein. Sie ist für die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG von vornherein irrelevant, soweit es um die Frage der Bindungswirkung dieser Bescheinigung gegenüber dem Finanzamt geht; denn es geht allein um die Entscheidung der Frage der "Gleichartigkeit". Soweit der Bundesfinanzhof den Umfang der Prüfungskompetenz der (Verwaltungs-) Behörde dabei definiert, kann seine Ansicht dazu für die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Behörde schon nicht maßgeblich sein. Denn das zu klären, wäre Aufgabe der die Bescheinigung ggf. zu überprüfenden Verwaltungsgerichte. Der Hinweis des Bundesfinanzhofes darauf, dass die Finanzbehörden im Rahmen des § 4 Nr. 20 lit. a Satz 1 UStG, d.h. hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, (ja auch) "in eigener Zuständigkeit" entschieden, ob sie einer der im Gesetz aufgeführten Einrichtungen unterfallen, und dass das "Bedürfnis zur Einschaltung einer anderen Behörde unter dem Gesichtspunkt der größeren Sachkunde" bei den anderen Einrichtungen (aaO, Satz 2) "nur zur Prüfung der Frage (bestehe), ob bestimmte kulturelle Erfordernisse erfüllt sind" (BFHE 153, 454/458), verkennt zum einen, dass es im Rahmen von § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG nicht um das "Bedürfnis" der Finanzverwaltung geht, und zum anderen, dass eine "Gleichwertigkeitsbescheinigung" nur dann möglich ist, wenn zuvor geklärt wird, mit welcher der in Satz 1 genannten Einrichtungen hinsichtlich einer dem Satz 2 unterfallenden "Einrichtung eines anderen Unternehmens" eine Vergleichbarkeit in Betracht kommt.

Musste danach die Bezirksregierung Weser-Ems im Rahmen ihrer Prüfung, ob das von der Klägerin betriebene Schifffahrtsmuseum einem Museum eines öffentlich-rechtlichen Trägers gleichartig ist, indem es die "gleichen kulturellen Aufgaben" erfüllt, zunächst klären, ob es überhaupt ein "Museum" ist, kam es nicht nur auf eine insoweit bestehende allgemeine Definition, sondern auch darauf an, ob das Schifffahrtsmuseum überhaupt als Museum im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzusehen ist. Dazu musste sie auf § 4 Nr. 20 lit. a Satz 3 UStG zurückgreifen. Danach wäre es insoweit darauf angekommen, ob das B. eine "wissenschaftliche Sammlung" ist. Maßgeblich für diese Frage nach der "Wissenschaftlichkeit" dürfte dabei nicht die Aussage in der "Konzeption" des B. selbst (Bl. 26 der Verwaltungsakte der Bezirksregierung Weser-Ems) sein, wonach die "Ausstellung ... nicht den Anspruch erheben" könne, "eine wissenschaftliche oder eine Kunstsammlung zu sein", zumal dieser Wortlaut offensichtlich auf die umsatzsteuerrechtliche Definition des "Museums"-Begriffes abgestellt ist. Eher schon von Bedeutung wäre insoweit die Tatsache, dass das Museum eine "wissenschaftliche Mitarbeiterin" beschäftigt (s. Schreiben des Museumsverbandes vom 14.5.01, Bl. 45 der BA) und dort ein Bestand von ca. 3.000 Büchern usw. vorhanden ist (s. "Konzeption"). Nach Angabe des "Museumsverbandes Niedersachsen/Bremen" (aaO) deckt ferner die "Präsentation" in etwa den Zeitraum der vergangenen 250 Jahre ab. Dass diese "Präsentation" etwa nur laienhaft, unsystematisch und historisch falsch sei, ist nicht ersichtlich, so dass einiges dafür spricht, dass es sich um eine "wissenschaftliche Sammlung" und damit um ein "Museum" im Sinne des Umsatzsteuerrechtes handelt, so dass insoweit gegen die Bescheinigung vom 23. Mai 2001 nichts einzuwenden wäre. Letztlich kann das jedoch dahinstehen, da die Bescheinigung jedenfalls unter einem anderen (irreparablen) Mangel leidet, der sie rechtswidrig macht und zu ihrer Aufhebung führt. Die Bezirksregierung Weser-Ems und ihr folgend das Verwaltungsgericht haben es zu Unrecht als unerheblich angesehen, dass die der Klägerin erteilte Bescheinigung zur Steuerfreiheit nicht von dieser, sondern vom beigeladenen Finanzamt beantragt worden ist, was das Verwaltungsgericht (offenbar nach der Praxis der Finanzverwaltung) gar als einen Fall des Erteilens "von Amts wegen" ansieht. Letzterem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das eine Bescheiderteilung durch die Erteilungsbehörde ohne jeglichen Antrag voraussetzte, was hier gar nicht der Fall war und gesetzlich auch in keiner Weise vorgesehen ist. Aber auch eine Antragsbefugnis des Finanzamts kann nicht anerkannt werden. Der entsprechenden Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit vermag der Senat nicht zu folgen (s. dazu auch Gram, UR 1995, 41 ff).

