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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 7 LB 44/02
Rechtsgebiete: BNatSchG, FFH-RL, Fischgewässerqualitätsverordnung, Fischgewässerrichtlinie, NNatG, NNatSchG, RL 2003/35/EG, Vogelschutz-Richtlinie, Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie


Vorschriften:

BNatSchG § 61
FFH-RL Art. 6
FFH-RL Art. 7
Fischgewässerqualitätsverordnung
Fischgewässerrichtlinie
NNatG § 60c
NNatSchG § 60c
RL 2003/35/EG
Vogelschutz-Richtlinie Art. 4
Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie
1. Das Klagerecht anerkannter Naturschutzvereine gemäß § 60 c NNatG führt nicht zu einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle des Verwaltungsaktes. Das gerichtliche Verfahren ist materiell auf die Überprüfung der Bestimmungen beschränkt, die einen naturschutzrechtlichen Bezug aufweisen.

2. Auch wenn grundsätzlich die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses zum Zeitpunkt seines Erlasses zu prüfen ist, kann ein (möglicherweise) bestehender Verstoß gegen Schranken des strikten Rechts danach behoben und dies wie das Ergebnis eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz berücksichtigt werden. Dies gilt auch für Verstöße, deren Behebung Ergebnis eines vom Planfeststellungsverfahren unabhängigen Verfahrens ist.

3. Vorkehrungen, mit denen Beeinträchtigungen durch § 19 a Abs. 2 BNatSchG a.F. geschützter Arten oder Lebensräume vermieden werden, sind bei der Bewertung der Erheblichkeit des Eingriffs gemäß § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F. zu berücksichtigen.

4. Bis zu der Veröffentlichung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sind weder § 19 c BNatSchG a.F. noch die FFH-Richtlinie direkt anwendbar. Für gemeldete oder sich zur Meldung aufdrängende Gebiete entfaltet die FFH-Richtlinie allerdings Vorwirkungen, die darin bestehen können, dass das Vorhaben bereits an den Vorgaben der Richtlinie zu messen ist. Für Gebiete, deren Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht hinreichend sicher prognostiziert werden kann, hat es in diesem Zusammenhang mit dem Verbot sein Bewenden, diese Gebiete so nachhaltig zu beeinträchtigen, dass sie für eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht mehr in Betracht kommen.


Tatbestand:

Der Kläger ist ein anerkannter Naturschutzverband und wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung und zum Betrieb eines Emssperrwerks.

Die Ems hat in dem zum Mündungstrichter gehörenden Bereich von Papenburg (Strom km 0,0) bis nach Emden eine Länge von ca. 40 km und ist eine Bundeswasserstraße. Etwa bei Strom km 36 weitet sich der Fluss zum Dollart auf. Mittlerweile ist das Emssperrwerk bei Strom-km 32,2 zwischen den Ortschaften Gandersum am Nordufer und Nendorp am Südufer errichtet und in Betrieb genommen.

In diesem Bereich befindet sich das Nendorper Vorland, das seit 1983 europäisches Vogelschutzgebiet ist. In der Liste der bei der Europäischen Kommission bis Juli 1999 notifizierten Besonderen Schutzgebiete sind die Ems- Außendeichsflächen und Sände von Terborg bis Emden (zu denen das Nendorper Vorland gehört) und von Leer bis Terborg genannt. Als FFH-Gebiete hat das Land Niedersachsen in diesem Bereich das deutsche Hoheitsgebiet des Dollart und die Ems südlich von Papenburg gemeldet, nicht hingegen die Unterems zwischen diesen Gebieten.

Seit den 80er Jahren ist die Unterems aufgrund verschiedener Planentscheidungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mehrfach vertieft worden, um eine Überführung von Kreuzfahrtschiffen zu ermöglichen, die die Beigeladene auf ihrer Werft in Papenburg hergestellt hatte. Der zuletzt ergangene Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest vom 31. Mai 1994 sah für den o.g. Bereich eine Vertiefung der Sohle der Ems auf eine Basistiefe von bis zu 7,04 m unter NN und eine bedarfsweise Vertiefung auf bis zu 7,40 unter NN vor, so dass ein 7,30 m tiefgehendes sog. Bemessungsschiff überführt werden konnte.

