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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 4 LC 644/07
Rechtsgebiete: RGebStV


Vorschriften:

RGebStV § 5 Abs. 1 S. 1
RGebStV § 5 Abs. 2 S. 1
RGebStV § 5 Abs. 2 S. 3 Nr. 1
Ein Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV liegt nicht vor, wenn das Zimmer auch als privates Gästezimmer zur gelegentlichen Unterbringung von Verwandten oder Freunden genutzt wird.
Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Rundfunkgebühren.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses, in dem sie zwei Fernsehgeräte zum Empfang bereit hält. Eines dieser Geräte wird von der Klägerin ausschließlich privat genutzt. Das andere befindet sich zusammen mit einem Radiogerät in einem Gästezimmer, das die Klägerin zeitweise an Feriengäste vermietet. Die Feriengäste gelangen durch einen Nebeneingang des Hauses in den Hauswirtschaftsraum, von dort in einen Flur und von diesem in das als reines Schlafzimmer ausgestattete Gästezimmer. Zu dem Gästezimmer gehört ein kleines Duschbad mit Toilette. Das Frühstück für die Gäste wird im Wohnzimmer der Klägerin angerichtet. Weitere Räume stehen den Gästen nicht zur Verfügung.

Anlässlich des Besuchs eines Rundfunkgebührenbeauftragten des Beklagten am 9. Mai 2006 meldete die Klägerin den Fernseher und das Radio in diesem Gästezimmer rückwirkend zum 1. Mai 2005 an.

Daraufhin setzte der Beklagte mit Bescheid vom 2. September 2006 die rückständigen Rundfunkgebühren für die in dem Gästezimmer befindlichen Rundfunkgeräte für die Zeit von Mai 2005 bis Juni 2006 sowie die Rücklastschriftkosten auf insgesamt 241,82 EUR fest.

Hiergegen hat die Klägerin am 29. September 2006 Klage erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass für die Rundfunkgeräte in ihrem Gästezimmer lediglich die halbe Rundfunkgebühr anfalle, da hier der Privilegierungstatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) einschlägig sei. Es handele sich bei den verfahrensgegenständlichen Rundfunkgeräten um Zweitgeräte in einem Gästezimmer im Sinne dieser Vorschrift. Sie vermiete das Zimmer nur sporadisch, allenfalls an 20 bis 30 Tagen im Jahr. Regelmäßige Vermietungszeiten seien Frühjahr und Herbst. In der übrigen Zeit nutze sie das Zimmer ab und an privat, z. B. zur Unterbringung von Freunden oder Verwandten.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

