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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 04.09.2007
Aktenzeichen: 20 LD 6/06
Rechtsgebiete: NBG, NDiszNOG, NDO


Vorschriften:

NBG § 85 Abs. 1
NDiszNOG § 11 Abs. 1 S. 2
NDO Art. 81
NDO Art. 58
Entfernung aus dem Dienst wegen eines schweren außerdienstlichen Dienstvergehens; hier Veruntreuung einer hohe Summe durch eine Vielzahl von einzelnen Handlungen über einen Zeitraum von drei Jahren; Anwendung des alten Disziplinarrechts bei Fehlen der Ladung zur Vernehmung.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG URTEIL

Aktenz.: 20 LD 6/06

Datum: 04.09.2007

Gründe:

I.

Der am A. geborene Beamte bestand am B. 1979 die Reifeprüfung, leistete von C. 1979 bis D. 1980 seinen Wehrdienst ab und studierte in der Zeit von E. 1980 bis E. 1984 Mathematik in C. und von E. 1985 bis F. 1987 Informatik in D.. Anschließend übernahm er bis zum Sommer 1991 die Versorgung seiner drei aus der G. 1983 geschlossenen Ehe hervorgegangenen Töchter, von denen eine an Diabetes und eine an einer Herzschwäche leidet. Mit Wirkung zum 1. August 1991 wurde der Beamte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf von dem Landkreis C. zum Kreisinspektor-Anwärter ernannt. Am 19. Juni 1995 bestand der Beamte die Prüfung für die Laufbahn des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes mit der Note "ausreichend". Anschließend war er zunächst als Angestellter beim Landkreis C. tätig. Mit Wirkung vom 1. Januar 1996 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Kreisinspektor z. A. und mit Wirkung vom 18. Dezember 1997 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Kreisinspektor ernannt sowie am 19. Mai 2000 mit Wirkung vom 1. Juni 2000 zum Kreisoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) - nunmehr: Regionsoberinspektor - befördert. Der Beamte war in der Zeit vom 20. Juni 1995 bis zum 30. November 1999 im Bereich der Eingliederungshilfe für Behinderte im Rahmen der Bestimmungen des BSHG und ab dem 1. Dezember 1999 im Personalamt, Sachgebiet Beamtenangelegenheiten, des Landkreises C. tätig, das am 1. November 2001 in dem Team 11.01 - Personal - der Region C. aufgegangen ist. Er wurde am 10. September 1997 mit "gut", am 22. Juli 1999 mit "weit über den Anforderungen" und am 17. Mai 2000 mit "den Anforderungen entsprechend" beurteilt.

Die Ehefrau des Beamten ist teilzeitbeschäftigte Angestellte der Region C..

Noch während seiner Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Eingliederungshilfe wurde der Beamte auf Vorschlag der Betreuungsstelle des Landkreises C. mit Beschluss des Amtsgerichts C. - Vormundschaftsgericht - vom 26. November 1996 zum ehrenamtlichen Betreuer der im Jahre 1913 geborenen E. bestellt. Der Landkreis C. erteilte dem Beamten hierfür nach § 73 NBG eine Nebentätigkeitsgenehmigung. Mit Beschlüssen des Amtsgerichts F. - Vormundschaftsgericht - vom 5. April 2000 und vom 19. Juni 2000 wurde der Beamte als ehrenamtlicher Betreuer für Frau G., geboren 29. Februar 1924, und Frau H., geboren 27. Januar 1920, bestellt. Auch hierfür erhielt der Beamte Nebentätigkeitsgenehmigungen. Zudem bekam er mit Beschluss des Amtsgerichts F. - Vormundschaftsgericht - vom 29. Mai 2000 die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, über das Girokonto der Frau G. frei zu verfügen sowie das Sparguthaben der Betreuten bei der I. Volksbank besser verzinslich anzulegen. Die Betreuungen von Frau J. und Frau K. endeten mit deren Tode im September bzw. Mai 2002.

Mit Beschluss des Amtsgerichts F. - Vormundschaftsgericht - vom 28. Juli 2003 wurde der Beamte aus der Betreuung von Frau G. mit der Begründung entlassen, es lägen dringende Gründe für die Annahme vor, dass ein wichtiger Grund für die Entlassung nach § 1908b Abs. 1 BGB gegeben sei und mit einem Aufschub Gefahr für die Betreute verbunden wäre. Denn der Betreuer habe nach glaubhafter Angabe der AWO F. seit Monaten die Heimkosten für die Betreute nicht mehr beglichen, ohne dass hierfür irgendwelche sachlichen Gründe erkennbar seien, mit der Folge, dass der Heimträger bereits die Kündigung des Heimvertrages mit der Betreuten ausgesprochen habe.

Mit Urteil vom 2. September 2004 verurteilte das Amtsgericht F. - Strafgericht - (Az. L.) den Beamten wegen Untreue in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, deren Vollstreckung für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beamte war umfassend geständig. Das Urteil wurde am 10. September 2004 rechtskräftig.

Nachdem die Region C. aus der Zeitung von der Verurteilung des Beamten erfahren hatte, ordnete der Regionspräsident mit Schreiben vom 15. September 2004 Vorermittlungen an. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2004 leitete die Region C. das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten ein, sah von der Durchführung einer Untersuchung ab, enthob ihn vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von 10 vom Hundert seiner Dienstbezüge an. Unterdessen erteilte sie dem Beamten mit Schreiben vom 30. November 2004 eine Genehmigung für die Nebentätigkeit "Entwicklung von EDV-Programmen im Bereich Office-Anwendungen, SQL-Surver und webbasierenden Anwendungen", die mit weiterem Schreiben vom 4. Februar 2005 inhaltlich um das "Schreiben von Artikeln für Fachzeitschriften" erweitert wurde.

