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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 7 KS 59/07
Rechtsgebiete: FLärmSchG, LuftVG


Vorschriften:

FLärmSchG § 2 Abs. 2 S. 2
LuftVG § 8
LuftVG § 9 Abs. 2
LuftVG § 10 Abs. 8
LuftVG § 29 b Abs. 1
1. Die Installation eines Instrumentenlandesystems für Präzisionsanflüge an einer Start- und Landebahn dient der Sicherheit des Luftverkehrs und ist deshalb im Sinne des Luftverkehrsgesetzes planerisch gerechtfertigt.

2. Die "Bestimmungen über die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen in Flugzeugen (JAR-OPS 1)" bringt den derzeitigen Sachverstand zum Ausdruck, unter welchen Bedingungen Flugverkehr sicher abzuwickeln ist.

3. Bei einer luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung kann das Nebeneinander von Gefahren und Nachteilen in § 9 Abs. 2 LuftVG auf einer der Gefahrenabwehr vorgelagerten Stufe einen Untersuchungsbedarf auslösen. Die Gefahr von Wirbelschleppen-Schäden bei Ertüchtigung einer bestehenden Start- und Landebahn für schwerere Flugzeuge ist auch dann genauer zu betrachten, wenn bisher beim Betrieb eines Flughafens solche Schäden nicht eingetreten sind.


Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig, mit dem u.a. die Start- und Landebahn verlängert werden soll.

Die Anlage und der Betrieb des Verkehrsflughafens Braunschweig sind durch luftverkehrsrechtliche Genehmigung erstmals im Jahre 1936 zugelassen worden, am 18. Oktober 2000 erließ die damalige Bezirksregierung Braunschweig einen Planfeststellungsbeschluss, der u.a. eine Nachtflugregelung enthielt. Betrieben wird der Flughafen derzeit auf der Grundlage der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung vom 18. Juni 1955 in der Fassung vom 31. Oktober 2001. Flugbetrieb darf zu den Zeiten, in denen die Kontrollzone nicht aktiviert ist, nur unter Sichtflugbedingungen nach Sichtflugregeln durchgeführt werden. Nach Instrumentenflugregeln ist Flugbetrieb nur während der sog. Aktivierungszeit der Kontrollzone zulässig, wenn gleichzeitig der Flugverkehrskontrolldienst durchgeführt wird. Die luftverkehrsrechtliche Genehmigung i.d.F. vom 31. Oktober 2001 wiederholt die Regelung des Planfeststellungsbeschlusses vom 18. Oktober 2000, wonach von 22.00 bis 6.00 Uhr auf dem Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg pro Nacht nicht mehr als sechs Flugbewegungen mit mehr als 75 dB(A) Außenwert durchgeführt werden dürfen. Für den nicht gewerblichen Zivilflugbetrieb bestehen Betriebsbeschränkungen jeweils sonnabends, sonntags und an gesetzlichen Feiertagen von 13.00 bis 15.00 Uhr. Der Flughafen verfügt über eine 1.680 m lange und 30 m breite asphaltierte und befeuerte Landebahn in ost-/westlicher Richtung (Betriebsrichtung 08 von Westen nach Osten bzw. Betriebsrichtung 26 von Osten nach Westen). Die verfügbare Start- und Landestrecke ist teilweise kürzer, weil die westliche Landeschwelle um 300 m und die östliche Landeschwelle um 180 m gegenüber dem jeweiligen Bahnende versetzt sind. Derzeit kann Fluggerät, dessen Einsatz nach der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung zulässig ist, wegen der beschränkten Start- und Landestrecke teilweise nicht oder nur mit Einschränkungen verkehren.

Mit dem geplanten Ausbau soll in beiden Betriebsrichtungen eine Startstrecke von 2.300 m zur Verfügung stehen. Die Landestrecke soll in der Hauptbetriebsrichtung 26 auf 2.300 m und in der Nebenbetriebsrichtung 08 auf 2.000 m Richtung Osten verlängert, symmetrisch auf 45 m verbreitert und an beiden Enden mit einem Wendehammer versehen werden. Das neue östliche Bahnende wird durch eine südlich parallele Rollbahn erschlossen, die an die bestehende Rollbahn "B" anschließt; sie soll um 3 m auf 18 m verbreitert werden. Die Rollbahn "C" wird nach Norden verlegt, um die Vorfeldflächen zu vergrößern und Platz u.a. für das Abstellen von Betriebsgeräten während der Flugzeugabfertigung zu schaffen. Folgen der Erweiterung des Vorfeldes sind auch die Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes nach Nordosten auf die zukünftige Rollbahn "A" und die Verschiebung der bestehenden Grasbahn nach Norden. Zur Herstellung der sog. Hindernisfreiheit in östlicher Richtung soll Wald teils dauerhaft gerodet und teils in Nieder- oder Mittelwald umgewandelt werden. Wegen der Verlängerung der Start- und Landebahn ist vorgesehen, die bislang in Nord-/Südrichtung am östlichen Rand des Flughafens verlaufende "Grasseler Straße" (Landesstraße 293) in einem Bogen nach Osten unter teilweiser Nutzung der "Tiefen Straße" (Landesstraße 635) zu verlegen, wobei die Neubaustrecke zu einer Kreisstraße abgestuft werden soll.

Der Planung liegt ein Raumordnungsverfahren zugrunde, in dem verschiedene Varianten (Verlängerung der Start-/Landebahn auf 2.300 oder 2.600 m in bestehender Ausrichtung oder jeweils mit Drehung der Bahnausrichtung um 6°) geprüft wurden und das mit der landesplanerischen Feststellung vom 03. September 2004 abschloss, die die Variante 'Verlängerung auf 2.300 m in bestehender Ausrichtung' als raumordnerisch vorzugswürdig beurteilte. Das zugleich ergänzend durchgeführte Zielabweichungsverfahren kam zu dem Ergebnis, dass die Abweichung von dem Ziel des Landes- und Regionalen Raumordnungsprogramms "Vorranggebiet für Natur und Landschaft sowie Vorranggebiet für ruhige Erholung in Natur und Landschaft" nach bestimmten Maßgaben zulässig ist.

Die Klägerin zu 1) wohnt im Ortsteil L. im 1. Obergeschoss eines Hauses, das etwa 250 m westlich des Flughafens in direkter Linie der Start- und Landebahn gelegen ist. Der Kläger zu 2) bewohnt ein der Klägerin zu 3) gehörendes Wohn- und Geschäftshaus im Ortsteil L. mit 8 Wohneinheiten, das sich etwa 280 m westlich des Flughafens, ebenfalls in direkter Linie der Start- und Landebahn, befindet. Er ist Kommanditist der Klägerin zu 3), die ihren Geschäftssitz auf dem auch von ihm bewohnten Grundstück hat. Sie ist außerdem u.a Eigentümerin der westlich des Flughafens gelegenen Grundstücke Gemarkung L. Flur 3 Flurstück 74/20 zu 13,76 ha, Flur 3 Flurstück 73/1 zu 0,5 ha und Flur 3 Flurstück 72 zu 0,66 ha, die als Acker- und in geringem Umfang als Spargelland verpachtet sind. Die Flurstücke sollen jeweils teilweise zu 404 m², 71 m² und 22 m² für die verlängerte Anflugbefeuerung in Anspruch genommen werden. Für die von den Klägern zum dauernden Aufenthalt genutzten Grundstücke prognostizierte ein fluglärmtechnisches Gutachten für den Tagzeitraum einen Dauerschallpegel Leq(3) von 60,3 dB(A) (betr. die Klägerin zu 1)) bzw. 60,1 dB(A) (betr. die Kläger zu 2) und 3)). Die Dauerschallpegel durch vom Flughafengelände ausgehende Bodenlärmimmissionen werden mehr als 3 dB(A) unter den Dauerschallpegeln durch Fluglärm liegen.

Auf Antrag der Beigeladenen vom 17. Juni 2005 leitete die Beklagte am 28. Juni 2005 das Planfeststellungsverfahren ein. Die Planunterlagen lagen in den betroffenen Gemeinden vom 15. Juli bis zum 15. August 2005 aus.

Die Klägerin zu 1) erhob Einwendungen durch Schreiben vom 17. August 2005, eingegangen bei der Beklagten am 22. August 2005, durch zweimalige Unterschrift vom 17. August 2005 auf von einer Bürgerinitiative ausgelegten Einwendungsschreiben, eingegangen bei der Stadt Braunschweig am 26. August 2005, sowie durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. August 2005 (am selben Tag per Fax bei der Beklagten eingegangen). Sie wandte sich gegen die geplante Verlängerung der Start- und Landebahn, da die bestehende Lärm- und Sicherheitssituation nicht zumutbar sei. Bereits jetzt sei beim Überflug eines Flugzeuges im Inneren des Hauses bei geschlossenen Fenstern eine Unterhaltung kaum mehr möglich. Auch die Nachtruhe sei durch Flüge und das damit verbundene Aufschrecken stark gestört. Durch den Ausstoß von Abgasen und das Verlieren von Treibstoff fänden sich Ablagerungen auf Obst- und Gemüse des Gartens. Bei Ostwind sei der Geruch von Kerosin so stark wahrzunehmen, dass man sich im Haus nur bei geschlossenen Fenstern aufhalten könne; Garten und Sitzplätze sowie der Balkon könnten an Sommertagen bei den direkten Überflügen nicht mehr genutzt werden. Es sei davon auszugehen, dass nach Verlängerung der Start- und Landebahn diese dann auch von größeren und schwereren Flugzeugen genutzt werden könne, so dass die Überflughöhe über ihr Haus geringer und die Lärm- und Schadstoffbelastung höher würden. Es müsse eine Überflughöhe von mindestens 300 m eingehalten werden. Sie fordere ein Nachtflugverbot, zumal für den Forschungsflughafen eine nächtliche Nutzung des Flugplatzes nicht erforderlich sei, sowie u.a. passive Lärmschutzmaßnahmen. Wegen der direkt auf ihr Grundstück zulaufenden Anflugbefeuerung erwarte sie zusätzliche optische Störungen. Eine Verschwenkung der Start- und Landebahn um 6 Grad sei vorzugswürdig. In der Einwendung, die sie sich durch Unterzeichnen in der Unterschriftenliste zu eigen gemacht hat, bestritt die Klägerin zu 1) die Planrechtfertigung und forderte die Beschränkung der Betriebszeiten auf werktags von 8.00 bis 18.00 Uhr.

Der Kläger zu 2) wandte sich gegen das Vorhaben durch Unterschrift vom 15. August 2005 unter das bereits auszugsweise zitierte Einwendungsschreiben einer Bürgerinitiative. Mit einem Schreiben vom 15. August 2005 an die Beklagte unter dem Briefkopf der Klägerin zu 3) wandte er sich gegen die Überplanung von sechs Flurstücken. Mit Schreiben vom 27. August 2005, eingegangen bei der Stadt Braunschweig am 29. August 2005, rügte er die fehlende Planrechtfertigung und die Alternativenprüfung. Ein Verzicht auf den Ausbau sei vorzugswürdig. Eine Verlegung des Flughafens müsse ebenso geprüft werden wie die im Raumordnungsverfahren für vorzugswürdig gehaltene Drehung der Start- und Landebahn um 6 Grad. Aufgrund der geplanten Installation der Anflugbefeuerung sei eine Beeinträchtigung der Ruhe durch Lichtblitze bzw. helles Licht bis in die späten Abendstunden zu erwarten. Derzeit schon flögen die Flugzeuge aus Richtung Westen im Landeanflug deutlich unter 50 m über Grund über sein Haus, so dass sein Wohnzimmer von den Scheinwerfern größerer Flugzeuge unter starker Blendwirkung taghell erleuchtet werde. Eine Unterhaltung sei dann aufgrund des Lärmpegels für ca. 30 Sekunden unmöglich. Im Hinblick auf Lärm führe das Vorhaben zu einer unzumutbaren Gesamtbelastung, da zum Bodenlärm seitens des Flughafens noch die Belastung durch Straßenlärm käme. Die Verlegung der Grasseler Straße lasse eine Zunahme des Straßenverkehrs auf der Waggumer Straße erwarten, die schon heute stark befahren sei. Als Ausgleich für die zu erwartenden Mehrbelastungen könne nur ein absolutes Nachtflugverbot zwischen 22.00 und 6.00 Uhr in Frage kommen, zudem eine Ausdehnung der Nachtschutzzeiten von 20.00 bis 7.00 Uhr. Es sei sicherzustellen, dass nicht mehr als sechs Ereignisse den Maximalpegel von 70 dB(A) täglich erreichen oder überschreiten dürften. Bereits heute seien die insbesondere bei Ostwind auftretenden Kerosingerüche von laufenden Triebwerken und Flugzeugmotoren sehr belastend, vor allem wenn Flugzeuge bis zu 30 Minuten mit laufenden Motoren auf dem Vorfeld stünden. Wirbelschleppen der Flugzeuge könne man insbesondere im Winter durch Herabwehen von losem Schnee unmittelbar nach Landeanflügen aus Westen erleben, größere Flugzeugmuster würden die Dächer noch stärker belasten, so dass diese frühzeitig zu ersetzen seien. Insoweit sei der Vorhabensträger zu Entschädigungen zu verpflichten.

Die Klägerin zu 3) erhob durch ihre Komplementärin Einwendungen mit Schreiben vom 27. August 2005, bei der Stadt Braunschweig eingegangen am 29. August 2005. Sie rügte die fehlende Planrechtfertigung und die Alternativenprüfung. Schäden durch Wirbelschleppen der Flugzeuge seien durch den Vorhabensträger zu entschädigen. Die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke für die Errichtung der Anflugbefeuerung lehne sie ab. Hinsichtlich der Lärmbelastung müsse die volle Auslastung des Flughafens berücksichtigt werden. Die Verschlechterung für die Lebensqualität ihrer Mieter werde dazu führen, dass die Wohnungen deutlich schlechter vermietbar würden und ein geringerer Mietzins zu erzielen sei.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. August 2005 vertieften die Kläger ihre Einwendungen. Den Stellungnahmen anerkannter Naturschutzverbände schlössen sie sich an, soweit dieses das Vorhaben unter naturschutzfachlichen Aspekten vollständig ablehnten, und würden sie zum Gegenstand ihrer Einwendungen machen.

Aufgrund der Einwendungen der Klägerin zu 3) änderte der Vorhabensträger die Planunterlagen dahingehend, dass Grundstücke der Klägerin zu 3) für landschaftspflegerische Kompensationsmaßnahmen nicht mehr in Anspruch genommen würden. Die Beklagte hörte die Klägerin zu 3) mit Schreiben vom 24. August 2006 ergänzend an und setzte eine Äußerungsfrist bis zum 15. September 2006. Mit Schreiben vom 15. September 2006, eingegangen bei der Beklagten am 18. September 2006 (ein "per Fax" ausgedrucktes Schriftstück findet sich nicht bei den Verwaltungsvorgängen), wandte die Klägerin zu 3) ein, dass sie die Inanspruchnahme der Flächen für das Ausbauvorhaben aus privaten wie betrieblichen Gründen ablehne. Die Erforderlichkeit der Anflugbefeuerung in ihrer konkreten Ausgestaltung sei nicht nachvollziehbar.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 15. Januar 2007 gestattete die Beklagte das Vorhaben unter zahlreichen Auflagen und behandelte die Einwendungen der Kläger.

Die Planrechtfertigung begründete die Beklagte mit dem von den Nutzern des Flughafens angemeldeten Bedarf, der sich aus den Besonderheiten des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg ergebe. Auf dem Flughafen selbst und in seiner unmittelbaren Umgebung hätten sich hochspezialisierte, international kooperierende Einrichtungen, Unternehmen und Behörden der Luft- und Verkehrstechnik angesiedelt und bildeten ein "Avionik- und Mobilitätstechnik-Cluster", das gesichert werden müsse. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) benötige die verlängerte Start- und Landebahn, weil sie das veraltete Trägerflugzeug für den dort betriebenen und in Europa einzigartigen ATTAS In-Flight-Simulator erneuern und durch einen Airbus 320-200 ersetzen müsse. Weiterhin seien sechs Institute des Luft- und Raumfahrtzentrums der Technischen Universität Braunschweig auf enge Zusammenarbeit mit dem DLR und die Nutzung dieses Airbus angewiesen. Eine weitere Besonderheit sei, dass der Flughafen vor allem für den Werksverkehr verschiedener, im Einzelnen genannter international tätiger Firmen genutzt werde, der auf Fluggeräte größerer Reichweite und höherer Zuladung angewiesen sei. Der Flughafen sei nicht nur selbst Forschungsstandort, sondern habe erhebliche positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsraum Braunschweig; das Vorhaben sei geeignet, einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der regionalen Wirtschaft zu leisten und sei ein zulässiges Mittel regionaler Strukturhilfe. Hingegen rechtfertige die Ausschöpfung eines möglichen Marktpotentials im Linien- und Touristikflugverkehr nicht die Erweiterung des Verkehrsflughafens, könne jedoch wegen der allgemeinen Widmung für den öffentlichen Verkehr nicht untersagt werden. Das Vorhaben sei auch unter dem Aspekt der Flugsicherheit gerechtfertigt, um die volle Hindernisfreiheit am Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg herzustellen.

Die Flughafenerweiterung entspreche den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung, die planfestgestellte Variante sei anderen geprüften Ausbauvarianten überlegen. Flughafenexterne Alternativen schieden aus, weil sie in Widerspruch zu den mit der Planung verfolgten Zielen stünden. Für die zukünftige Straßenanbindung der von der Verlängerung der Start- und Landebahn durchtrennten Grasseler Straße seien vier Alternativen geprüft worden. Die östliche Umfahrung sei zwar die Alternative, die die stärksten ökologischen Beeinträchtigungen mit sich bringe, sie sei aber wegen der wesentlich geringeren Kosten, des Erhalts der gewachsenen Stadtteilverbindungen, der Vermeidung von Überschreitungen der Lärmgrenzwerte bei Wohngebäuden und der Wiederherstellung des Radfernwanderweges zwischen Braunschweig und Lüneburg vorzugswürdig. Die mit der Ostumfahrung verbundenen negativen Folgen des Waldeingriffs verlören an Gewicht, weil diese Flächen vollständig in den Waldbereichen lägen, die wegen der erforderlichen Herstellung der Hindernisfreiheit nur noch eine eingeschränkte Lebensraumfunktion für die wertgebenden Vogelarten aufwiesen.

Die Fluglärmbelastung werde durch die beantragte Start- und Landebahnverlängerung und den prognostizierten Flugverkehr in den bereits heute am höchsten belasteten Gebieten von Bienrode und Wenden nur geringfügig zunehmen, weil die Bahnverlängerung nach Osten bei Starts Richtung Westen (Betriebsrichtung 26) zu einer deutlich größeren Überflughöhe und damit zu einer Verringerung des maximalen A-Schallpegels führen werde. Eine Änderung der Nachtflugregelung gegenüber der Regelung des Planfeststellungsbeschlusses der damaligen Bezirksregierung Braunschweig vom 18. Oktober 2000 (bis zu 6 Flugbewegungen pro Nacht mit mehr als 75 dB(A)) sei nicht vorgesehen.

Flughafenbedingte Geruchswahrnehmungen träten zwar auf, seien jedoch mit Wahrnehmungshäufigkeiten von weniger als 3% der Jahresstunden als einfache Belästigung einzustufen.

Hinsichtlich der durch Wirbelschleppen befürchteten Schäden verwies die Beklagte auf die Auflage 2.1.1, wonach die Beigeladene verpflichtet werde, die Kosten für Vermeidungsmaßnahmen von Schäden zu übernehmen, wenn solche Schäden nach Inbetriebnahme des Ausbauvorhabens nachgewiesen seien. Zudem habe die Beigeladene im Planfeststellungsverfahren zugesagt, im Falle von durch Wirbelschleppen bedingten Schäden den Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber den Fluggesellschaften behilflich zu sein.

Nach dem Stand der Technik vermeidbare unzumutbare Lichtimmissionen müssten nach Auflage 2.1.2 vermieden werden. Verbleibende Lichtimmissionen würden eine allenfalls geringfügige Belästigung darstellen, zumal ein Nachtflugbetrieb nur in sehr begrenztem Umfang vorgesehen sei.

Im Hinblick auf Natur und Landschaft trenne das großdimensionierte technische Bauwerk in erheblichem Umfang Lebensräume und Ökosysteme, beeinträchtige Waldflächen und führe zum Verlust von Biotopen mit sehr hoher ökologischer Bedeutung. Die FFH-Gebiete 101 "Eichen-Hainbuchen-Wälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" und 102 "Beienroder Holz" lägen 1,3 bzw. 8 km von der Verlängerung der Start- und Landebahn entfernt; überfliegende Flugzeuge wirkten sich weder auf in diesen Gebieten vorkommende Lebensraumtypen noch auf deren wesentliche Bestandteile oder Erhaltungsziele aus. Hingegen führe der Flughafenausbau zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und der für sie maßgeblichen Bestandteile des Vogelschutzgebietes V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg". Eine Beeinträchtigung der Gesamtpopulation der vier wertbestimmenden Vogelarten (Rotmilan, Grau-, Schwarz- und Mittelspecht) werde jedoch nicht eintreten. Das wegen der direkten Inanspruchnahme eines Teilhabitats schutzgebietsunverträgliche Vorhaben sei als Ausnahme zuzulassen, weil es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sei, zumutbare Alternativen nicht bestünden und geeignete Maßnahmen planfestgestellt seien, die den Zusammenhang des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 sicherten. Insbesondere die auf einer Fläche von 45 ha im etwa 5 km entfernten Waldgebiet "Sundern" vorgesehenen Maßnahmen seien zur Entwicklung und Verbesserung als Lebensraum insbesondere für den Mittelspecht geeignet; das Gebiet könne künftig in wesentlich höherer Dichte als bisher von den wertbestimmenden Vogelarten besiedelt werden. Mit der planfestgestellten Auflage eines Monitoring werde das Erreichen der Schutzziele überwacht. Das Vorhaben werde den Anforderungen des Artenschutzes gerecht, wildlebende Pflanzen der besonders oder streng geschützten Arten seien nicht betroffen. In Hinblick auf die betroffenen wildlebenden Tiere erteilte die Beklagte wegen überwiegender Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung.

Die Inanspruchnahme von Teilflächen dreier Grundstücke der Klägerin zu 3) für die Installation und Erschließung der Anflugbefeuerung 08 des Flughafens sei zwingend erforderlich, weil diese für das geplante Instrumentenlandesystem der Betriebsstufe CAT I unvermeidlich sei.

Die Beklagte bewertete insgesamt das öffentliche Interesse am Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg höher als die betroffenen gegenläufigen öffentlichen und privaten Belange.

Gegen den ab 15. Januar 2007 im Internet einsehbaren und in Braunschweig öffentlich am 31. Januar 2007 bekanntgemachten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 13. März 2007 Klage erhoben.

Sie rügen als formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses die mangelnde Bestimmtheit der Auflagen zum Schutz vor Wirbelschleppschäden, Lichtimmissionen, Baulärm, Luftverunreinigungen und Nachtfluglärm.

In der Sache rügen sie das Fehlen einer Planrechtfertigung, indem sie die Plausibilität der Start- und Landebahnberechnungen sowie die Notwendigkeit der geplanten Verlängerung des parallelen Rollweges bezweifeln. Es fehle an einer Rechtfertigung für die Einrichtung eines Instrumentenlandesystems der Kategorien CAT I bzw. CAT II/III in beiden Anflugrichtungen.

Im Hinblick auf die Anforderungen der auf dem europäischen Naturschutzrecht beruhenden Vorschriften halten sie das FFH-Gebiet "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" für nicht zutreffend abgegrenzt, das durch die Erweiterung des Flughafens betroffenen Waldgebiet hätte in die Meldung einbezogen werden müssen. Der Eingriff in das Vogelschutzgebiet müsse sich an der Vogelschutz-Richtlinie messen lassen, die zu seinem Schutz von der Stadt Braunschweig erlassene Landschaftsschutzverordnung sei nichtig. Die der Abweichensentscheidung zugrunde liegende Verträglichkeitsuntersuchung sei aus mehreren Gründen unzureichend. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses lägen nicht vor, da habitatschutzrechtlich nicht tragende Einzelwünsche hinter dem Vorhaben stünden. Gleiches gelte für die Alternativenprüfung, weil den einzelnen Nutzern mögliche Vermeidungsanstrengungen nicht berücksichtigt würden. Hinsichtlich der Verlegung der Grasseler Straße seien weder den Wald schonendere Gestaltungen geprüft worden noch die Zumutbarkeit einer Westumfahrung, wenn insoweit die Möglichkeiten aktiven Schallschutzes ausgeschöpft würden. Das zur Kohärenzsicherung betrachtete Gebiet "Sundern" sei nicht kohärenzfähig, die gegenteiligen Annahmen der Beklagten seien fachlich nicht abgesichert und die zeitliche Lücke bis zur Funktionsfähigkeit der Maßnahmen nicht hinnehmbar. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag weise Mängel auf, weil u.a. die besonders oder streng geschützten Arten nur zu einem Teil behandelt würden.

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen das Raumordnungsrecht, da die zugrunde liegende landesplanerische Feststellung fehlerhaft sei. Eine weitere Verlängerung der Start- und Landebahn nach Osten unter Rückbau der im Jahr 2000 planfestgestellten Verlängerung nach Westen um 120 m habe die Beklagte ebenso wenig geprüft wie die Alternative, auf die Verlängerung der Anflugbefeuerung Richtung Westen zu verzichten.

