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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 2 LC 9/07
Rechtsgebiete: GG, NSchG


Vorschriften:

GG Art. 7
NSchG § 116
NSchG § 141
Die Pflicht der Gebietskörperschaften zur Schülerbeförderung erstreckt sich auch auf den Besuch einer Waldorfschule außerhalb des Gebiets des Trägers durch ein behindertes Kind.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG URTEIL

Aktenz.: 2 LC 9/07

Datum: 24.05.2007

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten als Trägers der Schülerbeförderung, sie im Schuljahr 2004/2005 zur E. -Schule in F. zu befördern und ihr bereits getätigte Aufwendungen zu erstatten.

Die am 13. August 1993 geborene Klägerin leidet unter einer psychomotorisch-kognitiven und sprachlich-expressiven Retardierung unklarer Herkunft, sekundären Verhaltensproblemen bei ausgeprägter Dyspraxie ("Syndrom des ungeschickten Kindes": grob- und feinmotorischen Schwierigkeiten des Patienten wie etwa bei frei gehaltenen Gliedmaßen, choreatische Bewegungen und Schwierigkeiten bei der gleichzeitigen Bewegung beider Arme und Beine. Es fällt dem Betroffenen schwer, seine Gliedmaßen so zu bewegen, wie er es will) und einem cerebralen Anfallsleiden. Sie ist geistig behindert und schwerbehindert mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vom Hundert.

Durch Bescheid vom 26. Juni 2000 stellte die Bezirksregierung G. bei der Klägerin einen sonderpädagogischen Förderbedarf fest und ordnete an, dass sie mit Beginn des Schuljahres 2000/2001 die Schule H. - Schule für geistig Behinderte - in G. zu besuchen habe. Durch Schreiben vom 12. Juli 2004 erklärte sich die Bezirksregierung G. damit einverstanden, dass die Klägerin mit Beginn des Schuljahres 2004/2005 die E. -Schule, Ersatzschule in freier Trägerschaft für Lernhilfe, Erziehungshilfe und geistig Behinderte, in I. besucht.

Die J. in F. e.V. ist Mitglied im Bund Freier Waldorfschulen. Nach § 2 ihrer Vereinssatzung ist Zweck des Vereins die Beratung und Hilfestellung für Kinder mit besonderen Schwierigkeiten und deren Familien. Hierzu zählen insbesondere Entwicklungsstörungen, Lernschwierigkeiten, Bindungsstörungen und Behinderungen gemäß § 39 BSHG (körperliche und geistige Behinderungen) und gemäß § 35 a KJHG (seelische Behinderungen). Wichtiges Anliegen der Schule ist es, Entwicklungsstörungen vorzubeugen und möglichst frühzeitig festzustellen, um sie gemeinsam mit allen am Wohl des Kindes Beteiligten aufzugreifen und mit den Mitteln der Waldorfpädagogik, der Heilpädagogik, der anthroposophischen Medizin sowie anthroposophischen therapeutischen Maßnahmen zu behandeln. Ausgesprochener Zweck des Vereins ist die Gründung einer Kleinklassenschule, sowie die Mittelbeschaffung für vorgenannte Zwecke. Nach § 4 der Vereinssatzung können Vereinsmitglieder nur Personen werden, die sich der Pädagogik Rudolf Steiners zugeneigt fühlen. § 7 Abs. 1 der Vereinssatzung sieht als ein Organ des Vereins unter anderen die pädagogische Konferenz vor, die nach § 7 Abs. 6 die "in der Vereinssatzung festgeschriebenen Zielsetzungen der antroposophischen Menschenkunde Rudolf Steiners im schulischen Bereich" umsetzt.

Durch Bescheid der Bezirksregierung G. vom 28. September 2003 wurde der E. -Schule in F. gemäß § 148 Abs. 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule für Lernhilfe, Erziehungshilfe und geistig Behinderte verliehen; bereits am 29. September 2000 war sie als Ersatzschule (Sonderschule) genehmigt worden.

Durch Schreiben vom 9. Juli 2004 beantragte die Klägerin ab dem 19. August 2004 die Schülerbeförderung zur E. -Schule in F.. Diese liegt vom Wohnsitz der Klägerin 85 km entfernt (www.viamichelin.de).

Durch Bescheid vom 11. August 2004 lehnte der Beklagte den Antrag überwiegend ab, da die Schule H. in G. die für die Beschulung der Klägerin zuständige Schule sei. Seine Beförderungspflicht sei daher auf die Höhe der Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs in seinem - des Beklagten - Gebiet beschränkt.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch Schreiben vom 26. August 2004 Widerspruch ein, und beantragte durch beim Verwaltungsgericht am 8. Oktober 2004 eingegangenen Schriftsatz den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Durch Beschluss vom 19. November 2004 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung, die Klägerin vorläufig bis zu einer Entscheidung über ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. August 2004 unter zumutbaren Bedingungen von ihrem Wohnsitz K. in G. zur E. -Schule in I. und zurück zu befördern oder ihr oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Antragstellerin nicht auf den Besuch der Schule H. in G. verweisen lassen müsse, da es sich bei der E. -Schule der Sache nach um eine Förderschule im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. h) NSchulG handele, die jedoch gegenüber der Schule H. einen besonderen Bildungsgang im Sinne des § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchulG anbiete. Dies folge aus der anthroposophischen Heilpädagogik, einer erweiterten Form der Waldorfpädagogik, die auf der Menschenkunde Rudolf Steiners beruhe und die der Konzeption der E. -Schule zugrunde liege. Die Beförderungs- und Erstattungspflicht des Beklagten sei auch nicht auf die Höhe der Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Nahverkehrs beschränkt, die er bei Schülerbeförderungen in seinem Gebiet zu erstatten habe, da nach § 114 Abs. 3 Satz 5 2. Halbsatz NSchulG die Ermächtigung zur Beschränkung der Verpflichtung zur Schülerbeförderung nicht für den Besuch von Förderschulen gelte. Bei der E. -Schule handele es sich aber um eine solche Förderschule.

Aufgrund der einstweiligen Anordnung beförderte der Beklagte die Klägerin - zusammen mit einem weiteren Schüler - ab dem 15. Dezember 2004 täglich zur E. -Schule; hierfür fielen schultäglich 132,00 € an Beförderungskosten an. Für den Beförderungszeitraum 19. August 2004 bis 14. Dezember 2004 erstattete der Beklagte der Klägerin von ihren Eltern aufgewandte Beförderungskosten in Höhe von insgesamt 1.824,27 €.

Durch Bescheid vom 21. März 2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 114 Abs. 1 NSchulG die Erstattungspflicht bestehe, gemäß Abs. 3 der Norm jedoch nur für den Weg zur nächsten Schule der von der Schülerin oder dem Schüler gewählten Schulform und innerhalb der gewählten Schulform zur nächsten Schule, die den von der Schülerin oder dem Schüler verfolgten Bildungsgang anbiete. Diese Bestimmung sei gemäß § 141 Abs. 3 NSchulG auf die Schulen in freier Trägerschaft entsprechend anzuwenden. Ersatzschulen und öffentliche Schulen seien hiernach grundsätzlich gleichgestellt. Auch für Ersatzschulen gelte somit das Prinzip der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des 13. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts handele es sich jedoch bei dem Konzept der Freien Waldorfschule in F. nicht um einen eigenständigen Bildungsgang. Denn die E. -Schule sei eine staatlich anerkannte Ersatzschule, an welcher gesetzlich anerkannte Schulabschlüsse erreicht werden könnten. Durch diese staatliche Anerkennung erlange die genehmigte Ersatzschule eine völlige - wenn auch nicht organisationsrechtliche - Gleichstellung mit den ihr entsprechenden öffentlichen Schulen, insbesondere im Hinblick auf die Schulabschlüsse. Seien jedoch die Abschlüsse aufgrund der staatlichen Anerkennung identisch, so unterscheide sich die E. -Schule klar von dem Konzept einer Freien Waldorfschule, welches der bisherigen Rechtsprechung des 13. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zugrunde liege. Es handele sich allein um eine andere Methodik des Unterrichtes sowie um zusätzliche außerunterrichtliche Angebote und Fördermaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit keinen anderen Bildungsgang darstellten. Nächstgelegene Schule für die Klägerin sei damit die Schule H. in G., so dass ein Anspruch auf Schülerbeförderung zur E. -Schule in F. ausscheide. Soweit mit dem Bescheid vom 11. August 2004 der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung von fiktiven Kosten, die bei dem Besuch der Schule H. entstanden wäre, zugebilligt worden sei, werde die insoweit getroffene Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG im Rahmen einer reformatio in peius zurückgenommen.