§ 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG sieht eine Bescheinigung vor, deren Folge die Befreiung von der Umsatzsteuer in Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist. Zuständig für ihre Ausstellung ist eine dazu bestimmte Landesbehörde. Auf welche Weise diese tätig wird, sagt das Gesetz nicht (ausdrücklich). Diese Frage ist danach nach Sinn und Zweck der Vorschrift zu ermitteln. Die Vorschrift bezweckt eine Begünstigung von privat betriebenen Einrichtungen im Wege der Gleichstellung mit bereits von Gesetzes wegen begünstigten Einrichtungen öffentlich-rechtlicher Träger, wenn diese jenen "gleichartig" sind, indem sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen. Die Begünstigung besteht in der Befreiung von der Umsatzsteuer. Die Steuerfreiheit wird erreicht durch die "Gleichartigkeits"-Bescheinigung. Wegen dieses begünstigenden Zweckes besteht kein Zweifel, dass sie von demjenigen beantragt werden kann, der dadurch begünstigt wird, d.h. von dem betreffenden umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer. Demgegenüber ist ein Interesse Dritter oder der Ausstellungsbehörde selbst nicht ersichtlich, so dass insoweit eine Antragstellung oder ein Tätigwerden von Amts wegen nicht anzuerkennen ist. Das gilt auch für eine Antragstellung durch das Finanzamt, da das Finanzamt nicht daran interessiert sein kann, auf Steuern zu verzichten. Dass die Umsatzsteuerbefreiung auch nachteilig sein kann, indem sie den "Vorsteuerabzug" ausschließt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG), steht auf einem anderen Blatt und ändert nichts daran, dass die Bescheinigung als solche im (alleinigen) Interesse des durch sie zu begünstigenden Unternehmers ausgestellt wird. Mittelbar ergäbe sich dann zwar auch ein Interesse des Finanzamtes an der Bescheinigung, desto größer wäre aber das Interesse des Unternehmers als umsatzsteuerpflichtiger Person, ausschließlich das Antragsrecht und damit ggf. ein Wahlrecht zwischen einer Steuerbefreiung und dem sog. "Vorsteuerabzug" zu haben. Würde demgegenüber wegen des gegenteiligen Interesses des Finanzamtes im Hinblick auf den "Gesamtkomplex-Umsatzsteuer" ein Antragsrecht des Finanzamtes bejaht werden, so bliebe dennoch die Tatsache, dass das Gesetz hierfür nicht den geringsten Anhalt böte. Angesichts der damit verbundenen nachteiligen Wirkung für nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG an sich zu begünstigende Einrichtungen Privater verstieße das auch gegen den Grundsatz des "Vorbehalts des Gesetzes" nach Art. 20 Abs. 3 GG. Die gegenteilige Position des Finanzgerichts München im Urteil vom 20. September 1993 - 14 K 3507/89 -, die sich offenbar auch auf in der Kommentar-Literatur (teilweise) vertretene Ansichten sowie auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes stützen kann, ist danach rechtlich nicht haltbar.