den Gebührenbescheid des Beklagten vom 2. September 2006 insoweit aufzuheben, als darin mehr als die hälftige Rundfunkgebühr festgesetzt worden ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert, der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV sei hier nicht einschlägig. Die Klägerin betreibe schon kein Beherbergungsgewerbe im Sinne dieser Vorschrift. Der Nachweis über eine Zertifizierung des Betriebes liege nicht vor. Zudem handele es sich bei dem in dem Gästezimmer befindlichen Fernsehgerät nicht um ein "Zweitgerät", da das rein privat genutzte Fernsehgerät im Hinblick auf dieses Gerät nicht als "Erstgerät" gelten könne. Es sei im Falle der Klägerin nicht auf § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV, sondern vielmehr auf § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 RGebStV abzustellen, dessen Voraussetzungen jedoch ebenfalls nicht vorlägen, da die Klägerin keine Ferienwohnung, sondern nur ein einzelnes Zimmer vermiete.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 19. Juni 2007 den Bescheid des Beklagten vom 2. September 2006 aufgehoben, soweit er Gebühren von mehr als 122,61 EUR festsetzt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Rundfunkgebührenpflicht für die Rundfunkgeräte im Gästezimmer entfalle nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV, wonach eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten sei für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung zum Empfang bereitgehalten werde. Denn die Gebührenbefreiung für Zweitgeräte gelte gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV nicht für Zweitgeräte in solchen Räumen, die zu anderen als privaten Zwecken genutzt werden. Das Gästezimmer werde hier zu anderen als privaten Zwecken genutzt, da es von der Klägerin an zahlende Feriengäste vermietet werde. Die Klägerin habe für die Rundfunkgeräte in diesem Gästezimmer jedoch nur die um die Hälfte reduzierte Rundfunkgebühr gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV zu entrichten. Die Voraussetzungen dieser Ermäßigung lägen hier vor. Die Klägerin betreibe nach den Definitionen der Baunutzungsverordnung und des Gaststättengesetzes ein Beherbergungsgewerbe. Ein Beherbergungsgewerbe im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV setze aber nicht voraus, dass die Herberge auch gewerblich im Sinne des Gewerberechts betrieben werde, woran hier Zweifel bestehen könnten. Denn würde man bei der Privilegierung auf den Maßstab des Gewerberechts zurückgreifen, so entstünde für eine große Anzahl kleiner Beherbergungseinrichtungen, die diese Anforderungen nicht erfüllten, eine unbillige Regelungslücke, da sie mit der Gebührenpflicht für nicht private Rundfunkgeräte belastet werden würden, ohne von der Privilegierung profitieren zu können. Für eine solche Benachteiligung gebe es jedoch keinen sachlichen Grund. Unschädlich sei, dass das Gästezimmer in den Zeiten, in denen es nicht an zahlende Feriengäste vermietet sei, von der Klägerin privat genutzt werde. Eine Einschränkung des Privilegierungstatbestandes dahingehend, dass von der Privilegierung jedenfalls diejenigen Räume ausgeschlossen seien, die nicht allein den Gästen, sondern auch den Betreibern, Familienangehörigen oder sonstigen Dritten zur Verfügung stünden, liege weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nahe. Die Privilegierung des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV setze auch nicht voraus, dass der Rundfunkteilnehmer ein nicht privat genutztes Erstrundfunkgerät zum Empfang bereit halte. Eine solche Einschränkung lasse sich dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV nicht entnehmen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor, dass die Klägerin keinen konzessionierten Beherbergungsbetrieb und damit kein Beherbergungsgewerbe im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV betreibe. Darüber hinaus handele es sich bei den Rundfunkgeräten im Gästezimmer nicht um gewerbliche Zweitgeräte im Sinne dieser Vorschrift. Das private Erstgerät der Klägerin könne nicht für die Privilegierung nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV herangezogen werden.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Berichterstatter der 3. Kammer - vom 19. Juni 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und erwidert, sie betreibe einen Gewebebetrieb, auch wenn die Auslastung ihres Gästezimmers relativ gering sei. Sie würde das Zimmer auch in größerem Umfange vermieten, wenn dies die Marktlage hergäbe. Dementsprechend annonciere sie ganzjährig im Internet und in Katalogen und sei gegenüber dem örtlichen Touristikverband auch abgabenpflichtig. Der Leerstand des Zimmers an vielen Tagen im Jahr sei auf die starken saisonalen Schwankungen zurückzuführen. Gerade aus diesem Grunde sei ihrem kleinen Betrieb wenigstens die Ermäßigung nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV zuzubilligen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für begründet hält und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht als erforderlich ansieht.

Das Verwaltungsgericht hat den Rundfunkgebührenbescheid des Beklagten vom 2. September 2006 zu Unrecht teilweise aufgehoben. Denn die Klägerin hat für die in dem Gästezimmer in ihrem Einfamilienhaus zum Empfang bereit gehaltenen Rundfunkgeräte Gebühren in der in diesem Bescheid festgesetzten vollen Höhe zu zahlen.

Da dieses Zimmer nicht ausschließlich privat genutzt wird, greift die Gebührenfreiheit für Zweitgeräte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV nicht, weil gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV die Gebührenfreiheit nach dieser Vorschrift nicht gilt für Zweitgeräte in solchen Räumen, die anderen als privaten Zwecken dienen, wobei es auf den Umfang der Nutzung zu diesen Zwecken grundsätzlich nicht ankommt (vgl. Senatsbeschluss vom 26.6.2007 - 4 LA 73/07 -).

Die Rundfunkgebühren sind auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV um die Hälfte zu ermäßigen. Danach ist die Rundfunkgebühr für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes bei Betrieben mit bis zu 50 Gästezimmern in Höhe von jeweils 50 vom Hundert, bei Betrieben mit mehr als 50 Gästezimmern in Höhe von jeweils 75 vom Hundert zu zahlen.