Gegen diesen den Eltern der Klägerin am 6. April 2005 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 3. Mai 2005 Klage erhoben. Die Klägerin hat vorgetragen: Zwar sei ihre allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit im Bereich der geistigen Behinderung anzusiedeln. Sie sei jedoch gleichwohl äußerst lernbegierig und könne an einer Schule für ausschließlich Behinderte nicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten gefördert werden. Voraussetzung für eine deutliche Verbesserung ihres Leistungsstandes sei, dass sie neben nicht geistig behinderten Kindern ohne den Druck von Leistungsanforderungen in einer angstfreien Atmosphäre unterrichtet werde. Sie bedürfe in hohem Maße der Einzelförderung, aber auch der sozialen Gruppe. Dem werde insbesondere die kindzentrierte, integrative und gestaltungstherapeutische Beschulung der E. -Schule gerecht. Ihr stehe auch beim Besuch der E. -Schule in F. ein Anspruch auf Schülerbeförderung nach Maßgabe des § 114 NSchulG zu. Denn gemäß § 114 Abs. 2 Satz 3 NSchulG bestehe die Erstattungspflicht in jedem Fall, wenn Schüler wegen einer dauerhaften oder vorübergehenden Behinderung befördert werden müssten. Nächste Schule im Sinne des § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchulG sei die E. -Schule in F., da nur diese den von ihr verfolgten Bildungsgang anbiete. Denn gegenüber den öffentlichen Schulen des Beklagten biete diese einen besonderen eigenen Bildungsgang auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners an. Bildungsgang im Sinne der genannten Normen sei die besondere fachliche Schwerpunktbildung innerhalb einer Schulform, die sich im Allgemeinen - aber nicht generell - auch in einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirke. Der Besuch einer Schule bestimmter Ausprägung, wie beispielsweise einer Waldorfschule, in der die Schüler ohne Selektion oder äußere Differenzierung geführt würden, bilde einen eigenständigen Bildungsgang bezüglich des Bildungszieles und des pädagogischen Ansatzes, als auch bezüglich der Bildungsinhalte, des Lernplanes, der täglichen Unterrichtsgestaltung sowie der Erziehungs- und Unterrichtsmethoden. Daher unterscheide sich die Schule von allen herkömmlichen Förderschulen. Der anthroposophische Erziehungsansatz Rudolf Steiners mit einer hieraus entwickelten speziellen Heilpädagogik, die in besonderer Weise der ganzheitlichen Erziehung diene, sei mit den staatlichen Förderschulen nicht vergleichbar. Die Gestaltung des Lehrplans entspreche dem Bedürfnis der Schüler nach dem rhythmischen Ablauf eines Schultages. Theoretische, künstlerische und praktische Unterrichtsfächer würden nach Möglichkeit so kombiniert, dass ein Wechsel von ruhiger Betrachtung, Verarbeitung von Lehrstoff, schöpferischer Tätigkeit und Bewegungsaktivitäten gegeben sei. Durch innere und äußere Differenzierung sowie durch gezielte pädagogische und therapeutische Hilfen, sowohl für das soziale Ganze als auch für den einzelnen Schüler, werde eine optimale Förderung gewährleistet. Eine auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Lerngruppe abgestimmte Stoff- und Methodenauswahl ermögliche die gemeinsame Unterrichtung von Schülern und Schülerinnen mit verschiedenen Behinderungsarten. Daneben würden harmonisierende Therapieformen, die die spezifischen Defizite der einzelnen Schüler in ihrer leiblichen, seelischen und sozialen Entwicklung gezielt angingen, angeboten. Unerheblich sei demgegenüber, ob die dort zu erwerbenden Schulabschlüsse anerkannt würden; dies würde die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs nicht hindern. Die Eigenschaft der E. -Schule, eine genehmigte Ersatzschule zu sein, schließe nicht das Bestehen eines besonderen Bildungsgangs aus. Tatsächlich verfüge die E. -Schule auch über das Bildungsangebot einer Förderschule im Sinne des § 14 NSchulG, sei mit einer solchen aber nicht insgesamt gleichzustellen. Aufgrund der Orientierung der E. -Schule an der Pädagogik Rudolf Steiners bestünden Lerninhalte, die es an öffentlichen Schulen nicht gebe, so etwa die Fächer Formenzeichnen, Eurythmie und Heileurythmie. Erziehung und Bildung der Schüler erfolgten ausschließlich auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners und erreichten dabei auch das Bildungsangebot und die Bildungsziele öffentlicher Schulen. Da anerkannt sei, dass die Förderschulen der verschiedenen Behinderungsarten jeweils eigene Bildungsgänge anböten, stelle auch die an der E. -Schule praktizierte integrative Beschulung einen eigenständigen Bildungsgang dar. Auch nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte G. und L. handele es sich bei der E. -Schule um eine Schule mit einem besonderen Bildungsgang. Weil die E. -Schule vom Wohnort der Klägerin aus gesehen daher die nächstgelegene Schule sei, folge hieraus der Beförderungsanspruch. Diesem Beförderungsanspruch stehe nicht entgegen, dass der Beklagte in § 1 Abs. 3 seiner Schülerbeförderungssatzung seine Pflichten aus § 114 NSchulG dahin eingeschränkt habe, dass Aufwendungen für den Besuch einer Schule außerhalb des Landkreises G. nur auf die Höhe der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs beschränkt seien, die er bei der Schülerbeförderung in seinem Gebiet zu erstatten habe. Denn die in § 114 Abs. 3 Satz 5 NSchulG enthaltene Ermächtigung zur Kostenbegrenzung gelte nach der ausdrücklichen Regelung des § 114 Abs. 3 Satz 5 2. Halbsatz NSchulG nicht für den Besuch von Förderschulen. Diese vom Gesetzgeber für Förderschulen getroffene Ausnahmeregelung gelte nicht nur für öffentliche, sondern auch für Förderschulen in freier Trägerschaft, die der Schulform Förderschule entsprächen. Dies folge aus den Gesetzesmaterialien. Da die von der Klägerin besuchte Schule als Sonderschule in freier Trägerschaft genehmigt sei und die Schulaufsicht sich mit dem Besuch dieser Schule ausdrücklich einverstanden erklärt habe, sei die Gleichwertigkeit feststehend.

Auch sei der Beklagte mangels eines zeitlichen und dem Umfang nach ausreichenden Angebotes an öffentlichen Verkehrsmitteln verpflichtet, eine eigene Beförderungsmöglichkeit zu schaffen, da sie - die Klägerin - aufgrund ihrer starken Behinderung hilf- und orientierungslos sei.

Soweit der Beklagte die mit Bescheid vom 8. November 2004 getroffene Entscheidung, ihr zumindest die notwendigen Aufwendungen beschränkt auf die Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs zu erstatten, zurückgenommen habe, sei der Widerspruchsbescheid ebenfalls rechtswidrig. Denn sie habe auf den Bescheid vertraut und ihr Vertrauen auch betätigt. Im Vertrauen auf den Bescheid, mit dem ihr zumindest ein Teilbetrag der entstehenden Fahrtkosten zugebilligt worden sei, besuche sie weiterhin die E. -Schule. Entsprechende Vermögensdispositionen wäre sie andernfalls nicht eingegangen; diese ließen sich auch nicht mehr rückgängig machen.

Da der Beklagte sie - die Klägerin - erst seit dem 15. Dezember 2004 befördere, sei für den davorliegenden Zeitraum - beginnend mit dem 19. August 2004 - ein Erstattungsanspruch entstanden.

