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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.03.2007
Aktenzeichen: 2 LA 13/07
Rechtsgebiete: AllGO, NVwKostG, VwGO, VwVfG


Vorschriften:

AllGO § 1
AllGO Nr. 13.4.1
NVwKostG § 1 I
VwGO § 158 I
VwGO § 88
VwVfG § 35 S. 1
Der Kostenschuldner einer Verwaltungsgebühr kann sich im Klageverfahren, das allein den Kostenfestsetzungsbescheid und mithin die Höhe der Verwaltungsgebühr zum Streitgegenstand hat, nicht mit Erfolg gegen seine sachliche Gebührenschuld dem Grunde nach wenden, wenn der die Kostengrundentscheidung regelnde Verwaltungsakt nicht angefochten ist.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 2 LA 13/07

Datum: 26.03.2007

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Nachprüfung der Senat beschränkt ist, nicht gegeben sind.

1. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

Ernstliche Zweifel sind erst dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; Nds. OVG, Beschl. v. 17.1.2006 - 2 LA 1259/04 -). Es kommt nicht darauf an, ob einzelne Begründungselemente der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung unrichtig sind, sondern darauf, ob diese im Ergebnis unrichtig ist (Nds. OVG, Beschl. v. 17.1.2006, a. a. O.). Das ist hier nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil dargelegt und begründet, warum es zu der Auffassung gelangt ist, dass der von dem Kläger angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 8. September 2005 nicht als rechtswidrig aufzuheben ist. Zum einen könne der Kläger - so das Verwaltungsgericht - sich bereits nicht mit Erfolg gegen die Kostentragungspflicht dem Grunde nach für die Erteilung der beantragten und erhaltenen Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 a UStG wenden. Denn die Kostentragungspflicht dem Grunde nach ergebe sich aus der in der Bescheinigung vom 8. September 2005 enthaltenen Kostenlastregelung. Die Klage richte sich ausdrücklich nur gegen den gesonderten Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 8. September 2005, nicht jedoch gegen die Kostenlastentscheidung in der Bescheinigung vom selben Tage. Diese letztere Regelung, der Verwaltungsaktqualität zukomme, sei bestandskräftig geworden. Der Höhe nach sei die in dem allein angefochtenen Gebührenfestsetzungsbescheid auf der Grundlage des Kostentarifes 13.4.1 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 AllGO konkret festgesetzte Gebühr in Höhe von 80 EUR nicht zu beanstanden. Zum anderen habe die Klage unabhängig davon auch deshalb keinen Erfolg, weil die Gebührenerhebung entgegen der Ansicht des Klägers weder gegen EU-Recht noch gegen Art. 3 GG verstoße.

Die Einwände des Klägers hiergegen greifen nicht durch. Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, der Bescheid des Beklagten vom 8. September 2005, in dem ihm antragsgemäß die gewünschte Bescheinigung erteilt worden ist, enthalte eine Kostenlastentscheidung nicht. Dies trifft nicht zu. Der Kläger verkennt das Verhältnis zwischen der Kostenlastentscheidung und der Kostenfestsetzung.

Die Kostenlastentscheidung regelt die persönliche und sachliche Kostenpflicht dem Grunde nach und nennt keinen betragsmäßig bezeichneten Geldbetrag. Diese Kostenlast- oder Kostengrundentscheidung wird oftmals - wie auch hier geschehen - mit der Sachentscheidung in einem einzigen Bescheid verbunden; hierbei handelt es sich aber um einen eigenständigen Verwaltungsakt, der unabhängig von der Sachentscheidung selbständig anfechtbar ist (Loeser/Barthel, NVwKostG, Kommentar, Stand: Juli 2005, Einführung Anm. 9.1). Die Vorschrift des § 158 Abs. 1 VwGO - die besagt, dass die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird - steht dem nicht entgegen. Sie gilt nur für gerichtliche Entscheidungen und nicht, auch nicht in analoger Anwendung, für Kostenentscheidungen in Verwaltungsakten (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 158 Rdnr. 9 m. w. N.). Demgegenüber setzt die Kostenfestsetzungsentscheidung den vom Kostenschuldner im Einzelnen zu erhebenden Kostensatz, insbesondere den Gebührensatz, der Höhe nach fest (Loeser/Barthel, a. a. O., § 7 Anm. 5.1.).

Die Entscheidungen über die Sache, über die Kostenlast dem Grunde nach und die Kostenfestsetzung der Höhe nach unterliegen je für sich getrennten Rechtsbehelfsverfahren. Sowohl die Kostengrundentscheidung als auch die Kostenfestsetzung sind für sich genommen Verwaltungsakte i. S. d. §§ 35 Satz 1 VwVfG, 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG und mithin selbständig mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen anfechtbar. Rechtsbehelfe gegen die Kostenfestsetzung erfassen die Kostenlast nur dann, sofern letztere noch nicht in Bestandskraft erwachsen ist. Erhebt der Kostenschuldner gegen die Kostenlastentscheidung keine Klage, ist über die Kostenlast dem Grunde nach nach Ablauf der Klagefrist bestandskräftig entschieden. Hierauf kann sich sodann der Kostenfestsetzungsbescheid gründen (Loeser/Barthel, a. a. O., § 7 Anm. 5.2 und 5.3). In dem Verfahren hinsichtlich der Kostenfestsetzung der Höhe nach kann sich der Kostenschuldner daher nicht mehr mit Erfolg mit der Begründung wenden, er sei sachlich und damit bereits dem Grunde nach nicht kostenpflichtig.