Seit Ende 1996 gab es innerhalb der niedersächsischen Landesverwaltung Überlegungen zur Errichtung eines Emssperrwerks, das einerseits die Sturmflutsicherheit erhöhen, andererseits aber auch den Aufstau der Ems zur Überführung von Schiffen ermöglichen sollte. Nachdem am 21. März 1997 ein sog. Scoping-Termin durchgeführt worden war und die Nds. Landesregierung am 8. Juli 1997 die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens beschlossen hatte, beantragte die Beklagte, die eine "Projektgruppe Bau eines Emssperrwerks" gebildet hatte, am 15. August 1997 die Feststellung eines Planes zur Errichtung und zum Betrieb des Emssperrwerks. Am 01. Januar 1998 gingen die Aufgaben der Projektgruppe auf den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK) über.

Der Kläger erhielt mit Schreiben der Beklagten vom 18. August 1997 die Antragsunterlagen, die auch vom 05. September bis 06. Oktober 1997 in den durch das Vorhaben betroffenen Gemeinden ausgelegen haben. In der Zeit vom 15. Dezember 1997 bis zum 05. Februar 1998 führte die Beklagte an insgesamt 15 Tagen Erörterungstermine durch.

Die von der Beklagten anschließend zu verschiedenen Fragen eingeholten neuen Gutachten übersandte sie dem Kläger jeweils unter Einräumung einer Stellungnahmefrist.

Nachdem der NLWK den Planfeststellungsantrag am 29. Mai 1998 geändert hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 1998 den Plan für die Errichtung und den Betrieb des Emssperrwerks unter zahlreichen Nebenbestimmungen u.a. zur Dauer und zur Höhe des Aufstaus sowie mit Auflagen zugunsten des Naturschutzes unter Anordnung des Sofortvollzuges im Hinblick auf den Küstenschutz fest. Zur Begründung führt der Planfeststellungsbeschluss u.a. aus, dass sich das Vorhaben bereits allein aus Gründen des Küstenschutzes rechtfertige. Dies sei die Hauptfunktion. Die Aufstaumöglichkeit sei eine bloße hiervon abhängige Zusatzfunktion. Die zu erwartenden Umweltbeeinträchtigungen, insbesondere des Bodens, der Fische und von Kleinlebewesen sowie die stärkere Versalzung der Ems zwischen Leer und Papenburg seien gegenüber den für das Vorhaben sprechenden Belangen als nachrangig zu bewerten.

Am 16. September 1998 hat der Kläger Klage erhoben. Sein am 20. Oktober 1998 gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte Erfolg (VG Oldenburg, Beschl. v. 26.11.1998 - 1 B 3953/98 -). Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht u.a. aus: Die Klage scheine gegenwärtig voraussichtlich erfolgreich, weil der Planfeststellungsbeschluss für ein rein aus Küstenschutzgründen zu errichtendes Sperrwerk an einem durchgreifenden Abwägungsmangel leide. Die Beklagte habe bei der Frage, ob alternativ eine Erhöhung der Hauptdeiche an der Ems in Betracht komme, das Abwägungsmaterial nicht vollständig zusammengestellt. Es sei zu unbestimmt angegeben worden, dass bei Nichterrichtung des Sperrwerks die Deiche auf einer Strecke von "bis zu 110 km" zu erhöhen seien. Im Hinblick auf eine denkbare Änderung oder Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass nach § 19 c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG möglicherweise eine Stellungnahme der Europäischen Kommission erforderlich sei. Den gegen diesen Beschluss gerichteten Antrag der Beklagten auf Zulassung der Beschwerde hat das Nds. Oberverwaltungsgerichts abgelehnt (Beschl. v. 01.02.1999 - 3 M 5515/98 -).