Ausweislich ihres Zeugnisses für die Klasse 5 vom 13. Juli 2005 mache sie in der E. -Schule im Übrigen enorme Fortschritte. Gleiches folge aus einer Stellungnahme ihrer Schule vom 22. Mai 2006.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin im Frühjahr 2004/2005 ab dem 15. Dezember 2004 von ihrer Wohnung zur E. -Schule in F. und zurück zu befördern und ihr für den Zeitraum vom 19. August bis zum 14. Dezember 2004 bereits entstandene Kosten für ihre Beförderung zur E. -Schule in Höhe von 1.824,27 € zu erstatten sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2005 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwar habe die Klägerin einen Anspruch auf Schülerbeförderung nach § 114 NSchulG. Dieser decke jedoch nur die Beförderung für den Weg zur nächsten Schule der von der Schülerin oder dem Schüler gewählten Schulform, jedoch innerhalb der gewählten Schulform zur nächsten Schule, die den von der Schülerin oder dem Schüler verfolgten Bildungsgang anbiete, ab. Dies sei im Falle der Klägerin die Schule H. in G. als Schule für geistig Behinderte. Diese decke auch den schulischen Bedarf der Klägerin vollständig ab. Bei dem schulischen Angebot der E. -Schule handele es sich nicht um einen besonderen Bildungsgang. Unter Bildungsgang sei nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts die besondere fachliche Schwerpunktbildung in einem schulischen Angebot zu verstehen, die sich im Allgemeinen zugleich an einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirke. Soweit das Oberverwaltungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung den mit dem Besuch Freier Waldorfschulen verfolgten Bildungsgang gegenüber öffentlichen Schulen als eigenständig anerkannt habe, beziehe sich diese Rechtsprechung allein auf Waldorfschulen, an denen keine Abschlüsse der öffentlichen Schulen erlangt werden könnten. Handele es sich jedoch - wie bei der E. -Schule - um eine staatlich anerkannte Ersatzschule nach § 148 NSchulG, so erlange die Ersatzschule durch diese staatliche Anerkennung eine völlige Gleichstellung mit den ihr entsprechenden öffentlichen Schulen, insbesondere im Hinblick auf die Schulabschlüsse. Denn die Schüler einer anerkannten Ersatzschule könnten jederzeit in die entsprechende Jahrgangsstufe einer öffentlichen Regelschule wechseln. Die E. -Schule stelle auch deswegen keinen eigenständigen Bildungsgang dar, weil an ihr lediglich Kinder mit unterschiedlichen Behinderungsformen zusammengefasst würden. Die Schüler, die diese Schule besuchten, seien bereits aus der Regelschule "herausselektiert" worden. Aufgrund der staatlichen Anerkennung unterscheide sich die E. -Schule als Förderschule klar von einer Waldorfschule, die nicht Förderschule sei und lediglich den Charakter einer Gesamtschule aufweise. Allein eine andere Methodik des Unterrichts, wie zum Beispiel die Montessori-Pädagogik oder zusätzliche außerunterrichtliche Angebote und Fördermaßnahmen, stellten demgegenüber noch keinen eigenständigen Bildungsgang dar. Eine ganzheitliche Erziehung werde auch an der Schule H. praktiziert. Alle Aussagen zur inhaltlichen Arbeit der E. -Schule und zu deren Zielsetzungen seien so allgemein gefasst, dass sie umstandslos auch für die Schule H. gelten könnten. An der E. -Schule werde allein eine andere, aber ebenfalls ausgegrenzte Schülerschaft zusammengefasst. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung von fiktiven Kosten, die beim Besuch der Schule H. entstanden wären. Denn zur nächstgelegenen Schule - der Schule H. - stelle er - der Beklagte - die Schülerbeförderung mit eigenen oder angemieteten Transportmitteln selbst kostenlos sicher. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die E. -Schule die nächste Schule für die Klägerin sei, sei die Ausnahmeregelung des § 114 Abs. 3 Satz 5 NSchulG für die Beförderung zu Förderschulen eng auszulegen. Sie lasse sich nicht entsprechend auf eine Beförderung zu einer integrativen Beschulung außerhalb des Gebietes des Beförderungsträgers anwenden. Denn Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung sei es allein, sicherzustellen, dass ein konkreter sonderpädagogischer Förderbedarf an einer besonderen Schule gedeckt werde. Sinn und Zweck der Ausnahmeregelungen sei es demgegenüber nicht, besondere pädagogische Ausrichtungen außerhalb des Gebietes des Trägers der Schülerbeförderung zu unterstützen. Aufgrund der schweren Behinderung der Klägerin bestünden Lernbedürfnisse ihrerseits nicht in fachorientierten Lernbereichen wie Deutsch, Mathematik, Geschichte, Erdkunde, Biologie, Physik, Chemie, Formenzeichnen, Geometrie, Himmelskunde und Kunst sowie Kunstgeschichte, sondern in den entwicklungs- und handlungsorientierten Lernbereichen einer die Klägerin unterstützenden und begleitenden sonderpädagogischen Förderung. Bei der Klägerin müssten Denken, Merkfähigkeit, sprachliches Handeln, Wahrnehmung, Motorik und Emotionalität gefördert werden; dies könne ebenso gut die Schule H..

Durch Urteil vom 30. Mai 2006 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, die Klägerin im Schuljahr 2004/2005 ab dem 15. Dezember 2004 von ihrer Wohnung zur E. -Schule in F. und zurück zu befördern sowie für den Zeitraum vom 19. August 2004 bis zum 15. Dezember 2004 die bereits entstandenen Fahrtkosten in Höhe von 1.824,27 € zu erstatten, und den Bescheid des Beklagten vom 11. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2005 aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin § 1 der Satzung des Beklagten vom 21. April 1997 über die Schülerbeförderung in seinem Kreisgebiet sei. Danach bestehe für behinderte Schüler ein Anspruch auf Beförderung zur nächsten Schule unabhängig von einer Mindestentfernung. Für den Begriff der "nächsten Schule" verweise die Satzung des Beklagten auf § 114 Abs. 3 NSchulG. Danach bestehe die Beförderungs- oder Erstattungspflicht nur für den Weg zur nächsten Schule der gewählten Schulform, jedoch innerhalb der gewählten Schulform zur nächsten Schule, die den vom Schüler verfolgten Bildungsgang anbiete. Liege die nächste Schule außerhalb des Gebietes des Trägers der Schülerbeförderung, so könne dieser seine Erstattungspflicht auf die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg in Höhe der Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs, die er bei der Schülerbeförderung in seinem Gebiet zu erstatten habe, beschränken, was jedoch nicht für den Besuch von Förderschulen gelte. Diese Bestimmungen würden gemäß § 141 NSchulG auch für anerkannte Ersatzschulen entsprechend gelten. Die E. -Schule stelle für die Klägerin die nächstgelegene Schule des von ihr verfolgten Bildungsgangs im Sinne dieser Regelungen dar. Denn bei der E. -Schule in F. handele es sich im Vergleich zur Förderschule des Beklagten, der Schule H., um einen eigenen Bildungsgang. Dies ergebe sich zunächst aus der von der Schule verfolgten besonderen Schwerpunktbildung im schulischen Angebot, da der E. -Schule die anthroposophische Heilpädagogik, eine erweiterte Form der Waldorfpädagogik, die auf der Menschenkunde Rudolf Steiners beruhe, zugrunde liege. Sie biete unter anderem entwicklungsbezogenen Unterrichtsstoff und eine Gliederung des Hauptunterrichtes in einen rythmischen, einen Lern- sowie einen Erzählteil. Es würden mehr Fächer verschiedenster, auch künstlerischer, Bereiche angeboten. Auch das Unterrichtskonzept der E. -Schule stelle nach Inhalt und Methodik einen anderen Bildungsgang dar, was insbesondere auch daraus folge, dass die E. -Schule mit allen Formen von Behinderungen, das heißt sowohl körperlichen als auch geistig oder seelisch Behinderten, einen integrativen Beschulungsansatz verfolge und bezogen auf die Personengruppe der Behinderten eine Art Gesamtschulcharakter habe. Ein eigener Bildungsgang folge daher allein schon aus dem integrativen Ansatz als Förderschwerpunkt im Vergleich zu Schulen für ausschließlich geistig oder körperlich Behinderte. Unerheblich sei, dass die E. -Schule keine anderen Abschlüsse als die Förderschule H. vermittele. Denn aus der Gleichartigkeit der Abschlüsse könne nicht auf eine Identität von Bildungsgängen geschlossen werden. Vielmehr komme es entscheidend darauf an, ob die besondere Ausgestaltung im Lehrstoff sowie die Lehr- und Erziehungsmethoden die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs rechtfertigten. Unerheblich sei ebenfalls, ob die Klägerin aufgrund ihrer spezifischen Behinderung das Unterrichtsangebot an der E. -Schule in vollem Umfang nutzen oder erfassen könne. Denn dies sei kein Tatbestandsmerkmal des "besonderen Bildungsgangs". Die Frage, ob ein besonderer Bildungsgang vorliege, sei schulbezogen und nicht auf die individuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten des jeweiligen Schülers ausgerichtet. Habe sich die Schulbehörde - wie vorliegend - damit einverstanden erklärt, dass die E. -Schule besucht werde, so sei der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung an diese Entscheidung der Schulverwaltung gebunden. Auch handele es sich bei der Ausnahmeregelung des § 114 Abs. 3 Satz 5 2. Halbsatz NSchulG, die den Besuch von Förderschulen von der Kostenbeschränkung ausnehme, nicht um eine Regelung, die nur dann Anwendung finde, wenn Schüler mit einem besonderen sonderpädagogischen Förderbedarf - in Bezug auf ihre spezifische Behinderung - innerhalb des Gebietes des Trägers der Schülerbeförderung keinen auf ihre spezifische Behinderungsart ausgerichteten Bildungsgang finden könnten. Für eine derartige einschränkende Interpretation fänden sich weder im Wortlaut der Norm noch sonst Anhaltspunkte. Eines Eingehens auf die Frage, ob die Rücknahme der Zusage zur Übernahme der fiktiven Aufwendung für die Kosten der teuersten Fahrkarte des öffentlichen Personennahverkehrs für den Besuch einer Schule im Landkreis gegeben seien, bedürfe es insoweit nicht. Der Erstattungsanspruch ergebe sich aus der Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten.