Mit der am 3. März 2005 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Anschuldigungsschrift hat die Vertreterin der Einleitungsbehörde den Beamten angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er in seiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Betreuer der Frau G. in 41 Fällen über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren Gelder in Höhe von insgesamt 22.395,36 € veruntreut habe.

Die Disziplinarkammer hat den Beamten durch Urteil vom 13. Oktober 2005 eines Disziplinarvergehens für schuldig befunden und auf seine Entfernung aus dem Dienst erkannt. Für die Dauer von sechs Monaten hat sie ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 vom Hundert des im Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils erdienten Ruhegehalts bewilligt. Die Disziplinarkammer hat ihrem Urteil unter Bezugnahme auf das Urteil des Amtsgerichts F. - Strafgericht - vom 2. September 2004 folgende tatsächlichen Feststellungen zugrunde gelegt:

"Der Angeschuldigte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 05.04.2000 zum ehrenamtlichen Betreuer für die am 29.02.1924 geborene G. bestellt. Die Betreuung umfasste u.a. den Aufgabenbereich der Vermögenssorge, weshalb dem Angeschuldigten u.a. für das Konto der Frau G. bei der M. Volksbank mit der Konto Nr. N. eine Verfügungsberechtigung eingeräumt wurde.

In der Folgezeit nahm der Angeschuldigte eine Vielzahl von Verfügungen über das Konto der Betreuten vor, welche allesamt nicht im Zusammenhang mit der Betreuten standen, sondern jeweils ausschließlich dem Vorteil des Angeschuldigten dienten. Im Einzelnen verfügte der Angeschuldigte wie folgt:

1. Am 26.05.2000 ließ der Angeschuldigte sich einen Geldbetrag in Höhe von 300,00 DM in der Filiale in F. zur eigenen Verwendung auszahlen,

2. am 27.06.2000 erfolgte eine weitere Barauszahlung in Höhe von 900,00 DM an den Angeschuldigten in der Filiale in F., die er wiederum für sich selbst verbrauchte,

3. am 11.09.2000 tätigte der Angeschuldigte eine Überweisung an die O. über einen Betrag in Höhe von 299,50 DM, um hierdurch eine eigene Beitragsschuld zu begleichen,

4. am 13.09.2000 veranlasste der Angeschuldigte eine Überweisung auf ein Konto des Zahnarztes Dr. med. P. über einen Betrag in Höhe von 1.073,80 DM, mit welcher er eine eigene zahnärztliche Behandlung vergütete,

5. am 02.10.2000 ließ der Angeschuldigte an seinen früheren Vermieter, Herrn Q., einen Geldbetrag in Höhe von 1.720,00 DM zur Begleichung von Mietrückständen überweisen und veranlasste zudem eine Überweisung auf sein eigenes Privatkonto zu einem Betrag in Höhe von 950,00 DM zur eigenen Verwendung,

6. am 12.10.2000 ließ sich der Angeschuldigte wiederum auf seine private Bankverbindung einen Betrag in Höhe von 1.000,00 DM überweisen, welchen er für sich selbst verbrauchte,

7. am 30.10.2000 veranlasste der Angeschuldigte wiederum eine Überweisung an seinen früheren Vermieter, Herrn Q., zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 1.500,00 DM zur Tilgung von Mietrückständen,

8. am 13.12.2000 erfolgte eine weitere Überweisung an den früheren Vermieter des Angeschuldigten, Herrn Q., zu einem Betrag in Höhe von 2.150,00 DM, mit welchem abermals Mietrückstände beglichen werden sollten,

9. unter dem 21.12.2000 veranlasste der Angeschuldigte eine Überweisung zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 135,50 DM zugunsten der Stadtwerke F., mit welcher er die Kosten für seinen eigenen Gasanschluss beglich,

10. am 09.04.2001 ließ sich der Angeschuldigte abermals auf sein Privatkonto einen Betrag in Höhe von 1.000,00 DM überweisen, welchen er für sich verbrauchte,

11. unter dem 31.05.2001 veranlasste der Angeschuldigte abermals eine Überweisung auf das Konto des Zahnarztes Dr. med. P. über einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.692,74 DM, mit welchem er seine Rechnung über eine eigene zahnärztliche Behandlung beglich,

12. am 11.10.2001 erfolgte eine weitere Überweisung an den Zahnarzt Dr. med. P. über einen Betrag in Höhe von 248,36 DM, welcher wiederum zum Ausgleich einer eigenen zahnärztlichen Behandlung diente,

13. unter dem 19.10.2001 veranlasste der Angeschuldigte abermals eine Überweisung zu einem Betrag in Höhe von 650,00 DM auf seine private Bankverbindung, wobei er den Geldbetrag entsprechend seinem vorgefassten Plan für sich selbst verbrauchte,

14. am 12.11.2001 erfolgte eine Überweisung auf die Bankverbindung der Ärztin Dr. med. R. über einen Betrag in Höhe von 347,30 DM für eine eigene medizinische Notfallbehandlung,

15. unter dem 27.02.2002 veranlasste der Angeschuldigte eine Überweisung zu einem Betrag in Höhe von 400,00 Euro auf seine private Bankverbindung, wobei er den Geldbetrag wiederum für sich selbst verwendete,

16. am 04.03.2002 überwies der Angeschuldigte einen Betrag in Höhe von 53,51 Euro an die Firma S. zur Begleichung eigener Rechnungsbeträge für die Nutzung eines privaten Mobiltelefon,

17. unter dem 11.03.2002 überwies der Angeschuldigte abermals an die Firma S. einen Betrag in Höhe von 38,62 Euro, mit welchem abermals eine eigene Rechnung für die Nutzung seines Mobiltelefons beglichen werden sollte,

18. am 19.03.2002 veranlasste der Angeschuldigte einen Transfer von 449,00 Euro" (berichtigte Fassung) "auf seine private Bankverbindung, um das Geld anschließend für sich selbst zu verbrauchen,