Nach Einholung weiterer Gutachten, die die Beklagte dem Kläger ebenfalls zur Stellungnahme übersandt hatte, erließ die Beklagte, gestützt auf § 75 Abs. 1a VwVfG, am 22. Juli 1999 einen Planergänzungsbeschluss, der eine neue Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die durch das Vorhaben betroffenen europäischen Schutzgebiete und eine Alternativenuntersuchung im Hinblick auf die Möglichkeit von Deicherhöhungen an der Ems zum Schutz vor Sturmfluten enthielt. Zudem war vorbehalten, dass eine Auflage zur Bestimmung einer 10 ha großen Fläche zum Zwecke des Vogelschutzes festgesetzt wird. Die Beklagte ordnete insgesamt die sofortige Vollziehung des ergänzten Planfeststellungsbeschlusses an.

Der Kläger hat am 29. Juli 1999 seine Klage auf den Planergänzungsbeschluss der Beklagten erweitert. Seinen erneuten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht abgelehnt (Beschl. v. 26.10.1999 - 1 B 3319/99 -, NdsVBl. 2000, 36 ff. = NuR 2000, 398) und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage bei summarischer Prüfung voraussichtlich nicht erfolgreich sein werde. Zwar sei die Aufstaumöglichkeit der Ems entgegen der Einschätzung der Beklagten ein mit dem Küstenschutz gleichwertiger Belang. Dieser Bewertungsfehler habe sich jedoch auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgewirkt. Das o.g. Europäische Vogelschutzgebiet werde nicht erheblich beeinträchtigt. Soweit ein erheblicher Eingriff in das potenzielle FFH-Gebiet "Ems von Papenburg bis zum Dollart" festzustellen sei, seien die Vorhabenszwecke vorrangig. Zwar seien unter dem Aspekt des europäischen Naturschutzes Deicherhöhungen an der Ems gegenüber einem Sperrwerk aus Küstenschutzgründen vorzugswürdig. Für die Möglichkeit des Aufstaus der Ems fehlten aber zumutbare Alternativen.

Die zugelassene (Nds.OVG, Beschl. v. 15.02.2000 - 3 M 4353/99 -) Beschwerde des Klägers hat das Nds. Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen (Beschl. v. 06.07.2000 - 3 M 561/00 -, NVwZ-RR 2001, 362). Der Ausgang des Klageverfahrens sei offen. Eine Abwägung der betroffenen Interessen ergebe, dass die baldige Verbesserung des Küstenschutzes Vorrang vor den Belangen des Naturschutzes habe.

Mit Bescheid vom 24. März 2000 hat die Beklagte auf Grund des durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Juli 1999 eingefügten Vorbehalts verfügt, dass zwei insgesamt gut 10 ha große Flächen bei Leerort für den Vogelschutz herzurichten seien. Am 13. April 2000 hat der Kläger seine Klage auch diesbezüglich erweitert. Seinen insoweit am 08. Mai 2000 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht abgelehnt (Beschl. v. 14.06.2000 - 1 B 1805/00 -).

Am 16. Mai 2001 (während der mündlichen Verhandlung erster Instanz) hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die Beweisaufnahme einen Planänderungsbeschluss erlassen, mit dem sie Nebenbestimmungen zum Sauerstoffgehalt der Ems vor und zu deren Salzgehalt nach Ende des Stauvorgangs änderte. Der Kläger hat seine Klage auch auf diesen Bescheid erweitert.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage im wesentlichen geltend gemacht:

Die Beklagte sei für den Erlass der angefochtenen Entscheidungen nicht zuständig gewesen. Sie hätte ihm nach den Erörterungsterminen und der Einholung weiterer Gutachten die Möglichkeit geben müssen, sich nochmals mündlich zu äußern. Im Anhörungsschreiben vom 10. Mai 1999 habe die Beklagte ihn nicht auf die Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens hingewiesen, zudem sei ein weiterer Erörterungstermin geboten gewesen. Im Verfahren zum Planergänzungsbeschluss vom 24. März 2000 sei er überhaupt nicht beteiligt worden, die Frist zur Stellungnahme zum Planänderungsbeschluss vom 16. Mai 2001 habe die Beklagte zu kurz bemessen. Die Verletzung seiner Verfahrensrechte sei nicht nach § 46 VwVfG heilbar. Die Beklagte habe die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG und Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie nicht beachtet.