Die Lärmbelastungen seien fehlerhaft ermittelt und bewertet worden, so dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt infragegestellt sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Luftverkehrsprognose nicht mehr Linien- und Touristik-Charterflüge enthalte. Deswegen hätte der Planfeststellungsbeschluss den Betrieb beschränken oder von anderen Prognosezahlen, u.a. mit einer höheren Zahl von Nachtflugbewegungen, ausgehen müssen. Die Bahnverlängerung allein führe noch nicht zwingend zu einer größeren Überflughöhe. Entgegen der Angabe der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Gutachten lägen die Annahmen hinsichtlich verschiedener Parameter nicht "auf der sicheren Seite". Insbesondere für den Wohnort der Klägerin zu 1) sei die Lärmbelastung durch den Straßenverkehr der Waggumer Straße zu niedrig angegeben, bei realistischer Darstellung ergebe sich in der Summe ein Gesamtpegel im Bereich von 70 dB(A) oder mehr am Tage. Das lärmmedizinische Gutachten könne nicht alleinige Grundlage für die planerische Abwägung sein, da auch die angemessene Nutzung des Eigentums berücksichtigt werden müsse. Die Bebaubarkeit der Wohngrundstücke der Kläger sei schon vor dem Flughafenbau gegeben gewesen. Deswegen sei eine Tagesschutzzone zu bilden, die den Bereich eines Leq(3) von 60 dB(A) umfasse. Zur Gewährleistung einer ausreichenden Kommunikation im Innenbereich ihrer Wohnhäuser sei es geboten, dort einen Spitzenpegel von 55 dB(A) festzusetzen. Mindestens seien die Kläger hinsichtlich des Taglärmschutzes erneut zu bescheiden. Gleiches gelte hinsichtlich des von den Klägern begehrten Schutzes der Nachtzeit; die Beklagte habe verkannt, dass die Auswirkungen der geänderten Flughafenanlage und des Flughafenbetriebes insgesamt neu zu bewerten seien. Zudem hätten lärmmindernde Flugverfahren und Flugruten abgewogen und festgesetzt werden müssen. Der Planfeststellungsbeschluss behandele Sicherheitsrisiken wie die Nähe der Wohnbebauung, das Tanklager im Hafen, die Flutlichtanlage des Sportplatzes Hondelage, die gleichzeitig möglichen Starts und Landungen von Segelfliegern und Mutterflugzeugen sowie Wirbelschleppen unzureichend. Gleiches gelte hinsichtlich der Geruchs- und Lichtimmissionen. Die Wertminderung der Wohngrundstücke sei ebenso wenig abgewogen wie der Einwand der Klägerin zu 3), dass von den für die Anflugbefeuerung beanspruchten Grundstücken nur unwirtschaftliche Restflächen blieben.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss "Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg" der Beklagten vom 15. Januar 2007 aufzuheben,

hilfsweise,

auf die Klage der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Planfeststellungsbeschlusses "Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg" vom 15. Januar 2007 zu verpflichten, die Ansprüche dieser Kläger auf weitergehenden Schutz vor Immissionen (Lärm, Licht, Gerüche) sowie die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 3) hinsichtlich des Schutzes vor Wirbelschleppen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

verfahrensrechtlich hilfsweise,

Beweis zu erheben zu den Tatsachenbehauptungen

1. für die Forschungsflüge des DLR ist eine Start- und Landebahn mit einer Länge von 2.300 m (bzw. 2.293 m) nicht erforderlich,

2. für die Durchführung von Forschungsflügen des DLR ist eine Belastung/ein Start mit mindestens 90 % des maximalen Startgewichts (MTOW) nicht erforderlich,

3. die erforderliche Bahnlänge muss nicht mit sogenannten worst-case-Annahmen (z.B. sehr hohe Außentemperatur) errechnet werden, wenn noch Sicherheitszuschläge gewährt werden, die auf einen weiteren Sicherheitszuschlag hinauslaufen,

4. ein Sicherheitszuschlag ist jedenfalls nicht in Höhe von 30 % der bereits unter sogenannten worst-case-Annahmen ermittelten Bahnlängen für die Durchführung von Forschungsflügen des DLR erforderlich,

5. Forschungsflüge des DLR können auch an dem Standort Oberpfaffenhofen durchgeführt werden,

und

6. an den Wohnhäusern Waggumer Straße 5 und Waggumer Straße 7 werden im Prognoseszenario des Bodenlärmgutachtens äquivalente Dauerschallpegel von 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) nachts erreicht und überschritten,

jeweils durch Sachverständigengutachten. Die Beklagte beantragt,

die Klage mit allen Sach- und Beweisanträgen abzuweisen. Sie verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss, der formelle Mängel nicht enthalte. Selbst wenn diese gegeben seien, seien sie auf das Abwägungsergebnis ohne Einfluss gewesen, denn das Vorhaben als solches wäre auch ohne die von den Klägern gerügten Auflagen zugelassen worden.

Die Planrechtfertigung sei gegeben. Die Flughafenerweiterungsflächen seien nicht Teil eines potentiellen FFH-Gebiets, da der Lebensraumtyp 9160 (hier: Eichen-Hainbuchenwald) in Niedersachsen bereits in ausreichendem Umfang gemeldet worden sei. Durch Erlass der Landschaftsschutzänderungsverordnung der Stadt Braunschweig vom 04. August 2006 sei für das Vogelschutzgebiet ein Wechsel des Schutzregimes eingetreten. Die Verträglichkeitsprüfung sei nicht fehlerhaft. Sie habe den Verlust von Brut- und Nahrungsrevieren der wertbestimmenden Vogelarten als unverträglich mit dem Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes bewertet; die Feststellung, dass eine Beeinträchtigung der Gesamtpopulation und des günstigen Erhaltungszustand der jeweiligen Vogelart nicht eintreten werde, stehe im Zusammenhang mit der im Rahmen der Abweichensprüfung vorzunehmenden Abwägung. Die Gründe für eine habitatschutzrechtliche Ausnahme lägen ebenfalls vor, insbesondere sei die nicht nach europäischem Recht geschützte Waldfläche des "Sundern" geeignet, die notwendige Kohärenz der Natura 2000-Gebiete zu sichern.

Fachplanerische Abwägungsmängel lägen nicht vor. Sie habe die von den Klägern (neben der Null-Variante) bevorzugte sogenannte 6°-Verschwenkungsvariante ausführlich geprüft. Die Verlängerung der Anflugbefeuerung für die Nebenanflugrichtung 08 sei alternativlos.

Die Variante "Verlängerung der Start- und Landebahn nach Osten unter Rückbau der Bahn im Westen um 120 m" habe sie nicht eingehender prüfen müssen, weil sich dadurch der Eingriff in das Vogelschutzgebiet V 48 vergrößern würde. Der mit dieser Variante verbundenen geringen Entlastung der Lärmsituation in Bienrode käme nicht annähernd das gleiche Gewicht zu, wobei die Mehrkosten für eine weitere Verlängerung bei gleichzeitigem Rückbau ebenfalls zu berücksichtigen wären. Sie habe die Lärmbelastung zutreffend ermittelt und bewertet. Etwa bestehende Mängel würden nicht so schwerwiegen, dass sie die Ausgewogenheit der Planung insgesamt infrage stellen könnten, so dass die Kläger allenfalls einen Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen geltend machen könnten. Es sei sachgerecht, dass in der Luftverkehrsprognose ein nennenswerter Linien- und Touristikflugverkehr nicht berücksichtigt worden sei; die Auflagen 2.4.1 und 2.4.1.1, nach der u.a. bei Überschreiten einer Zahl von mehr als 3 vom und zum Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg an- und abgehenden Linien- oder Touristikflügen pro Woche weitere Gutachten und die erforderlichen Maßnahmen aktiven und passiven Schallschutzes der Beigeladenen aufgegeben werden könnten, gewährleisteten effektiven Lärmschutz. Die nur selten auftretenden nächtlichen Bodengeräusche habe der Gutachter zutreffend als für die Beurteilung der Bodenlärmsituation nicht maßgeblich eingeschätzt. Die Fluglärmbewertung habe sich nicht ausschließlich auf die Erkenntnisse des lärmmedizinischen Gutachtens gestützt. Soweit Planfeststellungsbeschlüsse zu anderen Flughäfen die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle bei 60 dB(A) ansiedelten, lasse dies nicht den Schluss zu, dass dies ungeachtet der jeweiligen Unterschiede für alle Flughäfen gelten müsse. Da im Durchschnitt deutlich weniger als einmal pro Nacht Flugbewegungen stattfänden, seien weder ein generelles Nachtflugverbot noch eine weitergehende Nachtflugbeschränkung als bereits festgelegt gerechtfertigt. Der Abwägung lärmmindernder Regelungen für An- und Abflüge habe es nicht bedurft, da der Fluglärm für die Nachbarschaft nicht unzumutbar sei. Die von den Klägern angeführten Sicherheitsrisiken habe sie betrachtet. Die Gras-Start- und Landebahn sowie die Haupt-Start- und Landebahn würden nicht gleichzeitig benutzt werden; die entsprechende Zusage der Beigeladenen sei im Planfeststellungsbeschluss für verbindlich erklärt worden. Die Geruchsbetroffenheit der Kläger habe sie untersuchen lassen, die Lichtimmissionen durch landende Flugzeuge seien zu vernachlässigen, da ein regulärer Nachtflug nicht stattfände. Da sich die durch den Flughafenausbau verursachten Beeinträchtigungen der Anwohner in vertretbarem Umfang hielten, sei die Grenze der Sozialbindung des Eigentums nicht erreicht, so dass Grundstückswertminderungen nicht abwägungsrelevant gewesen seien. Die Notwendigkeit der vorgesehenen technischen Gestaltung der Anflugbefeuerung 08 habe sie ebenso dargestellt wie sie sich mit den vorhabensbedingten Wirtschaftserschwernissen für die Flächen der Klägerin zu 3) auseinandergesetzt habe.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen und die Hilfsbeweisanträge abzulehnen.

Sie verteidigt den Planfeststellungsbeschluss ebenfalls. Die Auflagen seien ausreichend bestimmt und entsprächen den gesetzlichen Anforderungen. Die Planrechtfertigung sei gegeben, dies gelte auch für das planfestgestellte Instrumentenlandesystem und die Befeuerungsanlagen.

Hinsichtlich der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" hält sie die Gebietsmeldungen der Bundesrepublik Deutschland für vollständig. Die Landschaftsschutzverordnung gewährleiste das Erreichen der in ihr aufgeführten Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets. Das Interesse an dem planfestgestellten Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg überwiege das Interesse an einem uneingeschränkten Schutz des EU-Vogelschutzgebiets V48. Die Beklagte habe zutreffend das Vorliegen einer zumutbaren Alternative zu dem planfestgestellten Vorhaben verneint. Die mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss angeordneten Maßnahmen, die den Zusammenhang des europäischen ökologischen Netzes Natura-2000 sichern sollten, seien auf die fachlich ermittelten erheblichen Beeinträchtigungen abgestellt. Das Waldgebiet Sundern sei zum Kohärenzausgleich geeignet. Die Beeinträchtigung der nach nationalem Recht besonders und streng geschützten Arten sei zutreffend mit der Bewertung des landschaftspflegerischen Begleitplans behandelt, die artenschutzrechtlich erforderliche Befreiung rechtmäßig.

Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss leide nicht an Abwägungsfehlern. Die landesplanerische Feststellung sei zur Grundlage der Abwägung nach wie vor geeignet, weil auch unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse über das Vogelschutzgebiet V48 entscheidungserhebliche Auswirkungen der einzelnen Varianten auf die Gesamtpopulation der wertgebenden Arten nicht festgestellt werden könnten. Die Beklagte habe die landesplanerische Abwägung nicht übernommen, sondern die Varianten selbst abgewogen und dabei Belange der Raumordnung mit denen des Naturschutzes ins Verhältnis gesetzt.

Der Schutz vor Fluglärm sei angemessen, die Lärmbelastung zutreffend ermittelt. Ein erheblicher Charter- oder Linienflugverkehr sei nicht zu erwarten, zumal es an entsprechenden infrastrukturellen Voraussetzungen fehle, die allenfalls nach weiterer planerischer Konfliktbewältigung zu schaffen wären. Jenseits von drei wöchentlichen Flugbewegungen in diesem Segment enthalte der Planfeststellungsbeschluss Beschränkungen. Ein Nachtflugverbot sei nicht erforderlich. Da nach den tatsächlich abgewickelten und im Ausbaufall zu erwartenden Verkehr sich der Nachtflugbetrieb im Durchschnitt auf deutlich weniger als ein nächtliches Flugereignis beschränke, habe es einer weitergehenden Nachtflugregelung nicht bedurft.

Die Wirbelschleppenproblematik sei ebenso wie andere Sicherheitsbelange zutreffend erfasst und bewertet. Ein Gutachten zur Luftsicherheit sei nicht Bestandteil der durch die Luftverkehrszulassungsordnung vorgeschriebenen Unterlagen, mangels konkreter Gefährdung dränge es sich auch nicht auf, ein solches Gutachten anfertigen zu lassen. Die privaten Belange der Kläger seien hinreichend berücksichtigt, Verkehrswerteinbußen würden ebenso wenig wie Mietwerteinbußen zum planerischen Abwägungsmaterial gehören.

Die Inanspruchnahme des Eigentums der Klägerin zu 3) sei gerechtfertigt, die einschlägigen Richtlinien sähen eine Anflugbefeuerung von mindestens 720 m Länge vor. Ein Verzicht oder eine weitere Verkürzung der Anflugbefeuerung sei mit dem Planungsziel nicht zu vereinbaren. Die verbleibenden Flächen blieben landwirtschaftlich nutzbar.

Da die Kläger weder durch Geruchs- und/oder Lichtimmissionen unzulässig beeinträchtigt noch durch Lärmimmissionen unzumutbar belastet würden, hätten sie keinen Anspruch auf weitergehende Schutzvorkehrungen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um fünf weitere Auflagen zum Artenschutz ergänzt, hinsichtlich derer die Beigeladene Rechtsmittelverzicht erklärt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

1. Die Kläger sind klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO; ihre Klage, über die der Senat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO erstinstanzlich zu entscheiden hat, ist zulässig. Die Klagebefugnis der Klägerin zu 1) ergibt sich aus der Belegenheit ihres Wohngrundstücks in dem Bereich, der einem gemittelten Dauerschallpegel von mehr als 60 dB(A) ausgesetzt sein wird. In der Rechtsprechung wird angenommen, dass von einer die Abwägungserheblichkeit auslösenden Lärmbetroffenheit bei einem Tagesmittelungspegel ab 50 dB(A) auszugehen ist, weil dann "mehr als geringfügige schutzwürdige Interessen" von Anliegern berührt werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 20.05.2003 - 20 A 02.40015 -, juris Rn. 71 m.w.N.) und deswegen u.a. ihre Lärmschutzbelange in der planerischen Abwägung fehlgewichtet sein könnten.

Der Kläger zu 2), der - entgegen den Angaben des Prozessbevollmächtigten in der Klagebegründung, GA Bl. 107 - nicht Eigentümer des von ihm genutzten Wohngrundstücks ist, kann sich unter Hinweis auf von der Verwirklichung des Planfeststellungsbeschlusses ausgehende Gesundheitsbeeinträchtigungen auf eine mögliche Verletzung in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) berufen und ist daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt (vgl. BVerwG, B. v. 26.07.1990, - 4 B 235.89 -, NVwZ 1991, 566 m.w.N.).

Die Klägerin zu 3) ist Eigentümerin von Grundstücken, die durch die luftverkehrsrechtliche Planfeststellung teilweise in Anspruch genommen werden sollen.

2. Die Klage ist zum Teil begründet.

2.1 Die Kläger haben im Planfeststellungsverfahren fristgerecht Einwendungen erhoben. Allerdings ist das vom Kläger zu 2) unterzeichnete Einwendungsschreiben der Klägerin zu 3) vom 15. August 2005 unerheblich, da der Kläger zu 2) als Kommanditist gemäß § 170 HGB zur Vertretung der Klägerin zu 3) nicht ermächtigt ist.

2.2 Die Kläger können jedoch nicht in jeweils gleichem Umfang den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zur gerichtlichen Prüfung stellen.

Die Klägerin zu 1) ist durch den Planfeststellungsbeschluss ausschließlich mittelbar betroffen. Insoweit kann sie rügen, dass für das beabsichtigte Vorhaben - gemessen an den Zielsetzungen des LuftVG - kein Bedarf streitet. Sie kann nicht die Prüfung verlangen, ob die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden, d.h. insbesondere das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG auszufüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, Flughafen Leipzig/Halle, BVerwGE 127, 95 = NVwZ 2007, 445, Rn. 33 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116, Rn. 179, 183 f.). Zudem kann sie beanspruchen, dass ihre Lärmbetroffenheit und etwaige nicht unerhebliche Betroffenheiten hinsichtlich Geruch, Licht und der Folgen von Wirbelschleppen auf ihr Haus mit dem ihnen zustehenden Gewicht in die planerische Abwägung eingestellt und mit den für das Vorhaben angeführten Belangen in einen Ausgleich gebracht werden, der zur objektiven Gewichtigkeit ihrer Belange nicht außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, Flugplatz Airbus Hamburg-Finkenwerder, BVerwGE 128, 358 = NVwZ 2007, 1074).

Der Kläger zu 2) ist ebenfalls mittelbar betroffen, aber nicht als Grundeigentümer. Er kann deshalb - anders als die Klägerin zu 1) - einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht mit Erfolg rügen. Denn das Abwägungsgebot schützt wegen der Grundstücksbezogenheit des Fachplanungsrechts grundsätzlich nur die Belange der in ihrem Grundeigentum oder einer ähnlichen dinglichen Berechtigung am Grundstück Betroffenen; obligatorisch Berechtigte sind im Fall bloß mittelbarer Beeinträchtigung des von ihnen genutzten Grundstücks darauf beschränkt, ihre Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend zu machen (vgl. OVG R-P, Urt. v. 04.04.2006 - 8 C 10315/05 -, juris Rn. 27 m.w.N.). Gleiches gilt, soweit dem Kläger zu 2) gesellschaftsrechtlich als Kommanditist das Vermögen der Klägerin zu 3) (zumindest auch) zusteht. Eine der Grundeigentümerin ähnliche Rechtsposition kommt ihm neben dieser deshalb nicht zu.

Die Klägerin zu 3) als durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses betroffene Grundstückseigentümerin unterliegt diesen Beschränkungen der Rügebefugnis nicht. Sie kann sich auf die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs lediglich dann nicht berufen, wenn auch die Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Verschonung ihres Grundeigentums führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011 (1012) m.w.N.; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1078.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, juris Rn. 500). Das gilt auch, wenn eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 252 f.; B. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, ZUR 2008, 378 Rn. 11).

2.3 Der auf der Rechtsgrundlage der §§ 8 bis 10 LuftVG ergangene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 15. Januar 2007 leidet an Rechtsfehlern, die die Kläger rügen können und zur teilweisen Aufhebung und Verpflichtung der Beklagten führen, sowohl über die durch den Straßenverkehr berührten Lärmschutzbelange der Kläger zu 1), 2) und 3) als auch über Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden durch Wirbelschleppen an den Häusern der Klägerinnen zu 1) und 3) erneut zu entscheiden. Die weitergehende Klage ist hingegen unbegründet.

2.3.1 Die Auflagen zum Schutz vor Wirbelschleppschäden, Lichtimmissionen, Baulärm, Luftverunreinigungen und Nachtfluglärm sind hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG).

2.3.1.1 Die Auflage 2.1.1:

"Der Maßnahmeträger wird verpflichtet, auf Antrag des jeweils betroffenen Eigentümers die Kosten für geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden von Wirbelschleppen zu erstatten, sofern nach der Inbetriebnahme des Ausbauvorhabens nachweislich Schäden durch Wirbelschleppen an Gebäuden auftreten"

ist hinreichend bestimmt. Aus ihr ergibt sich eindeutig, dass eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Vermeidung zukünftiger Schäden erst eintritt, wenn es zu einem auf Wirbelschleppen zurückzuführenden Schaden gekommen ist. Weiterer Konkretisierungen bedurfte es nicht. Welche Maßnahme geeignet ist, hängt wesentlich vom Schadensbild und der Art (Dächer, andere Gebäudeteile) und Bauausführung (Sattel- oder Flachdächer, Metall- oder Betonbrüstungen) beschädigter Gebäudeteile ab und ist - gegebenenfalls durch Einschalten von Fachleuten - hinreichend bestimmbar, aber nicht vorher abstrakt generell festzulegen. Gleiches gilt für die Voraussetzungen der Geltendmachung dieses Anspruchs. Wie im Schadensersatzrecht allgemein üblich hat der Anspruchsteller die Kausalität des Schadens darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, und zwar gegenüber dem in Anspruch Genommenen, also hier der Beigeladenen.

Ob die der Auflage zugrunde liegenden Annahmen zutreffend oder die Regelung zum Schutz der Klägerinnen zu 1) und 3) unzureichend sind, ist keine Frage der Bestimmtheit des Planfeststellungsbeschlusses und damit der formellen, sondern der inhaltlichen Prüfung.

2.3.1.2 Die Auflage 2.1.2:

"Beleuchtungsanlagen sind im Rahmen der Ausführungsplanung so einzurichten und zu betreiben, dass nach dem Stand der Technik vermeidbare unzumutbare Beeinträchtigungen der Umgebung gem. der LAI "Licht-Leitlinie" - Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen vom 20.05.2001 ausgeschlossen sind"

ist hinreichend bestimmt. Dass mit "Beleuchtungsanlagen" die von der Beigeladenen bauseits vorgehaltenen Lichtquellen gemeint sind, ergibt sich schon - ohne Rückgriff auf Einzelheiten der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses - aus dem Begriff der "Ausführungsplanung" sowie der Tatsache, dass allein die Beigeladene Adressatin dieser Auflage ist. Auch der Begriff der "Vermeidbarkeit" bedarf nicht einer weiteren Konkretisierung, die Auflage ist offensichtlich der immissionsbezogenen Grundpflicht des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nachgebildet (vgl. dazu Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 22 Rn. 48, allerdings noch unter Hinweis auf die frühere "Licht-Richtlinie"). Zwar ist das BImSchG, wie aus § 2 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu ersehen ist, auf Flugplätze weithin nicht anwendbar. Das LuftVG knüpft aber seinerseits an die aus dem Immissionsschutzrecht geläufigen Begriffsbestimmungen an (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116 (194) Rn. 251). Der Begriff der Vermeidbarkeit ist an den des Stands der Technik gekoppelt und als solcher dynamisch, eine Konkretisierung bedeutete eine Festschreibung auf das derzeit technisch Gebotene und wäre bei technischen Fortschritt nachteilig für die Kläger.

2.3.1.3 Die Auflage 2.3.1:

"Während der Bauausführung sind nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen (insbesondere Lärm) auf die zum Wohnen dienenden Gebiete, sowie auf sonstige schutzwürdige Bereiche nach Maßgabe von § 22 BImSchG zu verhindern.

Die einschlägigen Vorschriften, insbesondere:

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm-Geräuschimmissionen (VVBaulärm) vom 19.08.1970; 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung - 32. BImSchV)

sind einzuhalten.

Darüber hinaus ist sicherzustellen:

- Sofern trotz Optimierung der Baustelleneinrichtung, der Bauablaufpläne und der Betriebszeiten der Baustelle die Überschreitung von Immissionsrichtwerten der VV-Baulärm zu besorgen ist, sind lärmarme Baumaschinen einzusetzen

- lärmintensive Geräte sind in maximaler Entfernung zur Wohnbebauung aufzustellen.

(...)"

ist hinreichend bestimmt. Der Begriff des "zu besorgen" ist mit dem der "Vorsorge" verwandt und soll damit über die AVV Baulärm hinausgehen. Dass die nach den Spiegelstrichen beschriebenen Anforderungen kumulativ zu erfüllen sind, ist ebenso eindeutig.

2.3.1.4 Die Auflage 2.3.2:

"Luftreinhaltung während der Bauausführung

Zur Minimierung von Dieselrußemissionen und Staubemissionen ist während der Bauausführung sicherzustellen, dass insbesondere

- sowohl auf der Baustelle, als auch auf den öffentlichen Straßen nur Fahrzeuge mit schadstoffarmen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden, die der Europäischen Abgasnorm entsprechen,

- Motoren von Fahrzeugen und Geräten nicht länger als notwendig ungenutzt betrieben werden,

- bei trockener Witterung Flächen, die zur Staubaufwirbelung neigen, befeuchtet werden,

- bei trockener Witterung Baumaschinen und LKW langsam fahren, soweit Arbeiten in der Nachbarschaft von Wohngebieten stattfinden"

ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat erläutert, dass auch auf den Baustellen und damit außerhalb des Geltungsbereichs der StVO und StVZO die für den Straßenverkehr geltenden Abgasnormen gelten sollen. Der Inhalt der Regelung des letzten Spiegelstrichs erschließt sich ohne weiteres aus der Zielrichtung, Belästigung benachbarter Wohngebiete zu vermeiden. Ist das im jeweiligen Abwindbereich der Baustelle nächstgelegene Wohngrundstück unbeeinträchtigt von Staub, sind es die dahinter gelegenen Grundstücke auch. Weder bedarf es dazu einer Entfernungsangabe noch einer definierten Geschwindigkeitsbeschränkung für die auf der Baustelle eingesetzten Fahrzeuge.