19. unter dem 21.03.2002 überwies sich der Angeschuldigte wiederum auf seine private Bankverbindung einen Betrag in Höhe von 578,85 Euro zur eigenen Verwendung,

20. am 08.04.2002 ließ sich der Angeschuldigte wiederum auf seine private Bankverbindung einen Betrag in Höhe von 328,50 Euro überweisen, den er wiederum für eigene Zwecke verwendete,

21. unter dem 18.04.2002 veranlasste der Angeschuldigte eine weitere Überweisung auf seine private Bankverbindung zu einem Betrag in Höhe von 243,85 Euro, um dieses Geld für sich zu verwenden,

22. am 06.05.2002 nahm der Angeschuldigte eine Überweisung auf sein privates Konto über einen weiteren Betrag in Höhe von 300,00 Euro zur eigenen Verwendung vor,

23. unter dem 21.05.2002 überwies sich der Angeschuldigte auf sein privates Girokonto einen weiteren Betrag in Höhe von 303,57 Euro, welchen er für eigene Zwecke verwendete,

24. unter dem 29.05.2002 erfolgte eine weitere Überweisung auf die private Bankverbindung des Angeschuldigten zu einem Betrag in Höhe von 172,54 Euro, welchen <der> Angeschuldigte für sich verbrauchte,

25. am 14.06.2002 überwies sich der Angeschuldigte auf seine private Bankverbindung weitere 350,00 Euro zur eigenen Verwendung,

26. unter dem 25.06.2002 erfolgte eine weitere Überweisung an den früheren Vermieter des Angeschuldigten Herrn Q., zu einem Betrag in Höhe von 904,71 Euro, mit welcher abermals private Mietrückstände des Angeschuldigten ausgeglichen werden sollten,

27. unter dem 21.08.2002 überwies sich der Angeschuldigte auf seine private Bankverbindung einen weiteren Betrag über 250,00 Euro zur eigenen Verwendung,

28. am 26.08.2002 erfolgte eine weitere Überweisung auf die private Bankverbindung des Angeschuldigten zu einem Betrag in Höhe von 230,00 Euro, welchen der Angeschuldigte plangemäß für sich verwendete,

29. am 18.09.2002 nahm er abermals eine Überweisung auf sein privates Girokonto zu einem Betrag in Höhe von 950,00 Euro vor,

30. unter dem 04.10.2002 erfolgte wiederum eine Überweisung auf die private Bankverbindung des Angeschuldigten zu einem Betrag in Höhe von 342,75 Euro, welchen der Angeschuldigte für sich verbrauchte,

31. am 16.10.2002 überwies sich der Angeschuldigte auf sein privates Girokonto weitere 298,23 Euro zur eigenen Verwendung,

32. unter dem 04.11.2002 erfolgte abermals eine Überweisung auf das private Girokonto des Angeschuldigten zu einem Betrag in Höhe von 389,45 Euro,

33. am 22.11.2002 überwies sich der Angeschuldigte auf seine private Bankverbindung weitere 296,95 Euro zum Zwecke des Eigenverbrauchs,

34. unter dem 03.01.2003 erfolgte eine zusätzliche Überweisung auf das Girokonto des Angeschuldigten zu einem Betrag in Höhe von 489,55 Euro, welchen der Angeschuldigte plangemäß für sich verbrauchte,

35. am 16.01.2003 nahm der Angeschuldigte eine weitere Überweisung auf sein privates Girokonto zu einem Betrag in Höhe von 462,32 Euro vor,

36. unter dem 24.02.2003 erfolgte nochmals eine Überweisung auf das private Girokonto des Angeschuldigten über einen Betrag in Höhe von 287,98 Euro,

37. unter dem 10.02.2003 überwies sich der Angeschuldigte auf sein privates Girokonto einen weiteren Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro zur eigenen Verwendung,

38. am 14.05.2003 veranlasste der Angeschuldigte nochmals eine Überweisung zu einem Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro auf sein privates Girokonto,

39. unter dem 15.05.2003 ließ sich der Angeschuldigte weitere 537,45 Euro auf seine private Bankverbindung überweisen, welche er für sich verwendete,

40. unter dem 16.06.2003 überwies sich der Angeschuldigte auf sein Girokonto einen weiteren Betrag in Höhe von 1.500,00 Euro mit der Zielsetzung, auch diesen Betrag für sich zu verwenden,

41. am 22.07.2003 veranlasste der Angeschuldigte schließlich eine Überweisung zu einem Betrag in Höhe von 690,00 Euro auf sein Privatkonto bei der Volksbank F. zum Zwecke der eigenen Verwendung.

Durch sämtliche der vorgenannten Überweisungen entstand der Betreuten G. ein Gesamtschaden in Höhe von 22.395,36 Euro."