Zur Begründung seiner Berufung wiederholt der Beklagte sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus: Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts stelle die E. -Schule F. nicht die nächstgelegene Schule des von der Klägerin verfolgten Bildungsgangs dar. Abzustellen sei nur auf den individuellen Beförderungsanspruch, nicht aber auf potentielle Angebote, von denen ein Schüler aufgrund der in seiner Person vorgegebenen Situation und hier seines Förderbedarfs gar keinen Gebrauch machen könne. Die E. -Schule und die Schule in seiner Trägerschaft arbeiteten unter den gleichen schulrechtlichen Bedingungen und würden beide Schulabschlüsse im Sinne des § 8 NSchulG vermitteln. Schon aus diesem Grunde könne man von einem eigenständigen Bildungsgang im Angebot der E. -Schule nicht sprechen. Unerheblich seien auch die anthroposophische Weltsicht der E. -Schule und das hierauf beruhende Unterrichtskonzept. Eine derartige besondere pädagogische Ausrichtung könne allein zusammen mit einem weiter qualifizierenden, öffentlich anerkannten Abschluss als besonderer Bildungsgang angesehen werden, da ansonsten Tür und Tor für eine ausufernde Verpflichtung des öffentlichen Trägers der Schülerbeförderung zur Finanzierung jedweden Schulweges zu jedweder Form pädagogischer Ansätze eröffnet sei. Dies entspreche auch der Rechtsprechung etwa des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes. Auch der integrative Beschulungsansatz und der hieraus folgende Gesamtschulcharakter begründeten keinen eigenständigen Bildungsgang. Denn auch insoweit sei die E. -Schule als anerkannte Ersatzschule verpflichtet, sich an die vorgegebenen Rahmenrichtlinien und Leistungsanforderungen der jeweiligen Förderschulform zu halten. Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf "Geistige Entwicklung" zeigten immer schon unterschiedliche Erscheinungsbilder in den verschiedenen Entwicklungsbereichen; die Lern- und Lebenssituation werde regelmäßig durch körperliche, psychische und soziale Bedingungen und Beeinträchtigungen in individueller Ausprägung zusätzlich erschwert. Der Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" beinhalte immer auch die Bereiche "Lernen" und "Emotionale und soziale Entwicklung" und werde daher in der Förderschule H. gleichermaßen mit abgedeckt. Auch die Lerngruppen in der Schule H. stellten sich als äußerst heterogen dar. Auch hier könne die Klägerin von leistungsstärkeren Schülerinnen und Schülern profitieren. Die bloße andere Methodik des Unterrichts wie bei der E. -Schule nach der Pädagogik Rudolf Steiners sowie zusätzliche Angebote wie beispielsweise Eurythmie könnten einen eigenen Bildungsgang nicht begründen. Vielmehr bedürfe es für die Annahme eines besonderen Bildungsgangs eines spezifischen Abschlusses, der hier unstreitig nicht erlangt werden könne. Sei die Ersatzschule nach § 148 NSchulG staatlich anerkannt, so könnten an ihr gesetzlich anerkannte Schulabschlüsse erreicht werden mit der Folge, dass eine völlige Gleichstellung mit den ihr entsprechenden öffentlichen Schulen eintrete und die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs dadurch gesperrt sei. Auf Inhaltsbestimmungen des Begriffs des Bildungsgangs sei demgegenüber nicht abzustellen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Bildungsgang im schülerbeförderungsrechtlichen Sinne sei eine besondere fachliche Schwerpunktbildung in einem schulischen Angebot, die sich im Allgemeinen - aber eben nicht generell - zugleich in einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirke. Eine solche besondere Ausprägung sei von vornherein bei allein Schulen gegeben, die ihre Schüler - wie Waldorfschulen - ohne Auswahl oder äußere Differenzierung führten. Dies sei auch bei der E. -Schule der Fall. Diese Sichtweise entspreche auch der bisherigen Rechtsprechung des 13. Senats des erkennenden Gerichts. Für die Annahme des Beklagten, ein Bildungsgang könne nicht allein bei einer fachlichen Schwerpunktbildung angenommen werden, sondern fordere stets auch einen Abschluss in Form einer bestimmten weiterführenden Qualifikation, sei nichts erkennbar. Die Rechtsprechung aus anderen Bundesländern sei nicht auf die niedersächsische Rechtslage übertragbar. Abzustellen sei entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht auf den individuellen Beförderungsanspruch bzw. Förderbedarf, sondern allein auf das Angebot der Schule, so dass unerheblich sei, ob sie - die Klägerin - das Unterrichtsangebot der E. -Schule in vollem Umfang nutzen könne oder nicht. Ebenso unabhängig sei die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs von der Frage der staatlichen Anerkennung, da diese eben nicht zu einer völligen schulischen Gleichstellung mit den entsprechenden öffentlichen Schulen führe. Auch die Gesetzesmaterialien zum niedersächsischen Schulgesetz ließen erkennen, dass es mit der Regelung des § 141 Abs. 2 NSchulG dem Gesetzgeber darum gegangen sei, gerade Waldorfschulen mit den öffentlichen Schulen in schülerbeförderungsrechtlicher Hinsicht gleichzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Schülerbeförderung zu der von ihr besuchten M. -Schule in F. auf der Grundlage des § 114 Abs. 3 in Verbindung mit § 141 NSchG und der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten bejaht und die Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz der der Klägerin in der Vergangenheit entstandenen Aufwendungen hierfür ausgesprochen. Der das Beförderungsbegehren ablehnende Bescheid des Beklagten vom 11. August 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 21. März 2005 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage für ein Verpflichtungsbegehren ist der der mündlichen Verhandlung, soweit das materielle Recht keine abweichende Regelung trifft (BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2002, - BVerwG 3 C 53.01 -, AuA 2002, 424). Letzteres ist hier nicht der Fall, da es keine andere ausdrückliche Regelung gibt, die einen anderen Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt.

Nach § 1 Abs. 1 der Satzung des Beklagten über die Schülerbeförderung im Landkreis G. (vom 21. April 1997) in Verbindung mit § 114 Abs. 1, Abs. 3 NSchG (in der hier maßgeblichen Fassung vom 3. März 1998, Nds.GVBl. S 137, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Einführung der eigenverantwortlichen Schule vom 17. Juli 2006, Nds.GVBl. S. 412 [NSchG]) hat der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung u.a. die Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur nächstgelegenen Schule der gewählten Schulform, die den verfolgten Bildungsgang anbietet, zu befördern oder die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Normen hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.

Es ist Sache des Landesgesetzgebers, Bestimmungen über die Schülerbeförderung zu erlassen, ohne dass insoweit bundes- oder landesverfassungsrechtliche Vorgaben bestünden (1.). Die Klägerin ist aufgrund der Entscheidungen der Schulbehörde berechtigt, die E. -Schule zu besuchen (2.). § 114 des NSchG ist gemäß § 141 NSchG auf Ersatzschulen anwendbar; es spricht schon Überwiegendes dafür, dass Waldorfschulen im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 141 NSchG eine eigenständige Schulform darstellen (3.). Selbst wenn man das Vorliegen einer eigenständigen Schulform verneinen würde, so bietet die M. -Schule in F. als "Waldorfschule" jedenfalls einen eigenständigen "Bildungsgang" im Sinne des § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG an (4.). § 114 NSchG gewährt einen Anspruch auf Beförderung unter zumutbaren Bedingungen oder auf den Ersatz notwendiger Kosten für die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule des (besonderen) Bildungsgangs und lässt keine weitergehenden Einschränkungen der Höhe oder der Entfernung nach zu (5.). Rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Beförderung bzw. Ersatz der im Sinne des § 114 NSchG "notwendigen" Kosten zugebilligt (6.). Eine Begrenzung der Erstattung der Aufwendungen auf die Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs kommt vorliegend nicht in Betracht (7.). Dass eine andere Waldorfschule, in der eine Beschulung der Klägerin im Einvernehmen mit der Schulbehörde möglich wäre, näher gelegen wäre, hat der Beklagte nicht substantiiert dargetan (8.). Zu recht hat das Verwaltungsgericht den geltend gemachten Erstattungsanspruch zuerkannt (9.)

1. Verfassungsrecht des Bundes oder des Landes und einfaches Bundesrecht enthalten keine "Vorgaben" für die Schülerbeförderung (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Dezember 1995, - 13 L 7880/94 -, NVwZ-RR 1996, 656).

Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, der die Schulen in privater Trägerschaft betrifft und insbesondere das Ersatzschulwesen regelt, legt dem Staat zwar die Pflicht auf, das private Ersatzschulwesen zu schützen. Die Grundrechtsnorm verpflichtet die Länder jedoch nicht, die Schülerbeförderung in bestimmter Weise zu regeln. Eine aus der Schutzpflicht folgende Handlungspflicht wird erst dann ausgelöst, wenn das Ersatzschulwesen in seinem Bestand bedroht ist (BVerfG, Urteil vom 8. April 1987, - 1 BvL 8/84, 1 BvL 16/84 -, BVerfGE 75, 40-78). Eine derartige Bedeutung kann weder bestehenden Regelungen über Schülerbeförderungskosten noch dem Fall ihres gänzlichen Fehlens beigemessen werden.