2.3.1.5 Die Auflage 2.4.2:

"Dem Maßnahmeträger wird aufgegeben, eine Fluglärmmessstation im Bereich des westlichen Endes der SLB zu installieren, um die Einhaltung der mit dem Planfeststellungsbeschluss der damaligen Bezirksregierung Braunschweig vom 18.10.2000 (Ziff. 2.2) festgesetzten Außenwert-Pegel von 75 dB(A) zu dokumentieren, sofern sich die Anzahl der Nachtflugbewegungen auf über 6 Flugbewegungen pro Nacht erhöht"

ist hinreichend bestimmt. Auch hier ist der Schutz des dem westlichen Ende der Start- und Landebahn benachbarten Wohngebiets Ziel der Auflage, so dass der Standort der Messstation zwischen dem Ende der Bahn und dem am höchsten lärmbelasteten Wohngrundstück (nach bisherigen Erkenntnissen dem von der Klägerin zu 1) bewohnten) liegen muss. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der genaue Standort von der aktuellen Grundstücksverfügbarkeit abhängt. Da die Bedingung (die ebenfalls eindeutig auf das erstmalige Überschreiten der Grenze von 6 Flugbewegungen/Nacht festgesetzt ist) im bisherigen Betrieb nicht eingetreten und ihr Eintreten auch nicht prognostiziert ist, war die Beigeladene auch noch nicht gehalten, sich mittels des Planfeststellungsbeschlusses einen Standort "zu reservieren". So hätte eine weitergehende Grundstücksinanspruchnahme des Flurstücks Gemarkung L. Flur 3 Flurstück 74/20 der Klägerin zu 3) zwar Raum für die Messstelle geschaffen, wäre aber nicht gerechtfertigt gewesen, da eine Ermittlung des nächtlichen Außenwertpegels derzeit nicht veranlasst ist.

2.3.2 Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Die Planrechtfertigung ist eine ungeschriebene Voraussetzung für jede Fachplanung und zugleich eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116 (176 f.) Rn. 179, 182; BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, Flugplatz Airbus Hamburg-Finkenwerder, BVerwGE 128, 358 (372) = NVwZ 2007, 1074 (1077) Rn. 45).

Die für die Erweiterung des bestehenden Flughafens angeführten Gründe der Beklagten, den jetzt und in Zukunft bestehenden Bedarf der Nutzer des Flughafens unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen der Forschung und des Werkverkehrs bedienen zu können und die Sicherheit des bestehenden wie des zukünftigen Flugverkehrs zu erhöhen, sind aus dem Luftverkehrsgesetz ableitbar. Das Luftverkehrsgesetz nennt seine Ziele, die als Planrechtfertigung dienen können, nicht in einer gesonderten Vorschrift. Die von ihm verfolgten Allgemeinwohlgründe sind aber der Bestimmung der öffentlichen Aufgabe zu entnehmen, die z.B. in der Enteignungsregelung des § 28 Abs. 1 LuftVG Ausdruck gefunden hat. Danach sind Enteignungen namentlich für "Zwecke der Zivilluftfahrt" zulässig. Hiervon ausgehend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass u.a. der Ausbau von Verkehrsflughäfen gemeinnützig ist, weil er nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO dem allgemeinen Verkehr der Zivilluftfahrt dient (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364 (375) = juris Rn. 40). Verkehrsflughäfen sind Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur, und zwar ungeachtet der privatrechtlichen Organisationsform des Flughafenbetreibers. Ihr Ausbau kann daher grundsätzlich das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 1 GG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, a.a.O. Rn. 188 m.w.N.; zum Gesichtspunkt der Sicherheit als Planrechtfertigung vgl. BVerwG, B. v. 04.06.2008 - 4 B 34.08 -, juris Rn. 6 f. unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, a.a.O., sowie OVG S-H, Urt. v. 12.02.2008 - 4 KS 8/05 -, NordÖR 2008, 170 Rn. 60). Ebenfalls ohne Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur ist, dass das Land erwägt, seine Anteile an der Betreibergesellschaft zu verkaufen.

Ob das Vorhaben zusätzlich als regionale Strukturhilfe ebenfalls gerechtfertigt ist, kann deshalb im Rahmen der Planrechtfertigung dahinstehen (für eine Berücksichtigung BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, a.a.O., Rn. 41; a.A. HessVGH, Urt. v. 17.06.2008 - 11 C 2089/07.T -, juris Rn. 37, in ZUR 2009, 42 nicht abgedruckt; das von den Klägern angeführte Urteil des BVerwG v. 26.04.2007 (- 4 C 12.05 -, Flugplatz Airbus Hamburg-Finkenwerder, a.a.O., Rn. 51 ff.) ist nicht einschlägig, weil Gegenstand der Planfeststellung ein privater Sonderlandeplatz war, der nicht der allgemein zugänglichen Infrastruktur dient (vgl. a.a.O. Rn. 41 f.); das von der Beigeladenen herangezogene Urteil des BVerwG v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, Flughafen Leipzig/Halle, BVerwGE 127, 95 (109) = NVwZ 2007, 445 (449) Rn. 54 behandelt an der aufgeführten Stelle nicht die Planrechtfertigung, sondern die für das Vorhaben sprechenden Belange im Rahmen der fachplanerischen Abwägung.).

Die gegen die Begründung der Planrechtfertigung von den Klägern vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Beantragt und planfestgestellt ist der Ausbau eines bereits genehmigten Verkehrsflughafens, so dass schon begrifflich nicht schlüssig ist, weshalb der Ausbau mit einer Abstufung zu einem Landeplatz einhergehen muss, um seine Rechtfertigung nachzuweisen. Auch wurde der Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg bisher schon als Forschungsflughafen genutzt, ohne dass es zu Nutzungskonflikten mit dem allgemeinen Flugverkehr gekommen ist. Die in der Luftverkehrsprognose (Planunterlage 2, S. 57) prognostizierte Abnahme der Flugbewegungen lässt künftige Erschwernisse für Forschungsflüge nicht erwarten. Überdies ist nicht erkennbar, inwieweit gerade eine Abstufung des Flughafens geeignet sein könnte, eine Inanspruchnahme der klägerischen Grundstücke zu vermeiden.

Ob die Nachfrage nach einer verlängerten Start- und Landebahn einem berechtigten Anliegen der Nutzer entspringt, ist vom Senat nicht zu bewerten; eine Bedürfnisprüfung findet nicht statt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.04.2005 - 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261 (275) Rn. 33). Gleiches gilt für das von den Klägern bereits mit der Frage der Planrechtfertigung verknüpfte Begehren, die Plausibilität der Start- und Landebahnlängenberechnungen gerichtlich prüfen zu lassen. Fragen der erforderlichen oder zweckmäßigen Größe des Vorhabens sind nämlich für die Planrechtfertigung ohne Bedeutung. Sie kommen erst bei der naturschutzrechtlichen Prüfung einer zumutbaren Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG (dazu im Folgenden unter Nr. 2.3.2.2.4) und in der Abwägung zum Tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.05.1984 - 4 C 58.81 -, Flughafen München II, BVerwGE 69, 256 (271) = NVwZ 1984, 718), wobei im zweiten Fall wegen des bestehenden Planungsermessens der Beklagten nur eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, Militärflugplatz Bitburg, DVBl 2001, 1848 (1851 f.)).

Aus Sicherheitsgründen "vernünftigerweise geboten" ist die räumliche Trennung der rollenden und der startenden/landenden Flugzeuge durch einen auf ganzer Länge parallelen Rollweg unabhängig davon, ob rechnerisch sowohl die Starts und Landungen wie auch die dazu notwendigen Rollbewegungen auf einer einzigen Bahn abgewickelt werden könnten. Ergänzend hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren ausgeführt, dass eine Blockierung der Start- und Landebahn für landende Flugzeuge durch auf dieser Bahn zurückrollende Flugzeuge zu Warteschleifen oder Durchstart-Vorgängen mit negativen Auswirkungen auch hinsichtlich Lärm und Luftqualität führen. Gesichtspunkte der Sicherheit des Luftverkehrs dürfen im Rahmen der Planrechtfertigung im Übrigen nicht nur dann berücksichtigt werden, wenn durch Änderungen des Regelwerks der ICAO (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen) oder anderer Vorschriften Anpassungen eines Flughafens erforderlich werden (vgl. BVerwG, B. v. 04.06.2008 - 4 B 34.08 -, juris Rn. 7).

Die Installation eines Instrumentenlandesystems - ILS - für Präzisionsanflüge auch für die Landerichtung 08 soll das bisherige Nichtpräzisionsanflugverfahren in dieser Richtung ersetzen. Es soll die Sicherheit bei schlechten Sicht- bzw. Witterungsbedingungen erhöhen, wobei die Flugzeuge über eine entsprechende technische Ausrüstung verfügen müssen (Planfeststellungsbeschluss S. 66 f., 75). Ziel ist, in beiden Flugrichtungen Präzisionsanflugverfahren der Kategorie CAT II/III durchführen zu können. Der Unterschied zu Anflugverfahren der CAT I liegt in der Entscheidungshöhe über Grund (bezeichnet den Moment, in dem die Cockpitbesatzung des anfliegenden Luftfahrzeugs über die endgültige Durchführung der Landung entscheidet) und der Länge der Landebahnansicht - je höher die Kategorie, desto geringer sind die Entscheidungshöhe und die notwendige Länge der Landebahnsicht und desto "schlechter" darf das Wetter sein, um gleichwohl eine sichere Landung von Flugzeugen zu ermöglichen. Die Anflugbefeuerung ist ein System von Lichtern, die dem Piloten kurz vor der Landung das Erkennen der Landebahn ermöglichen. In der kommerziellen Luftfahrt ist der Instrumentenflug auch bei guten Sichtverhältnissen üblich, weil er insbesondere wegen der Überwachung durch die Flugverkehrskontrollstellen sicherer ist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein (verbessertes) ILS zumindest auch der Sicherheit des Luftverkehrs dient, weil Flugzeugführer bei ungünstigem Wetter nicht in der Luft bleiben müssen, um einen anderen Flughafen mit entsprechendem ILS zu erreichen (vgl. OVG S-H, B. v. 18.07.2005 - 4 MR 1/05 -, NordÖR 2005, 377 (378) Rn. 8). Das "Vernünftig-geboten-Sein" und damit die Planrechtfertigung auch insoweit ist deshalb zu bejahen. Soweit die Kläger die Notwendigkeit dieser technischen Einrichtung auch für diese Landerichtung bezweifeln, ist damit das Gewicht des Belangs bei der fachplanerischen Alternativenprüfung angesprochen und deshalb dort zu prüfen, ob er sich gegen das Interesse der Klägerin zu 3) durchsetzen kann, ihr Eigentum ungeschmälert zu erhalten.

2.3.3 Das Vorhaben verstößt nicht gegen die Vorgaben des § 34 c NNatG (= § 34 BNatSchG), soweit auf deren Einhaltung als gesetzliche Schranke der Planung die gegebenenfalls enteignungsbetroffene Klägerin zu 3) einen Anspruch hat.

2.3.3.1 Die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg beeinträchtigt keines der in seiner Umgebung gelegenen FFH-Gebiete, wohl aber das Vogelschutzgebiet V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg".

Das FFH-Gebiet "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" (Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region v. 07.12.2004, ABlEG L 387/14, auch FFH-Gebiet 101 genannt) liegt vollständig in den Grenzen des Vogelschutzgebiets V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg", ist mit ihm aber nicht ganz deckungsgleich. Die verlängerte Start- und Landebahn wird etwa 1,3 km von seiner Grenze entfernt liegen. Es ist überwiegend als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Das FFH-Gebiet "Beienroder Holz" (ABlEG a.a.O., auch FFH-Gebiet 102 genannt) ist deckungsgleich mit dem gleichnamigen Teilgebiet des Vogelschutzgebiets V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg", es liegt etwa 5,8 km von der geplanten Flughafenerweiterung entfernt. Es ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Vorherrschender Lebensraumtyp - LRT - in beiden FFH-Gebieten sind Eichen- Hainbuchen- und Buchenmischwälder (LRT 9160 des Anhangs I der FFH-Richtlinie), in beiden Gebieten sind mehrere Tierarten nach Anhang II der Richtlinie nachgewiesen.

Der aus der Lage der FFH-Gebiete gezogene Schluss der FFH-Verträglichkeitsstudie (Planunterlage 10.2) und ihr folgend des Planfeststellungsbeschlusses, wegen der Entfernung und der Überflughöhen würden die jeweiligen Erhaltungsziele weder bau- noch betriebsbedingt erheblich beeinträchtigt, wird von den Klägern nicht in Frage gestellt. Sie meinen jedoch, dass das FFH-Gebiet 101 nicht zutreffend abgegrenzt sei. Auch die süd-westlich angrenzenden Waldflächen, die während des Planfeststellungsverfahrens zum Vogelschutzgebiet erklärt worden sind, hätten einbezogen werden müssen, weil die Lebensraumausstattung identisch und teilweise sogar von besserer Qualität sei. Die Ausweisung nur eines Teils der schutzwürdigen Flächen beruhe auf einer Rücksichtnahme auf den Flughafenausbau und damit auf nicht naturschutzfachlichen Erwägungen. Zum Beleg dafür haben die Kläger den Gebietsvorschlag des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Jahr 1998, verschiedene Äußerungen politischer Gremien der Stadt Braunschweig sowie deren Stellungnahme vom 17. Mai 1999 gegenüber der damaligen Bezirksregierung Braunschweig zu den FFH-Gebietsvorschlägen vorgelegt (GA Bl. 329 - 351, 613 f.).

Daraus, dass insoweit auch nicht-naturschutzfachliche Überlegungen eingebracht wurden, lässt sich indessen nicht der Schluss ziehen, dass sie (mit)ursächlich für die Gebietsabgrenzung waren. Die für den FFH-Gebietsvorschlag ohne die Waldgebiete "Im Klei" und "Sickbruch" zwischen den Ortschaften Waggum und Hondelage maßgeblichen naturschutzfachlichen Überlegungen der Bundesrepublik Deutschland lassen sich der Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom 23. November 2001 entnehmen, die der Europäischen Kommission im Beschwerdeverfahren Az. 2000/4172 zugeleitet worden ist. Danach enthält die im Vergleich zum Vorschlag des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Jahr 1998 nicht gemeldete Fläche von 319 ha etwa 94 ha mesophilen Eichen-Mischwald des LRT 9160 und ca. 1,4 ha mesophiles Grünland mit Übergängen zur Pfeifengraswiese bzw. zu mageren Flachland-Mähwiesen (LRT 6410 und 6510). Die 94 ha gut ausgeprägte Eichen-Hainbuchenmischwälder seien für die Repräsentativität der FFH-Meldung Deutschlands gegenüber den 570 ha der Repräsentationsstufe A in dem gemeldeten FFH-Gebiet "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" und den insgesamt 3.650 ha dieses Lebensraumtyps im niedersächsischen Teil der atlantischen biogeographischen Region nicht maßgeblich. Die Wiesen der LRT 6410 und 6510 seien teilweise nur fragmentarisch, teilweise wenig typisch ausgeprägt, so dass eine Repräsentativität nicht gegeben sei. Der Erhaltungsgrund der innerhalb dieser Flächen vorhandenen Eichen-Hainbuchwälder sei "gut" (B), insgesamt habe die nicht gemeldete Fläche aufgrund ihres geringen Anteils am Gesamtbestand des betreffenden LRT aus bundesweiter Sicht keine Bedeutung für deren Erhaltung.

Für diese naturschutzfachliche Bewertung der Bundesregierung spricht, dass die EU-Kommission im Jahr 2002 das betreffende Beschwerdeverfahren eingestellt hat. Auch weitere Unterlagen der Kläger belegen nicht, dass der Senat hinsichtlich dieser Wälder von einem faktischen FFH-Gebiet auszugehen hat. Die "Stellungnahme zu ausgewählten naturschutzfachlichen Fragen im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig-Wolfsburg" von Dr. Schreiber vom 13. Juli 2007 (GA Bl. 283 bis 328) belegt unter Auswertung der Planfeststellungsunterlagen die naturschutzfachliche Wertigkeit dieser Wälder, die jedoch von den Naturschutzbehörden erkannt und berücksichtigt worden ist. Rückschlüsse auf den Repräsentativitätsgrad, die Flächenverhältnisse und den Erhaltungsgrad des betreffenden LRT sind nicht Gegenstand der Stellungnahme, aber als Kriterien maßgeblich zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesen werden könnten (vgl. Anhang III Phase 1 A) der FFH-Richtlinie). Diese Einschätzung wird auch nicht durch die mit der Vorlage der Bundesregierung zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine aktualisierte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung für die atlantische Region vom 26. April 2007 (BR-Drs 288/07) vorgelegten Unterlagen widerlegt. Zwar hielt die EU-Kommission vor Aktualisierung der Liste die Meldekulisse für den LRT 9160 in Niedersachsen nicht für genügend, dieser Mangel führte jedoch nicht zu einer Veränderung oder Ergänzung der Gebietsliste im Bereich der Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg oder des Beienroder Holzes. Dies ergibt sich aus dem Vergleich der zuerst veröffentlichten Liste von Gebieten vom 7. Dezember 2004 (a.a.O.) mit der aktualisierten Liste vom 12. November 2007 (ABlEG L 12/25), in denen jeweils die Fläche dieser Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung unverändert blieb. Dies lässt den Schluss zu, dass gerade für den LRT 9160 wie auch für andere in diesem Bereich vorkommende Lebensraumtypen andere Flächen in Niedersachsen als repräsentativer und deshalb relativ wertvoller für die Erhaltung dieser Lebensräume eingestuft wurden.

Dies gilt auch für den (prioritären) LRT 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior. Den bereits angeführten Unterlagen der EU-Kommission zur BR-Drs 288/07 ist zu entnehmen, dass für den LRT 91E0 ein Meldedefizit nicht mehr bestanden hat. Selbst wenn die vorgefundenen Einzelvorkommen von Esche die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung behauptete Größe zwischen 50 m² und 200 m² hätten, wäre damit noch nicht nachgewiesen, dass es sich bei dem von der Flughafenerweiterung überplanten Waldbetroffenheitsbereich um einen repräsentativen und gut ausgeprägten Standort des LRT 91E0 und damit um ein faktisches FFH-Gebiet handelt - nicht jedes Vorkommen eines prioritären Lebensraumtyps nötigt zur Meldung als FFH-Gebiet. Gegen eine Schutzwürdigkeit unter dem Gesichtpunkt der flächenhaften Größe i.S.d. Anhangs III Phase 1 A) lit. b) der FFH-Richtlinie sprechen auch die auf der Grundlage des Interpretation Manuals der Europäischen Kommission erarbeiteten Hinweise zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anh. I der FFH-Richtlinie in Niedersachsen (von Drachenfels, Stand 04/2008). Danach ist ein Vorkommen des LRT 91E0 erst als signifikant zu bewerten, wenn ein Vorkommen innerhalb größerer Wälder 200 - 500 m² groß ist. Dabei gilt dies nur für nasse Quellwälder, sonstige Bestände müssen (je nach Ausprägung) 2.000 - 5.000 m² groß sein (vgl. Hinweise S. 47). Fehlt es jedoch schon an einer Signifikanz des Vorkommens, fehlt es auch an einer relativen Bedeutung im Sinne des Anhangs III Phase 1 FFH-Richtlinie, die einen Schutz als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung erfordert.

Auch andere, von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung teils kontrovers, teils übereinstimmend diskutierte Vorkommen von Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie belegen einen (Nach-)Meldebedarf nicht. Soweit der Sachbeistand der Kläger auf ein Vorkommen der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis), des Kammmolchs (Triturus cristatus) und der Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) hingewiesen hat, hat der Sachbeistand der Beigeladenen und Mitautor der FFH-Verträglichkeitsstudie in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Große Moosjungfer nur in Kleingewässern in einigen Jahren vorgekommen sei und es sich nicht um ein herausragendes Vorkommen mit überregionalem Wert handele. Der Kammmolch komme im Eingriffsbereich nur in randlichen, von der Forstverwaltung angelegten Bereichen vor, es handele sich nicht um ein "geeignetstes" Gebiet. Eine Bechsteinfledermaus sei im Bereich in der Hondelager Straße nur einmal in einem Nistkasten gefunden worden. Da es bei diesem Einzelfund geblieben sei, sei eine Wochenstube auszuschließen. Diese geringen und teilweise nur temporären Vorkommen von Tierarten können nicht belegen, dass auch der vom Flughafenausbau betroffene Waldbereich ebenso wie die nördlich gelegenen Flächen notwendig für das Netz "Natura 2000" sind.

Die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg als Projekt nach § 10 Abs. 1 Nr. 11 a) BNatSchG i.V.m. § 34 a Abs. 1 NNatG beeinträchtigt allerdings das Vogelschutzgebiet V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" erheblich i.S.d. § 34 c Abs. 2 NNatG (= § 34 Abs. 2 BNatSchG), indem sie 70,33 ha Waldfläche in Anspruch nimmt, wobei es auf einer Fläche von 33,4 ha zu einem vollständigen Waldverlust kommt. Die Waldflächen zwischen Braunschweig und Wolfsburg gehören wegen ihres reichen Angebots an großflächig ausgebildeten Eichenbeständen und ihres hohen Anteils von Alt- und Totholz zu einem der wertvollsten Gebiete für Spechte in Niedersachsen. Dort wurden Siedlungsdichten des Mittelspechts festgestellt, die deutlich über den bisher für Mitteleuropa bekannten Werten liegen. Mehr als 20% seines landesweiten und 2,5% seines bundesweiten Brutbestandes finden sich in diesem Waldkomplex. Bemerkenswert sind auch die zum Teil hohen Dichten brütender Greifvögel. Dementsprechend waren für die Meldung des Vogelschutzgebiets V48 die Vogelarten Rotmilan (Milvus milvus), Grauspecht (Picus canus), Schwarzspecht (Dryocopus martinus) und Mittelspecht (Dendrocopus medius) ausschlaggebend, deren Population eine hervorragende bzw. hohe Bedeutung für den Naturraum, das Land Niedersachsen und ganz Deutschland sowie einen guten Erhaltungszustand aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 146). Der für ihren Schutz maßgebliche Bestand des Eichen-Hainbuchenwaldes einschließlich des etwa 25 ha großen, für die geschützten Spechtarten lebensnotwendigen Altholzbestandes wird zu 2,11% der Gesamtfläche des etwa 3.300 ha großen Vogelschutzgebiets betroffen sein und liegt damit über dem 1%-Kriterium (vgl. Lambrecht/Trautner pp., Endbericht "Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung", S. 128 f.), so dass die Beklagte schon deshalb zutreffend von einer erheblichen Beeinträchtigung ausgegangen ist.

2.3.3.2 Die Beklagte hat die nach § 34 c Abs. 2 NNatG wegen der erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des betroffenen Vogelschutzgebietes grundsätzlich unzulässige Verlängerung der Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg im Wege der Ausnahme gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG unter den Gesichtspunkten, hinsichtlich derer die Klägerin zu 3) rügebefugt ist, zulassen dürfen.

2.3.3.2.1 Sie hat mit § 34 c Abs. 3 NNatG (und Art. 7 i.V.m. Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie) den rechtlich zutreffenden Maßstab angewandt. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Projekt nicht an Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie zu messen.

Die von der Landesregierung am 08. August 2006 gemäß § 34 b Abs. 1 Satz 1 NNatG erklärte Erweiterung des Vogelschutzgebiets V48 u.a. um das durch die Planfeststellung betroffene Gebiet der Wälder zwischen Waggum und Hondelage (gemäß § 10 Abs. 6 BNatSchG am 26.07.2007 bekannt gemacht im BAnz Nr. 196a v. 19.10.2007 S. 31) liegt im LSG "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile".

U.a. durch die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile" (LSG BS 9) der Stadt Braunschweig in der Fassung vom 04. August 2006 (Amtsblatt der Stadt Braunschweig Nr. 18 vom 10.08.2006, S.65) ist das Vogelschutzgebiet gemäß § 7 FFH-Richtlinie rechtlich in das Schutzsystem der §§ 34 BNatSchG, 34 c NNatG, die der Umsetzung des Art. 6 FFH-Richtlinie dienen, übergegangen. Die von den Klägern insoweit aufgeworfenen Zweifel teilt der Senat nicht.

Er hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Vogelschutzgebiet nicht vollständig gemäß § 34 b Abs. 2 NNatG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft erklärt worden ist. Die Verordnung der Stadt Braunschweig konnte nicht das gesamte Vogelschutzgebiet V48 erfassen, weil es größer ist als der Zuständigkeitsbereich der Stadt. Neben dem erwähnten Landschaftsschutzgebiet umfasst das Vogelschutzgebiet "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" die Landschaftsschutzgebiete Beienroder Holz, Essenrode bis Grassel, Schuntertal, Rothehofer Forst, Klieversberg und Detmerode, Hattorfer Holz sowie Hohnstedter Holz und Wilshop der Landkreise Helmstedt und Gifhorn sowie der Stadt Wolfsburg (vgl. BAnz. a.a.O.).

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile" ist nicht nichtig. Dass der Flächennutzungsplan der Stadt Braunschweig zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung für einen Teil der unter Schutz gestellten Flächen eine naturschutzfremde Nutzung (Erweiterung DLR) in Aussicht genommen hat, führt nicht zu einem Konflikt zwischen Landschaftsschutz und Bauleitplanung (vgl. insoweit Nds.OVG, Urt. v. 15.09.2005 - 8 KN 72/02 -, dbovg) mit der Folge einer Nichtigkeit der Verordnung. Das von den Klägern angeführte Urteil des 8. Senats ist zu einem als nicht schutzwürdig beurteilten Landschaftsbestandteil ergangen, dessen Schutz - wie auch die Festsetzungen im Flächennutzungsplan - in das Ermessen der Gemeinde gestellt ist. Europäische Vogelschutzgebiete hingegen "sind" gemäß § 34 b Abs. 2 NNatG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft zu erklären, so dass es wegen dieses eindeutigen Normbefehls ein Ermessen der Stadt Braunschweig als Verordnungsgeberin über das "Ob" der Unterschutzstellung nicht gab. Da andererseits gemäß § 7 Nr. 6 der LSG-VO Pläne und Projekte freigestellt sind, die nach Prüfung der Art. 6 Abs. 3 FFH- Richtlinie, § 34 Abs. 2 BNatSchG, § 34 c Abs. 2 NNatG festgestellt bzw. die nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG, § 34 c Abs. 3 bis 5 NNatG zugelassen worden sind, ist der Stadt bei ihrer Bauleitplanung ein planerischer Spielraum eröffnet, den sie zunächst durch die (fortdauernde) naturschutzfremde Festsetzung ausfüllen durfte. Mittlerweile hat die Stadt Braunschweig ihren Flächennutzungsplan durch die 94. Änderung (vgl. ABl. der Stadt Braunschweig v. 28.01.2009 S. 5) der Landschaftsschutzgebietsfestsetzung angepasst.