Einen Anlass, sich von diesen Feststellungen zu lösen, hat die Disziplinarkammer nicht gesehen, zumal der Beamte die Taten im Strafverfahren eingeräumt habe. Das Urteil ist weiter im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Beamte habe nach den getroffenen Feststellungen schuldhaft ein Dienstvergehen im Sinne von § 85 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NBG begangen. Durch die genannten Taten habe sich der Beamte nach dem im Strafverfahren gegen ihn ergangenen Urteil gemäß den §§ 266 Abs. 1, 53 StGB der Untreue schuldig gemacht. Dadurch habe der Beamte zugleich schuldhaft die ihm gemäß § 62 Satz 3 NBG obliegende Pflicht verletzt, sich auch außerdienstlich so zu verhalten, dass er der Achtung und dem Vertrauen gerecht werde, die sein Beruf erfordere. Das Fehlverhalten des Beamten sei dem außerdienstlichen Bereich zuzuordnen, da die Nebentätigkeitsgenehmigung auf § 73 NBG beruhe, und stelle ein Dienstvergehen dar. Es sei nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung des Beamten nachhaltig zu beeinträchtigen. Der Beruf des Beamten in der Verwaltung der Region C., d. h. sowohl seine Tätigkeit im Sozialamt als auch seine Tätigkeit im Personalamt, und die damit im Einzelnen verbundene Achtung und das Vertrauen in das Amt des Beamten erforderten es in besonderem Maße, dass sich der Beamte auch im Rahmen seiner außerdienstlichen Nebentätigkeit untadelig verhalte. Sein außerdienstliches Fehlverhalten weise einen engen Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit auf und stehe zu dem ihm entgegengebrachten Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit im Zusammenhang. Denn der Beamte sei gerade deshalb als Betreuer bestellt worden, weil er aufgrund seiner Tätigkeit im Sozialamt über die fachlichen Kenntnisse hinsichtlich der Angelegenheiten der Hilfe für betreute Personen innerhalb und außerhalb von Einrichtungen verfügte, und weil ihn die Betreuungsstelle des Landkreises im Vertrauen deshalb gegenüber dem Amtsgericht F. - Vormundschaftsgericht - als Betreuer vorgeschlagen habe. Durch die im Strafverfahren festgestellten Taten und vor allem wegen deren Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit und des langen Zeitraums der Verfehlungen von mehr als drei Jahren habe der Beamte die Achtung und das Vertrauen, die sein Beruf erfordere, in besonderem Maße verletzt. Dies zeige sich in der Berichterstattung der verschiedenen Zeitungen. Der Beamte habe auch schuldhaft im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 NBG gehandelt. Insoweit sei das Gericht an die tatsächlichen Feststellungen des Urteils, soweit sie den Schuldspruch trügen, gebunden. Der Beamte habe damit ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen von erheblichem Gewicht begangen, das die Entfernung des Beamten aus dem Dienst erfordere. Diese Maßnahme sei erforderlich und angemessen, weil der Beamte infolge seines schweren Dienstvergehens nicht nur in seinem funktionellen Amt, sondern für den gesamten öffentlichen Dienst nicht mehr tragbar sei. Die strafrechtliche Verurteilung des Beamten und die Art der Tatbegehungen wiegten besonders schwer. Der Beamte habe in besonders vorwerfbarer Weise die hilflose Lage seiner Betreuten, einer 80-jährigen alleinstehenden Frau, ausgenutzt. Nur zwei Monate nach seiner Bestellung und über einen Zeitraum von mehr als drei Jahre habe er das ihm im Rahmen der Vermögenssorge entgegengebrachte Vertrauen missbraucht und ihm anvertraute Gelder im Umfang von mehr als 22.000,-- € veruntreut. Er habe damit - wie in dem Strafurteil festgestellt - eine hilflose Person um ihre Ersparnisse gebracht. Durch sein Dienstvergehen habe der Beamte das Ansehen in seine Person sowie das Ansehen in das Berufsbeamtentum in besonders schwerwiegender Weise beschädigt. Zudem habe sich der Beamte durch sein außerdienstliches Fehlverhalten auch ganz erheblichen Zweifeln an seiner dienstlichen Vertrauenswürdigkeit ausgesetzt. Er habe die Straftaten in Kenntnis der Tatsache verübt, dass er für die Betreuungstätigkeit letztlich auf Betreiben seines Dienstherrn bzw. der Betreuungsstelle vorgeschlagen worden sei. Damit habe er das ihm entgegengebrachte Vertrauen nicht nur geschädigt, sondern dauerhaft zerstört. Die Verwaltung sei aber zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit gerade darauf angewiesen, dass sie an der dienstlichen Vertrauenswürdigkeit der Beamten keine Zweifel habe. Der durch das Fehlverhalten des Beamten begründete Vertrauensverlust könne nicht durch eine mildere Maßnahme erreicht werden. Durchgreifende Milderungsgründe, die es rechtfertigen könnten, den Beamten im Dienst zu belassen, seien nicht ersichtlich. Von einem vertrauenswürdigen Beamten sei auch in einer persönlich schweren Situation zu erwarten, dass er sich des Vertrauens, das der Dienstherr und die Allgemeinheit in ihn und sein pflichtgemäßes Verhalten setzten, bewusst sei und dass er unter keinen Umständen Hand an das ihm anvertraute Vermögen Dritter lege.

Gegen dieses ihm am 8. November 2005 zugestellte Urteil wendet sich der Beamte mit seiner am 8. Dezember 2005 eingelegten Berufung.

Seine mit dem Ziel einer Minderung im Disziplinarmaß geführte Berufung begründet der Beamte im Wesentlichen wie folgt:

Sein Fehlverhalten stehe nicht in engem Bezug zu der dienstlichen Tätigkeit, da die Nebentätigkeit selbst nicht im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei seinem Dienstherrn gesehen werden könne. Eine ehrenamtliche Betreuung sei von der Art der Tätigkeit nicht in besonderer Weise geeignet, nur von einem Beamten ausgeführt zu werden. Insoweit bestünden für alle Personen, die als Betreuer tätig seien, die gleichen Pflichten. Seine Auswahl als Betreuer durch die Betreuungsstelle sei nicht aufgrund seiner Tätigkeit im Sozialamt und der damit erworbenen Kenntnisse im Rahmen der Behindertenhilfe zustande gekommen. Allein aus seiner Tätigkeit in Beziehung zu der Auswahl als ehrenamtlicher Betreuer durch die Betreuungsstelle der Region C. könne nicht gefolgert werden, dass er in besonderem Maße die Achtung und das Vertrauen, die sein Beruf erfordere, verletzt habe. Soweit die Disziplinarkammer davon ausgehe, dass besonders durch die Zeitungsartikel eine Verbindung zwischen den Straftaten und dem Amt des Beamten und damit dem Beamtentum hergestellt werde, sei zu berücksichtigen, dass Zeitungsartikel nicht nur Tatsachen, sondern auch persönliche Meinungen der Autoren wiedergäben. Aus ihnen könne nicht auf eine Beeinträchtigung des Ansehens des Beamtentums in bedeutsamer Weise geschlussfolgert werden. Allein das außerdienstliche Fehlverhalten dürfe nicht zu einer Entfernung aus dem Dienst führen. Vielmehr müsse das Verhalten des Beamten insgesamt, auch das dienstliche Verhalten, berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung der Disziplinarkammer könne die Bedeutsamkeit seines Versagens nicht allein schon darin liegen, dass er in Kenntnis der Tatsache gehandelt habe, auf Betreiben seines Dienstherrn die Betreuungstätigkeit ausgeübt zu haben. Hier müsse deutlich eine Abgrenzung zu Nebentätigkeiten vorgenommen werden, die auf Betreiben bzw. Verlangen des Dienstherrn ausgeübt würden. Hierzu zähle die Betreuung nicht, auch wenn die Betreuungsstelle den Amtsgerichten ehrenamtliche Betreuer vorschlage. Denn dieses Verfahren sei nicht auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beschränkt. Daher sei die Betreuung nicht auf Betreiben des Dienstherrn eingerichtet worden und hieraus ein besonderes Vertrauen zum Dienstherrn nicht herzuleiten. Er habe zudem in einer unverschuldeten, unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage gehandelt. Die wirtschaftlichen Verhältnisse in dem Zeitraum des Dienstvergehens seien anders als zum Zeitpunkt des Einleitens des Disziplinarverfahrens schlechter gewesen, da zum damaligen Zeitpunkt die jährliche um 50 v. H. gekürzte Einmalzahlung noch nicht monatlich umgelegt worden sei. Die Disziplinarkammer sei des Weiteren bei der Beurteilung seines dienstlichen Verhaltens allein von den in der Personalakte vorhandenen Anlassbeurteilungen ausgegangen, die wegen der Form des Beurteilungssystems jedoch nur bedingt herangezogen werden könnten. Er habe darüber hinaus weitere Aufgaben übernommen, die über die mit seinem Dienstposten verbundenen Aufgaben hinausgingen. Dies müsse zusätzlich zu seinem dienstlichen Verhalten als gegenüber seinem Dienstherrn besonders vertrauenswürdig gewertet werden. Schließlich sei zu beachten, dass nach der Urteilsbegründung des Amtsgerichts F. nicht die Wahrscheinlichkeit einer nochmaligen Straffälligkeit bestehe, sondern die Verurteilung zu der zur Bewährung ausgesetzten Strafe eine ausreichende Warnung sein werde. Das Strafgericht habe ausdrücklich eine positive Prognose gestellt. Mit dem Strafmaß habe es dem Dienstherrn und der Disziplinarkammer einen Spielraum zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme gegeben. Dabei gehe das Strafgericht von der berechtigten Erwartung und Vermutung aus, dass bei einer weiteren Beschäftigung zumindest ein Teil des Schadens wieder gut gemacht werde.

Der Beamte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und auf eine Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt zu erkennen.

Die Vertreterin der Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil der Disziplinarkammer und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten und wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die dem Senat vorliegenden Beiakten (A - D) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beamten ist unbegründet. Die Disziplinarkammer hat zu Recht auf die Entfernung des Beamten aus dem Dienst erkannt.

Das Disziplinarverfahren ist nach den Verfahrensregeln und Grundsätzen der Niedersächsischen Disziplinarordnung - NDO - fortzuführen. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Niedersächsischen Disziplinarrechts vom 13. Oktober 2005 (Nds. GVBl. S. 296) sieht vor, dass diejenigen förmlichen Disziplinarverfahren nach der NDO fortgeführt werden sollen, in denen im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes die Beamtin oder der Beamte bereits zur Vernehmung nach § 58 NDO geladen war. Diese Vorschrift erfasst nicht den Fall, wenn - wie hier - von einer Ladung des Beamten zur Vernehmung angesichts der Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils und der Äußerungen des Beamten im Vorermittlungsverfahren in Anwendung des § 55 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NDO abgesehen worden ist. Diese Regelungslücke in der Übergangsvorschrift ist durch eine analoge Anwendung von Art. 11 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts zu schließen. Der Gesetzgeber hat als Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit alten oder neuen Disziplinarrechts die nach § 58 NDO vorgesehene Ladung des Beamten zur Vernehmung herangezogen. Die Möglichkeit, dass von einer solchen Ladung abgesehen werden kann, hat er hierbei nicht in seine Überlegungen einbezogen. Dies folgt aus der Begründung zu § 77 Abs. 1 des Entwurfes des Disziplinargesetzes (vgl. dazu: LT-Drs. 15/1130, S. 84 <entspricht Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts - vgl.: LT-Drs. 15/2243, S 74, und 15/ 2260, S. 26>), wonach die Übergangsbestimmungen den Fortgang der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Disziplinarverfahren regeln sollen. Dabei sieht Satz 2 des Abs. 1 dann eine Fortführung nach bisherigem Recht vor, wenn bereits zur Vernehmung geladen war; in allen anderen Fällen ist das Disziplinarverfahren nach neuem Recht durchzuführen. Den Fall des Absehens von der Ladung erfasst die Regelung nicht, da mit den "anderen Fällen" nur diejenigen gemeint sind, in denen nicht "bereits" zur Vernehmung geladen war, das bisherige Verfahren nach der NDO sich also noch nicht in diesem Verfahrensstadium befunden hat. Allerdings hat der Gesetzgeber in dieser Übergangsvorschrift zum Ausdruck gebracht, dass diejenigen Verfahren nach dem bisherigen Recht weiterzuführen sind, die zum maßgeblichen Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts am 1. Januar 2006 bereits das Stadium der Ladung des Beamten zur Vernehmung erreicht bzw. überschritten haben. Dementsprechend ist bei denjenigen Verfahren, in denen eine Ladung zur Vernehmung nicht erfolgt ist, die sich aber zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens schon in einem späteren, nach der Ladung zur Vernehmung liegenden Stadium befinden (hier: Eingang der Anschuldigungsschrift bei dem Verwaltungsgericht am 3.3.2005 und Urteil der Disziplinarkammer vom 13.10.2005), ebenso das bisherige Disziplinarrecht anzuwenden.