Aus der Garantie der Schulen in freier Trägerschaft als Institution (vgl. zu Art. 7 Abs. 4 GG: BVerfG, Urteil vom 26. März 1957, - 2 BvG 1/55 -, BVerfGE 6, 309 [355]; Beschluss vom 14. November 1969, - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195 [200f]; Urteil vom 08. April 1987, - 1 BvL 8,16/84 -, BVerfGE 75, 40 [61f]; Beschluss vom 16. Dezember 1992, - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 [46]; Beschluss vom 09. März 1994, - 1 BvR 682, 712/88 -, BVerfGE 90, 107 [114]) folgt gleichfalls keine solche Förderungspflicht.

Eine solche Förderungspflicht kann schließlich nicht aus der Pflicht des Staates hergeleitet werden, den Bestand von Ersatzschulen zu sichern und die Errichtung neuer Ersatzschulen zu ermöglichen (vgl. hierzu etwa: BVerfG, Beschluss vom 09. März 1994, - 1 BvR 682/88, 1 BvR 712/88 -, BVerfGE 90, 107 [115]; BVerfG, Beschluss vom 09. März 1994, - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128 [141ff]); denn eventuelle Förderungsansprüche stehen nur dem Schulträger, nicht aber den Schülern oder deren Eltern unmittelbar zu (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Dezember 1995, - 13 L 7880/94 -, NVwZ-RR 1996, 656 [657]; BVerwG, Beschluss vom 04. Februar 1982, - BVerwG 7 B 143.81 -, NVwZ 1982, 441; vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 14. September 1994, - BVerwG 6 C 42.92 -, BVerwGE 96, 350 [355]).

Nichts anderes gilt für Art. 4 Abs. 3 der Verfassung des Landes Niedersachsen (vom 19. Mai 1993, Nds.GVBl. S. 107, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Januar 2006, Nds.GVBl. S. 58). Dessen Regelungsgehalt geht über den des Art. 7 Abs. 4 GG nicht hinaus.

Ebenso wenig wie die staatliche Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) begründen das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Elternrecht, das Grundrecht des Schülers auf Bildung (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip einen Anspruch darauf, dass die öffentliche Hand die Kosten der Schülerbeförderung übernimmt; die nach Maßgabe des Landesrechts gewährte Kostenerstattung ist vielmehr - verfassungsrechtlich gesehen - eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Juni 1991, - 9 S 2111/90 -, SPE IV 670 Nr. 38). Insbesondere ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass eine Regelung, die - wie § 114 Abs. 1, 3 Satz 1 NSchG - die Erstattung der Beförderungskosten auf den Betrag begrenzt, der für den Schulweg zur nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs entsteht oder entstehen würde, verfassungsrechtlichen Bedenken nicht begegnet (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Dezember 1995, a.a.O., m.w.N.).

2. Entgegen der von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung ist die Klägerin nicht aufgrund der Entscheidung der Bezirksregierung G. vom 26. Juni 2000 verpflichtet, die Schule H. zu besuchen; ebensowenig liegt in dem Einverständnis der Bezirksregierung G. vom 12. Juli 2004, wonach die Klägerin die E. -Schule in F. besuchen darf, eine bloße verwaltungsverfahrensrechtliche Duldung. Denn mit der letztgenannten Entscheidung hat die Schulbehörde eine der Bestandskraft fähige Regelung über die Beschulung der Klägerin an der E. -Schule in F. unter Berücksichtigung des Elternwillens dahingehend getroffen, dass diese Schule geeignet ist, den Förderungsschulbedarf der Klägerin abzudecken und besucht werden darf. Ob diese Entscheidung sogar Bindungswirkung für den Beklagten auch in schülerbeförderungsrechtlicher Hinsicht entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005, - BVerwG 5 C 20.04 -, BVerwGE 123, 316 und Urteil vom 16. Januar 1986, - BVerwG 5 C 36.84 -, NVwZ 1987, 412), kann dahinstehen. Jedenfalls kann der Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten, dass ihre Beschulung an der E. -Schule rechtswidrig und er schon deswegen nicht zu ihrer Beförderung verpflichtet sei.

3. § 114 NSchG gilt nicht nur für öffentliche Schulen, sondern ist nach der - in ihrem Wortlaut unmissverständlichen - Grundregel des § 141 Abs. 3 NSchG auch auf Ersatzschulen entsprechend anzuwenden. Auch für die Ersatzschulen ist damit das Prinzip der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs festgelegt, die jedoch auch eine öffentliche Schule sein kann.

Aus den Gesetzesmaterialien zu § 141 Abs. 3 NSchG folgt, dass sich der Gesetzgeber der aus der Norm folgenden Belastung der Kommunen bewusst war (a]); es spricht ferner Überwiegendes dafür, dass der Gesetzgeber die Waldorfschulen schülerbeförderungsrechtlich sogar als eigenständige Schulform ansieht (b]).

a) Aus den Gesetzesmaterialien folgt zunächst, dass der Gesetzgeber sich des Problems der durch die Anwendung des § 114 NSchulG auch auf Ersatzschulen den Trägern der Schülerbeförderung entstehenden Kosten durchaus bewusst war. Nach der Begründung zum Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes (LT-Drs. 13/1650, S. 21) haben die Kommunalen Spitzenverbände die Kostenbegrenzungsregelung des § 114 Abs. 3 Satz 4 NSchG für unzureichend angesehen, da sie aufgrund der dort einzeln angeführten Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Schülerbeförderung auch zu den Schulen in freier Trägerschaft verpflichtet seien, auf deren Standortwahl - und damit die Höhe der entstehenden Kosten - aber keinen Einfluss hätten. Diesen Bedenken ist die Landesregierung nicht gefolgt, da eine "Relevanz der Fälle übermäßiger Belastung der Träger der Schülerbeförderung durch den Besuch ungünstig gelegener Schulen in freier Trägerschaft im Gebiet der Träger der Schülerbeförderung ... sich nicht hinreichend sicher abschätzen" lasse.

b) Es spricht Überwiegendes dafür, Waldorfschulen schülerbeförderungsrechtlich im Rahmen einer durch § 141 Abs. 3 NSchG vorgegebenen "entsprechenden Anwendung" des § 114 NSchG als eigenständige Schulform anzusehen. In dem Schriftlichen Bericht zum Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes (LT-Drs. 13/1938, S. 4) heißt es zu § 141 Abs. 3 NSchG wie folgt:

"Nach § 141 Abs. 3 NSchG sind (u.a.) die Bestimmungen des § 114 NSchG für Schulen in freier Trägerschaft entsprechend anzuwenden. Zu diesen Schulen gehören auch die Waldorfschulen, die zwar nicht einer der in § 5 Abs. 2 NSchG genannten Schulformen unterfallen, aber auf Grund ihres pädagogischen Konzepts wie die Schulform "Gesamtschule" behandelt werden können. Bei der entsprechenden Anwendung des § 114 NSchG sind die Waldorfschulen daher wie eine eigenständige Schulform anzusehen. Auf ihre Schülerinnen und Schüler finden folglich die Regelungen über die Schülerbeförderung auch künftig Anwendung. Dieser vom MK im Verlauf der Ausschussberatungen vorgetragenen Sicht schloss sich der Kultusausschuss an."

Sind die Waldorfschulen damit aus Sicht des Gesetzgebers - und damit für die entsprechende Anwendung des § 114 NSchG prägend - "wie eine eigenständige Schulform" anzusehen, so kommt es für die Frage der Beförderungs- und Erstattungspflicht und deren Begrenzung im Sinne des § 114 Abs. 3 NSchG allein darauf an, ob dem Wohnort der Klägerin eine andere Waldorfschule näher gelegen ist als die tatsächlich besuchte (so Littmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, Stand: 27. Lieferung Juni 2006, § 114 Anm. 4.3) und die Klägerin diese auch besuchen dürfte (dazu oben 2.). Dies bedarf jedoch aus den nachfolgenden Gründen keiner abschließenden Entscheidung.

4. Selbst wenn man in Waldorfschulen im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 114 NSchG nicht eine eigenständige Schulform sehen wollte, so bietet jedenfalls die von der Klägerin besuchte M. -Schule in F. gegenüber der in der Trägerschaft des Beklagten stehenden Förderschule H. einen eigenständigen Bildungsgang im Sinne der §§ 59 Abs. 1 Satz 1, 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG.