Wegen der gesetzlichen Pflicht, Vogelschutzgebiete unter Schutz zu stellen, liegen die Ausführungen der Kläger zur (ihrer Ansicht nach fehlenden) "Erforderlichkeit" der Unterschutzstellung neben der Sache. Dies gilt auch, soweit die Kläger rügen, dass der Erlass der Landschaftsschutzänderungsverordnung nicht Ziele des Naturschutzes verfolgt, sondern dem luftverkehrlichen Ausbau dienen soll. Das objektiv richtige Handeln der für den Erlass der Schutzverordnung zuständigen Stellen, nämlich die von § 34 b Abs. 2 NNatG gebotene förmliche Unterschutzstellung eines Vogelschutzgebiets, wird nicht deshalb falsch, wenn die Motivation nicht allein von Naturschutzüberlegungen getragen ist. Art. 7 FFH-Richtlinie soll den Mitgliedstaaten einen Anreiz zur Ausweisung von Schutzgebieten bieten und eröffnet ihnen die Möglichkeit, sich von dem strengeren Schutzstandard der Vogelschutz-Richtlinie zu lösen und in einem geregelten Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie (§ 34 c NNatG) nach Prüfung der (Un-)Verträglichkeit mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen wichtige Infrastrukturvorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art ausnahmsweise trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung zuzulassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, Hochmosel I, NVwZ 2004, 1114, 1116 f. unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 07.12.2000 - Rs C 374/98 -, NVwZ 2001, 549 (550) Rn. 56). Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich Behörden diese Möglichkeit gezielt zunutze machen.

Entgegen der Auffassung der Kläger reicht die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet als Unterschutzstellung im Sinne des Art. 7 FFH-Richtlinie aus, eine Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet war nicht geboten (vgl. § 34 b Abs. 2 NNatG, § 33 i.V.m. § 22 Abs. 1 BNatSchG). Der durch die erlassene Landschaftsschutzverordnung gewährte Schutz ist ausreichend, weder bedarf es eines durch Einrichtung eines Naturschutzgebietes möglichen absoluten Veränderungsverbots noch einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, der Allgemeinheit den Zutritt zum Vogelschutzgebiet zu versagen. Die Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg werden seit Jahrzehnten forstwirtschaftlich genutzt, so dass eine von Menschen gesteuerte, kontinuierliche Verjüngung den Erhalt der Wälder und damit des Lebensraums für die wertgebenden Vogelarten ermöglicht. Ebenfalls seit Jahrzehnten dienen diese Wälder der in der Nähe siedelnden Bevölkerung als Naherholungsgebiet. Weder die forstwirtschaftliche Nutzung noch die erholungsuchenden Menschen hatten in der Vergangenheit einen nachteiligen Einfluss auf die Eignung des Gebietes für Spechte und Greifvögel. Dies ist belegt durch die deutlich überdurchschnittlichen Siedlungsdichten dieser Vögel und den guten Erhaltungszustand ihrer Populationen, die Anlass für die Erweiterung des Vogelschutzgebiets waren. Diese Umstände widerlegen die Ansicht der Kläger, die wertgebenden Vogelarten seien gegenüber den bisherigen Nutzungen, soweit sie nicht durch § 5 LSG-VO verboten sind, "besonders störsensibel".

Die LSG-VO ist weder nichtig noch im Hinblick auf den Übergang des Schutzregimes gleichsam unbeachtlich, weil sie unter bestimmten Voraussetzungen zugelassene Pläne und Projekte von den Einschränkungen aufgrund der Verordnung freistellt. Die LSG-Verordnung gibt in § 4 den Schutzzweck und die Erhaltungsziele gerade auch für das Europäische Vogelschutzgebiet an und sichert diese durch die Verbote gemäß § 5. Die Verweisung des § 7 Nr. 6 LSG-VO auf das positive Ergebnis einer Verträglichkeits- oder Abweichensprüfung als Voraussetzung einer Freistellung von den Verboten und Erlaubnisvorbehalten der Verordnung ist geeignet, die materiell-rechtlichen Anforderungen des gerade in Bezug genommenen Art. 6 FFH-Richtlinie abzusichern. Die Verweisung mindert nicht die Anforderungen, sondern vermeidet doppelte Untersuchungen; die untere Naturschutzbehörde wird außerdem über die Anhörung der Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsverfahren beteiligt. Die gegen die Freistellungsregelung unter Verweis auf die einschlägigen Vorschriften des NNatG bzw. des BNatSchG vorgebrachte Forderung der Kläger, ausschließlich die LSG-VO müsse Regelungen enthalten, die ohne Rückgriff auf höherrangige Vorschriften auf das Landschaftsschutzgebiet wirkende Projekte steuern können, entbehrt einer rechtlichen Grundlage. Dass Vogelschutz- wie FFH-Gebiete nicht veränderungsfest sind, ergibt sich schon aus den von § 7 Nr. 6 LSG-VO in Bezug genommenen Normen.

Das Vogelschutzgebiet ist auch vollständig gemeldet. Ob - wie die Kläger meinen - bei unvollständig gemeldeten Gebieten auch in den Gebietsteilen, die der Kommission gemeldet sind, das Rechtsregime der Vogelschutzrichtlinie weiter gilt und nicht das der FFH-Richtlinie und der sie umsetzenden nationalen Vorschriften, kann hier dahinstehen, weil das Vogelschutzgebiet V48 nicht auch auf das (vom planfestgestellten Vorhaben nicht betroffene) Waldgebiet südlich der BAB A 2 ausgedehnt werden musste. Der Umstand allein, dass sich in einem Gebiet bestimmte Vogelarten nachweisen lassen, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass eine Schutzgebietsausweisung nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Vogelschutz-Richtlinie auch für diesen Bereich geboten ist. Nur Lebensräume und Habitate, die für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 Vogelschutz-Richtlinie geeignetsten Gebiete. Bei der Frage, welche Gebiete die ornithologischen Kriterien erfüllen, besteht ein fachlicher Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, Lüssower Senke / Ortsumgehung Stralsund, BVerwGE 126, 166 (168 f.) Rn. 20).

Die von der Landesregierung am 08. August 2006 erklärte Erweiterung des Vogelschutzgebiets V48 u.a. um Wälder zwischen Waggum und Hondelage nördlich der BAB A 2, nicht aber um den südlich der Autobahn gelegenen Wald, ist danach gerichtlich nicht zu beanstanden. Nach der dem Senat vom Niedersächsischen Umweltministerium übermittelten Auskunft des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vom 05. Mai 2009 waren Grundlage der Kabinettsentscheidung ein Fachgutachten (Rehfeldt/Wilke-Jäkel, Ornithologische Bedeutung des Waldgebietes "Querumer Forst" östlich des Forschungsflughafens Braunschweig im Hinblick auf ein "Faktisches Vogelschutzgebiet" vom Oktober 2005, in BA "F") und die Stellungnahme der Staatlichen Vogelschutzwarte zu diesem Gutachten vom 24. November 2005, die auch den Abgrenzungsvorschlag erarbeitet hatte. Danach kommt dem Teilgebiet südlich der Autobahn wegen der unterschiedlichen Waldbewirtschaftung, der ungünstigeren Ausprägung der Waldbestände und der deswegen geringeren Siedlungsdichte der wertbestimmenden Arten eine deutlich geringere Bedeutung als den nördlich der BAB A 2 gelegenen Flächen des Querumer Forstes zu. Zudem kommen einige der wertgebenden Vogelarten nicht als Brutvögel vor.

Zwar hält (nachdem die IBA-Liste 2000 die Laubwälder bei Braunschweig überhaupt nicht ausweist) die IBA-Liste 2002 dort 4400 ha für schutzwürdig, während das Vogelschutzgebiet V48 nach seiner Erweiterung nunmehr 3300 ha umfasst. Allerdings ist der Beschreibung des Gebietscharakters in § 3 der LSG-VO zu entnehmen, dass sich die frischen bis feuchten, mäßig basenreichen bis basenreichen Standorte für Eichen- und Hainbuchenmischwälder auf Bereiche nördlich der BAB A 2 erstrecken, während in dem Teilbereich des Querumer Waldes südlich der BAB A 2 auch jüngere Laubwaldbestände sowie Nadelwaldbestände anzutreffen sind. Die letztgenannten Flächen werden wegen ihrer Nähe zur Wohnbebauung intensiv zur Naherholung genutzt, so dass der Wald hier den Charakter eines Stadtwaldes hat. Diese Gebietsbeschreibungen sprechen dafür, dass der Wald südlich der BAB 2 nicht zu den geeignetsten Gebieten i.S. des Art. 4 Vogelschutzrichtlinie gehört und sich die Abgrenzung des Vogelschutzgebiets innerhalb des dem Land Niedersachsen eingeräumten naturschutzfachlichen Ermessens hält, zumal es keine Anhaltspunkte für naturschutzfremde Gründe gibt. Denn weder berührt die geplante Erweiterung des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg den Bereich des Querumer Forsts südlich der BAB A 2 noch sind in diesem seit mehr als 35 Jahren dem Landschaftsschutz gewidmeten Gebiet andere Nutzungsansprüche bekannt. Insgesamt sprechen schon diese Gesichtspunkte gegen die Notwendigkeit, den Querumer Forst südlich der BAB A 2 in dieses Netz einzubeziehen. Dies führt zu einer stark eingeschränkten richterlichen Kontrolldichte der behördlichen Auswahlentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, NuR 2008, 633 = juris Rn. 58). Den strengen Anforderungen, die unter diesen Umständen an die Darlegung eines nicht erfassten faktischen Vogelschutzgebiets zu stellen sind, wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht, der sich allein auf das IBA-Verzeichnis 2002 und Melter/Schreiber, Wichtige Brut- und Rastvogelgebiete in Niedersachsen 2000, bezieht. Die Beigeladene hat hingegen die ornithologische Bedeutung des Querumer Forsts auch unter Einschluss der 200 ha großen Waldflächen südlich der BAB A 2 unter Berücksichtigung dieser Quellen untersuchen lassen (Rehfeldt/Wilke-Jäkel, a.a.O.). Danach nehmen die mit strukturreichen Eichen-Hainbuchenwäldern bestockten Flächen von Norden (84%) nach Süden (45%) kontinuierlich ab. Der Anteil der forstwirtschaftlich überprägten Waldbereiche u. a. durch Kiefern ist südlich der Autobahn am höchsten. Parallel dazu nimmt die Bedeutung der Flächen als Brutgebiet für gefährdete Vogelarten von Norden nach Süden ab. Entsprechend würdigt das Gutachten die Waldflächen südlich der Autobahn wegen der derzeitigen Struktur des Waldes als mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu den für den Vogelschutz geeignetsten Gebieten gehörend (vgl. a.a.O., S. 3, 15, 18).

Dafür, dass der Querumer Forst südlich der Autobahn nicht nur für den Vogelschutz geeignet ist, sondern auch zu den geeignetsten Gebieten gehört, können sich die Kläger auch nicht auf die mit Gründen versehene Stellungnahme der EU-Kommission vom 10. April 2006 im Vertragsverletzungsverfahren 2001/5117 stützen. Die EU-Kommission mahnt zwar zugunsten des Mittel- und Grauspechts eine weitere Meldung im Bereich der "Laubwälder Braunschweig" an, dies geschah aber vor der Erklärung und Unterschutzstellung weiterer Laubwaldgebiete Braunschweigs nördlich der BAB A 2 zum Vogelschutzgebiet. Für die Annahme, dass die Einbeziehung des Querumer Forstes südlich der BAB A 2 in die Erweiterung des Vogelschutzgebiets entbehrlich war, sprechen die Angaben der EU-Kommission vor allem zum Grau- und Mittelspecht. Danach (vgl. S. 11 der Stellungnahme) sind schon vor Erweiterung des Vogelschutzgebiets V48 10% der landesweiten Population des Grauspechts durch Vogelschutzgebiete geschützt, ein höherer Anteil lasse sich aufgrund der hohen Raumansprüche nicht erreichen. Der Mittelspecht sei mit zwei Dritteln seiner Population in Vogelschutzgebieten erfasst. Dieser Wert ist bereits durch die Erweiterung des Vogelschutzgebietes V48 mit seinem überdurchschnittlichen Bestand erhöht worden, so dass ein weiterer Meldebedarf gerade an dieser Stelle nicht besteht.

2.3.3.2.2 Die Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG ist auf der Grundlage einer gerichtlich nicht zu beanstandenden Verträglichkeitsprüfung vorgenommen worden. Der ihr zugrunde liegende Fachbeitrag (Planunterlage 10.5, im Folgenden auch: Verträglichkeitsuntersuchung) weist hinsichtlich der Ermittlung von Art und Ausmaß der Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets durch das Vorhaben weder methodische Fehler noch relevante Defizite bei der Datengrundlage auf. Sie berücksichtigt bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen u.a. Lambrecht/Trautner pp., Endbericht "Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung", die "LANA-Empfehlungen zur Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung" (abgedruckt bei Burmeister, NuR 2004, S. 296, 299 ff., in der Verträglichkeitsuntersuchung zitiert als 'Burmeister (2004)') sowie den "Leitfaden für Bundesfernstraßen zum Ablauf der Verträglichkeits- und Ausnahmeprüfung nach §§ 34, 35 BNatSchG" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Beklagte nicht sämtliche sich konkret abzeichnenden Risiken, die das Vorhaben für Erhaltungsziele des Gebiets auslöst, betrachtet hat oder nicht die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse abgerufen, dokumentiert und berücksichtigt hat (vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, Westumfahrung Halle, BVerwGE 128, 1, Rn. 114).

Die Kläger kritisieren insoweit, dass die Beklagte auf der Grundlage der Verträglichkeitsuntersuchung zwar hinsichtlich der Waldbetroffenheit und der meisten allgemeinen wie artenbezogenen, speziellen Erhaltungsziele eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen hat, nicht jedoch hinsichtlich der vier wertgebenden Vogelarten. Dieser Einwand beruht jedoch ersichtlich auf dem Verständnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Fläche eines Vogelschutzgebiets im selben Maß für die in diesem Gebiet lebenden Arten erheblich sein muss. Dies ist nicht der Fall. Hinsichtlich der Populationsgröße einer für das Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Art ist maßgeblich, dass die Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird (vgl. Art. 1 Buchst. i Satz 2 1. Spiegelstrich FFH-Richtlinie). Das Kriterium, dass das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird (Art. 1 Buchst. i Satz 2 2. Spiegelstrich FFH-Richtlinie), bedeutet nicht, dass jede Flächenbeeinträchtigung notwendig mit einer Abnahme des Verbreitungsgebiets gleichzusetzen ist, zumal im Wege der Kompensation durch Schaffung geeigneter Ausweichhabitate der günstige Erhaltungszustand der betroffenen Art gewährleistet werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, Westumfahrung Halle, a.a.O., Rn. 45). § 4 Abs. 2 Punkt 1 der LSG-VO bestimmt als Erhaltungsziel "Erhalt und Entwicklung von stabilen, überlebensfähigen Beständen der hier vorkommenden wertbestimmenden Brutvogelarten", so dass der von der Verträglichkeitsuntersuchung gewählte Maßstab nicht zu beanstanden ist.

Die Verträglichkeitsuntersuchung hat auch die schon vor der Erweiterung des Vogelschutzgebietes und dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Gebiet des Landkreises Helmstedt durchgeführten lokalen Kahlschläge betrachtet und zutreffend bewertet. Die forstwirtschaftlichen Maßnahmen trugen in der Vergangenheit zur kontinuierlichen Verjüngung und damit zum Erhalt des Eichenwaldes bei. Sie hinderten nicht die Eignung der Wälder als Vogelschutzgebiet. Die Verträglichkeitsuntersuchung hat auch diese lokalen Kahlschläge und ihre anschließende Neubestockung mit Eichensetzlingen kumulativ betrachtet (Planunterlagen 10.5, S. 94 ff.). Mit Auflage 2.5.7 hat die Beklagte überdies dem Maßnahmeträger aufgegeben, die von den zuständigen Behörden aufzustellenden Bewirtschaftungs- bzw. Managementpläne für die Nutzung der Wälder innerhalb des Natura 2000-Gebietes zu beachten. Es ist weder Aufgabe der Beklagten noch Gegenstand dieses Planfeststellungsverfahrens, solche Bewirtschaftungs- bzw. Managementpläne für das gesamte Vogelschutzgebiet aufzustellen.

Die Verträglichkeitsuntersuchung ist auch nicht deshalb als Grundlage für die Abweichensprüfung unzureichend, weil sie nicht alle nach Ansicht der Kläger "relevanten Vogelarten und ihre Lebensräume" betrachtet hätte. Wie bei FFH-Gebieten sind auch bei Vogelschutzgebieten nicht sämtliche im Gebiet vorhandenen Arten zum Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu machen, sondern nur die Arten, aufgrund derer das Gebiet ausgewählt wurde (vgl. zu Arten in FFH-Gebieten, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Westumfahrung Halle, a.a.O., Rn. 77; zum Vogelschutz OVG R-P, Urt. v. 08.11.2006 - 8 C 11523/06.OVG -, DVBl. 2008, 321, Rn. 87 und nachgehend BVerwG, B. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NVwZ 2008, 1115 (1117) Rn. 12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EuGH vom 20. September 2007 (- Rs. C-304/05 -, Slg. 2007, I-7495), wonach gemäß Art. 7 Vogelschutzrichtlinie zwar die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-Richtlinie an die Stelle der Pflichten treten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie ergeben, daneben aber die Verpflichtungen nach Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutzrichtlinie bestehen bleiben (a.a.O., Rn. 104). Wie sich aus den auch von den Klägern angeführten Schlussanträgen der Generalanwältin zu diesem Verfahren ergibt, bleiben die von den Mitgliedsstaaten in den Standarddatenbögen übermittelten Erhaltungsziele Maßstab auch des gemäß Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 Vogelschutzrichtlinie zu gewährleistenden Vogelschutzes (Schlussanträge der Generalanwältin vom 19.04.2007 zum Verfahren Rs. C-304/05, Rn. 33-37). Die von Dr. Schreiber als Sachbeistand der Kläger in seiner Stellungnahme vom 13. Juli 2007 als in der Verträglichkeitsuntersuchung nicht berücksichtigt angeführten Vogelarten sind jedoch nicht die, aufgrund derer das Gebiet ausgewählt wurde. Eine Abweichung der im Standarddatenbogen mitgeteilten Erhaltungsziele von denen des § 4 LSG-VO haben die Kläger nicht dargetan. Abgesehen davon untersucht und bewertet die Verträglichkeitsuntersuchung auch die Auswirkungen auf die nach Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie geschützten Vogelarten, die in diesem Gebiet nachgewiesen sind (Planunterlage 10.5, S. 65 f. und 89 bis 91). Prof. Dr. Rehfeldt hat als Sachbeistand der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass Zwergschnäpper, Graugans und Pirol im Plangebiet nicht vorkommen.

Die Verträglichkeitsuntersuchung betrachtet auch unter verschiedenen Gesichtspunkten die mit dem planfestgestellten Vorhaben verbundenen Zerschneidungswirkungen (vgl. Planunterlage 10.5, S. 34 f., 43, 58, 74, 81 u.a.), insbesondere die Trennung der nördlich des geplanten Flughafengeländes (Bereich "Im Klei") gelegenen Waldflächen, die sich in der Essenroder Waldplatte bis nach Wolfsburg erstrecken, von denen südlich der BAB A 2 (a.a.O., S. 43, 81, 92, 120).

Ebenfalls von der Verträglichkeitsuntersuchung behandelt sind die Auswirkungen des Bau- und Fluglärms (insbesondere a.a.O., S. 76 ff.), wobei die Gutachter kumulativ auch die von ihnen als schwerwiegender bewertete Störung durch den optischen Eindruck überfliegender Flugzeuge betrachten und auf den Umstand hinweisen, dass Mittel- und Schwarzspecht unmittelbar im Randbereich des bisherigen Flughafens vorkommen und dies auf eine gewisse Gewöhnung schließen lasse. Angesichts der zahlreichen Überlegungen zum Fluglärm in der Verträglichkeitsuntersuchung ist die Kritik der Kläger, die projektbezogene Verlärmung sei ausgeklammert worden, nicht nachvollziehbar.

2.3.3.2.3 Die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG notwendig.

Um diese vom Gesetz verlangten "öffentlichen Interessen einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art" annehmen zu können, bedarf es keiner Sachzwänge, denen gleichsam niemand ausweichen kann. Vorausgesetzt wird lediglich ein von Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln, dessen Gewicht ausreicht, sich gegenüber den Belangen des Gebietsschutzes durchzusetzen (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000, - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 (314); Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau, a.a.O. Rn. 153; Nds.OVG, Urt. v. 11.09.2008 - 7 K 1269/00 -). Als Abweichensgründe kommen für Vorhaben, die nur nicht-prioritäre Lebensraumtypen oder Arten erheblich beeinträchtigen, prioritäre Lebensraumtypen oder Arten jedoch nicht beeinträchtigen können, neben solchen sozialer oder wirtschaftlicher Art sowie den benannten Abweichungsgründen des § 34 c Abs. 4 Satz 1 NNatG auch vielfältige andere Gründe in Betracht. Inhaltliche Beschränkungen, die über die Ausrichtung auf ein öffentliches Interesse hinausgehen, bestehen nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau, a.a.O.).

Der bedarfsgerechte Ausbau von Verkehrsflughäfen liegt - wie sich den Regelungen des Luftverkehrsgesetzes entnehmen lässt - im öffentlichen Interesse (vgl. die Ausführungen zur Planrechtfertigung oben unter 2.3.2 m.w.N.). Gegen den von der Beigeladenen ermittelten Bedarf lässt sich nicht einwenden, dass es sich um "Einzelwünsche" handelt. Jeder luftverkehrsrechtliche Bedarf besteht aus der Summe einzelner Nutzungswünsche, da ein Flughafen jeweils nur konkret durch Einzelne und nicht gleichsam abstrakt durch "die Allgemeinheit" genutzt werden kann. Selbst die von den Klägern vorgelegte gutachterliche Stellungnahme von Faulenbach da Costa vom 09. Juli 2007 hält - allerdings unter anderen als den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Vorgaben - eine (geringere) Verlängerung der Start- und Landestrecken für erforderlich.

Zu den öffentlichen Interessen gehört die Stärkung des bereits vorhandenen luft- und verkehrstechnischen Forschungsstandorts. Dem halten die Kläger lediglich entgegen, dass die Forschung, die einer längeren Start- und Landebahn bedarf, an andere Standorte verlagert werden könne. Eine solche Verlagerung ist jedoch nicht Ziel der Planung, die eine Abwanderung der Forschungseinrichtungen und der mit ihr zusammenhängenden Firmen gerade verhindern soll. Bekannt ist bereits jetzt, dass für Untersuchungen neu entwickelter sog. Hochauftriebssysteme das Forschungsflugzeug mit möglichst hohem Gewicht starten soll, um Erkenntnisse zu Startleistung und Lärmemissionen gewinnen zu können (vgl. Schreiben der DLR v. 13.07.2006 in BA "K"). Die DLR verfolgt als überwiegend öffentlich finanzierte Großforschungseinrichtung in Zusammenarbeit mit der deutschen Flugzeugindustrie industriepolitische Ziele, um steuerfinanzierte Forschung auch wertschöpfend in Deutschland zum Einsatz zu bringen. Ob eine geringere Verlängerung der Start- und Landebahn ausreichend wäre, ist hingegen eine Frage der Alternativenprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG.

Die regionale Strukturhilfe zählt zu den "wirtschaftlichen Gründen" i.S. des § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG. Die den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg für den Werksverkehr nutzenden Firmen haben die Folgen der derzeitigen Betriebsbeschränkungen und ihren Bedarf dargelegt (vgl. Planunterlage 2, Anhänge 2 - 6, Protokoll des Erörterungstermins vom 19.12.2005, S. 62 ff. in BA "G").

Soweit auch luftsicherheitsrelevante Bestimmungen den Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg erfordern, spricht deren Erwähnung im (allerdings den Artenschutz betreffenden) Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 2. Spiegelstrich Vogelschutzrichtlinie ebenfalls für eine Notwendigkeit i.S. des § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG. Der Planfeststellungsbeschluss verweist darauf, dass derzeit wegen der nicht bestehenden Hindernisfreiheit in Abweichung der Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die geforderte Neigung der Anflugflächen von 1:50 nicht gegeben ist und die Streifenbreite dieser Anflugfläche nicht 300 m, sondern nur 150 m beträgt. Wegen dieses Sicherheitsrisikos ist ein Anflug von Osten nur aufgrund einer zeitlich befristeten Ausnahmegenehmigung möglich. Im Zusammenhang mit der luftverkehrsrechtlichen Sicherheit ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Gemeinsamen europäischen Betriebsvorschriften für Flächenflugzeuge - JAR OPS -, die für den gewerblichen Flugverkehr gelten, bereits jetzt für den Werksverkehr in den Blick nimmt, auch wenn die entsprechenden Regeln erst erwartet werden. Es wäre nicht zu rechtfertigen, wenn die Nutzer des Werksverkehrs sich auf niedrigere Sicherheitsstandards verweisen lassen müssten (zur weiten Auslegung des Begriffs "Sicherheit" in der artenschutzrechtlichen Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Vogelschutzrichtlinie vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1073.04 -, Berlin-Schönefeld, Rdnr. 573; OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06.OVG -, Hochmosel II, NuR 2008, 181 (202); HessVGH, Urt. v. 17.06.2008 - 11 C 1975/07.T -, Kassel-Calden, NuR 2008, 785 = ZUR 2009, 93, Rn. 246).