Der Beamte hat seine Berufung gemäß § 81 NDO auf das Disziplinarmaß beschränkt. In diesem Fall ist der Senat an die Tat- und Schuldfeststellungen der Disziplinarkammer sowie an die vorgenommene disziplinarrechtliche Würdigung des Dienstvergehens gebunden. Er hat nur noch über die Angemessenheit der Disziplinarmaßnahme zu befinden (vgl.: BVerwG, Urt. v. 23.10.1996 - BVerwG 1 D 5.96 -, DVBl. 1997, 369; Nds. OVG, Urt. v. 28.2.2006 - 20 LD 1/06 -; NDH, Urt. v. 24.1.2002 - 1 NDH L 3470/01 -; Urt. v. 15.12.2005 - 2 NDH L 1/05-).

Das von dem Beamten begangene Dienstvergehen ist so schwerwiegend, dass seine Entfernung aus dem Dienst geboten ist.

Die Disziplinarkammer hat zutreffend ausgeführt, dass ein Beamter, der in großem Umfang über mehrere Jahre Gelder einer von ihm betreuten, in vermögensrechtlichen Angelegenheiten hilflosen alten Frau veruntreut, seine Dienstpflichten in äußerst schwerwiegender Weise (§§ 62 Satz 3, 85 Abs. 1 Satz 1 und 2 NBG) verletzt. Das Fehlverhalten des Beamten ist als solches bereits nicht nur geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung zu beeinträchtigen (§ 85 Abs. 1 Satz 2 NBG), sondern dieses Vertrauen sogar endgültig zu zerstören. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fehlverhalten des Beamten - wie die Disziplinarkammer betont hat - Gegen-stand von Zeitungsberichten gewesen ist. Denn schon die vorsätzliche Verübung irgendeiner Straftat wirkt regelmäßig achtungs- und vertrauensschädigend, da gerade die Beachtung der zum besonderen Schutz bestimmter Rechtsgüter erlassenen Strafrechtsnormen zu den grundlegenden Pflichten eines jeden Bürgers und damit erst recht der Beamten zählt. Ein Beamter, der im besonderen Maße zur Wahrung des Rechts verpflichtet ist, handelt regelmäßig in bedeutsamer Weise achtungs- und vertrauensschädigend, wenn er vorsätzlich gegen elementare Rechtsvorschriften, wie sie das Strafrecht darstellt, verstößt (vgl.: Nds. OVG, Urt. v. 11.7.2006 - 20 LD 4/06 -).

Bei der Wahl der auszusprechenden Disziplinarmaßnahme ist von dem Zweck des Disziplinarverfahrens auszugehen, das der Erhaltung der Funktionsfähigkeit und des Ansehens des öffentlichen Dienstes dient (vgl.: Nds. OVG, Urt. v. 22.3.2007 - 19 LD 4/06 -). Eine außerdienstliche Verfehlung, die als Dienstvergehen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 2 NBG anzusehen ist, führt nicht regelmäßig zur Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme. Die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen außerhalb des Dienstes denkbar sind, ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Zugriffe auf fremdes Vermögen, das einem Beamten außerdienstlich zur Obhut und Verwaltung anvertraut ist, können allerdings dann zur Verhängung der Höchstmaßnahme führen, wenn erschwerende Umstände vorliegen. Solche erschwerenden Umstände können u. a. bei einer Vielzahl von Einzelzugriffen über einen längeren Zeitraum, weiteren Manipulationen zur Verschleierung der rechtswidrigen Zugriffe oder einem erheblichen Schaden gegeben sein (vgl.: BVerwG, Urt. v. 8.3.2005 - BVerwG 1 D 15.04 -, Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24; Urt. v. 24.11.1998 - BVerwG 1 D 36.97 -, Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 16; Urt. v. 25.8.1993 - BVerwG 1 D 27.92 -, DokBer B 1994, 95; Nds. OVG, Urt. v. 11.7.2006 - 20 LD 4/06 -).

Als Erschwerungsgrund hat es die Disziplinarkammer in Übereinstimmung mit der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung angesehen, dass der Beamte über einen langen Zeitraum von etwas über drei Jahren in einer Vielzahl von Einzelfällen Gelder der Frau T. veruntreut hat, die selber nicht mehr in der Lage gewesen ist, ihre Vermögensangelegenheiten zu regeln. Hierbei erweist sich sein Vorgehen als besonders kriminell, weil er durch die Veruntreuung die Kündigung des Heimplatzes der Betreuten in Kauf genommen hat. Er hatte während der Verwirklichung der Untreuetatbestände die Heimkosten der Betreuten nicht regelmäßig und zu den Fälligkeitszeitpunkte beglichen, sondern sich stattdessen der Gelder der Betreuten zu eigenen Zwecken bedient. Auch die Höhe der insgesamt veruntreuten Summe spricht für die Annahme einer erheblichen kriminellen Energie und somit für eine Entfernung des Beamten aus dem Dienst.