Der Begriff des Bildungsgangs ist weder im Niedersächsischen Schulgesetz noch in anderen Vorschriften gesetzlich definiert. Im Hinblick auf die Auslegung dieses Begriffs tritt der Senat der Rechtsprechung des bisher für das Schulrecht zuständigen 13. Senats bei. Hiernach (Urteil des 13. Senats vom 20. Dezember 1995, - 13 L 7880/94 -, NVwZ-RR 1996, 656; Urteil vom 5. März 2003, - 13 L 4066/00 -, NordÖR 2003, 267; jeweils mit weiteren Nachweisen) ist der Begriff des Bildungsgangs im Sinne des Schülerbeförderungsrechts unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelungen der Schülerbeförderung und unter Abgrenzung zu den im Niedersächsischen Schulgesetz verwendeten Begriffen der "Schulform" und des "Bildungsweges" dahingehend zu bestimmen, dass den "Bildungsgang" in dem hier interessierenden Sinne das abstrakte Bildungsangebot einer Fachrichtung kennzeichnet, während der "Bildungsweg" den individuellen Weg des einzelnen Schülers von seiner Aufnahme in die Schule bis zu dem angestrebten oder erreichten Abschluss meint. Als "Bildungsgang" ist ferner die besondere fachliche, methodische, didaktische oder pädagogische Schwerpunktbildung in einem schulischen Angebot anzusehen, die sich im Allgemeinen - aber nicht immer - zugleich in einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirkt. Das regelmäßige Erfordernis einer besonderen Gestaltung des Abschlusses hat der 13. Senat insbesondere deshalb als gerechtfertigt angesehen, um bei der Schülerbeförderung die Subventionierung beliebiger Besonderheiten schulischer Angebote auf Kosten der Allgemeinheit auszuschließen. Die Gewährleistung der Schülerbeförderung durch deren Träger erscheint nur dann als angemessen, wenn der Schluss gerechtfertigt ist, dass das von den Eltern oder dem Schüler selbst gewählte schulische Angebot von gewissem Belang für die weitere schulische oder berufliche Ausbildung ist. Diese Annahme rechtfertigt in der Regel allein die Anknüpfung an einen bestimmten (besonderen) Bildungsgang, an dessen Ende ein entsprechender Abschluss steht. So hat der 13. Senat in seinem Urteil vom 20. Dezember 1995 (- 13 L 7975/94 -, NdsVBl. 1996, 242) hinsichtlich des Besuchs der 5. Klasse eines altsprachlichen Gymnasiums einen eigenständigen Bildungsgang gegenüber der Orientierungsstufe bejaht, weil der Weg von da ab "eigenständig" sei, auch wenn er in gleicher Weise "nur" mit dem Abitur ende, sowie durch Urteil von demselben Tage (- 13 L 2013/93 -, NdsVBl. 1996, 240) ein als Ersatzschule anerkanntes privates Gymnasium mit einer besonderen fachlichen Schwerpunktsetzung im sprachlichen Bereich im Vergleich zum gymnasialen Bildungsgang im öffentlichen Schulwesen als eigenständigen Bildungsgang im Sinne des Schülerbeförderungsrechts anerkannt. In Anwendung dieser Definition hat der 13. Senat weiter das Bestehen eines besonderen Bildungsgangs innerhalb der Klassen 5 und 6 eines privaten Gymnasiums gegenüber der Orientierungsstufe verneint, weil beide in gleicher Weise ohne besonderen (Zwischen-) Abschluss die Fertigkeiten und Kenntnisse zum Besuch aller (danach möglicher) weiterführenden Schulformen vermittelten (Urteil vom 20. Dezember 1995, - 13 L 7880/94 -, NdsVBl. 1996, 237).

Bezüglich Schulen in freier Trägerschaft hat der 13. Senat (Urteil vom 5. März 2003, a.a.O.) bei Vorliegen eines besonderen pädagogischen Konzepts, das in einer besonderen fachlichen Ausgestaltung des schulischen Angebotes mündet, einen eigenständigen Bildungsgang angenommen und die Möglichkeit des Erwerbs von Abschlüssen an einer freien Schule als das besondere pädagogische Konzept der Schule und seine Bedeutung für den weiteren Ausbildungsweg der Schüler sogar verstärkend angesehen. Der 13. Senat hat in seiner ständigen Rechtsprechung die Annahme eines besonderen Bildungsgangs immer auch für schulformübergreifende Abschnitte anerkannt (vgl. Urteil des 13. Senats vom 20. Dezember 1995,- 13 L 7880/94 - a.a.O.). Ferner hat er in ständiger Rechtsprechung den Waldorfschulen das Vorliegen eines eigenständigen Bildungsgangs zuerkannt und dementsprechend die Schülerbeförderung bzw. die Erstattung der entstandenen notwendigen Kosten - auch im Grundschulbereich - zugesprochen (Urteil vom 30. November 1983, - 13 OVG A 56/83 -, NVwZ 1984, 812; Urteil vom 16. September 1984, - 13 OVG A 172/83 -; Urteil vom 17. Oktober 1984, - 13 OVG A 173/83 -; Urteil vom 27. November 1989, - 13 OVG A 148/87 -, V.n.b.; zur Rechtsprechung des 13. Senats vgl. auch Ladeur, Schulvielfalt und Schülerbeförderung, RdJB 1995, 335).

An dieser Rechtsprechung hält der nunmehr für das Schulrecht zuständige erkennende Senat fest. Die Auslegung des 13. Senats entspricht der Gesetzeslage. Insbesondere lässt die unter 3. dargestellte Entstehungsgeschichte des § 141 Abs. 3 NSchG zwingend erkennen, dass gerade die Waldorfschulen nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls als eigenständiger Bildungsgang schülerbeförderungsrechtlich anerkannt werden sollten. Die vom Beklagten hiergegen herangezogene Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 2. Januar 2003, - 7 ZU 4019/00 -) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da das hessische Schülerbeförderungskostenrecht nicht entscheidend auf den Begriff des Bildungsgangs, insbesondere nicht auf dessen Verständnis als Normierung eines Bildungsweges, der durch den Bildungsinhalt im Sinne von Lehrstoff und durch das Bildungsziel im Sinne eines Abschlusses gekennzeichnet ist, sondern allein auf den Abschluss am Ende der Mittelstufe abstellt (vgl. die ausführlichen Nachweise bei VG Darmstadt, Urteil vom 20. Januar 2005, - 7 E 867/03 -, Juris, sowie Hessischer VGH, Beschluss vom 2. Januar 2003, - 7 ZU 4019/00 -, NVwZ-RR 2003, 433; Beschluss vom 17. Januar 2003, - 7 ZU 2265/02 -, ESVGH 53, 130).

Eine besondere Ausgestaltung des Lehrstoffs sowie der Lehr- und Erziehungsmethoden ist im Fall der E. -Schule in F. - einer Freien Waldorfschule - zweifellos zu bejahen. Dass hinter der Schule ein besonderes Konzept, ein besonderer Schwerpunkt, steht, ergibt sich aus der durch Satzung (§ 2) festgelegten Bindung an die Lehre Rudolf Steiners. Hiernach ist es Ziel der Schule, kindlichen Entwicklungsstörungen vorzubeugen und diese möglichst frühzeitig festzustellen, um sie gemeinsam mit allen am Wohl des Kindes Beteiligten aufzugreifen und mit den Mitteln der Waldorfpädagogik, der Heilpädagogik, der anthroposophischen Medizin sowie anthroposophischen therapeutischen Maßnahmen zu behandeln.

Wegen der allgemein anerkannten Besonderheit des anthroposophischen Hintergrunds bei den Waldorfschulen (vgl. etwa: Brockhaus, Enzyklopädie, 19. Aufl. Mannheim 1994, Bd. 23, S. 539 "Waldorfschulen"; vergleiche auch etwa die Ausführungen und Nachweise unter http://de.wikipedia.org/wiki/Waldorfschule sowie unter http://de.wikipedia.org/wiki/Anthroposophie) handelt es sich bei ihnen um einen eigenständigen Bildungsgang. Besonderheiten in diesem Sinne sind etwa fremdsprachlicher Unterricht vom 1. Schuljahr an, das Führen der Schüler nach der Pädagogik Rudolf Steiners ohne Selektion oder äußere Differenzierung von der 1. bis zur 12. Klasse ohne Auslese beim Übergang von einer Klasse in die nächste, Betonung des musischen und des künstlerisch-handwerklichen Bereichs in Stundentafel und Unterrichtsmethode, Durchführung des Hauptunterrichts in Epochen, fehlende Benotung, sowie Begleitung einer Klasse durch einen Klassenlehrer durch die verschiedenen Jahrgänge. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 09. März 1994, - 1 BvR 1369/90 -, BVerfGE 90, 128 [139]) sieht aufgrund dieser Besonderheiten in den Waldorfschulen besonders vollwertige Ersatzschulen im Sinne des Art. 7 Abs. 4 GG und nicht bloße Ergänzungsschulen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts standen dem Grundgesetzgeber bei der Gewährleistung der Privatschulfreiheit in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gerade sogenannte Reformschulen wie die Waldorfschulen, Hermann-Lietz-Schulen, Salem, Wickersdorf und Schondorf vor Augen, die bei der pädagogischen Entwicklung Pionierarbeit geleistet hätten (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992, - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40-63). Auch dies spricht dafür, bei der Beantwortung der Frage, ob Waldorfschulen einen eigenständigen Bildungsgang darstellen, darauf abzustellen, ob eine sinnvolle Alternative zum bestehenden öffentlichen und privaten Schulangebot vorliegt, welches die pädagogische Erfahrung bereichert und der Entwicklung des Schulsystems insgesamt zugute kommt (zu diesem Maßstab BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992, a.a.O.; Brockmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a.a.O., § 149 Anm. 4.2). Dies ist bei den Waldorfschulen zweifelsfrei der Fall. So finden klassische waldorfpädagogische Handhabungen - wie etwa Projektunterricht, früher Fremdsprachenunterricht, Gutachtenzeugnisse oder eine Ganztagsbeschulung - mittlerweile Nachahmung im staatlichen Schulwesen (vgl. Hiller, Waldorfschule, SchulVerwaltungNI 1996, 176). Auch das Konzept der staatlichen Gesamtschule enthält letztendlich Elemente des waldorfpädagogischen Ansatzes eines individuellen Lernens in unausgelesenen Klassen, in denen Neigungs- und Begabungsunterschiede überbrückt werden.