Dem Vorhaben fehle die Planrechtfertigung. Einen Bedarf für den Küstenschutz habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Es bestehe weder die Möglichkeit noch ein Bedarf für die Überführung von Schiffen mit einem Tiefgang von 8,50 m. Sowohl für den Küstenschutz als auch für die mit dem Sperrwerk bezweckte Wirtschaftsförderung gebe es Alternativlösungen.

Das Sperrwerk stelle einen erheblichen Eingriff in das Europäische Vogelschutzgebiet "Ems-Außendeichsflächen und Sände von Terborg bis Emden" dar. Dies ergebe sich schon allein aus dem mit der Herstellung des südlich am Sperrwerk anschließenden Flügeldeichs verbundenen Flächenverlust. Die Verträglichkeitsprüfung der Beklagten sei nicht ausreichend. Die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen dürften bei der Bewertung der Erheblichkeit des Eingriffs nicht berücksichtigt werden. In das Vogelschutzgebiet dürfe nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-Richtlinie eingegriffen werden, weil das Nendorper Vorland bisher nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen sei.

Das Sperrwerk liege im potenziellen FFH-Gebiet "Unterems von Papenburg bis zum Dollart". In dem Gebiet befinde sich der prioritäre Lebensraumtyp "Weiden-Auwald". Auch müsse die Ems durchgängig als FFH-Gebiet angesehen werden, weil anderenfalls die gemeldeten Bereiche des Dollarts und der Ems oberhalb von Papenburg künstlich getrennt würden. Dieses potenzielle FFH-Gebiet werde in Bezug auf die vorhandenen Brack- und Süßwasserwattflächen erheblich beeinträchtigt. Der Salzwassereinfluss im Staufall beeinträchtige auch die Weiden-Auwald-Bestände. Ferner seien die verschlechterten Lebensbedingungen für besonders geschützte Fische nicht hinreichend berücksichtigt worden. Außerdem müssten Summationswirkungen mit den früheren Emsvertiefungen beachtet werden. Da eine erhebliche Beeinträchtigung eines potenziellen FFH-Gebiets festzustellen sei, bestehe bis zur Gebietsmeldung nach allgemeinen europarechtlichen Grundsätzen ein absolutes Stillhaltegebot. Es fehle auch weiter an der erforderlichen Stellungnahme der Europäischen Kommission. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung der Gebietskohärenz seien untauglich, soweit sie in dem FFH-Gebiet selbst vorgesehen seien.

Das Vorhaben widerspreche auch der Fischgewässerrichtlinie. Der Bereich der Ems oberhalb der Einmündung der Leda sei der Europäischen Kommission nach deren Vorschriften gemeldet worden. Bei dem Aufstau zur Überführung von Schiffen werde der Sauerstoffgehalt der Ems unter den fischkritischen Wert von 4 mg/l sinken. Der Planänderungsbeschluss vom 16. Mai 2001 überlasse in unzulässiger Weise die Bestimmung der Randbedingungen, unter denen im Aufstaufall salzhaltiges Wasser nicht in Bereiche oberhalb von Papenburg gelange, einem Betriebsplan. Außerdem seien die bei der Entleerung der Ems nach Abschluss des Einstaus im Dollart entstehenden plötzlichen Salzgehaltssprünge für die dort befindlichen Lebewesen schädlich. Bei Einhaltung aller Nebenbestimmungen und unter Beachtung der hydrologischen Bedingungen in der Ems und im Leda-Jümme-Raum sei der beabsichtigte Aufstau der Ems nicht durchführbar.

Der Kläger hat beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 14. August 1998 / 22. Juli 1999 / 24. März 2000 / 16. Mai 2001 aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass der im Hauptantrag genannte Bescheid rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,

weiter hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten,

1.

festzusetzen, dass die Tore des Emssperrwerks mit einer doppelten Sicherheit ausgestattet werden,

2.

die in der Nebenbestimmung A. II. 1.21 vorgesehene zeitliche Beschränkung aufzuheben,

3.

über eine Verkürzung der in der Nebenbestimmung A. II. 1.22 vorgeschriebenen maximalen Dauer eines Staufalls unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

4.

den Aufstau der Ems nur im Falle einer vorangegangenen Springtide zuzulassen,

5.

den Aufstau der Ems nur außerhalb der Wanderungszeit der im Anhang II zur FFH-Richtlinie aufgeführten Wanderfischarten zuzulassen,

6.