Des Weiteren kommt entgegen der Auffassung des Beamten erschwerend hinzu, dass er die Aufgabe als ehrenamtlicher Betreuer auf Vorschlag von der Betreuungsstelle des Landkreises Hannover übertragen bekam. Hierdurch wird die Betreuung zwar nicht zu einer dienstlichen Aufgabe, worauf der Beamte zu Recht hinweist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Beamter als Betreuer - abgesehen von seiner Pflicht zur Rechnungslegung, der er hier zum Teil nicht bzw. teilweise nur nach Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes nachgekommen ist - weitestgehend selbstständig die ihm übertragenen Aufgabe übernimmt und das Vormundschaftsgericht bei der Ausübung der Aufsicht auf die Ehrlichkeit des zum Betreuer Bestellten angewiesen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Betreuer zugleich die Vermögenssorge für die zu betreuende Person übertragen wird. Erfolgt die Bestellung des Beamten auf Vorschlag der Behörde, bei der der Beamte beschäftigt ist, wird nicht nur das gerade bei einem Beamten aufgrund seiner beruflichen Stellung besonders gegebene Vertrauen des Vormundschaftsgerichts in die Ehrlichkeit des Betreuers enttäuscht, sondern zugleich das Ansehen der Behörde und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Beamtenschaft und in eine uneigennützige und korrekte Amtsführung der Beamten zerstört; und zwar auch dann wenn die Tätigkeit des Beamten nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit (im vorliegenden Falle bei dem Landkreis bzw. der Region Hannover) stand und es - wie hier - allenfalls nur Überschneidungsbereiche gab.

Demgegenüber sind keine Milderungsgründe ersichtlich, die ein solches Gewicht haben, dass sie angesichts der erheblichen Erschwerungsgründe ein Absehen von der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten.

Anhaltspunkte für eine als mildernder Gesichtspunkt zu berücksichtigende wirtschaftliche Notlage, in der sich der Beamte während seiner Verfehlungen befunden zu haben behauptet, sind nicht ersichtlich. Nach dem Ergebnis der Vorermittlungen bezog der Beamte Bezüge in Höhe von 3.426,02 EUR brutto und 2.588,52 EUR netto. Selbst wenn - wie er vorträgt - seine Bezüge im Zeitraum seiner Verfehlungen niedriger und seine finanzielle Situation zu Beginn der Verfehlungen erheblich schlechter gewesen sein sollten, weil zum damaligen Zeitpunkt die jährliche Einmalzahlung noch nicht auf die monatlich zu gewährenden Bezüge umgelegt wurde, und auch wenn der Senat die damaligen Schulden des Beamten (Mietrückstände <2.883,41 EUR>, Überziehung des Girokontos <damals 6.000 DM> und Abzahlung eines Kredits <damals 25.000 DM>) sowie die gegenüber den drei Kindern bestehende Unterhaltspflicht (900 EUR monatlich) in den Blick nimmt, ist lediglich von einer beengten finanziellen Situation des Beamten im Zeitraum seiner Verfehlungen auszugehen. Das entschuldigt oder rechtfertigt jedoch in keiner Weise, sich am Vermögen unbeteiligter Dritter zu seinem eigenen Vorteil zu vergreifen (vgl.: BVerwG, 24.11.1998 - BVerwG 1 D 36.97 -, Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 16). Anhaltspunkte für einen Versuch des Beamten, seine finanzielle Situation auf andere Weise zu entlasten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Soweit der Beamte fordert, bei der Prüfung der gebotenen Disziplinarmaßnahme sein gesamtes dienstliches beanstandungsfreies und überobligationsmäßiges Verhalten in den Blick zu nehmen, das durch die Beurteilungen nur unzureichend erfasst werde, vermag dies ebenfalls nicht zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Die Anforderungen, die an einen Milderungsgrund zu stellen sind, werden durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt. Da von jedem Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird, dass er sich inner- wie außerdienstlich gesetzestreu verhält und beanstandungsfreie dienstliche Leistungen erbringt (vgl.: BVerwG, Urt. v. 8.3.2005 - BVerwG 1 D 15.04 -, Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24), reicht auch hier der Umstand, dass der teilweise mit "gut" beurteilte Beamte auch weitere Aufgaben übernommen und Mehrarbeit erbracht hat, für die Annahme eines Milderungsgrundes nicht aus. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass zum einen in der Regel die Übernahme zusätzlicher Aufgaben, wie etwa die Funktion des Beamten als TUI-Beauftragten, bereits in die Beurteilung eingeflossen ist und dass zum anderen die Mehrarbeit des Beamten durch die Möglichkeit der Gleitzeit ausgeglichen worden ist. Die von dem Beamten in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargestellten und von ihm zusätzlich übernommenen Aufgaben wie die Leitung einer Arbeitsgruppe und die Unterstützung der Abteilungen im EDV-Bereich, die Übernahme von Sachgebietsleitungsaufgaben und die Vertretung des Landkreises in der Fallkonferenz lassen nicht ein solches Gewicht erkennen, dass sie die Erschwerungsgründe aufwiegen können.