Ohne maßgebliche Bedeutung ist demgegenüber, dass - wie der Beklagte darlegt - die M. -Schule in F. aufgrund ihrer staatlichen Anerkennung staatlich anerkannte Abschlüsse vermittelt. Soweit daraus folgen soll, dass die an der M. -Schule in F. möglichen Abschlüsse sich nicht von denen an öffentlichen Schulen unterscheiden, ist darauf zu verweisen, dass in dem mehrfach erwähnten Urteil des 13. Senats vom 20. Dezember 1995 (- 13 L 7880/94 -) ausgeführt ist, dass auf eine Identität von Bildungsgängen nicht schon allein wegen der Gleichartigkeit der Abschlüsse geschlossen werden kann. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob die besondere Ausgestaltung im Lehrstoff sowie die Lehr- und Erziehungsmethoden die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs rechtfertigen. Mit seinem Einwand verkennt der Beklagte ferner das Verhältnis zwischen Schulen in freier Trägerschaft und öffentlichen Schulen nach dem Niedersächsischen Schulgesetz. Beide stehen gleichwertig nebeneinander und unterscheiden sich primär durch die rechtliche Natur ihres Trägers (Brockmann, in: Seyderhelm/Nagel/ Brockmann, a.a.O., § 139 Anm. 2). Auch aus diesem Grunde stellt die Identität der Abschlüsse als Element dieser Gleichwertigkeit kein Argument dar, auf einen einheitlichen Bildungsgang zu schließen; sie ist vielmehr etwas "Normales". Dementsprechend kann auch die Anerkennung nach § 148 Abs. 2 Satz 4 NSchG auf besonderen Antrag des Schulträgers auf die reine Abschlussprüfung allein beschränkt werden; alle der Prüfung vorausgehenden Maßnahmen der Schule wie Aufnahme und Versetzung sind dann nur im Rahmen des privatrechtlichen Beschulungsvertrages zu beurteilen. Diese Regelung wurde gerade im Interesse der freien Waldorfschulen in das Gesetz aufgenommen (Brockmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brockmann, a.a.O., § 148 Anm. 3.5); ihr Vorhandensein zeigt, dass der Gesetzgeber allein an die Identität der Abschlüsse keine die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs bestimmenden Folgerungen treffen wollte.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es auch unerheblich, ob die Klägerin konkret die besonderen Merkmale des von ihr gewählten Bildungsgangs wahrnehmen und von ihnen profitieren kann. Die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs als Tatbestandsmerkmal ist schon vom Wortlaut der §§ 114 Abs. 3, 59 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NSchulG her abstrakt vom Angebot der Schule aus und nicht konkret aus der Nachfragesicht des einzelnen Schülers zu beantworten. Nach § 59 Abs. 1 Satz 2 NSchulG wählen volljährige Schülerinnen und Schüler aus den zur Verfügung stehenden Bildungsgängen selbst aus. Der Gesetzgeber hat mit dieser Formulierung gerade nicht auf die individuell und leistungsorientiert konkret in Betracht kommenden Bildungsgänge abgestellt.

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag dahingehend gestellt hat, "durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage der spezifischen Unterschiede und der Gemeinsamkeiten im Bildungsgang zwischen der E. -Schule I. und einer öffentlichen Förderschule am Beispiel der Schule H. in G." Beweis zu erheben, und ausgeführt hat, "der Sachverständige" werde "bestätigen, dass die Gemeinsamkeiten der Arbeit an der staatlich anerkannten Förderschule E. Schule in N. und einer öffentlichen Förderschule Geistige Entwicklung so groß sind, dass hier kein unterschiedlicher Bildungsgang gegeben ist", war dieser Beweisantrag abzulehnen. Dieser Beweisantrag ist - jeweils begründungsalternativ - zu unsubstantiiert (a]), auf die Klärung einer Rechtsfrage gerichtet (b]) und im Übrigen auch hier unerheblich (c]).

a) Nach dem Prozessrecht ist die Ablehnung eines unsubstantiierten, auf das "Geradewohl oder ins Blaue hinein" gestellten Beweisantrags grundsätzlich möglich. Ein derart unzulässiger, weil unsubstantiierter "Ausforschungs"-Beweisantrag liegt vor, wenn für die zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich aufgestellt und "aus der Luft gegriffen" sind (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. etwa Beschluss vom 5. März 2002, - BVerwG 1 B 194.01 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 320; Beschluss vom 30. Januar 2002, - BVerwG 1 B 326.01 -, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 69; Beschluss vom 28. März 2006, - BVerwG 1 B 91.05 -, NVwZ 2007, 346-347). Ferner sind Beweisanträge unsubstantiiert, wenn es an einem substantiierten Sachvortrag fehlt, etwa an der Darlegung, welche konkreten - im einzelnen aufzuführenden - Tatsachen der Sachverständige feststellen wird (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2006, - BVerwG 3 C 52.04 -, BVerwGE 125, 44-56).

Vorliegend mangelt es dem Beweisantrag an einem subtantiierten Sachvortrag. Der Beweisantrag spricht nur allgemein von "Gemeinsamkeiten" und "Unterschieden", die der Sachverständige auftun werde, ohne diese näher zu konkretisieren und zu bezeichnen. Dass bei Förderschulen mit unterschiedlichen pädagogischen Konzepten im Sinne des Beweisantrages "Gemeinsamkeiten der Arbeit" bestehen, dürfte schon allein deshalb unstreitig sein, weil die pädagogisch zu lösenden Problemlagen identisch sind. Entscheidend dürfte das Maß der Gemeinsamkeiten sein, zu dem sich der Beweisantrag - mit der Folge seiner fehlenden hinreichenden Substantiierung - indes nicht verhält (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2007, - BVerwG 7 B 74.06 -, Juris).

b) Der Beweisantrag ist ferner auf die Klärung einer Rechtsfrage gerichtet. Der Beklagte möchte eigentlich durch Sachverständigengutachten die Rechtsfrage des Vorliegens eines eigenständigen Bildungsgangs entschieden wissen ("dass hier kein unterschiedlicher Bildungsgang gegeben ist"). Der Beweisantrag ist damit darauf gerichtet, ob die vorliegenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede den Rückschluss auf einen unterschiedlichen Bildungsgang erlauben. Diese Frage ist indessen im Rahmen der dem Gericht nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO allein obliegenden Beweiswürdigung zu beantworten und deshalb der Begutachtung durch Sachverständige nicht zugänglich. Es liegt damit vielmehr ein sogenannter unzulässiger "Beweiswürdigungsantrag" vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2007, - BVerwG 6 B 81.06 -, Juris).

c) Von einer Beweiserhebung kann in verfahrensrechtlich zulässiger Weise unter dem Gesichtspunkt der Erheblichkeit des Beweisantrages abgesehen werden, wenn über eine nicht entscheidungserhebliche Tatsache Beweis erhoben werden soll (BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juni 1996, - BVerwG 9 B 140.96 -, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16 = BayVBl. 1997, S. 253, vom 13. Dezember 2002, - BVerwG 1 B 95.02 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 67, und vom 28. August 2003, - BVerwG 9 B 31.03 -). Dies ist hier der Fall. Die unter den Beweis der Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellten Tatsachen sind hier nicht entscheidungserheblich. Denn trotz der Unterschiede zwischen und den Gemeinsamkeiten bei Waldorfschulen und Schulen in staatlicher Trägerschaft ist unstreitig, dass nur die Waldorfschulen nach der oben umfassend dargelegten Pädagogik Rudolf Steiners arbeiten. Dass die oben dargelegten konkreten Prinzipien dieses pädagogischen Ansatzes, die nach Ansicht des Senats für die Annahme eines eigenständigen Bildungsgangs in erster Linie maßgebend sind, auch von der zum Gegenstand des Beweisantrages gemachten Schule H. übernommen worden wären, ist unstreitig nicht der Fall. Einer Beweiserhebung bedarf es daher auch aus diesem Grunde nicht.

6. § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG begrenzt die Höhe der Kosten zwar durch das Merkmal der "Notwendigkeit", enthält aber im Übrigen für die Beförderung zu entlegenen Schulen keine weiteren Einschränkungen.