Es ist bereits zweifelhaft, ob das genannte Gästezimmer überhaupt Teil eines Beherbergungsgewerbebetriebes ist. Der in § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV verwandte Begriff des Beherbergungsgewerbes stellt erkennbar auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 GastG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung (BGBl. I S. 3418) ab, wonach ein Gaststättengewerbe in der Form des Beherbergungsgewerbes betreibt, wer im stehenden Gewerbe Gäste beherbergt (Nds. OVG, Beschluss vom 15.12.2005 - 10 LA 142/05 -). Erforderlich ist danach zwar keine Erlaubnis für den Betrieb, da der durch § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV in Bezug genommene Begriff des Beherbergungsbetriebes sowohl erlaubnispflichtige als auch (nach § 2 Abs. 4 GastG a. F.) nicht erlaubnispflichtige Betriebe umfasst (Metzner, GastG, 6. Aufl., § 1 Rn. 96). In jedem Falle muss es sich aber um einen Gewerbebetrieb handeln, an dessen Vorliegen hier im Hinblick auf die geringe Intensität des Gewinnstrebens (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 1 Rn. 32) Zweifel bestehen.

Das genannte Zimmer im Hause der Klägerin stellt aber jedenfalls im Hinblick auf seine nach den Angaben der Klägerin nur "sporadische" Nutzung durch Feriengäste an allenfalls 20 bis 30 Tagen im Jahr und die Nutzung zur gelegentlichen Unterbringung von Freunden und Verwandten der Klägerin in der übrigen Zeit kein "Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes" im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV dar.

Bereits aus der Bezeichnung "Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes" in dieser Vorschrift ergibt sich, dass es sich um Räumlichkeiten handeln muss, die der Aufnahme von zahlenden Feriengästen dienen sollen und nicht für die Nutzung durch Mitarbeiter, Familienangehörige, Freunde oder sonstige Dritte vorgesehen sind (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 2.8.2006 - 1 L 566/04 -, NordÖR 2006, 509 m.w.N.). Dies wird bestätigt durch den Sinn und Zweck dieser Regelung. Denn die Ermäßigung in § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV berücksichtigt "aus Billigkeitsgründen pauschal die nicht vollständige Auslastung der Betriebe des Beherbergungsgewerbes" (LT-Drucks. 13/2270, S. 78), um damit diesen starken saisonalen Schwankungen unterworfenen Wirtschaftszweig zu ent- und nicht mit einer Gebühr zu belasten, der zeitweilig keine Einnahmen gegenüberstehen (Nds. OVG, Beschluss vom 15.12.2005 - 10 LA 142/05 -), weil Gästezimmer zeitweise ungenutzt leer stehen.

Das Gästezimmer im Haus der Klägerin wird jedoch nach deren Angaben nur "sporadisch, allenfalls 20 bis 30 Tage im Jahr" zur Beherbergung von Feriengästen und in der übrigen Zeit zur gelegentlichen "Unterbringung von Verwandten oder Freunden", also als privates Gästezimmer genutzt. Insofern ist es unerheblich, dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren das Zimmer auch in größerem Umfange vermieten würde, wenn dies die starken saisonalen Schwankungen unterworfene Marktlage hergäbe, sie dementsprechend ganzjährig im Internet und in Katalogen annonciert und gegenüber dem örtlichen Touristikverband auch abgabenpflichtig sein soll. Denn dies ändert nichts daran, dass das Gästezimmer nach ihren eigenen Angaben nur "sporadisch" an höchstens 30 Tagen im Jahr zur Unterbringung von zahlenden Gästen und in der übrigen Zeit als privates Gästezimmer zur gelegentlichen Unterbringung von Verwandten oder Freunden genutzt, also gerade nicht allein zur Beherbergung von Feriengästen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GastG a. F. vorgehalten wird. Ein "Leerstand" im oben beschriebenen Sinne, für den der gebührenrechtliche Ausgleich in § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV eingeführt worden ist, findet hier daher nicht statt. Aus diesem Grunde kommt die Ermäßigung nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV im Falle der Klägerin nicht zur Anwendung.

Dass in ihrem Falle die Rundfunkgebühr in voller Höhe anfällt, ist eine Folge der genannten Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV. Die Klägerin wird dadurch genauso gestellt wie andere Rundfunkteilnehmer, die einen Raum, in dem ein Rundfunkgerät zum Empfang gehalten wird, auch zu anderen als privaten Zwecken nutzen. Es bestehen daher entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Anhaltspunkte für die Annahme einer unbilligen Regelungslücke, deren Vermeidung eine Einbeziehung auch der Gästezimmer in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 RGebStV erfordert, die zu einem geringen Teil der Beherbergung von Feriengästen dienen und in der übrigen Zeit als private Gästezimmer genutzt werden.

Eine Ermäßigung nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 RGebStV, die für nicht gewerblich vermietete Ferienwohnungen gilt, kommt hier schließlich schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nur ein einzelnes, als Schlafzimmer ausgestattetes Gästezimmer, aber keine Ferienwohnung anbietet.

Ende der Entscheidung

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