Sind schließlich die für das planfestgestellte Vorhaben sprechenden Belange geeignet, die Voraussetzungen des Gemeinwohlerfordernisses des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu erfüllen und so den strengen Anforderungen des Enteignungsrechts zu genügen, rechtfertigen sie auch die Annahme zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG (vgl. insoweit zu den artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-Richtlinie und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Vogelschutzrichtlinie: BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 - 4 A 1073.04 -, Berlin-Schönefeld, juris Rn. 573; da die entsprechende Formulierung des Ausnahmegrundes in Art. 6 Abs. 4 gleichlautend wie in Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-Richtlinie formuliert ist, besteht kein Grund zu einer unterschiedlichen Auslegung des Ausnahmetatbestandes). Der Senat wertet das Gewicht der öffentlichen Interessen am Ausbau des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg vor allem deshalb als hoch, weil die in Braunschweig bereits vorhandene technische Kompetenz und Infrastruktur für die Avionik-Forschung mindestens in Deutschland einzigartig sind. Das DLR hat in der mündlichen Verhandlung durch seinen Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik überzeugend erläutert, dass nur in Braunschweig am Flugzeug geforscht wird, während dies an seinem Standort in Oberpfaffenhofen mit dem Flugzeug und anderen wissenschaftlichen Schwerpunkten geschieht. Entsprechend gibt es nur am Standort Braunschweig die zur Forschung notwendigen Einrichtungen wie z.B. die Telemetrie. Der von den Klägern vorgetragene gleiche Verwaltungsaufbau beider Standorte ist nicht geeignet, diesen Befund in Frage zu stellen.

Den Gründen, die in ihrem Zusammenwirken dem Vorhaben ein öffentliches Interesse verleihen, stehen Beeinträchtigungen gegenüber, die die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets gemäß § 4 Abs. 2 LSG-VO in unterschiedlichem Maß treffen. Hinsichtlich der wertbestimmenden Vogelarten, deren überlebensfähige Bestände erhalten und gefördert werden sollen, wird die Erheblichkeitsschwelle insgesamt nicht in einem Maße überschritten, dass eines der Erhaltungsziele dem Vorhaben geopfert werden müsste. Vielmehr kann das Schutzgebiet seine Funktionen für dieses Erhaltungsziel, wenn auch auf etwas abgeschwächtem Niveau, ohne Unterbrechung weiter erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau, a.a.O., Rn. 165). Der Mittelspecht besiedelt das Vogelschutzgebiet V48 mit etwa 441 Brutpaaren in einer Dichte von 1,34. Durch den Verlust von 11 Brutrevieren ist eine theoretische Reduzierung der Dichte von ca. 0,04 zu erwarten. Durch die Migration der Mittelspechte aus dem Erweiterungsbereich des Flughafens in andere Reviere sind Bestandsveränderungen von < 5% zu erwarten, die innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite derartiger Populationen (33%) liegen. Der Schwarzspecht wird durch den Verlust eines Teiles seines sehr großen Reviers beeinträchtigt, das Gebiet der vermuteten Bruthöhle dieses Paares wird von den baubedingten Auswirkungen kaum erreicht. Die Gesamtpopulation des Vogelschutzgebiets von 19 Brutpaaren wird nicht beeinträchtigt. Für die Gesamtpopulation der Grauspechte entfaltet das Bauvorhaben keine Auswirkungen, weil dieser Bereich nicht als Brutrevier genutzt wird. Die verbleibenden, nördlich anschließenden Bereiche sind für eine ganzjährige Nutzung weiterhin geeignet. Gleiches gilt für die Gesamtpopulation des Rotmilans, für den das Bauvorhaben lediglich potentiellen Brutlebensraum durch Überbauung in großen Teilen vernichtet. Der Großteil der für die Art geeigneten Flächen liegt außerhalb der von Projektwirkungen beeinträchtigten Bereiche. Diese Darlegungen der Verträglichkeitsprüfung (Planunterlage 10.5, S. 82 bis 89) ist zu entnehmen, dass trotz der erheblichen Beeinträchtigungen verschiedener Erhaltungsziele das Vogelschutzgebiet seine Funktion als Lebensraum der wertgebenden und anderen Vogelarten weiter erfüllen kann. Die Beeinträchtigungen anderer Erhaltungsziele für das europäische Vogelschutzgebiet wiegen schwerer. In den durch das Vorhaben direkt betroffenen Waldbereichen können störungsfreie Brut-, Aufzucht- und Nahrungshabitate für diese Vogelarten nicht gesichert und die von diesen Arten benötigten Lebensräume nicht geschützt, gepflegt und entwickelt werden. Im Bereich der Überbauung wird dieser Verlust endgültig sein, im Bereich des Waldumbaues werden durch Entwicklung nieder- und mittelwaldartiger Laubwälder sowie andere Maßnahmen andere artenreichen und seltene Lebensräume geschaffen, die jedoch betriebsbedingt durch Immissionen betroffen bleiben werden (vgl. Verträglichkeitsuntersuchung, Planunterlage 10.5, S. 96 bis 99). Da die erheblich beeinträchtigten Erhaltungsziele gleichsam eine "dienende" Funktion für das Erhaltungsziel haben, den Bestand der wertgebenden Vogelarten zu sichern, dieses jedoch dem Vorhaben nicht geopfert werden wird, während bei einem Verzicht auf die Flughafenerweiterung die mit dem Ausbau verfolgten Ziele, den Forschungsstandort sowie die mit ihm und den den Flughafen nutzenden Unternehmen verbundenen Arbeitsplätze zu sichern, teilweise in hohem Maß gefährdet wären, sind die öffentlichen Interessen grundsätzlich geeignet, Einschränkungen des Vogelschutzes zu rechtfertigen.

Ob auch die Aufrechterhaltung der Straßenverbindung zwischen den benachbarten Stadtteilen Waggum/Bevenrode und Querum/Gliesmarode durch die planfestgestellte Verbindungsstraße zwischen der Grasseler und der Tiefen Straße (Planunterlage 5.3 "Technische Planung Straßenbau - Östliche Umfahrung") aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG notwendig ist, kann in diesem Verfahren dahinstehen. Die Klägerin zu 3) ist von diesem abtrennbaren Teil des Gesamtvorhabens nicht in der Weise betroffen, dass eine Änderung zu einer Verschonung ihres Grundeigentums führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27/95 -, NVwZ 1996, 1011 (1012) m.w.N.; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1078.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, juris Rn. 500). Das gilt auch, wenn eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 252 f.; B. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, ZUR 2008, 378 Rn. 11). Die Verkehrsführung zwischen den Ortsteilen Waggum/Bevenrode/Bienrode einerseits und Querum/Gliesmarode andererseits hat zwar Auswirkungen auf die Belange der Kläger, die aber nicht Gegenstand der Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG sind.

2.3.3.2.4 Eine zumutbare Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG, die mit der Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg beabsichtigten Ziele an anderer Stelle oder mit einer geringeren Beeinträchtigung zu erreichen, besteht nicht.

Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die Alternativenprüfung im Rahmen des Habitatschutzrechts nicht Teil einer planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich ein Ermessen nicht eingeräumt, er unterliegt deswegen einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Der Begriff der Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG steht in engem Zusammenhang mit den Planungszielen, die mit dem Vorhaben verfolgt werden. Eine Alternativlösung setzt voraus, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen. Eine (Standort- oder Ausführungs-)Alternative ist vorzugswürdig, wenn sich mit ihr die Planungsziele an einem nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, a.a.O., Rn. 169 f.; B. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, Kassel-Calden, NuR 2009, 414 (417) Rn. 45). Allerdings kann der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Theoretisch denkbare Alternativen sind dann nicht zumutbar, wenn diese unverhältnismäßige Opfer abverlangen oder Gemeinwohlbelange erheblich beeinträchtigen. Maßstab ist dabei letztlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei sich die Unverhältnismäßigkeit einer Variante auch aus einer wirtschaftlichen Belastung ergeben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch Lichtenau II, a.a.O., Rn. 172; Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 (309 f.)).

Die Nullvariante, also den vollständigen Verzicht auf den Ausbau des Flughafens ist nicht geeignet, den Avionik- und Mobilitätstechnik-Cluster zu sichern und zu stärken. Die Kläger machen insoweit geltend, dass als weniger bzw. nicht beeinträchtigende Alternative die Möglichkeit bestünde, (Forschungs-)Flüge mit Flugzeugen, die eine längere Startbahn als die derzeit in Braunschweig vorhandene benötigten, vom Flughafen Hannover-Langenhagen oder dem DLR-Flughafen in Oberpfaffenhofen starten und landen zu lassen. Diese Flughäfen würden über eine dem Letter-Code D entsprechende Start- und Landebahn verfügen. Diese Alternativen hat die Antragsgegnerin im Planfeststellungsbeschluss zutreffend zurückgewiesen (Planfeststellungsbeschluss S. 149). Zwar vermeiden sie eine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets V48, jedoch würde der Zweck des planfestgestellten Vorhabens, nämlich die Stärkung und Erhaltung des Avionik- und Mobilitätsclusters in Braunschweig nicht nur nicht erreicht, sondern konterkariert werden. Insoweit sind Verweisungen auf andere, bereits bestehende Flughäfen keine Alternative. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die zur Forschung notwendigen Einrichtungen wie z.B. die Telemetrie nur am Standort Braunschweig vorhanden sind, so dass es nicht genügen würde, allein das Forschungsflugzeug (zeitweise) an einen anderen Standort zu versetzen. Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag zu 5) der Kläger ist nicht nachzugehen, weil es an Anknüpfungstatsachen fehlt, die die Darstellung des DLR in Frage stellen könnten, so dass es sich um einen Beweisermittlungsantrag handelt; wie bereits unter 2.3.3.2.3 dargestellt, ist der an den Standorten Braunschweig und Oberpfaffenhofen parallele Verwaltungsaufbau kein Anhaltspunkt für eine identischen oder austauschbare Forschung.

Ebenfalls keine Alternative ist eine von den Klägern gewünschte Verlagerung auf den ehemaligen militärischen Übungsplatz Wohld im Südosten von Lehre. Sie ist bereits in der Variantenvorprüfung im Rahmen des Raumordnungsverfahrens geprüft und ausgeschieden worden (vgl. Landesplanerische Feststellung v. 03.09.2004, S. 41). Die Beklagte hat diese Variante u.a. verworfen, da sie gravierende Eingriffe in Natur und Landschaft zur Folge hat und den übergeordneten Zielen der Raumordnung widerspricht (Planfeststellungsbeschluss S. 57). Der Neubau eines Flughafens wäre zudem ein anderes Projekt, das wegen der Entfernung von etwa 11 km (Luftlinie) zum DLR und zu anderen Firmen und Einrichtungen des Avionik-Clusters nicht geeignet ist, den schon vorhandenen Standort zu sichern und zu stärken.

Eine Verlängerung der Startbahn auf weniger als 2.300 m hat die Beklagte ohne Rechtsfehler als nicht in Betracht kommende Alternative zurückgewiesen, weil sie nicht nur ein Minus zum Grad der optimalen Planverwirklichung wäre, sondern den Ausbauzweck ganz zunichte machen würde. Nach den von den Klägern nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Stellungnahmen des DLR, der Firma M. und der N. ist die Start- und Landebahnverlängerung auf 2.300 m das Minimum, um die erforderlichen Forschungs- und Unternehmensaufgaben wahrzunehmen. Ein verkürzter Ausbau stünde also dem primären Planungsziel, den Flughafen Braunschweig-Wolfsburg als Forschungsstandort zu stärken und die dort vorhandenen Arbeitsplätze zu erhalten, entgegen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt - DLR - hat mittlerweile als neues Trägerflugzeug für den ATTAS-In-Flight-Simulator (ATTAS = Advanced Technologies Transport Aircraft System) einen Airbus A 320-200 ATRA beschafft, der für das bei einem Forschungsflugbetrieb anzusetzende Startgewicht einer Startstrecke von 2.293 m bedarf. Die unter Beteiligung des Bundes und der Länder getroffene Beschaffungsentscheidung ist nicht Gegenstand der naturschutzrechtlichen Alternativenprüfung, weil diese sich an dem Ziel der Planung zu orientieren hat. Das Planungsziel ist aber gerade, den an den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg herangetragenen Bedarf der Nutzer, also auch des DLR, bedienen zu können. Darüber hinaus hat das DLR in der mündlichen Verhandlung durch seinen Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik die Gründe für den Kauf gerade dieses Flugzeugmusters bis hin zu den notwendigen Triebwerken überzeugend begründet. Die sich aus den Spezifikationen dieses konkreten Flugzeugs ergebende Start- und Landebahnlängen-Berechnung ist nicht zu beanstanden. Die Berechnungen der Start-/Landebahnlänge von O. (Januar 2005, Planunterlage 3) sind im Juli 2006 durch P. GmbH überprüft und hinsichtlich der für erforderlich gehaltenen Start-/Landebahnlänge bestätigt worden (in BA "K" = GA Bl. 219 ff.). Sie enthalten Faktoren für die Neigung der Start- und Landebahn in Braunschweig sowie für eine im Sommer nicht seltene Temperatur von 25° C, nicht hingegen, wie von den Klägern vermutet, weitere Zuschläge für regennasse Bahn u.ä., weil bei schlechtem Wetter in der Regel Experimentalflüge nicht durchgeführt werden. Die Temperaturvorgabe von 25° C hat das DLR für den Senat überzeugend damit begründet, dass in der Sommerzeit besonders viele Flugversuche stattfinden und Ausfallzeiten bei Schönwetterlagen wegen der dadurch entstehenden sehr hohen Kosten möglichst vermieden werden sollen. Weiterhin hat das DLR in nicht zu beanstandender Weise 90 % des maximalen Abfluggewichtes (MTOW) in die Berechnungen einstellen lassen. Dieses Erfordernis hat es mit der Forschung an Hochauftriebssystemen begründet, die ein wesentlicher deutscher Bauteil für alle Airbus-Flugzeuge sind. Für die Überprüfung der Wirksamkeit neuer Konzepte in diesem Forschungsbereich sind nach der Darstellung des Direktors des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR besonders Flugbereiche mit hohem Gewicht und niedriger Geschwindigkeit von entscheidender Bedeutung. Gestützt wird diese Aussage durch das Schreiben der Fa. Airbus vom 06. Juni 2006 (in BA "K"), wonach kritische Lastfälle eines Hochauftriebssystems mit mindestens 90 % MTOW erprobt werden müssten, um Messungen nicht durch teilweise nichtlineare Effekte zu verfälschen. In diesem Zusammenhang ist den Hilfsbeweisanträgen der Kläger zu 1) und 2), durch Sachverständigengutachten zu den Tatsachenbehauptungen Beweis zu erheben, dass eine Start- und Landebahn mit einer Länge von 2.300 bzw. 2.293 m und Starts mit mindestens 90 % MTOW nicht erforderlich sei, nicht nachzugehen, weil die sachverständigen Angaben des Direktors des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR von den Klägern nicht in einer Weise in Zweifel gezogen sind, dass die Einholung eines anderen, gerichtlich bestellten Sachverständigen zur Aufklärung geboten ist. Sie haben keine Umstände dargelegt, die an den sachverständigen, auf objektiv erhobenen Tatsachen beruhenden Äußerungen zweifeln lassen (vgl. BVerwG, B. v. 18.06.2007 - 9 VR 13.06 -, NuR 2007, 754 = NuR 2008, 36; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 98 Rn. 180) und sie im gerichtlichen Verfahren zur Sachverhaltsfeststellung ungeeignet erscheinen lassen oder weil die beigebrachten Unterlagen durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wurden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, Mühlenberger Loch, Rn. 71 m.w.N., in BVerwGE 128, 358 nicht abgedruckt = NVwZ 2007, 1074 (1080)). Die Behauptung, die Angaben des DLR seien nicht näher belegt oder begründet, ist ausweislich des bereits zitierten Schreibens der Firma Airbus nicht zutreffend, da es auf die teilweise fehlende Linearität der Ergebnisse zur Hochauftriebsforschung in Abhängigkeit u.a. vom Startgewicht hinweist. Zudem geht es bei der mit dem Vorhaben zu ermöglichenden Forschung um die Überprüfung der Wirksamkeit neuer Konzepte, die - weil sie gerade erforscht werden sollen - nicht zu dem gesicherten Wissen von (auch gerichtlich bestellten) Sachverständigen gehören können. Forschung bedeutet, dass sie sich hinsichtlich der Flugverfahren im Einzelnen nicht an bereits bewährten Anforderungen orientieren kann, indem sie etwa ein in seinem Gewicht beschränktes Flugzeug "irgendwie" starten und unbeschadet landen lässt. Es liegt in der Natur der Sache, dass gesicherte Anforderungen der Hersteller hinsichtlich noch zu erforschender Konfigurationen bzw. Flugverfahren nicht vorhanden sind. Wenn aber ein Hersteller, der Forschung in Auftrag gibt oder nutzen will, Vorgaben macht, nach denen er die gewonnenen Erkenntnisse für plausibel und damit zur technischen Entwicklung geeignet halten kann, ist eine mindere Konfiguration von vornherein nicht tauglich, weitere gesicherte Erkenntnisse zu gewinnen. Forschung bewegt sich regelmäßig an der Grenze des bereits Bekannten und Gewussten, um diese Grenze hinauszuschieben.

Da der Forschungsbetrieb nicht mit den Maßgaben betrieben werden kann wie (u. U. nach entsprechenden Forschungen) zugelassene Flugzeugmuster, ist der in die Berechnung der erforderlichen Start- und Landebahnlänge eingestellte Sicherheitszuschlag von 30 % nicht zu beanstanden. Für die Nutzung eines Experimentalsystems und/oder zu erprobender Anflugverfahren muss es Sicherheitsreserven vor allem für das fliegende Personal, aber auch - bei Anflügen von Osten - für die in der Verlängerung der Start- und Landebahn lebende Bevölkerung geben. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass der Airbus A 320-200 auch auf einer kürzeren Bahn gestartet und gelandet werden kann, weil diese Möglichkeit (die das DLR derzeit wegen der noch nicht verlängerten Bahn nutzen muss) mit einer Beschränkung des Forschungsprogramms verbunden ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Sicherheitsreserve, die der Hersteller wegen der zu erwartenden erheblichen Abweichungen vom Serienbauzustand mit 30 % angegeben hat, übersetzt ist, zumal der Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR in der mündlichen Verhandlung angesichts der Streuung bei Startstrecken für Experimentalflugzeuge diesen Wert als eher konservativ bezeichnet hat. Den hilfsweise von den Klägern gestellten Beweisanträgen zu 3) und 4) auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einzelnen Aspekten der Start- und Landebahnlängenberechnung war nicht nachzugehen, weil sie auch insoweit die den Berechnungen zugrunde gelegten Annahmen nicht durchgreifend in Frage stellen konnten. Beide Beweisanträge gehen davon aus, dass vor dem "Experimentalzuschlag" in Höhe von 30 % bereits mit "worst-case-Annahmen" gerechnet wurde. Dies ist indes, wie bereits beschrieben, nicht der Fall. Die Berechnung für eine Außentemperatur von 25° C dient nicht einem worst-case-Szenario, sondern wird im Sommer, wenn vermehrt Forschungsflüge durchgeführt werden, nicht selten erreicht. 90 % MTOW ist ebenfalls kein worst-case, sondern Voraussetzung für Konfigurationen, mit denen neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Die Kläger haben die Annahmen für die Start- und Landebahnlängenberechnung auch im Übrigen nicht substantiiert in Frage stellen können. Entgegen ihrer Darstellung hat das DLR die Berechnungsgrundlagen nicht in der mündlichen Verhandlung geändert, sondern diese schon im Planfeststellungsverfahren vorgelegt. Der Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR hat in der mündlichen Verhandlung darüber hinaus erläutert, dass jeder Flug nach einer Modifikation ein Erstflug sei, für den beim Luftfahrtbundesamt (LBA) die vorläufige Verkehrszulassung (vgl. § 12 LuftVZO) beantragt und von diesem unter Eintragung in das Flughandbuch erteilt werden müsse. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das LBA in Anwendung von § 12 LuftVZO geringere Sicherheitsanforderungen stellt als der Hersteller selbst, der sein Flugzeugmuster und dessen Konfigurationen besser kennt als die Zulassungsbehörde.

Die von den Klägern in Bezug genommene Ausarbeitung des Dipl. Ing. Q. beschränkt sich hingegen im Wesentlichen darauf, die im Planfeststellungsbeschluss mitgeteilten Entscheidungsgrundlagen zu bezweifeln. Soweit er bemängelt, dass zur Berechnung der erforderlichen Start- und Landebahnlänge weder das Operating Manual noch die Performance-Daten vorgelegt worden seien, ist dies ausweislich der Anlagen zum Schreiben des DLR vom 13. Juli 2006 (in BA "K") nicht zutreffend. Auch der Sachbeistand der Kläger, Architekt Dipl. Ing. Faulenbach da Costa, hat die von ihm vorgenommenen Berechnungen nicht mit den vom DLR und der Firma Airbus mitgeteilten konkreten Flugzeugdaten (und damit auf der Basis des von ihm zu Unrecht vermissten "Bemessungsflugzeugs") vorgenommen, sondern sich auf allgemeine Flugzeugdaten teilweise anderer Hersteller und mit niedriger Triebwerksleistung bezogen und ist von bestimmten Betriebsbedingungen ausgegangen, die er als wirtschaftlich bezeichnet, die aber nicht dem Bedarf der Nutzer des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg entsprechen. Dies ist nicht geeignet, die konkreteren Angaben des DLR und der anderen Nutzer zu widerlegen. Die Kläger verlagern die Vermeidungsanstrengungen vom Planungsträger auf die einzelnen Nutzer, etwa indem diesen angesonnen wird, im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen andere oder geringer motorisierte Flugzeugmuster anzuschaffen als von ihnen geplant oder die Zuladung, die Menge der zu transportierenden Passagiere oder die Reichweite des Fluges zu modifizieren. Das Planungsziel ist aber gerade, den an den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg herangetragenen Bedarf der Nutzer bedienen zu können.

Ebenso wenig kommen Verschwenkungsalternativen in Frage. Verschwenkungen im Uhrzeigersinn sind unzumutbar, da bereits bei geringen Verschwenkungen der Landebahn Gebäude wie die Flugabfertigungshalle, Gebäude des DLR und das Waggumer Weghaus in die seitliche Übergangsfläche geraten würden und abgerissen werden müssten. Eine Maßnahme ist mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dann nicht vereinbar, wenn sie die Grenzen dessen überschreitet, was zur Erfüllung der mit der gemeinschaftsrechtlichen Regelung verfolgten Ziele angemessen und erforderlich ist. Danach ist eine Alternative, bei der es zu einem Abriss bestehender Gebäude kommen würde, unverhältnismäßig, denn sie stellt einen erheblichen Eingriff in den rechtlich geschützten Bestand des Flughafens bzw. hinsichtlich des Waggumer Weghauses in das auch gewerblich genutzte Eigentum dar (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230 (237)).

Gleiches gilt für Verschwenkungsvarianten von mehr als 6° gegen den Uhrzeigersinn. Dabei würden entweder die Gebäude der Firma M. oder zwischen 4 und 18 Gebäude im südlichen Waggum sowie die dortige Sportanlage die seitliche Übergangsfläche durchdringen und müssten zur Sicherstellung der Hindernisfreiheit beseitigt werden. Damit würden Dritten wirtschaftliche Belastungen auferlegt, die sich nicht durch das Ziel besseren Habitatschutzes rechtfertigen ließen. Darüber hinaus würde eine solche Variante auch nicht zu geringeren Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes V48 führen. Denn je weiter die Start- und Landebahn dem Uhrzeigersinn entgegengesetzt verschwenkt würde, desto weiter nördlich schnitte sie in die Gebiete des Querumer Forstes. Weil dessen ornithologische Bedeutung für die wertgebenden Vogelarten aber von Süden nach Norden zunimmt, fehlt es bei diesen Alternativen am Tatbestandsmerkmal der "geringeren Beeinträchtigung" gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG, so dass hinsichtlich dieser Alternativen dahingestellt bleiben kann, ob Abstriche vom Planungsziel der Hindernisfreiheit zumutbar wären.