Schließlich ist auch der Hinweis des Beamten auf die Ausführungen des Amtsgerichts F. - Strafgericht - in dessen Urteil vom 2. September 2004 nicht geeignet, dazu zu führen, dass von der Entfernung aus dem Dienst abzusehen ist. Zwar hat das Amtsgericht die Strafe zur Bewährung ausgesetzt, und dies u.a. damit begründet, es bestehe nicht die Wahrscheinlichkeit, dass der Beamte erneut straffällig werden werde, sondern vielmehr, dass er sich die Verurteilung als Warnung dienen lassen werde. Auch hat es als Strafzumessungserwägungen ins Feld geführt, dem Dienstherrn nicht die Entscheidung über die Fortführung des Beamtenverhältnisses durch ein höheres, die Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes (§ 43 NBG) herbeiführendes Strafmaß abzunehmen, und dem Beamten somit die Möglichkeit einzuräumen, bei Fortbestehen des Beamtenverhältnisses voraussichtlich einen Teil des Schadens wiedergutzumachen. Aufgrund des eingangs erwähnten besonderen Zwecks des Disziplinarverfahrens kann jedoch der im Strafmaß zum Ausdruck kommenden strafgerichtlichen Einstufung des Falles keine präjudizielle Bedeutung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme zukommen. Vielmehr ermöglicht es die Eigenständigkeit des Disziplinarrechts, dass ein Beamter trotz verhältnismäßig hoher Kriminalstrafe noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, während unter Umständen ein strafgerichtlich gar nicht oder nur gering bestrafter Beamter mit dem Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechnen muss (vgl.: BVerwG, Urt. v. 8.3.2005 - BVerwG 1 D 15.04 -, Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24). Demzufolge kann der Strafzumessungserwägung, dem Dienstherrn die Entscheidung über die Fortführung des Beamtenverhältnisses überlassen zu wollen, nicht als disziplinarrechtlicher Milderungsgrund in Betracht kommen. Gleiches gilt für die Begründung der Strafaussetzung zur Bewährung, zumal die ausgesprochene Freiheitsstrafe von 11 Monaten nicht unerheblich ist (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 25.8.1993 - BVerwG 1 D 27.92 -, DokBer 1994, 95, wonach eine Freiheitsstrafe von 11 Monaten sogar als Erschwerungsgrund bei außerdienstlichem Fehlverhalten anzusehen ist). Zuletzt führt der Aspekt, dass dem Beamten im Falle einer milderen Disziplinarmaßnahme die Möglichkeit der Wiedergutmachung eines Teils des Schadens erhalten bliebe, nicht zu einer anderen Einschätzung. Denn zur Rückzahlung des Geldes ist der Beamte ohnehin zivilrechtlich verpflichtet (vgl.: BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - BVerwG 1 D 36.97 -, Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 16, nach dessen Auffassung selbst eine bereits erfolgte Wiedergutmachung des Schadens nicht mildernd berücksichtigt werden kann). Dass der Beamte unter Berücksichtung der besonderen Pfändungsfreigrenzen bereits einen Teil des Schadens wieder gut gemacht und auch trotz Unterschreitens der Pfändungsfreigrenze zeitweilig Leistungen erbracht hat, ist nicht maßgeblich mildernd zu berücksichtigen, da die teilweise Wiedergutmachung erst infolge der strafrechtlichen Verurteilung erfolgt und zumindest überwiegend nicht freiwillig geschehen ist.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht im Geltungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes im Rahmen der Auslegung des § 13 BDG die Auffassung vertritt, dass der Kanon der bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe nicht abschließend, sondern vielmehr auch nach Entlastungsgründen vergleichbaren Gewichts zu fragen sei, die ein Restvertrauen rechtfertigen könnten (vgl.: BVerwG, Urt. v. 24.5.2007 - BVerwG 2 C 25.06 -, juris), kann diese Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbotes des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Berücksichtigung finden, auch wenn in der Niedersächsischen Disziplinarordnung eine dem § 13 BDG vergleichbare Vorschrift nicht enthalten (vgl. auch: Nds. OVG, Urt. v. 11.7.2006 - 20 LD 4/06 -). Bei der Beantwortung der prognostischen Frage, ob aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Verlust des Vertrauens in einen Beamten eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden wie entlastenden Bemessungsgesichtpunkte. Hierbei gilt generell, dass das Gewicht von entlastenden Gesichtspunkten umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (vgl.: BVerwG, Urt. v. 24.5.2007 - BVerwG 2 C 25.06 -, juris).

Gemessen hieran ergibt im vorliegenden Falle auch eine Gesamtwürdigung der entlastenden und belastenden Umstände sowie des Persönlichkeitsbildes des Beamten, dass die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme sich als angemessen erweist. Den festgestellten Erschwerungsgründen stehen auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Beamten Milderungsgründe von erheblichem Gewicht nicht gegenüber. Zwar ist es glaubhaft und nachvollziehbar, dass sein Fehlverhalten auch jetzt nach drei Jahren für ihn nicht fassbar ist. Zu seinen Ungunsten spricht jedoch, dass er sich während des Zeitraums der Tatbegehungen sein Verhalten nicht in hinreichendem Maße bewusst gemacht und nicht aus eigenem Antrieb hiervon hat Abstand nehmen können, obwohl die Aufforderungen des Vormundschaftsgerichts, über das Vermögen von Frau T. Rechnung zu legen, Anlass dafür geboten haben. Der Beamte hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er sich zu einer Aufdeckung seines Fehlverhaltens nicht in der Lage gesehen, sondern darauf gehofft habe, dass von dritter Seite seine Taten entdeckt und sein Fehlverhalten beendet werden würde. Darüber hinaus habe er nach Einleitung des Strafverfahrens gegen ihn sein Fehlverhalten auch seinem Dienstherrn gegenüber nicht einräumen können. Vielmehr habe er darauf vertraut, dass sein Dienstherr wiederum von dritter Seite (hier durch die allerdings unterbliebene Anzeige des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft gegenüber dem Dienstherrn) über sein Fehlverhalten in Kenntnis gesetzt werde. Die Schlussfolgerung, aufgrund dieses Verhaltens des Beamten sei das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach den Angaben des Beamten der Abteilungsleiter in der Eingliederungshilfe und die Kollegen im Personalamt geäußert haben sollen, dass sie ihn sofort wieder nehmen würden. Denn demgegenüber hat die Vertreterin der Einleitungsbehörde dargelegt, dass die Vorgesetzten und Kollegen in dem Personalamt auf das Verhalten des Beamten mit Unverständnis reagiert hätten, weil sie erst aus der Zeitung von dem Fehlverhalten und der strafgerichtlichen Verurteilung erfahren hätten.

Insgesamt vermag der Senat daher nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust entfallen ist und der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen kann. Ist das Vertrauensverhältnis mithin zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen.

Ende der Entscheidung

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