über die in der Nebenbestimmung A. II. 1.23 zu dem im Hauptantrag bezeichneten Planfeststellungsbeschluss vorgeschriebene maximale jährliche Schließdauer des Emssperrwerks für Staufälle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

7.

den Satz 2 der Nebenbestimmung A II. 1.23 aufzuheben,

8.

die Schließung des Sperrwerks zu Stauzwecken für Überführungen von Schiffen, die nicht in der Werft der Beigeladenen hergestellt worden sind, und zu Überführungen nach flussaufwärts, nicht zuzulassen,

9.

Bedarfsbaggerungen in der Zeit von einer Woche vor Beginn des Staufalles zu untersagen,

10.

über die in der Nebenbestimmung A. II. 2.2.1 festgesetzten Sauerstoffwerte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden und einen unteren Grenzwert von 4 mg/l für die gesamte Stauzeit festzusetzen,

11.

unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts und Änderung der Nebenbestimmung A. II. 2.2.1 Ausgangswerte für den Schwebstoffgehalt der Ems im Aufstaufall festzusetzen und die Messung von Sauerstoffwerten in einer Tiefe von 0,5 bis 1 m unter der Wasseroberfläche sowie an der Gewässersohle vorzuschreiben,

12.

unter Änderung der Nebenbestimmung A II. 2.2.2.a Maßnahmen zu bestimmen, die eine Beachtung der festgesetzten höchstens zulässigen Salzgehaltsdifferenzen im Dollart sichern, und Regelungen für den Fall des Abbruchs des Ablassvorgangs bezüglich der Verlängerung der Stauzeit, der weiteren Sauerstoffzehrung und der Ausbreitung von Salzwasser im limnischen Bereich unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen,

13.

über die in der Nebenbestimmung A II. 2.2.2.b festgesetzten Regelungen zur Verhinderung oder Minderung des Fortschreitens der Brackwassergrenze im limnischen Bereich erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden,

14.

im Brackwasserbereich der Ems Rückdeichungen vorzuschreiben, so dass 10 ha Außendeichsflächen mit Salzwiesen und ein mindestens 137 ha großer zusammenhängender Deichvorlandbereich entsteht,

15.

im Süßwassertidebereich der Ems Rückdeichungen zur Entwicklung von neuen Süßwasserwattflächen und Weiden-Auwald-Standorten in einem Bereich vorzuschreiben, der im Staufall nicht mit salzhaltigem Wasser in Berührung kommt, und jeweils den im Hauptantrag bezeichneten Planfeststellungsbeschluss der Beklagten aufzuheben, soweit er dem entgegensteht. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im wesentlichen erwidert:

Der Kläger könne Fragen der Zuständigkeit nicht rügen. Das Sperrwerk rechtfertige sich allein aus dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes. Deicherhöhungen seien keine Alternative, da das Sperrwerk insoweit einen Systemwechsel darstelle. Mit einer Teilverlagerung der Werft der Beigeladenen könne das mit dem Planfeststellungsbeschluss verfolgte Ziel der Förderung des Werftstandortes Papenburg nicht erreicht werden. Ein erheblicher Eingriff in das betroffene Europäische Vogelschutzgebiet liege nicht vor. Das Nendorper Vorland sei aufgrund der Vorschriften über besondere Biotope und der Verfügungsbefugnis des Landes Niedersachsen hinreichend unter Schutz gestellt worden, mit den Nutzern der Flächen seien inzwischen Vereinbarungen über die extensive Nutzung getroffen worden. Der Bereich der Ems zwischen Papenburg und dem Dollart sei rechtsfehlerfrei nicht nach der FFH-Richtlinie gemeldet worden, zumal es dort keine prioritären Lebensraumtypen oder Arten gebe. Die Nebenbestimmungen zum Sauerstoffgehalt der Ems im Staufall seien ausreichend. Entgegen den Befürchtungen der Europäischen Kommission werde es bei Beachtung der Nebenbestimmung zum Fortschreiten salzhaltigen Wassers auch nicht zu einem massenhaften Sterben von süßwassergewöhnten Fischen und Makrozoobenthos kommen. Die Fischgewässerrichtlinie verfolge Ziele des Gesundheits-, nicht des Naturschutzes, so dass sich der Kläger auf diese nicht berufen könne.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im wesentlichen vorgetragen:

Im Hinblick auf das betroffene Europäische Vogelschutzgebiet sei nicht der strenge Schutz nach der Vogelschutz-Richtlinie, sondern das Regime der FFH-Richtlinie maßgeblich. Der Bereich zwischen Papenburg und Emden sei kein potenzielles FFH-Gebiet. Es gebe, das Gegenteil unterstellt, auch keine allgemeine Stillhaltepflicht der Behörden, weil bei der Bestimmung der Liste nach Art. 4 Abs. 2 der FFH-Richtlinie Gesichtspunkte des politischen Ermessens von Bedeutung seien. Jedenfalls könne wegen des Fehlens von normierten Erhaltungszielen eine Verträglichkeitsprüfung im Sinne des § 19 c BNatSchG nicht durchgeführt werden. Kumulationswirkungen mit anderen Vorhaben könnten nur berücksichtigt werden, wenn das andere Projekt unter Geltung der FFH-Richtlinie zugelassen worden sei. Dies sei bei den Emsvertiefungen nicht der Fall. In die Bewertung, ob ein erheblicher Eingriff vorliege, seien auch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit einzubeziehen.

Das Verwaltungsgericht hat zu Fragen des Küstenschutzes, des Fortschreitens salzhaltigen Wassers im Staufall, der Notwendigkeit eines Aufstaus der Ems zur Überführung von Kreuzfahrtschiffen, von Salzgehaltssprüngen im Dollart nach Beendigung des Staufalls, der Notwendigkeit einer Meldung des Gebiets der Unterems zwischen Papenburg und dem Dollart und dem Gebietsmeldungsverfahren nach Art. 4 der FFH-Richtlinie, der Möglichkeit des Aufstaus der Ems, des Sauerstoffgehalts der Ems im Staufall, der Beeinträchtigung des Europäischen Vogelschutzgebietes "Ems-Außendeichsflächen und Sände zwischen Terborg und Emden", zum Süßwasser- und Brackwasserwatt als Erhaltungsziele eines potenziellen FFH-Gebiets "Unterems zwischen Papenburg und dem Dollart" sowie zur Beeinträchtigung der Fische und des Makrozoobenthos Beweis erhoben. In der mündlichen Verhandlung haben sich zudem sachverständige Personen geäußert: für den Kläger zu Fragen der Weichholz-Auenwälder an der Unterems, der Fauna von Weichholz-Auenwäldern, des Sauerstoffgehalts der Ems im Staufall, der Notwendigkeit einer Meldung der Unterems zwischen Papenburg und dem Dollart nach Art. 4 der FFH-Richtlinie und der Beeinträchtigung des Europäischen Vogelschutzgebietes "Ems-Außendeichsflächen und Sände zwischen Terborg und Emden", für die Beklagte ein Mitarbeiter ihres Naturschutzdezernates zur Frage der Notwendigkeit einer Meldung der Unterems zwischen Papenburg und dem Dollart nach Art. 4 der FFH-Richtlinie und zu Weiden-Auwald-Beständen an der Unterems, für die Beigeladene deren Technischer Direktor zu Fragen der Überführung von Kreuzfahrtschiffen auf der Ems.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Mai 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger könne nicht rügen, dass die Beklagte für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht zuständig gewesen sei, da die betreffenden Vorschriften nicht den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt seien. Soweit eine Missbrauchskontrolle durch das Gericht bestünde, fehle es an Anhaltspunkten, dass die Beklagte ihre Zuständigkeit willkürlich angenommen habe. Die Identität des Rechtsträgers (Land Niedersachsen) von Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde begründe nicht die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Die Beklagte habe Verfahrensrechte des Klägers nicht in beachtlicher Weise verletzt. Er habe keinen Anspruch auf einen (weiteren) Erörterungstermin gehabt, dies gelte sowohl im Hinblick auf die beträchtliche Zahl der nach dem Erörterungstermin eingeholten Gutachten und den geänderten Planfeststellungsantrag als auch für das von der Antragsgegnerin so genannte Planergänzungsverfahren im Jahr 1999. Nach dem Erörterungstermin und im Ergänzungsverfahren habe die Beklagte dem Kläger auch nicht eine Stellungnahmefrist von zwei Monaten einräumen müssen. Soweit die Beklagte bei Erlass des Planergänzungsbeschlusses vom 24. März 2000 das Anhörungsrecht des Klägers nicht gewahrt habe, sei dieser Fehler im gerichtlichen Verfahren um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geheilt worden, weil die Regelungen der §§ 45, 46 VwVfG auch im Planfeststellungsverfahren anwendbar seien. Ein weitergehendes Anhörungsrecht könne der Kläger auch nicht aus § 9 UVPG oder Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der FFH-Richtlinie herleiten, denn dort sei lediglich allgemein die Beteiligung der Öffentlichkeit, nicht aber speziell der Naturschutzverbände geregelt. Die letztgenannte Vorschrift sehe eine zwingende Beteiligung der Öffentlichkeit ohnehin nicht vor.