Die sog. 6°-Verschwenkungsalternative, bei der die Start- und Landebahn um 6° gegen den Uhrzeigersinn verschwenkt neu gebaut werden müsste, würde insgesamt nicht zu einer geringeren Eingriffsintensität führen. Es müsste eine größere Waldfläche vor allem des als Specht-Lebensraum wichtigen Eichen-Hainbuchenwaldes für den Ausbau des Flughafens, insbesondere durch Schaffung der Hindernisfreiheit, in Anspruch genommen werden. Zwar ist bei der planfestgestellten Variante der Verlust an wertvollen Alt- und Totholzbeständen mit 25 ha größer als bei der 6°-Verschwenkungsalternative (22 ha). Da bei dieser der Waldverlust insgesamt aber deutlich höher ausfiele (um 14,52 ha), ist die Alternativenwahl der Beklagten nicht zu beanstanden, zumal Totholz leichter in angrenzende Waldgebiete eingebracht werden kann. Auch im Hinblick auf die wertgebenden Vogelarten ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die Verschwenkungsvariante gegenüber der festgestellten eine geringere Eingriffsintensität nicht aufweist. Die Brutvogelhabitate der in dem Gebiet besonders geschützten Vogelarten Mittelspecht und Schwarzspecht, die durch den Ausbau verloren gingen, halten sich bei dem festgestellten Vorhaben und bei der Alternative in etwa die Waage. Durch den geplanten Ausbau werden zwar elf Habitate für Mittelspechtbrutpaare verlorengehen, während ein Schwarzspechthabitat lediglich am Rande betroffen wäre, bei der Verschwenkungsalternative würden aber auch zehn Bruthabitate für den Mittelspecht zerstört werden, darüber hinaus auch noch eines für den Schwarzspecht. Die Zerschneidungswirkung für den Wald ist zwar bei der festgestellten Variante höher (1.240 m = 100% des dortigen Walddurchschnitts) als bei der Verschwenkungsalternative (1.050 m = 66% des dortigen Walddurchschnitts), so dass sie eine stärkere Zerschneidungswirkung auch für das Gebiet aufweist. Es ist jedoch für den Senat nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Waldverlust stärker gewichtet als die Zerschneidungswirkung. Bei einem Waldverlust verlieren diese Flächen weitgehend ihre Eignung als Bruthabitate für die wertgebenden Vogelarten, während es bei Zerschneidung für die Vogelarten möglich bleibt, den jeweils anderen Waldteil zu erreichen.

Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte die Verminderung von Sicherheitsstandards nicht in die Alternativenprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG einbezogen hat. Eines der mit der Planung verfolgten Ziele ist die vollständige Herstellung der Hindernisfreiheit. Die Standards des sog. ICAO Annex 14, der die Anforderungen an Flughäfen beschreibt, sind Gegenstand der Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Die Richtlinien sind zwar keine Rechtsquellen und für die Gerichte nicht verbindlich. Sie enthalten aber technische Vorgaben, die auf internationalen Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben. Insofern gibt das Regelwerk Hinweise darauf, welche technischen Vorgaben für einen den aktuellen internationalen Sicherheitsstandards entsprechenden Betrieb von Flugplätzen einzuhalten sind (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 18.07.2007 - 12 LC 56/07 -, dbovg = juris Rn. 56). Dass die Hindernisfreiheit der Sicherheit des Flugverkehrs dient, liegt auf der Hand, dementsprechend soll der Flughafen so ausgebaut werden, dass er einer Ausnahmegenehmigung nicht mehr bedarf, die eine - wenn auch in der Vergangenheit für eine geringer dimensionierte Start- und Landebahn hingenommene - Verminderung der Sicherheit zur Folge hatte. Die Planung geht nicht über diese Standards hinaus. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, die Beklagte habe diese Belange der Sicherheit über- und deswegen die Eingriffsintensität unterschätzt, beruft sich schon deshalb zu Unrecht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 17. Januar 2007 (- 9 A 20.05 -, Westumfahrung Halle, BVerwGE 128, 1, LS 15 und Rn. 114), weil Belange der luftverkehrlichen Sicherheit nicht Gegenstand der Verträglichkeitsuntersuchung waren und auch nicht sein können.

Ob es zumutbare Alternativen i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG zu der planfestgestellten östlichen Umfahrung im Zuge der Grasseler Straße oder zum Bau einer parallelen Rollbahn gibt, braucht in diesem Verfahren nicht näher betrachtet zu werden, denn die Klägerin zu 3) ist von diesem abtrennbaren Teil des Gesamtvorhabens nicht in der Weise betroffen, dass eine Änderung zu einer Verschonung ihres Grundeigentums führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27/95 -, NVwZ 1996, 1011 (1012) m.w.N.; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1078.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, juris Rn. 500). Das gilt auch, wenn eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 252 f.; B. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, ZUR 2008, 378 Rn. 11).

2.3.3.2.5 Die Beklagte hat in ausreichendem Umfang Maßnahmen getroffen, um den Schutz der Kohärenz des ökologischen Netzes "Natura 2000" sicherzustellen.

Nach § 34 c Abs. 5 S. 1 NNatG (= § 34 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-Richtlinie) sind die zur Sicherung dieses Netzes notwendigen Maßnahmen vorzusehen, wenn ein Projekt nach § 34c Abs. 3 NNatG zugelassen werden soll. Weil der Begriff der Ausgleichsmaßnahme zur Kohärenzsicherung i.S.d. Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie weder in dieser Richtlinie noch in den deutschen Umsetzungsregelungen definiert wird, ist der Bedeutungsgehalt aus dem Sinnzusammenhang zu erschließen. Da die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele durch Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, zu kompensieren ist, hat sich die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahme funktionsbezogen an der jeweiligen erheblichen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen wird. Das gilt sowohl für die Art als auch für den Umfang der Maßnahme. Der Auslegungsleitfaden der EU-Kommission zu Art. 6 Abs. 4 der "Habitat-Richtlinie" 92/43/EWG, 2007, S. 16, nennt dementsprechend die Wiederherstellung des beeinträchtigten oder die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums, die Neuanlage eines Lebensraums und die Beantragung der Eingliederung eines neuen Gebiets in das Netz "Natura 2000" als Beispiele für Kohärenzsicherungsmaßnahmen. Der Funktionsbezug ist das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen; es reicht vielmehr aus, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet (vgl. Auslegungsleitfaden S. 20). In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden. Die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen. An die Beurteilung sind weniger strenge Anforderungen zu stellen als an diejenige der Eignung von Schadensvermeidungs- und -Minderungsmaßnahmen, es genügt für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Eignungsbeurteilung besteht für die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kohärenzsicherungsmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, NuR 2008, 633 Rn. 199 ff.; zur zeitlich verzögerten Wirksamkeit vgl. auch OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, DVBl 2008, 321, Rn. 108, bestätigt durch BVerwG, B. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NVwZ 2008, 1115 (1117), Rn. 26).

Die Beklagte hat eine Reihe von Maßnahmen planfestgestellt, die dazu bestimmt und geeignet sind, die Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 zu gewährleisten (Planunterlage 10.5 Anlage 6 sowie Pläne 5 und 6; Auflagen 2.5.6, 2.5.8 und 2.5.9, Planfeststellungsbeschluss S. 17 f.). Auf einer Waldfläche von 45 ha sind im etwa 5 km nordwestlich vom Vogelschutzgebiet V48 und dem Flughafen entfernten, zwischen Thune und Vordorf gelegenen Waldgebiet "Sundern", in dem Eichen- und Hainbuchenwälder dominieren, vor allem eine Sicherung und Entwicklung von Alt- und Totholzbäumen, eine frühzeitige Umwandlung von Nadelwald in eine Laubholzbestockung, die Erhöhung der Umtriebszeit, Zurückdrängung der Buche, Sicherung und Entwicklung von Eichenbeständen und die Einrichtung von Versuchsflächen vorgesehen. Der Sundern liegt in derselben biogeographischen Region wie der Querumer Forst und die beeinträchtigten Flächen des Vogelschutzgebietes V48. Die dort vorgesehenen Maßnahmen sind auch geeignet, die Kohärenz zu sichern und zur Erhaltung des Lebensraumtyps Eichen-Hainbuchenwälder sowie der wertgebenden Arten des Vogelschutzgebiets V48, nämlich Schwarz-, Mittel, und Grauspecht sowie Rotmilan, beizutragen. So können durch Aufwertung des Sundern etwa durch die vorgesehene Sicherung und Entwicklung insbesondere von Alt- und Totholzbeständen die dort bereits vorkommenden Spechtpopulationen des Erhaltungszustands "B" den Erhaltungszustand "A" erreichen (vgl. Planunterlage 10.5, S. 126). Bei der Festlegung dieser Maßnahmen ist der Fachbeitrag von den ermittelten erheblichen Beeinträchtigungen ausgegangen.

Diese fachlichen Annahmen haben die Kläger nicht substantiiert in Zweifel ziehen können. Soweit sie die Eignung der für Kohärenzmaßnahmen vorgesehenen Waldfläche damit in Frage stellen, dass sie wegen ihrer u-förmigen Ausbildung viele Randeffekte aufweise, die für den eher in geschlossenen Waldbeständen auftretenden Mittelspecht potentiell nachteilig seien, lässt sich dies nicht nachvollziehen. Ausweislich des Plans 6 zur Planunterlage 10.5 hat die Fläche der Kohärenzmaßnahmen eine annähernd quadratische Form, die zudem im Osten und Süden vollständig, im Westen überwiegend an weitere Waldbereiche grenzt. Das planfestgestellte Vorhaben nimmt - gerade auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 2) - ebenfalls Randbereiche des Waldes in Anspruch.

Die planfestgestellten Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 werden den Anforderungen des § 34 c Abs. 5 NNatG auch in zeitlicher Hinsicht gerecht. Die Maßnahmen können zeitgleich mit dem Eingriff durchgeführt werden, teilweise zahlt die Beigeladene bereits jetzt schon im Hinblick auf dieses Verfahren "Stillstandsgelder" an die Forstverwaltungen, um das Schlagen hiebreifer Eichen zu verhindern, das im Rahmen der üblichen forstwirtschaftlichen Nutzung anstünde. Dass der volle Funktionsausgleich erst mit zeitlicher Verzögerung eintreten wird, ist unschädlich, weil durch die entstehende zeitliche Funktionslücke weder ein geschützter Lebensraumtyp im vollen Umfang zerstört wird noch der Fortbestand einer wertgebenden Population gefährdet ist. Durch das Vorhaben sind 2,11% der Fläche des Schutzgebiets V48 betroffen. Hinsichtlich der wertgebenden Vogelarten erleiden elf Brutpaare des Mittelspechts insoweit Einbußen, als ihre Bruthabitate zerstört werden. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass davon die Gesamtpopulation von 441 Mittelspechtbrutpaaren nicht beeinträchtigt wird, da bei elf beeinträchtigten Brutpaaren die (mögliche) Dichteabnahme von 0,04 innerhalb der natürlichen Schwankungen liegt. Auch können die Brutpaare in die unmittelbare Umgebung abwandern, da für das Gebiet des Querumer Forstes vom Niedersächsischen Landesamt für Ökologie eine potentielle Population von bis zu 500 Mittelspechtbrutpaaren angenommen wurde (vgl. Planunterlage 10.5, S. 120 f.). Für die anderen wertgebenden Vogelarten kann eine unmittelbare Bedrohung der Population nicht ausgemacht werden, da deren Lebensräume gar nicht (Grauspecht), nur theoretisch (Rotmilan) oder nur zum Teil (Schwarzspecht) durch das Ausbauvorhaben betroffen sind. Mit der langfristigen Sicherung günstiger Überlebensbedingungen für die erhaltungszielbestimmenden Vogelarten wird trotz der eingriffsbedingten Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebiets V48 die globale Kohärenz des Natura 2000-Netzes gewahrt (vgl. OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, a.a.O.).

Die Beklagte hat darüber hinaus den Erfolg auch der angeordneten Kohärenzmaßnahmen durch eine Monitoringauflage abgesichert (Auflage 2.5.9, Planfeststellungsbeschluss S. 18). Da die detailliert bestimmten Maßnahmen damit hinreichend und auf mehrfache Weise gesichert sind, bedarf es zu ihrer Wirksamkeit entgegen der Ansicht der Kläger nicht einer Einbeziehung des kohärenzsichernden Waldgebiets in das Vogelschutzgebiet V48 (vgl. OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, a.a.O., R. 109).

2.3.3.3 Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen die zwingenden Vorgaben des nationalen oder gemeinschaftsrechtlichen Artenschutzrechts.

Er erteilt unter A 3.2.3 (Planfeststellungsbeschluss S. 23 ff.) auf der Grundlage des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags (Planunterlage 10.6) eine Befreiung gem. § 62 Abs. 1 BNatSchG a.F. von dem Verbot nach § 42 BNatSchG a.F., die nicht zu beanstanden ist. Nach § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. konnte eine Befreiung vom Verbot des § 42 BNatSchG a.F. erteilt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13, 16 der FFH-Richtlinie oder die Art. 5, bis 7 und 9 der Vogelschutz-Richtlinie nicht entgegenstehen.

Gegen den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass er nicht alle potentiell vorkommenden Artengruppen abgearbeitet hat. Dieses Verlangen findet weder in Art. 5 und 9 Vogelschutz-Richtlinie noch in Art. 12, 13 und 16 FFH-Richtlinie oder in § 62 BNatSchG a.F. eine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich solcher Arten, die nicht dem Schutz der FFH- oder der Vogelschutz-Richtlinie unterfallen, sondern nur nach nationalem Recht streng oder besonders geschützt sind, fand die Legalausnahme des § 43 Abs. 4 BNatSchG a.F. weiterhin Anwendung (vgl. OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, DVBl 2008, 321, Rn. 167). Im Rahmen der im Übrigen zweistufigen Prüfung, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG a.F. verwirklicht und ob bejahendenfalls eine Befreiung unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F. erteilt werden kann (vgl. zu diesem gestuften Verfahren BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, a.a.O., Rdnr. 215) untersucht der artenschutzrechtliche Fachbeitrag eine Vielzahl von Fledermaus- und Vogelarten sowie den Kammmolch. Hinsichtlich der streng geschützten Fledermausarten werden die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. und der Art. 12, 13 FFH-Richtlinie angenommen. Hinsichtlich der streng geschützten Vogelarten sieht der artenschutzrechtliche Fachbeitrag die Verbotstatbestände gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. und Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie bei Verwirklichung des Vorhabens als erfüllt an. Für den Kammmolch verneint der Fachbeitrag bau- oder anlagebedingte Auswirkungen der Flughafenerweiterung, da es keine aktuellen Nachweise der Art in den entsprechenden Bereichen gebe; er hält aber wegen des Betroffenseins von Teilen des potentiellen Landlebensraums einen Befreiungsantrag vorsorglich für notwendig.

Der Planfeststellungsbeschluss erteilt unter 3.2.3.2 hinsichtlich der betroffenen Fledermaus- und Vogelarten, des Kammmolchs und der Libellenart Große Moosjungfer Befreiung von den Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F.. Die Befreiungsvoraussetzungen § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vor. Zu den überwiegenden Gründen des Gemeinwohls, den zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) der FFH-Richtlinie und dem Interesse der Sicherheit der Luftfahrt gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) 2. Spiegelstrich der Vogelschutz-Richtlinie kann auf die Ausführungen zur Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG (s. o. unter 2.3.3.2.3) verwiesen werden, da insoweit artenschutzrechtlich strengere Anforderungen nicht zu stellen sind (vgl. BVerwG, BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, a.a.O., Rdnr. 239). Die Beeinträchtigungen für die betroffenen, nach Anhang IV der FFH- und der Vogelschutz-Richtlinie streng geschützten Arten wiegen nicht so schwer, dass ihnen eine größere Durchsetzungskraft gegenüber dem bedarfsgerechten Ausbau des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg, der Sicherung und Stärkung des luft- und verkehrstechnischen Forschungsstandorts, der regionalen Strukturhilfe und der Sicherheit der Flughafennutzer zukäme als die schon oben geprüften Belange des Gebietsschutzes.

Auch Art. 16 FFH-Richtlinie oder Art. 9 Vogelschutz-Richtlinie stehen der Befreiung gemäß § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. nicht entgegen. Dass es eine anderweitige zufriedenstellende, im Hinblick auch auf den Artenschutz schonendere Lösung nicht gibt, ist bereits Ergebnis der Alternativenprüfung nach § 34 c Abs. 2 Nr. 2 NNatG. Soweit Alternativen zur Ostumfahrung für zumutbar zu bewerten sein könnten, führen sie allenfalls dazu, die durch die Flughafenerweiterung angenommenen Beeinträchtigungen gemäß § 42 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 BNatSchG a.F. der streng geschützten Arten zu vermindern, nicht aber sie insgesamt auszuschließen.

Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie setzt weiter voraus, dass die Populationen der betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Dies ist ebenso der Fall wie für die durch das Planvorhaben betroffenen Vogelarten der maßgebliche Schutzstandard gewahrt bleibt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, bleibt nämlich Art. 9 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie, trotz des von Art. 16 Abs. 1 FFH-RL abweichenden Wortlautes, nicht hinter dessen Schutzanforderungen zurück (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, Berlin-Schönefeld, Beilage Nr. I 8/2006 zu NVwZ Heft 8/2006 Rn. 570). Erhaltungszustand ist nach Art. 1 Buchst. i) FFH-Richtlinie die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Population der betreffenden Art auswirken können. Population ist nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Günstig ist ein Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. Rn. 43), wenn ein Lebensraumtypus oder eine Art in quantitativer und qualitativer Hinsicht ausreichend stabil ist und gute Aussichten hat, dass dies auch in Zukunft so bleibt (vgl. auch Nr. 14 des Guidance document on the strict protection of animal species of community interest provided by the "Habitats" Directive 92/43/EEC, Final version February 2007, 2.1.1., S. 9). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Verlust eines Reviers oder eines Individuums zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes führen muss, wenn auf Grund der Daten angenommen werden kann, dass die Art weiterhin als lebensfähiges Element in einem ausreichend großen Lebensraum erhalten bleibt. Auch sind die Ausgleichmaßnahmen zu berücksichtigen, wenn diese orts- und zeitnah geschaffen werden oder in ihrer Qualität deutlich verbessert werden (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, a.a.O. Rn. 571 ff.).

Danach ist eine Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes der hier betroffenen Arten nicht zu erwarten. Denn für die das Gebiet besiedelnden Arten wird angesichts der Gesamtgröße des Schutzgebiets weiterhin genügend Lebensraum vorhanden sein, um ihr Überleben langfristig zu gewährleisten, wie sich aus dem artenschutzrechtlichen Gutachten (Nr. 10.6 der Antragsunterlagen) ergibt. Zudem sind Ausgleichsmaßnahmen im Sundern durchzuführen und eine erheblich größere Fläche als die gerodete wiederaufzuforsten. Durch Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses werden die artenschutzrechtlichen Beeinträchtigungen minimiert. So darf nur im Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Februar gerodet werden, geeignete Brutbäume sind unmittelbar nach der Fällung auf Besatz zu überprüfen, wobei fachkundiges Personal eventuell vorkommende Tiere bergen soll (Planfeststellungsbeschluss Auflage 2.5.2., S. 17); das Kleingewässer, das überbaut wird, ist auf Amphibienbesatz zu prüfen und gegebenenfalls erforderliche Umsetzungen sind artgerecht durchzuführen (Planfeststellungsbeschluss Auflage 2.5.5., S. 17). In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss um weitere Auflagen ergänzt, um ein Einwandern von Kammmolchen in das zur Rodung vorgesehene Waldgebiet zu verhindern, potentielle Wohn-, Schlaf- und Brutstätten für Spechte auch in dem Vorhaben benachbarten jüngeren Eichenbeständen zu schaffen, Lebensstätten für höhlenbewohnende Fledermäuse, Bilche und Spechte zu erhalten und Individuenverluste streng geschützter Säugetierarten und nach der Vogelschutz-Richtlinie geschützter Vogelarten zu vermeiden. Die Modifikation einer bereits im Landschaftspflegerischer Begleitplan vorgesehenen Maßnahme (Ausbringen von Fledermauskästen bereits vor Beginn der Baumaßnahmen) soll die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten vorgezogen sicherstellen.

Die Kläger haben demgegenüber nicht dartun können, dass der Erhaltungszustand einer Art konkret gefährdet ist. Sie beanstanden, dass das artenschutzrechtliche Fachgutachten wesentliche Mängel aufweise, insbesondere, dass die Feststellungen zu diversen Fledermausarten sowie hinsichtlich des Kammmolchs nicht den fachlichen Standards entsprächen und unzureichend seien (Schreiber, "Stellungnahme zu ausgewählten naturschutzfachlichen Fragen im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig-Wolfsburg" v. 13.07. 2007, GA Bl. 316 ff.). Es ist jedoch nicht dargetan, weshalb die im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung angewendeten Methoden unzulänglich sind. Die Untersuchung hinsichtlich der Fledermausarten wurde mittels Fledermausdetektoren, also Geräten, welche die Ultraschalllaute der Fledermäuse für das menschliche Ohr hörbar machen, durch einzelne Netzfänge und durch gezieltes Aufsuchen möglicher Quartierbäume durchgeführt. Dass daneben der Einsatz von mit Sendern versehenen Fledermäusen wissenschaftlich unumgänglich ist, haben die Kläger nicht dargelegt. Hinsichtlich des Kammmolches wurde festgestellt, dass dieser im überplanten Kleingewässer nicht vorkommt. Auch hier geben die Kläger keinen Hinweis, weshalb eine Population gefährdet sein sollte. Die Kritik der Kläger beruht unter Verkennung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten ersichtlich auf dem Verständnis, dass sich ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag an den Standards für Verträglichkeitsuntersuchungen messen lassen möge (dazu BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, NuR 2008, 633 Rn. 243) und dass für Feststellungen zur "lokalen Population" nur der unmittelbare Bereich des Eingriffs in den Blick zu nehmen sei, nicht etwa das über das Plangebiet hinausgehende Schutzgebiet (dazu a.a.O. Rn. 249). Dies wäre hier nicht zuletzt deshalb verfehlt, weil die Aktionsradien der Individuen der zu betrachtenden Vogel- und Fledermausarten nicht auf das direkt in Anspruch genommene Gebiet beschränkt sind und schon bisher betriebsbedingt beeinflusst waren.

2.3.4 Die Planung leidet nicht an einem gemäß § 10 Abs. 8 LuftVG erheblichen Abwägungsmangel.

2.3.4.1 Die Beklagte hat die von der Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg betroffenen öffentlichen Belange beanstandungsfrei ermittelt, gewichtet und abgewogen.

2.3.4.1.1 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss entspricht den Erfordernissen der Raumordnung, das Vorhaben steht mit den Bestimmungen des Landes- und des regionalen Raumordnungsprogramm in Einklang. Dies bestreiten die Kläger nicht. Vielmehr wenden sie sich gegen die von der Beklagten auch herangezogene landesplanerische Feststellung vom 03. September 2004 bzw. deren Behandlung im Planfeststellungsbeschluss.

Die Kläger halten die landesplanerische Feststellung für fehlerhaft, weil sie in ihrer Begründung Elemente enthalte, die nicht zu den im Raumordnungsverfahren zu berücksichtigenden Belangen gehören (z.B. eine "Existenzgefährdung des Flughafen Braunschweig"). Sie verkennen dabei, dass einzelnen Bewertungen in der Landesplanerischen Feststellung eine Bindungswirkung für die planerische Abwägung der Varianten nicht zukommt. Es handelt sich vielmehr um eine bloße gutachterliche Äußerung der Raumordnungsbehörde, die der dem eigentlichen Zulassungsverfahren vorgeschalteten verwaltungsinternen Abklärung der raumordnerischen Verträglichkeit des Vorhabens dient (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 - 9 VR 43/04 -, Buchholz 406.14 § 4 ROG 1998 Nr. 1 m.w.N.; Nds.OVG, Urt. v. 19.02.2007 - 7 KS 135/03 -, juris Rn. 87). Diese in raumordnerischer Hinsicht gutachtliche Äußerung ist von der Beklagten im Hinblick auf die Variantenwahl nach Würdigung der in diesem Planfeststellungsverfahren erhobenen Daten neu bewertet worden. Sie hat dabei auch die von den Klägern bevorzugten Varianten "kein Ausbau" (sog. Nullvariante) und "2 b" (Neubau einer um 6° in Richtung Norden verschwenkten Start- und Landebahn von 2.300 m) geprüft (Planfeststellungsbeschluss S. 48 ff.). Dabei hat sie sich der Einschätzung der Landesplanerischen Feststellung angeschlossen, dass im Hinblick auf bestimmte Belange, wie Kompensationsumfang, anlagebedingte Zerschneidungswirkung und punktuelle lokale Vorteile hinsichtlich der Lärmbelastung, die Beurteilung dieser Variante gegenüber der nicht-verschwenkten Verlängerung etwas günstiger ausfällt (a.a.O. S. 56). Hinsichtlich der Lärmbelastung hat sie andererseits auch darauf verwiesen, dass jede dem Uhrzeigersinn entgegengesetzte Drehung der Start- und Landebahn zwar zu einer Entlastung der Ortslage von Bienrode, Wenden und Hondelage führen, gleichzeitig aber eine Zunahme der Belastung für Waggum und den Nordrand von Braunschweig bedeuten würde. Aus Gründen des Lärmschutzes dränge sich somit eine Verschwenkungsvariante nicht auf, so dass die Beklagte alle Lagen der Start- und Landebahn insoweit als gleichwertig eingeschätzt hat (a.a.O. S. 55). Für die planfestgestellte Variante hat sie sich, nach einer Bewertung der meisten entscheidungserheblichen Belange als gleich gewichtig, wegen der auf diese Weise zu vermeidenden erstmaligen Bodenversiegelung und der mit einem Neubau verbundenen Mehrkosten von etwa 8.000.000 EUR entschieden. Zu ergänzen wäre der bei der naturschutzrechtlichen Alternativenprüfung bereits erwähnte Gesichtspunkt, dass die bei einer Verschwenkung betroffenen nördlicheren Waldbereiche wertvoller sind als die in der direkten Verlängerung liegenden.