Soweit ersichtlich, beschränkt sich der Bundesfinanzhof insoweit auch auf die bloße Aussage: "Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steht nicht (weder durch Verzicht nach § 9 UStG oder auf andere Weise) zur Disposition des Steuerpflichtigen" (BFHE 187, 334/336). Diese Aussage hat indessen mit der Frage nach der Antragsberechtigung nichts zu tun, insbesondere ergibt sich daraus weder, dass der Steuerpflichtige einen Antrag auf Ausstellung einer Steuerbefreiungsbescheinigung stellen müsste, noch, dass jemand anderes (etwa das Finanzamt) dazu berechtigt wäre. Wie dem Hinweis auf § 9 UStG zu entnehmen ist, geht es bei dem, was nicht "zur Disposition" des Steuerpflichtigen stehen soll, lediglich um die Tatsache der Steuerbefreiung nach der Ausstellung der Bescheinigung. "Nicht-zur-Disposition-stehen" heißt dann, dass auf die (nach Ausstellung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG) zustehende Steuerfreiheit nicht mehr verzichtet werden kann. Das gibt für die Frage nach der Antragsberechtigung des Finanzamtes bei der Ausstellung der Bescheinigung indessen nichts her. Auch sonst findet sich eine einleuchtende Begründung der Gegenposition nicht. Hinsichtlich des Schreibens des Bundesfinanzministers vom 3. April 1980 (BStBl. 1980 I, S. 190) ist zu sagen, dass die dortige Aussage, mittels Änderung des Wortlauts in § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1973 (BGBl. I S. 1682/1685) durch das Umsatzsteuergesetz 1979 (BGBl. I S. 1953/1958) habe "klargestellt werden (sollen), daß die für die Erteilung der Bescheinigung zuständige Landesbehörde nicht nur vom Unternehmer, sondern auch von Amts wegen eingeschaltet werden kann", schon nicht nachvollziehbar ist. 1973 war in § 4 Nr. 20 lit. a Satz 2 UStG von von "anderen Unternehmern geführten" Einrichtungen und von einer Bescheinigung aufgrund eines Nachweises gegenüber der zuständigen Landesbehörde die Rede, während (seit) 1979 von "gleichartigen Einrichtungen anderer Unternehmer" und nur noch von einer Bescheinigung der Behörde gesprochen wird. In beiden Fällen ist die Antragsbefugnis gleichermaßen nicht ausdrücklich geregelt, so dass insoweit keinerlei "Klarstellung" vorliegt und auch eine Änderung bezüglich der Auslegung dieser Bestimmung nicht veranlasst ist. Der Wegfall des Adjektivs "geführt" etwa führt nicht zu einer wie auch immer gearteten andersartigen Auslegung der Vorschrift, erst recht nicht zu der Annahme eines Antragsrechts der Finanzverwaltung; das Gleiche gilt für den Entfall einer ausdrücklich genannten "Nachweispflicht".

War damit die Bezirksregierung Weser-Ems nicht berechtigt, auf den Antrag des beigeladenen Amtes (und gegen den Willen der Klägerin) tätig zu werden, so muss die am 23. Mai 2001 dennoch ausgestellte und unter dem 30. Mai 2001 (mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen) an die Klägerin gesandte Bescheinigung über die Befreiung von der Umsatzsteuer als rechtswidrig angesehen werden, so dass dieser (Gesamt-) Bescheid und der Widerspruchsbescheid vom 29. August 2001 mithin unter Änderung des angefochtenen Urteils aufzuheben sind.

Ende der Entscheidung

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