"Notwendig" sind Kosten auch dann, wenn sie die Beförderung zu einer entfernt liegenden Schule abgelten, und sogar dann, wenn sie das Maß der üblicherweise in anderen Fällen der Schülerbeförderung zu zahlenden Beträge bei weitem überschreiten. Was "notwendig" ist, wird nicht durch die Entfernung zwischen Wohnort und Schule an sich festgelegt, sondern bestimmt sich allein danach, was bei sachgerechter Wahl des Weges und des Beförderungsmittels zu der nächsten Schule des betreffenden Bildungsgangs aufzuwenden ist. Dass die vorliegend entstandenen Kosten in diesem Sinne notwendig sind, ist nicht zweifelhaft und wird auch von dem Beklagten nicht bestritten.

Es kann vorliegend offen bleiben, ob eine Kostenbegrenzung mit Hilfe des Tatbestandsmerkmals der "zumutbaren Bedingungen" erreicht werden kann. Insoweit hat der 13. Senat des erkennenden Gerichts in seiner älteren Rechtsprechung (Urteil vom 17. Oktober 1984, - 13 OVG A 173/83 -, V.n.b.; Urteil vom 21. Dezember 1988, - 13 OVG A 61/87 -, V.n.b.) einen aus dem Tatbestandsmerkmal der "zumutbaren Bedingungen" folgenden "übergeordneten Grundsatz der Zumutbarkeit" angenommen, welcher der "vom Träger der Schülerbeförderung zu erbringenden Leistung nicht nur eine untere, sondern zugleich eine objektive obere Grenze" setzen solle. Hiergegen ist eingewandt worden, dass § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG auf diesen Begriff zurückgreife, um dem Anspruchsberechtigten auch einen höheren als den "notwendigen" Betrag zusprechen zu können, wenn der normale Weg oder das kostengünstigere Verkehrsmittel zu außergewöhnlichen Belastungen führen würde, und dass bei dieser Bedeutung einer "Härteklausel" zugunsten der Schüler(innen) der Begriff nicht in sein Gegenteil verkehrt werden könne, indem er Anspruchsberechtigten entgegengesetzt werde, die sich oder ihrem Kind etwa einen überlangen Schulweg "zumuteten" (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. August 1998, - A 2 Seite 875/97 -, LKV 1999, 276). Für die letztgenannte Sichtweise könnte insbesondere die Entstehungsgeschichte der Norm angeführt werden. So heißt es in der Begründung des Entwurfes eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes (vom 8. Oktober 1979, LT-Drs. 9/1085 [S. 78 zu § 94 NSchG]), dass das Tatbestandsmerkmal "unter zumutbaren Bedingungen" gewählt worden sei, "um das Gesetz nicht unnötig mit Detailregelungen hinsichtlich der von den Trägern der Schülerbeförderung zu erfüllenden Schulwegbedingungen zu belasten". Anhaltspunkte dafür, dass die Regelung neben dieser anspruchsausfüllenden auch anspruchsbegrenzende Funktion haben sollte, sind den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Letztlich kann dies jedoch offen bleiben. Der von der Klägerin zurückzulegende Schulweg von ca. 85 km ist nach Ansicht des Senats ebenso wenig unzumutbar wie die hiermit verbundene Fahrzeit von ca. einer Stunde.

Der Träger der Schülerbeförderung kann auch nicht durch autonomes (Satzungs-) Recht Einschränkungen vornehmen; denn § 114 Abs. 2 Satz 1 NSchG ermächtigt ihn nur, Mindestentfernungen festzulegen, nicht aber Höchstgrenzen zu bestimmen.

Die Schülerbeförderungspflicht endet auch nicht an der Grenze der jeweiligen Gebietskörperschaft; denn § 114 NSchG stellt mit dem Tatbestandsmerkmal der "in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler" auf den Wohnsitz der Schulpflichtigen und nicht auf die Belegenheit der Schule ab.

Eine Einschränkung lässt sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Schülerbeförderung sei der Gebietskörperschaft eigentlich nur als "Schulträger" auferlegt; denn § 114 NSchG verpflichtet die Landkreise und kreisfreien Städte unabhängig davon zur Schülerbeförderung, ob sie für die konkret zu besuchende Schule auch Schulträger i. S. der §§ 101 ff. NSchG sind oder es im Fall der Ersatzschulen für eine vergleichbare öffentliche Schule wären.

7. Allerdings wäre der Gesetzgeber nach den Ausführungen zu 1. nicht gehindert, eine Einschränkung der Höhe nach ausdrücklich vorzusehen. Von dieser Möglichkeit hat er indes mit der Regelung des § 114 Abs. 3 Satz 5 NSchG nur insoweit Gebrauch gemacht, als bei außerhalb der Gebietskörperschaft liegenden Schulen die Erstattung von Aufwendungen auf die Höhe der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs beschränkt werden kann, die für eine Schülerbeförderung innerhalb des Bereichs der Gebietskörperschaft zu zahlen ist; dies gilt jedoch nach dem 2. Halbsatz der Norm nicht für den Besuch von Förderschulen. Diese Regelung ist nur dann und nur insoweit anwendbar, als der Träger der Schülerbeförderung sie (satzungsmäßig) umgesetzt hat. Der Träger der Schülerbeförderung kann von der mit Satz 5 eingeführten Kostenbegrenzungsregelung durch Satzung Gebrauch machen, er muss dies aber nicht (Littmann, in: Seyderhelm/Nagel/Brock-mann, NSchG, a.a.O., § 114 Anm. 4.2 und Anm. 5.1). Vorliegend hat der Beklagte diese Regelung satzungsmäßig umgesetzt und durch § 1 Abs. 3 seiner Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis G. (vom 21. April 1997) bestimmt, dass die Kostenbegrenzung nicht für den Besuch von Sonder-, jetzt Förderschulen gilt (Satz 1 2. Halbsatz).

Die Anwendung der beiden letztgenannten Normen führt vorliegend zum Ausschluss der Kostenbegrenzungsregelung. Bei der E. -Schule in N. handelt es sich nach dem Anerkennungsbescheid der Bezirksregierung G. vom 26. September 2003 um eine Ersatzschule (Sonderschule) für Lernhilfe, Erziehungshilfe und geistig Behinderte und damit um eine Ersatzschule im Sinne des § 142 NSchG, deren Lern- und Erziehungsziele denen einer Förderschule im Sinne von § 14 NSchG entsprechen und für die nach dem klaren Wortlaut des § 141 Abs. 3 NSchG § 114 NSchG entsprechend gilt. Damit lässt sich die Beförderungspflicht oder Erstattungspflicht des Beklagten nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 114 Abs. 3 Satz 5 2. Halbsatz NSchG nicht auf die Erstattung der Aufwendungen in Höhe der Kosten der teuersten Zeitkarte des öffentlichen Personennahverkehrs, die der Beklagte bei der Schülerbeförderung in seinem Gebiet zu erstatten hätte, beschränken. Für die vom Beklagten vertretene einschränkende Auslegung ist angesichts dessen kein Raum.

8. Denkbar wäre indes, dass sich der Beklagte auf eine Begrenzung seiner Pflicht zur Erstattung der Beförderungsaufwendungen für den Weg zur nächstgelegenen Schule nach § 114 Abs. 3 Satz 1 NSchG berufen kann, weil eine andere Schule mit dem Bildungsgang der Waldorfpädagogik, die die Klägerin mit Einverständnis der Schulbehörde aufzunehmen bereit wäre, näher zum Wohnort der Klägerin gelegen ist. Denn ausweislich etwa des Verzeichnisses der Waldorfschulen in Hamburg (http://www.waldorfschulen-hamburg.de/page0_rb42.html) gibt es auch in einer Entfernung in einem Radius von 50 bis 60 km um den Wohnort der Klägerin heilpädagogische Waldorfschulen - wie etwa das Friedrich-Robbe-Institut in Hamburg-Wandsbek (www.friederich-robbe-institut.de), die Michael-Schule - Schule für heilende Erziehung - (www.michaelschule.net) oder die Raphael-Schule (www.raphael-schule-hamburg.net), die grundsätzlich zur Deckung des sonderpädagogischen Förderbedarfs des Klägerin offensichtlich denselben Bildungsgang anbieten wie die von der Klägerin besuchte M. -Schule in F.. Insofern stünde es dem Beklagten gemäß § 114 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 NSchG frei, im Fall einer erneuten Sachentscheidung seine gesetzliche Pflicht aus § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG auf die Erstattung der geringeren Aufwendungen zu begrenzen, die fiktiv für die geringere Entfernung zu einer dieser Schulen entstünden (§ 114 Abs. 4 NSchG), sofern sichergestellt ist, dass diese - in einem anderen Bundesland gelegenen - Schulen auf der Grundlage einer entsprechenden Gestattung der Schulbehörde (zu diesem Erfordernis Beschluss des 13. Senat des erkennenden Gerichts vom 3. Januar 2005, - 13 LA 532/04 -, Juris; vgl. auch Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 2005, - 2 A 11888/04 -, DÖV 2006, 703, wonach sich die Beförderungssorge für Sonderschüler auf die Schule bezieht, die von der Schulbehörde im konkreten Fall festgelegt worden ist) die Beschulung der Klägerin in dem von ihr gewählten Bildungsgang sicherstellen würden.

9. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch stützt sich auf § 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG; die Höhe des Erstattungsbetrages ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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