Dieses Abwägungsergebnis hält sich innerhalb des der Beklagten eröffneten Planungsermessens, so dass sich die Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde nicht als abwägungsfehlerhaft erweist und gerichtlich nicht zu beanstanden ist. Die Auswahl unter verschiedenen in Frage kommenden Varianten ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (§ 8 Abs. 2 LuftVG). Sie ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin (§ 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG) zugänglich. Wesentliches Element planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Gewichtung der verschiedenen Belange. Nach ständiger Rechtsprechung handelt eine Planfeststellungsbehörde nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Variante ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer "besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Varianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Alternative sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. zur Straßenplanung BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, Ortsumgehung Michendorf, DVBl. 2004, 1546 = NVwZ 2004, 1486 = NuR 2004, 795, m.w.N.). Eine derartige Alternative besteht hier nicht.

Soweit die Kläger meinen, dass die Beklagte die Angaben des Vorhabensträgers zur Grobkostenschätzung hätte einer "intensiven Prüfung" unterziehen müssen, sind Abwägungsfehler ebenfalls nicht erkennbar. Die Kläger haben weder dargetan, welches Ergebnis eine intensive Prüfung ergeben hätte, noch die Angaben der Beigeladenen substantiiert in Zweifel gezogen. Dass ein weitgehender Neubau einer 2.300 m langen Start- und Landebahn einschließlich des notwendigen Rückbaus der nicht länger benötigten Flächen teurer ist als aus dem Bestand zu verlängern und zu verbreitern, liegt auf der Hand.

2.3.4.1.2 Auch die Variantenprüfung im Übrigen, soweit sie nicht Gegenstand der im Zusammenhang mit Raumordnung oder Naturschutz anzustellenden Abwägung war, ist gerichtlich nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat zu Recht die Variante "(noch) weitere Verlängerung der Start- und Landebahn nach Osten unter Rückbau der im Jahr 2000 planfestgestellten Verlängerung nach Westen um 120 m" nicht weiter betrachtet, weil sich dadurch der Eingriff in das Vogelschutzgebiet V48 vergrößern würde. Im Rahmen der Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG wäre angesichts der durch den Beschluss der früheren Bezirksregierung Braunschweig vom 18. Oktober 2000 planfestgestellten Lage der Start- und Landebahn und der dadurch eingetretenen Prägung der von den Klägern bewohnten Grundstücke die Beibehaltung der bisherigen Situation im Westen als zumutbar zu bewerten gewesen.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist das Ausscheiden von Dreh-Varianten, die einen Abbruch von Gebäuden zur Herstellung der vollen Hindernisfreiheit notwendig gemacht hätten (vgl. insoweit auch oben unter 2.3.3.2.4). Die Kläger argumentieren mit Alternativen, die eine Ausnahmegenehmigung im Hinblick auf die Anforderungen der Hindernisfreiheit zur Voraussetzung hätten. Da ein Ziel der Planung war, die volle Hindernisfreiheit herzustellen (Planfeststellungsbeschluss S. 43) wäre das Einplanen von (gegenüber der jetzigen Genehmigungslage neuen) Hindernissen nicht zielgerecht. Die Hindernisfreiheit ist ein wesentliches Sicherheitselement von Flughäfen, jedes Hindernis schmälert die Sicherheit sowohl beim Starten wie beim Landen von Flugzeugen, und zwar auch dann, wenn es ausnahmsweise genehmigt ist. Ähnliches gilt für den von den Klägern so genannten "Sicherheitsstreifen", dessen Verringerung sie bevorzugen, um weitere Verschwenkungs-Varianten einzubringen. Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, dass an anderen Flughäfen unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten Ausnahmen zugelassen und entsprechende Varianten sich dort als planfeststellungsfähig erwiesen haben (auf Hamb.OVG, Urt. v. 02.06.2005 - 2 Bf 345/02 -, NVwZ-RR 2006, 97, können sich die Kläger entgegen ihrer Ansicht nach allerdings nicht berufen, da das Unterschreiten des Sicherheitsstreifens nur bis zu einem weiteren Ausbau und angesichts der besonderen Verhältnisse des Sonderlandeplatzes nur deshalb akzeptiert worden ist, weil keine öffentlichen Verkehre stattfinden und die an- und abfliegenden Luftfahrzeugführer durch den Flugplatzbetreiber eine spezielle Ortskenntnis erhalten, Rn. 178 - keines dieser vier Begründungselemente trifft auf den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg zu).

Für die gerichtliche Prüfung ist allein maßgeblich, ob eine solche Planung so vorzugswürdig wäre, dass sie sich aufdrängen muss. Dies ist nicht der Fall. Prallt ein Flugzeug gegen ein Hindernis, ist mit schweren, fast immer tödlichen Folgen mindestens für Besatzung und Passagiere zu rechnen. Hinzu kommt der qualitativ schwerere Eingriff in das Vogelschutzgebiet, die Neuverlärmung anderer Wohngebiete (wenn auch auf geringerem Niveau als die Betroffenheit der Kläger) und die höheren Kosten für den Neu- und teilweisen Rückbau der Start- und Landebahn nicht zuletzt dadurch, dass für erstmals versiegelte Flächen ein höherer naturschutzrechtlicher Kompensationsbedarf anzusetzen ist. "Gewonnen" wäre lediglich eine leichte Beruhigung der Wohnsituation der Kläger zu 1) und 2), weil die Achse der Start- und Landebahn nicht mehr über, sondern hinter ihren Häusern läge. Die Eigentumsbeeinträchtigung wegen der Anflugbefeuerung bliebe bestehen, träfe nur möglicherweise andere Eigentümer als die Klägerin zu 3). Eine solche Planung mag möglich sein, vorzugswürdig oder gar sich aufdrängend ist sie nicht.

Eine vorzugswürdige Alternative zur planfestgestellten Länge der Anflugbefeuerung haben die Kläger nicht dargetan. Die Beklagte hat insoweit angegeben, dass diese der Erhöhung der Sicherheit bei schlechten Sicht- bzw. Witterungsbedingungen dienen soll (Planfeststellungsbeschluss S. 66, 182). Der Einsatz moderner Flugzeuge und moderner Technik (z. B. Befeuerung, Instrumentenlandesysteme, Wetterdienstanlagen) werde das Absturzrisiko auf ein Minimum reduzieren (a.a.O. S. 76). Die technische Gestaltung sei durch Sicherheitsanforderungen bedingt, die im internationalen Luftverkehr gälten und nicht über das schon vorgenommene Maß hinaus reduziert werden könnten (a.a.O. S. 186). Die Beklagte und die Beigeladenen haben im gerichtlichen Verfahren ergänzt, dass der Forschungsflugbetrieb auch bei schlechter Sicht in beiden Landerichtungen durchgeführt werden müsse, da es zunehmend engere Terminvorgaben gebe.

Da eine Landemöglichkeit bei "schlechtem" Wetter auch bei Ostwind-Lagen nicht nur der Sicherheit des Forschungsflugbetriebs, sondern dem gesamten Luftverkehr im Raum Braunschweig zugutekommt, sofern er mit entsprechenden technischen Möglichkeiten ausgestattet ist, bedurfte es keiner weitergehenden Prüfung der Alternative "Verzicht auf ein ILS in der Betriebsrichtung 08". Das für Flüge aus Richtung Osten vorhandene ILS kann das im Westen fehlende nicht ersetzen, weil gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 6 LuftVO gegen den Wind gelandet werden muss. Die Beklagte hat geprüft, ob eine weitere Verkürzung der Anflugbefeuerung unter 720 m möglich ist und dies unter Hinweis auf Regeln des internationalen Luftverkehrs (JAR-OPS 1 Anhang I zu 1.430 - Flugplatz-Betriebsmindestbedingungen in: Bekanntmachung der Bestimmungen über die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen in Flugzeugen (JAR-OPS 1) deutsch v. 10.04.2006, BAnz. Nr. 131a v. 15.07.2006, dort S. 61 und 62, jeweils Anmerkung 1)) abgelehnt. Diese Regelungen normieren den derzeitigen Sachverstand, unter welchen Bedingungen Flugverkehr sicher abzuwickeln ist.

Die Länge der Anflugbefeuerung hätte selbst dann unverändert so planfestgestellt werden müssen, wenn auf das ILS in Betriebsrichtung 08 verzichtet worden wäre. Nach den "Gemeinsamen Grundsätzen des Bundes und der Länder über die Markierung und Befeuerung von Flugplätzen mit Sichtflugverkehr" gelten die Grundsätze für die Markierung und Befeuerung von Flugplätzen im Instrumentenflugverkehr und damit die notwendige Länge der Anflugbefeuerung von 900 m bereits dann, wenn die Bezugsstartbahnlänge über 1800 m (Codezahl 4) liegt (NfL 2003, 89 (91)). Auch nach ICAO Annex 14 und den "Gemeinsamen Grundsätzen des Bundes und der Länder über die Markierung und Befeuerung von Flugplätzen mit Instrumentenflugverkehr" ist eine 900 m lange Anflugbefeuerung notwendig (NfL 2003, 101 (104)). Im Erläuterungsbericht Technische Planung Flughafenanlagen (Planunterlage 5.1 S. 31) heißt es in diesem Zusammenhang: "Derzeit existiert für die Hauptanflugrichtung 26 eine 600 m lange Anflugbefeuerung. Diese genügt den zukünftigen" (gemeint: nach Verlängerung der Start- und Landebahn) "Anforderungen der Betriebsstufe CAT I bzw. CAT II/III nicht." Demnach ist die Anflugbefeuerung nicht abweichend von der Start- und Landebahnverlängerung rechtfertigungsbedürftig und überdies alternativlos. Die Beklagte hat lediglich die nach JAR-OPS erforderliche Mindestlänge der Anflugbefeuerung von 720 m planfestgestellt.

2.3.4.2 Bei der Berücksichtigung der von der Planung berührten privaten Belange der Kläger nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist der Beklagten ein zur Unausgewogenheit der Gesamtplanung und damit zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führender Mangel nicht unterlaufen.

2.3.4.2.1 Die Behandlung des Lärmschutzes in der Planfeststellung enthält in Bezug auf die Grundstücke der Kläger keine Mängel, die zur Unausgewogenheit der Gesamtplanung und damit zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen. Die (teilweise) Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses wegen unzureichender Lärmvorsorge kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen einer Schutzauflage - ausnahmsweise - von so großem Gewicht ist, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt wird. Ansonsten führt selbst das Fehlen einer Schutzauflage in der Regel nur zu einem Anspruch auf Planergänzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.2005 - 9 A 80.03 -, NVwZ-RR 2005, 453 (454); Beschl. v. 27.01.1988 - 4 B 7.88 -, NVwZ 1988, 534 (535) = DVBl. 1988, 538). Die Planfeststellungsbehörde hat auf den Antrag des Vorhabensträgers abwägend darüber zu befinden, ob sie die durch das beabsichtigte Vorhaben ausgelösten Lärmkonflikte im Rahmen ihrer Gestaltungsmöglichkeiten durch Betriebsregelungen in Form von Auflagen angemessen bewältigen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332, (342 ff.)). Löst sie diese Aufgabe in fehlerhafter Weise, müssen die Betroffenen sich in aller Regel auf einen Planergänzungsanspruch verweisen lassen, der das Fortbestehen des Planfeststellungsbeschlusses voraussetzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.02.2006 - 4 A 1075 -, Flughafen Berlin-Schönefeld -, BVerwGE 125, 116 Rn. 240).

Die von den Klägern gerügten Mängel des Lärmschutzkonzepts lassen nicht erkennen, dass etwa bestehende Defizite nicht durch ergänzende Anordnungen bewältigt werden können. Angesichts der Bedeutung, die die Beklagte dem Vorhaben für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Braunschweig beimisst, ist auszuschließen, dass sie die Erweiterung nicht planfestgestellt hätte, wenn sie - z. B. - die bestehende und mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss fortgeschriebene Nachtflugregelung zugunsten der Anwohner ändern müsste. Dementsprechend hat sich die Beklagte im gerichtlichen Verfahren auch geäußert.

2.3.4.2.2 Die Beklagte hat auch die von den Klägern angeführten Sicherheitsrisiken betrachtet. Sowohl die Wohnbebauung als auch das Tanklager im am Mittellandkanal gelegenen Hafen etwa 3,5 km westlich der Start- und Landebahn, die Verwechslungsgefahr mit der Flutlichtbeleuchtung einer Sportanlage im Osten der Start- und Landebahn und die Gefahr durch gleichzeitige Starts und Landungen von Segelfliegern und Mutterflugzeugen auf der Gras- und Asphaltbahn hat sie berücksichtigt und in die Abwägung eingestellt (Planfeststellungsbeschluss S. 76 f.). Zudem hat sie in Auflage 2.7 einen Auflagenvorbehalt planfestgestellt. Dass die Wohnbebauung von Bienrode nicht in den Hindernisfreibereich reicht, hatte eine Hindernisvermessung der Deutschen Flugsicherung aus dem Jahr 2006 ergeben (vgl. Schreiben der DFS an die Beigeladene v. 13.02.2007, GA Bl. 280 (282)). Hinsichtlich der Risiken im Zusammenhang mit dem Tanklager und der Flutlichtbeleuchtung im Osten der Start- und Landebahn sind die Kläger nicht rügebefugt, da im Fall eines Unfalls eine eigene Betroffenheit nicht erkennbar ist. Soweit die Klägerin zu 3) insoweit die unzureichende Behandlung öffentlicher Belange geltend machen will, sind angesichts des von der Beklagten auch in diesem Zusammenhang angeführten Umstands, dass die Installierung eines Präzisions-ILS gerade geeignet ist, Unfälle zu vermeiden, das Abwägungsergebnis beeinflussende Abwägungsmängel nicht erkennbar. Gleichzeitige Starts und Landungen schließt die in den Planfeststellungsbeschluss unter 4.2.1 aufgenommene Zusage als verbindlich aus.

2.3.4.2.3 Die Beklagte hat die Möglichkeit von Schäden durch Wirbelschleppen grundsätzlich erkannt, deren Auftreten unter Berufung auf Forschungen des DLR für höchst unwahrscheinlich gehalten und das verbleibende Risiko mit der Auflage 2.1.1 behandelt. Insoweit gilt das bereits zum Planaufhebungsanspruch wegen unzureichender Behandlung einer Lärmbelastung Ausgeführte (vgl. 2.3.4.2.1): auch hinsichtlich der Vorsorge gegen Wirbelschleppen-Schäden müssen sich die Klägerinnen zu 1) und 3) auf einen Planergänzungsanspruch verweisen lassen.

2.3.4.2.4 Gegen einen von den Klägern geltend gemachten Abwägungsausfall hinsichtlich der von ihnen in ihren Einwendungen beschriebenen Geruchsimmissionen spricht bereits deren ausführliche Behandlung unter 15.1.1 des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. Die in Bezug genommene Untersuchung (Dröscher, Ergänzende Stellungnahme zur Geruchsbetroffenheit der Mandantschaft des Rechtsanwalts R. v. 08.03.2006) befindet sich in BA "K". Mit einer nach der einschlägigen Geruchsinformations-Richtlinie GIRL (Nds.MBl. 2006, 657) ermittelten Wahrnehmungshäufigkeit von < 3% der Jahresstunden sind vom Flughafen ausgehende Geruchsimmissionen zwar vorhanden, aber von der Beklagten beanstandungsfrei als unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegend bewertet worden.

2.3.4.2.5 Auch die im Zusammenhang mit dem Flughafenbetrieb auftretenden Lichtimmissionen hat die Beklagte behandelt. Der gegen die Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 80 f.) erhobene Einwand der Kläger, die im Herbst und Winter schon vor der immissionsschutzrechtlichen Nacht eintretende Dunkelheit sei außer Betracht geblieben, begründet keinen offensichtlichen Abwägungsmangel. Die von ihnen behauptete "Relevanz des Problems" ist kaum nachvollziehbar, da der von den Flugzeugen ausgehende Leuchtstrahl die von den Klägern bewohnten Räume nur jeweils kurze Zeit trifft. Ob Lichteinwirkungen zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führen oder zumutbar sind, ist unter Beachtung der Grundsätze, die die Rechtsprechung zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat, im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind dabei u.a. auch die durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Nachbarschaft sowie die Möglichkeiten der Immissionsbetroffenen, mit zumutbare Maßnahmen Lichtimmissionen zu mindern (vgl. OVG N-W, B. v. 27.02.2009 - 7 B 1647/08 -, juris Rn. 46 ff. m.w.N.). Hier sind die Wohngrundstücke der Kläger seit langem durch den benachbarten Flughafen geprägt. Anhaltspunkte dafür, dass es den Klägern nicht möglich sein sollte, Wohnbereiche, in denen sie sich durch etwaige Lichtimmissionen belästigt fühlen, wirksam durch Vorhänge, Gardinen, Jalousien o. ä. abzuschirmen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Angesichts der seitens der Kläger einfach zu erreichenden Minderungsmöglichkeiten hält es der Senat für ausgeschlossen, dass dieser Belang (auch nicht in Verbindung mit den schon unter 2.3.4.2.2 behandelten Gesichtspunkten) für die Beklagte Anlass sein könnte, in der Variantenvorprüfung ausgeschiedene Dreh-Varianten nochmals zu betrachten.

2.3.4.2.6 Die Eigentumsbetroffenheit der Klägerin zu 3) hat die Beklagte erkannt und abgewogen (Planfeststellungsbeschluss S. 185 f.). Da die Anflugbefeuerung - unabhängig von der Installation des ILS auch in der Anflugrichtung 08 - unverzichtbar für den Betrieb einer Start- und Landebahn von mehr als 1800 m Länge und der (randliche) Verlust von insgesamt 0,05 ha von insgesamt etwa 15 ha als geringfügig zu bewerten ist, kann sich das öffentliche Interesse am Ausbau des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg auch an dieser Stelle gegen das Interesse der Klägerin zu 3), ihr Eigentum ungeschmälert zu erhalten, durchsetzen. Bewirtschaftungserschwernisse sind wegen des nur randlichen Flächenentzugs nicht erkennbar, so dass - zumal wegen der geringen Inanspruchnahme - darin ein eigenständiger Abwägungsgesichtspunkt nicht liegt. Etwaige gleichwohl entstehende Bewirtschaftungserschwernisse kann die Klägerin zu 3) im Enteignungsverfahren zum Umfang der Grundstücksinanspruchnahme geltend machen (vgl. § 8 Abs. 3 NEG).

2.3.4.2.7 Etwaige Wertminderungen der von den vom Betrieb des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg ausgehenden Emissionen betroffenen Grundstücke hat die Beklagte betrachtet, sie aber aus verschiedenen Gründen nicht als "eigenständigen Posten" in ihre Abwägung einbezogen, andererseits jedoch festgestellt, dass die bereits eingetretenen und erwarteten Grundstückswertminderungen durch die Bedeutung des Ausbauvorhabens gerechtfertigt seien. Die Gründe des Allgemeinwohls würden die privaten Interessen überwiegen (Planfeststellungsbeschluss S. 178 f.). Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, da sich die Lage der Klägerinnen zu 1) und 3) kaum verändert. Die Grenze zur Abwägungsdisproportionalität ist erst erreicht, wenn die Wertverluste so massiv ins Gewicht fallen, dass den Betroffenen ein unzumutbares Opfer abverlangt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116, Rn. 404). Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Die Grundstücke werden seit langem durch die Nähe zum Flughafen geprägt, im Westen der Start- und Landebahn verändert sich durch den Ausbau nur wenig.

2.4 Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf ein Planergänzungsverfahren oder die Verpflichtung der Beklagten, der Beigeladenen gemäß § 9 Abs. 2 LuftVG weitere Schutzvorkehrungen zu ihren Gunsten aufzugeben. Sie haben aber einen Anspruch auf erneute Entscheidung der Beklagten, soweit ihre durch Änderung der Straßenverbindung "Grasseler Straße" berührten Belange des Schallschutzes gegen Straßenverkehrslärm betroffen sind. Die Kläger zu 1) und 3) können darüber hinaus auch eine neue Entscheidung der Beklagten über Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden durch Wirbelschleppen verlangen.

2.4.1 Weitergehende Anordnungen der Beklagten zum Schutz gegen Flug- oder vom Flughafen ausgehenden Bodenlärm waren nicht erforderlich.

Das Abwägungsgebot des § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG erfordert, dass nicht nur die Zumutbarkeitsgrenze des § 9 Abs. 2 LuftVG eingehalten wird, sondern den Lärmschutzinteressen der Anwohner im Rahmen der Abwägungsentscheidung unabhängig davon Rechnung zu tragen ist. Von der planerischen Gestaltungsfreiheit unterhalb dieser Zumutbarkeitsschwelle mit umfasst sind insbesondere Erwägungen über ein Nachtflugverbot oder sonstige nächtliche Betriebsbeschränkungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, a.a.O. Rn. 268).

Diese Erwägungen der Beklagten sind sehr knapp. Sie hat darauf verwiesen, dass es bei der bisherigen Nachtflugregelung des Planfeststellungsbeschlusses der ehemaligen Bezirksregierung vom 18. Oktober 2000 (nicht mehr als 6 Nachtflugbewegungen mit mehr als 75 dB(A) außerhalb der Gebäude) bleibt, weil eine wesentliche Veränderung des Anteils der Nachtflüge nicht zu erwarten sei. Die Kläger kritisieren das mit dem Argument, dass damit eine unbegrenzte Anzahl von Flugbewegungen unterhalb des Überflugpegels von 75 dB(A) zugelassen sei.

Ob die Beklagte die Lärmschutzinteressen der Betroffenen - die sie zurückstellen darf, soweit gewichtigere gegenläufige Belange dies rechtfertigen - fehlgewichtet hat, hängt hier davon ab, ob überhaupt die gemäß § 29 b Abs. 1 Satz 2 LuftVG besonders zu schützende Nachtruhe der Anwohner mehr als geringfügig gestört wird, weil im Durchschnitt mit weniger als einer Flugbewegung pro Nacht auch in Zukunft zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang kommt es nicht - wie die Kläger meinen - auf die maximale technische oder betrieblich nicht untersagte und deshalb theoretisch mögliche Kapazität an, sondern auf ein tatsächliches Verkehrsaufkommen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1073.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, juris Rn. 359). Nach den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung hängt es sowohl vom Maximalpegel als auch von der Anzahl der Fluglärmereignisse ab, wann Belästigungen, die sich in einem Schlafstadienwechsel äußern, in eine zusätzliche Aufwachreaktion umschlagen können, die sich als Schlafstörung charakterisieren lässt (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 299). Liegt bereits die zu erwartende absolute Anzahl der nächtlichen Fluglärmereignisse so deutlich unterhalb der auch in der neueren Lärmforschung anzusetzenden Häufigkeitskriterien, ist das Schutzanliegen des § 29 b Abs. 1 Satz 2 LuftVG, zusätzliches fluglärmbedingtes Aufwachen zu vermeiden, nicht berührt. Deswegen kommt es hier auch nicht darauf an, ob als Maximalpegelkriterium 6 x 60, 6 x 55 oder 13 x 53 dB(A) anzusetzen sind (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, a.a.O. Rn. 300 ff.; OVG R-P, Urt. v. 21.05.2008 - 8 A 10911/07 -, juris Rn. 135; Nds.OVG, Urt. v. 23.04.2009 - 7 KS 18/07 -, UA S. 16). Dieser Ansatz entspricht inzwischen auch der gesetzlichen Wertung im neuen Fluglärmschutzgesetz - FLärmSchG -, das in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 FLärmSchG bei den maßgeblichen NAT-Kriterien (NAT = Number of events above threshold) für die Einrichtung von Nachtschutzzonen durchgängig auf die Überschreitung eines Häufigkeitswertes von 6 abstellt. Sind die Belange der Kläger gewahrt, weil die prognostizierte Belastung durch nächtlichen Fluglärm unterhalb des von der Lärmforschung angenommenen "präventiven Richtwerts" liegt, können sie auch eine Rechtfertigung des Nachtflugbetriebs nicht verlangen, weil nur die vom Vorhaben tatsächlich berührten Belange nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG zu berücksichtigen sind. Hier kommt hinzu, dass regulärer, d.h. planmäßiger Nachtflugbetrieb nicht stattfindet, darüber hinaus hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erläutert, es sei als verbindlich zu betrachten, dass in der nächtlichen Kernzeit von 00.00 bis 05.00 Uhr im Jahresdurchschnitt nicht mehr als einmal pro Woche Flugbewegungen stattfänden; im Fall des Überschreitens dieser Menge werde sie ein ergänzendes Verfahren durchführen.

Der in der Auflage 2.4.2 wiedergegebene Maximalpegel von 75 dB(A) ist hier nicht zu beanstanden. Die Auflage sichert lediglich die in dem früheren Planfeststellungsbeschluss vom 18. Oktober 2000 getroffene Regelung, trifft aber keine neue. Da mit ihr keine gegenüber dem bereits genehmigten Zustand weiteren Belastungen zulasten der Kläger verbunden sind, bedurfte es einer Abwägung nicht, weil insoweit die Lärmschutzbelange der Kläger nicht anders als zuvor beeinträchtigt werden. Anspruch auf eine Neuregelung haben sie schon deshalb nicht, weil die in der Auflage genannte Bedingung (mehr als 6 Flugbewegungen pro Nacht) nach der maßgeblichen Prognose nicht eintreten wird. Damit entfällt auch die Möglichkeit einer nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtsrelevanten Gesundheitsgefahr, die Anlass für eine Neubewertung der Lärmbelastung hätte sein können. Das gegen die Auflage 2.4.2 gerichtete Vorbringen der Kläger geht ersichtlich von dem nicht zutreffenden Ausgangspunkt aus, Abwägungsgrundlage und Prüfungsmaßstab müsse die betrieblich nicht untersagte und theoretisch mögliche Kapazität eines Flughafens sein. Die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 1. Juni 2007 (BGBl. I S. 986) gelten nach Artikel 3 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der bis zum 06. Juni 2007 geltenden Fassung bis zur Festsetzung der Lärmschutzbereiche nach § 4 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der ab dem 07. Juni 2007 geltenden Fassung fort. Mögliche Ansprüche erwachsen den Anwohnern frühestens mit der Festsetzung des Lärmschutzbereichs (vgl. §§ 9, 4 FLärmSchG n.F.). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Gesetzgeber jedenfalls für Genehmigungen, Planfeststellungen oder Plangenehmigungen, die bis zum 06. Juni 2007, also vor Inkrafttreten des FLärmSchG, erteilt worden sind, offengelassen, wie eine etwaige Lärmbelastung, der im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 u. 4, § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG und des § 9 Abs. 2 LuftVG erkennbar rechtliche Relevanz zukommt, im konkreten Fall zu ermitteln ist (BVerwG, B. v. 14.05.2008 - 4 B 43.07 -, juris Rdnr. 4 unter Hinweis auf Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, a.a.O. Rn. 345 ff.).