So liegt es hier. Der Kläger wendet sich allein gegen die seiner Ansicht nach nicht bestehende sachliche Gebührenpflicht dem Grunde nach. Hiermit kann er nach dem oben Gesagten im vorliegenden Klageverfahren hingegen nicht durchdringen. Die Kostenlastentscheidung findet sich entgegen der Ansicht des Klägers bereits im Bescheid vom 8. September 2005, mit dem der Beklagte ihm die gewünschte Bescheinigung erteilt hat. Dort heißt es im vierten Absatz, die Ausstellung dieser Bescheinigung sei nach den §§ 1, 3, 5 und 9 NVwKostG i. V. m. der AllGO gebührenpflichtig, da der Kläger Anlass zu dieser Amtshandlung gegeben habe. Im Anschluss hieran wird angeführt, dass die Höhe der Kosten aus dem beigefügten Kostenfestsetzungsbescheid zu entnehmen sei. Die in diesem Bescheid enthaltene Kostengrundentscheidung hat der Kläger nicht mit seiner Klage angefochten. In der Klageschrift vom 23. September 2005 heißt es unter dem Betreff "Kostenfestsetzungsbescheid vom 08.09.2005", dass der Beklagte die begehrte Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 a UStG mit Datum vom 8. September 2005 erteilt habe und dass mit selbem Datum der mit der Klage angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid ergangen sei. Auch im Klageantrag ist ausschließlich und ausdrücklich der Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. September 2005 genannt. Hieran muss sich der anwaltlich vertretene Kläger festhalten lassen. Das Verwaltungsgericht ist nach § 88 VwGO an die Fassung der Anträge zwar nicht gebunden, darf aber über das Klagebegehren nicht hinausgehen. Umfang und Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit werden vom Kläger bestimmt, der Kläger bestimmt mithin den Streitgegenstand. Streitgegenstand der Klage ist hier aber durch die ausdrückliche und ausschließliche Benennung des Kostenfestsetzungsbescheides des Beklagten vom 8. September 2005 allein dieser geworden. Dann kann aber nicht im Wege der Auslegung nach § 88 VwGO die im davon gesonderten Bescheid von demselben Tage enthaltene Kostengrundentscheidung zum Gegenstand der Anfechtungsklage gemacht werden. Die Grenze der Auslegung ist überschritten, wenn das Gericht das Vorbringen nicht mehr so nimmt, wie es gemeint ist, sondern danach auslegt, was man vernünftigerweise wollen kann (Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 88 Rdnr. 5). Deshalb geht der Hinweis des Klägers im Zulassungsantrag, aus den schriftlichen Ausführungen im Klageverfahren sei erkennbar gewesen, dass er sich gerade gegen die Pflicht zum Tragen von Kosten wende, ins Leere.

Entgegen der Ansicht des Klägers enthält der mit der Klage angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 8. September 2005 keine Kostengrundentscheidung. Unter Punkt A. ("Kostenanlass") heißt es in diesem Bescheid unter Hinweis auf den (Grund-)Bescheid von demselben Tage sowie dessen Inhalt, der Kläger habe die nachstehend unter Punkt B. aufgeführten Kosten des Verfahrens zu tragen. Hierbei handelt es sich lediglich um einen wiederholenden Hinweis auf die Kostenlastentscheidung in dem anderen, nicht angefochtenen und mithin bestandskräftigen Bescheid. Diesem Hinweis kommt kein Regelungscharakter und mithin auch keine Verwaltungsaktqualität zu. Etwas anderes folgt nicht aus dem Vortrag des Klägers, im Rahmen der Klage habe er lediglich die Bezeichnung für den Verwaltungsakt übernommen, die der Beklagte in dem entsprechenden Bescheid bzw. in der Rechtsmittelbelehrung verwandt habe. Richtig ist zwar, dass der Bescheid des Beklagten vom 8. September 2005, der die Bescheinigung sowie die Kostengrundentscheidung enthält, zu Unrecht nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist. Dieses Versäumnis des Beklagten führt aber nicht dazu, dass der Kostengrundentscheidung der Regelungscharakter abzusprechen ist oder dass dem genannten Hinweis unter Punkt A. im Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. September 2005 ein darüber hinaus gehender selbständiger Regelungscharakter mit der Möglichkeit, hiergegen Klage zu erheben, zukommt. Es hat lediglich zur Folge, dass insoweit nicht die einmonatige Klagefrist des § 74 VwGO, sondern die Einjahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO galt.

Da das Verwaltungsgericht bereits aus diesem selbständig tragenden Grund die Klage zu Recht abgewiesen hat, kann dahinstehen, ob die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den Fragen der Europa- und der Gleichheitsrechtswidrigkeit ernstlichen Zweifeln unterliegen.

2. Soweit der Kläger geltend macht, seiner Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), muss der Zulassungsantrag ebenfalls erfolglos bleiben.

Wird der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht, so kommt eine Zulassung nur dann in Betracht, wenn die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll (Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand: April 2006, § 124 Rdnr. 30; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2005, § 124 Rdnr. 10).

Nach diesem Maßstab ist es dem Kläger nicht gelungen, einen durchgreifenden, zur Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führenden Grund darzulegen. Unabhängig von der Frage, ob er in hinreichendem Umfang eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt hat, kommt es auf die von ihm für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Fragen hinsichtlich der Europa- und der Gleichheitsrechtswidrigkeit nicht entscheidungserheblich an, da die Klage - wie ausgeführt - bereits aus einem anderen, selbständig tragenden Grund keinen Erfolg hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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