2.4.1.1 Der Senat hat Fehler in der Ermittlung der Fluglärmbelastung nicht feststellen können.

Der Gleitwinkel landender Flugzeuge ist mit 3° sowohl für den sog. Nullfall wie auch für die Prognose, zumindest soweit es die Grundstücke der Kläger betrifft, zutreffend gesetzt. Bereits jetzt ist die im Westen gelegene Anflugfläche 08 nahezu hindernisfrei (vgl. Schreiben der DFS an die Beigeladene v. 13.02.2007, GA Bl. 280 (282)); ein Gleitwinkel von 3° ist der für ILS übliche Wert.

Die Annahmen zum Verkehr mit Ultraleichtflugzeugen sind im Hinblick auf die Situation am Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg begründet (Wolf, Luftverkehrsprognose für den Antrag auf Planfeststellung bis zum Jahr 2020, Planunterlage 2 - im Folgenden: Luftverkehrsprognose - S. 42), bestehende Unsicherheiten hält der Planfeststellungsbeschluss (S. 87) wegen des vergleichsweise geringen Geräuschemissionsanteils für zu vernachlässigen. Weder die Beschreibung der örtlichen Situation noch die Annahme eines geringen Geräuschanteils haben die Kläger substantiiert in Frage gestellt. Soweit sie rügen, die Luftverkehrsprognose habe "die in der Nähe befindlichen Flugplätze" nicht in den Blick genommen, erschließt sich weder, welche Flugplätze hätten betrachtet werden sollen und welche Folgerungen aus einer solchen Untersuchung zugunsten der Kläger hätten gezogen werden müssen. Zudem vermag der Senat nicht zu erkennen, dass Geräuschemissionen von Ultraleichtflugzeugen ein bestimmender Einfluss auf die Ausgewogenheit der Planung zukommt.

Die Luftverkehrsprognose, auf der die Lärmberechnungen des Planungsträgers aufbauen, beruht nicht auf unrealistischen Annahmen. Sie berücksichtigt zutreffend ein tatsächliches Verkehrsaufkommen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist und geht nicht von einer maximalen technischen Kapazität aus, die keine unmittelbaren Aufschlüsse über die eigentliche Quelle etwaiger Lärmprobleme gibt (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1073.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, juris Rn. 359).

Nicht zu beanstanden sind die Annahmen zum Linien- und Charterverkehr. Während die Kläger befürchten, dass der Ausbau des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg zur Ansiedlung einer sog. "Billig-Fluglinie" führen könnte, legt die Luftverkehrsprognose im Einzelnen dar, weshalb mit einer Zunahme dieser Verkehre nicht gerechnet werden kann. Gleichwohl hat sie drei wöchentliche Verbindungen und damit eine Zahl von 300 Flugbewegungen pro Jahr in die Prognose einbezogen. Der Planfeststellungsbeschluss sichert diese Annahme durch die Auflage 2.4.1. ab, indem die Beigeladene jedes Jahr der Beklagten die Zahl der Flugbewegungen in diesem Segment zu benennen und auf Verlangen nachzuweisen hat. Überschreiten die Linien- und Touristikflüge mehr als drei pro Woche, behält sich die Beklagte vor, Flug- und Bodenlärmgutachten zu verlangen, nach deren Ergebnis ein Lärmmedizinisches Gutachten und je nach dessen Ergebnis Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes einschließlich Entschädigungszahlungen zu verlangen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung dazu erklärt, dass sie bei mehr als drei Linien- und Touristikflügen pro Woche in jedem Fall ein physikalisches Flug- und Bodenlärmgutachten verlangen werde, die Formulierung "behält sich vor" sei nicht als Ermessensregelung zu verstehen. Das von der Beklagten planfestgestellte Konzept eines gestuften Vorgehens ist sinnvoll und geeignet, den Lärmschutzanspruch der Kläger zu sichern.

Die Kläger können die Annahmen der Luftverkehrsprognose nicht durchgreifend mit früheren Prognosen bezweifeln, die zur Vorbereitung des Raumordnungsverfahrens erstellt worden sind, da sich - wie die Luftverkehrsprognose nachvollziehbar darlegt - seitdem die Rahmenbedingungen für diese Verkehre (Terroranschlag vom 11. September 2001, stark abgeschwächtes Wirtschaftswachstum) negativ verändert haben. Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis der Beklagten auf eine fehlende Infrastruktur zur Abfertigung einer höheren Zahl von Touristikflügen nur ein weiteres Begründungselement. Zum Beleg, dass die Annahmen zum Linien- und Touristikverkehr in der Prognose nicht zutreffend sind, können die Kläger eine Widmung des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg als "Internationaler Verkehrsflughafen" nicht anführen, denn eine solche liegt nicht vor, vielmehr ist er als Regionalflughafen zugelassen.

Die Zweifel der Kläger hinsichtlich der Annahmen des schalltechnischen Gutachtens (Planunterlage 7.1) zu den 6 verkehrsreichsten Monaten, der Platzrundenflüge und der in die Berechnung eingegangenen Flugzeugtypen sind unsubstantiiert. Hinsichtlich des letztgenannten Einwands ist darauf hinzuweisen, dass die verwendeten Berechnungsgrundlage bestimmte Flugzeugtypen mit ähnlichen technischen Parametern zu Flugzeuggruppen zusammenfasst, die jeweils in eine Start- und Landeklasse unterteilt werden. Da die Gruppen nach der Zahl der Flugbewegungen in der Berechnung gewichtet werden, ist nicht erkennbar, wieso "extrem laute" Flugzeugtypen nicht korrekt innerhalb der Gruppe erfasst worden sein sollen.

Auch die in die Berechnungen eingegangene Zahl der Nachtflugbewegungen ist nicht zu beanstanden. Da ein regulärer Nachtflugbetrieb nicht stattfindet, besteht kein Anlass, von 6 Flügen pro Nacht auszugehen, zumal die unter Einbeziehung weiterer Jahre ermittelte Zahl mit einem Mittel von 159 Nachtflugbewegungen pro Jahr nicht über der Annahme des Schalltechnischen Gutachtens (160 Nachtflugbewegungen pro Jahr, 87 Flugbewegungen in den 6 verkehrsreichsten Monaten) liegt.

Die Klägerin zu 1), deren Haus das am stärksten lärmbetroffene in Bienrode ist, hat nach dem schalltechnischen Gutachten (Planunterlage 7.1) im Ausbaufall eine Fluglärmimmission von höchstens Leq(3) = 61,38 dB(A) (Prognosefall 100 % Ost, Realverteilung Leq(3) = 60,28 dB(A)) zu erwarten. Damit wird der vom Lärmmedizinischen Gutachten (Planunterlage 8 S. 111) als Präventiver Richtwert beschriebene Leq(3) = 62 dB(A) eingehalten. Dass die Beklagte, gestützt auf dieses Gutachten, die Grenzlinie des Tagschutzgebietes und damit die Auslöseschwelle für Ansprüche auf passiven Lärmschutz im Tagschutzgebiet bei einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von 62 dB(A) festgelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Die Kläger haben das Lärmmedizinische Gutachten nicht durchgreifend in Zweifel ziehen können. Soweit sie darauf verweisen, dass andere Planfeststellungsbeschlüsse von einer Taglärmschutzzone mit einem Leq(3) = 60 dB(A) ausgehen, können sie eine entsprechende Beurteilung ihrer Lärmbelastung nicht durchsetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die fachplanerische Zumutbarkeitsgrenze im Einzelfall anhand der konkreten Gegebenheiten bestimmt werden, wobei für die tatsächlichen Verhältnisse insbesondere auch Lärmvorbelastungen einschließlich der bisherigen Lärmeinwirkungen des Flughafens selbst eine Rolle spielen (vgl. Storost, NVwZ 2004, S. 257, 261 f., m.w.N.; OVG R-P, Urt. v. 21.05.2008 - 8 A 10911/07 -, juris Rn. 108 f.). Die Klägerin zu 1) kann dem nicht entgegenhalten, dass ihr Grundstück schon vor dem Bau des Flughafens im Jahr 1936 bebaubar war, denn der von ihr bewohnte Anbau mit dem am höchsten beaufschlagten Immissionspunkt ist erst in den 60er Jahren in Richtung des zu dieser Zeit schon seit langem bestehenden Flughafens errichtet worden, wenn auch die Start- und Landebahn zu diesem Zeitpunkt noch nicht (im Rahmen des letzten Ausbaus) nach Westen verlängert war. Zudem werden Pegel von = 90 dB(A) nur 7,15mal pro Tag erreicht, so dass Kommunikationsstörungen im Durchschnitt der Tagesstunden weniger als einmal alle zwei Stunden und nur jeweils kurzfristig auftreten. Der Maximalpegel im Ausbaufall beträgt dabei 94,7 dB(A). Der Senat verkennt dabei nicht die Lästigkeit der Lärmimmissionen sowohl ihrer Häufigkeit wie ihrer Lautstärke nach, vermag aber diese Belästigung nicht als erheblich und damit unzumutbar zu bewerten. Gleiches gilt für das von den Klägern zu 2) und 3) genutzte, etwas weiter als das der Klägerin zu 1) vom Flughafen entfernt liegende Grundstück, das im Ausbaufall bei Realverteilung einen Leq(3) von 60,1 dB(A)) zu erwarten hat.

Die Beklage hat auch geprüft, ob den Lärmbetroffenen unterhalb der Schwelle des präventiven Richtwerts passiver Lärmschutz zuzubilligen ist und hat dies vor allem wegen des im Prognosezeitraum zu erwartenden Rückgangs der Flugbewegungen verneint (Planfeststellungsbeschluss S. 100). Auch Planungsalternativen hat sie unter diesem Gesichtspunkt nochmals betrachtet, aber unter Hinweis auf das Ergebnis der Variantenprüfung verworfen (a.a.O. S. 99).

Die von der Beklagten vorgenommene Abwägung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist fraglich, ob die von der Beklagten gebilligte Rundung des für die Realverteilung der Flugbewegungen prognostizierten Dauerschallpegels von 60,28 dB(A) auf 60 dB(A) in der lärmtechnischen Zusammenfassung (Planfeststellungsbeschluss S. 90) eine zulässige Überlegung ist, sie hatte indes nicht Auswirkungen auf die Abwägung, deren Grundlage die zutreffende Immissionsbelastung des Grundstücks der Klägerin zu 1) von 60,28 dB(A) war.

Da Lärmschutzmaßnahmen nicht ergriffen werden müssen, musste die Beklagte auch nicht lärmmindernde Flugverfahren in die Abwägung einstellen oder festsetzen. Die in der Landesplanerischen Feststellung formulierten Anregungen sind insoweit nicht maßgeblich.

2.4.1.2 Auch die Ermittlung der flughafenseitigen Bodenlärmbelastung durch das Schalltechnische Gutachten (Planunterlage 7.2) ist nicht zu beanstanden. Die Gutachter haben die Straßenverkehrsgeräusche mit dem üblichen und dem Senat seit Jahren aus Planfeststellungsverfahren zum Straßenverkehrswegerecht bekannten Programm "SoundPlan" berechnet. Soweit die Kläger die Ergebnisse in Zweifel ziehen, weil die flächenhafte Berechnung für den Schallimmissionsplan zu höheren Werten kommt, sind jedenfalls die genaueren Berechnungen für einzelne Immissionspunkte maßgeblich, weil nur sie den Anforderungen der 16. BImSchV genügen. Danach sind die Häuser auf der Südseite der Waggumer Straße im Prognoseausbaufall mit Verkehrslärm von 56,3 dB(A) tags und 50,2 dB(A) nachts belastet, wobei an den den Straßen zugewandten Fassaden höhere Verkehrslärmgeräusche zu erwarten sind (a.a.O. S. 31 f.). Die vorhabensbedingten Geräuschpegelzunahmen liegen unter 1 dB(A) und damit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.

Das Gutachten hat auch in nicht zu beanstandender Weise den nächtlichen Betrieb des Flughafens vernachlässigt. Wie bereits zur Fluglärmbelastung ausgeführt, finden nächtliche Flugbewegungen und damit auch die mit ihnen verbundenen Bodengeräusche im Jahresdurchschnitt weniger als einmal pro Nacht statt. Es ist nachvollziehbar, dass solche Einzelereignisse nicht geeignet sind, den für den Bodenlärm maßgeblichen Dauerschallpegel in rechnerisch signifikanter Weise zu beeinflussen, zumal das von den Klägern auch angeführte "Warmlaufenlassen" der Triebwerke nur vor Starts auftreten kann, die aber etwa nur ein Drittel der nächtlichen Flugbewegungen ausmachen. Gleiches gilt für die von dem DLR ausgehenden Bodengeräusche, die wegen des Forschungscharakters nicht prognostizierbar sind. Die Kläger haben über deren Häufigkeit, Lautstärke und Dauer Angaben nicht gemacht, so dass das Begehren, es mögen "typische Annahmen getroffen" werden, unsubstantiiert ist. Hinzu kommt, dass das Bodenlärmgutachten die von zwei Firmen durchgeführten Triebswerksprobeläufe als pegelbestimmend identifiziert (a.a.O. S. 17) und deshalb Anhaltspunkte darzutun wären, dass die vom DLR verursachten Bodengeräusche wesentlich zum Bodenlärm-Dauerschallpegel aus Richtung des Flughafens beitragen. Auch weitere, die Annahmen des Gutachtens bezweifelnde Einwände der Kläger sind nicht substantiiert. Soweit sie meinen, die "typische Bodenlärmbelastung" sei eine, die an bestimmten Wochentag oder an einem Tag am Wochenende höher ist, verkennen sie Sinn und Zweck der Berechnung eines äquivalenten Dauerschallpegels. Insofern ist der Gutachter schon zu ihren Gunsten vorgegangen, wenn er die Bewegungszahlen der sechs verkehrsreichsten Monate auf das ganze Jahr hochrechnet. Nicht zu beanstanden ist die Annahme, Triebwerksprobeläufe mit 2 x 20 Minuten am Tag in die Berechnungen einzustellen. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Durchschnitts-Rechengröße handelt, um eine durchschnittliche Belastung abzubilden. Der von den Klägern vorgelegte Bericht des Lärmschutzbeauftragten aus dem Jahr 2005 ist nicht geeignet, die Angaben des Gutachtens zu widerlegen. In acht Monaten sind Beschwerden über Probestandläufe (aus den Ortsteilen Waggum und Bienrode zusammen) über insgesamt 110 Minuten zuzüglich zweier Beschwerden ohne Zeitangabe eingegangen. In einem Zeitraum von acht Monaten rechnet das Gutachten aber mit (243 Tage x 40 Minuten) 9.720 Minuten Triebwerksprobeläufen.

Die Kläger können eine Beurteilung des Bodenlärms nach TA Lärm schon deshalb nicht durchsetzen, weil diese nur für Anlagen gilt, die nach dem BImSchG zu beurteilen sind, das aber gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BImSchG für Flugplätze nicht gilt.

2.4.1.3 Die Lärmbelastung der Kläger infolge der durch die Verlängerung der Start- und Landebahn bedingten Änderung der Verkehrsführung im Bereich Grasseler Straße ist jedoch weder von der Beigeladenen untersucht noch von der Beklagten betrachtet und abgewogen worden. Zwar können die Kläger nicht gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG und § 41 Abs. 1 BImSchG die Einhaltung der Tag- und Nachtgrenzwerte gemäß § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV beanspruchen, weil die Waggumer Straße selbst baulich nicht verändert wird. Nimmt aber als Folge eines durch eine Flughafenplanung veranlassten Straßenbauvorhabens der Verkehr auf einer anderen, vorhandenen Straße zu, ist der von ihr ausgehende Lärmzuwachs im Rahmen der Abwägung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG zu berücksichtigen, wenn er mehr als unerheblich ist und ein eindeutiger Ursachenzusammenhang zwischen dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme auf der anderen Straße besteht. Dabei bieten die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV eine Orientierung für die Abwägung (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.03.2005 - 4 A 18.04 -, BVerwGE 123, 152 = DVBl. 2005, 1044 zu § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Schutzvorkehrungen gegen gesundheitsgefährdende Verkehrsimmissionen sind zu treffen, wenn eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrsweges und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung bestehen (BVerwG, B. v. 15.01.2008 - 9 B 7.07 -, NVwZ 2008, 675).

Nach der Verkehrsprognose mit Prognosehorizont 2020 (Planunterlage 4.1) ist nach dem Bau der östlichen Umfahrung eine Zunahme der werktäglichen Kfz-Fahrten mit Ziel Braunschweig-Innenstadt um 800 Fahrten in Bienrode zu erwarten (= eine Zunahme von 4.600 auf 5.400 Kfz/24 Std., vgl. a.a.O., S. 18 - 21, wobei nach Abbildung 5.3 auf S. 21 der Verkehr auf dem Streckenabschnitt, an dem die Kläger wohnen bzw. arbeiten, sogar um 900 Kfz-Fahrten gegenüber der Nullvariante 2020 zunehmen wird). Dem entspricht ein Rückgang des zu erwartenden Kfz-Verkehrs auf den der östlichen Umfahrung benachbarten Straßenabschnitten zwischen Waggum und Querum, so dass ein Ursachenzusammenhang auf der Hand liegt. Der Senat kann nicht feststellen, ob die mit dieser Steigerung des Verkehrs einhergehende Zunahme des Straßenverkehrslärms nur unerheblich sein wird. Nach dem Bodenlärm-Gutachten (Planunterlage 7.2) beträgt die Steigerung der Straßenverkehrsgeräusche zwischen der Nullvariante 2020 und dem Ausbaufall 2020 zwar bei einem Immissionspunkt auf der der Straße ab- und dem Flughafen zugewandten Gebäudeseite auf dem Grundstück der Klägerin zu 1) nur höchstens 0,2 dB(A) auf maximal 56,3 dB(A) tags (der höchste Nachtwert von 50,2 dB(A) wird unverändert bleiben, vgl. a.a.O., S. 31), zuverlässige Schlüsse auf die Verkehrsgeräusche an den der Waggumer Straße zugewandten Gebäudeseiten lassen sich damit aber nicht ziehen. So ist am Gebäude Dammwiese 13, das nördlich der Waggumer Straße steht, mit einer Steigerung von 0,6 dB(A) auf maximal 69,5 dB(A) tags zu rechnen; allerdings steht das Haus schräg und nicht parallel wie die Häuser der Klägerinnen zu 1) und 3) zur Waggumer Straße, so dass der Senat auch insoweit nicht auf die zu erwartende Geräuschbelastung schließen kann. Nach den vorhandenen Zahlen ist zwar auszuschließen, dass der Beurteilungspegel um 3 dB(A) und damit wesentlich i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. der 16. BImSchV steigt, nicht aber, dass er sich nicht auf mindestens 70 dB(A) tags erhöht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. der 16. BImSchV). Die Färbung des Plans 010 zum Bodenlärmgutachten lässt wegen des Maßstabs von 1:12500 ebenfalls keine genaue Aussage zu, ob der Beurteilungspegel an den Gebäudefronten unter (so die Angaben der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung) oder über 70 dB(A) (so die Ansicht der Kläger) liegt. Ein Dauerschallpegel von mehr als 70 dB(A) ist geeignet, vor allem zur Genese von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beizutragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2001 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116, Rn. 368 m.w.N.; Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06, Verkehrsflughafen Leipzig/Halle, BVerwGE 127, 95 Rn. 140) und markiert nach derzeitigen Erkenntnissen die Schwelle, die zur Gesundheitsgefährdung führt.

2.4.1.4 Auch den Gesamtlärm muss die Beklagte entsprechend den Ergebnissen der Verkehrslärmberechnung nochmals betrachten und abwägen. Zwar können die Kläger nicht den von Norden an ihre Häuser herangetragenen Verkehrslärm zu dem von Süden vom Flughafen ausgehenden Lärm hinzurechnen, weil die Häuser abschirmende Wirkung haben. Je näher der für die Waggumer Straße prognostizierte Beurteilungspegel an 70 dB(A) heranreicht, desto weniger ist ausgeschlossen, dass die Berücksichtigung des Fluglärms zu einem Dauerschallpegel von über 70 dB(A) führt, weil insbesondere das Vorderhaus der Klägerin zu 3), in dem der Kläger zu 2) wohnt, direkt unter der "idealen" An- und Abfluglinie in Verlängerung der Start- und Landebahn liegt. Mit der Verpflichtung, die Verkehrsgeräusche auch auf der Nordseite der von den Klägern genutzten Gebäude berechnen zu lassen und in die Abwägung einzubeziehen, hat der Hilfsantrag der Kläger insoweit Erfolg und ist damit ihr Hilfsbeweisantrag zu 6) erledigt. Zwar hätte der Senat den von der Waggumer Straße künftig ausgehenden und auf die straßenseitigen Fassaden der Häuser der Kläger zu 1) und 3) und damit auch auf die Wohnung des Klägers zu 2) einwirkenden Verkehrslärm errechnen lassen können, die gebotene Abwägung und/oder Entscheidung, wie eine eventuell bestehende Gesundheitsgefährdung der Kläger vermieden werden kann, obliegt jedoch allein der Beklagten. Hinzu kommt, dass sie aufgrund des Urteils in der Parallelsache 7 KS 28/07 hinsichtlich der planfestgestellte Ostumfahrung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG eine vertiefte Alternativenprüfung durchzuführen hat, die auch eine (ggfls. flughafennahe) Westumfahrung in den Blick zu nehmen haben könnte. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung könnte es Veränderungen des Verkehrs auf dem westlichen Abschnitt der Waggumer Straße geben, die wiederum Folgen für die Beurteilungspegel auf den Grundstücken der Kläger haben dürften.

2.4.2 Ebenfalls erneut entscheiden muss die Beklagte über den Hilfsantrag der Klägerinnen zu 1) und 3), ob ihnen gemäß § 9 Abs. 2 LuftVG Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden durch Wirbelschleppen ohne den Nachweis eines ersten Schadens (vgl. Auflage 2.1.1) zustehen.

Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass ein Absinken der Wirbelschleppen auf Höhen unterhalb von 30 m insbesondere durch den Bodeneffekt nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht völlig auszuschließen ist, und sich dabei auf (nicht näher benannte) Forschungen des DLR sowie - in der mündlichen Verhandlung - darauf berufen, dass es im Bereich des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg noch nie zu Wirbelschleppenschäden gekommen ist. Die Kläger sind der Annahme entgegengetreten, Wirbelschleppen entstünden nicht unterhalb von 30 m, und haben (auszugsweise) ein Gutachten vorgelegt (Peil/Schänzer, Analyse der Wirbelschleppenproblematik im Anflugbereich des Flughafens Dortmund und Erörterung von Maßnahmen zu deren Entschärfung v. Oktober 2002), wonach innerhalb eines (durch frühere Schadensfälle eingegrenzten) Korridors alle Gebäude mit Firsthöhen über 10 m auf eine potentielle Gefährdung nach einem Bewertungskatalog zu untersuchen sind. Falls für das betreffende Gebäude eine Grenzpunktzahl überschritten werde, sollten Sicherungen (z. B. Sturmklammern) angebracht werden. Soweit die Bezirksregierung Münster in der Änderung der Betriebsgenehmigung des Verkehrsflughafens Dortmund vom 29. Januar 2003 Gebäude und Dächer mit Firsthöhen > 10 m für besonders gefährdet hält, trägt der vorgelegte Gutachtenauszug diese Untersuchungsbedarf mit Gefährdung gleichsetzende Schlussfolgerung allerdings nicht.

Zwar ist der vor dem Eingreifen der Auflage 2.1.1 allenfalls zu erwartende erste Schaden gering (das typische Schadensbild nach Peil/Schänzer ist wenige Quadratmeter - 20 bis 40 Dachziegel - groß), aber das Nebeneinander von Gefahren und Nachteilen als je eigenständige Tatbestandsmerkmale in § 9 Abs. 2 LuftVG macht deutlich, dass der Gesetzgeber bereits auf einer der Gefahrenabwehr vorgelagerten Stufe Handlungsbedarf sieht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116, Rn. 251). Anlass zu einer genaueren Betrachtung besteht trotz des bislang fehlenden Auftretens von Wirbelschleppen-Schäden am Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg, weil Wirbelschleppen von der Schwere des eingesetzten Fluggeräts abhängen und das mit der Planfeststellung verfolgte Ziel gerade darin besteht, vor allem schwerere Flugzeuge als bisher starten und landen zu lassen. Es steht im Planungsermessen der Beklagten, ob sie die den Klägerinnen zu 1) und 3) gehörenden Hausdächer nach dem von Peil/Schänzer entwickelten Bewertungskatalog oder nach einem anderen Verfahren untersuchen oder ohne weitere Untersuchung die Dächer mit Sturmklammern oder auf andere Weise sichern lässt.

Ende der Entscheidung

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