Ob die Planrechtfertigung im Rahmen der naturschutzrechtlichen Verbandsklage der gerichtlichen Prüfung unterliege, könne offen bleiben, da sie sich zum einen aus der Sturmflutschutzwirkung des Emssperrwerkes und zum anderen aus der Möglichkeit ergebe, durch den Aufstau der Ems große, auf der Werft der Beigeladenen hergestellte Kreuzfahrtschiffe zur Nordsee zu überführen und damit die Wirtschaftsentwicklung der Region Papenburg zu fördern. Die Kammer halte zwar die von der Beklagten vorgenommene Gewichtung der für das Vorhaben sprechenden Belange für offensichtlich fehlerhaft und gekünstelt, doch sei dieser Fehler unbeachtlich. Eine richtigerweise zum Küstenschutz gleichgewichtige Rechtfertigung des Projektes durch den Belang der Förderung der Region Papenburg verstärke das Gewicht der zugunsten des Vorhabens sprechenden Interessen, so dass die Beklagte bei zutreffender Gewichtung der Belange den Bau und den Betrieb des Sperrwerks gleichwohl zugelassen hätte.

Das Vorhaben sei aus Gründen des europarechtlich geregelten Vogelschutzes nicht zu beanstanden. Es greife zwar in das Vogelschutzgebiet "Ems-Außendeichsflächen und Sände von Terborg bis Emden" ein, die festzustellenden Beeinträchtigungen der Vogelwelt seien aber als nicht erheblich anzusehen. Deswegen könne unterstellt werden, dass das Schutzregime der Vogelschutz-Richtlinie und nicht die Regelungen der FFH-Richtlinie gälten. Nicht jede Inanspruchnahme von innerhalb eines Vogelschutzgebiets gelegenen Flächen sei als erheblich im Hinblick auf dessen Erhaltungsziele zu bewerten. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass das Vorhaben weder Säbelschnäbler noch die Röhrichtbrüter Rohrweihe und Blaukehlchen oder Nonnengänse und Arktische Regenbrachvögel erheblich beeinträchtige. Dies gelte auch, wenn neben der Flächeninanspruchnahme Überstauungen und hoher Besucherdruck berücksichtigt würden. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen seien, soweit sie im Bereich des Nendorper Vorlandes durchgeführt werden sollen, bei der Bewertung der Erheblichkeit des Eingriffs einzubeziehen.

Auch mit den Regelungen des § 19 c BNatSchG, die die FFH-Richtlinie umsetzten, sei das Vorhaben vereinbar. Der betroffene Bereich der Ems zwischen Papenburg und dem Dollart sei weder ein gemeldetes noch ein potenzielles Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung. Dabei sei die Entscheidung des Landes Niedersachsen, von der Meldung der Unterems abzusehen, gerichtlich nur darauf hin zu überprüfen, ob sich der Beurteilungsspielraum des Landes auf Null reduziert hätte. Dies sei nicht der Fall. Ein gewichtiger Gesichtspunkt sei, dass die Ems oberhalb von Leer wegen der seit längerem auftretenden Sauerstoffprobleme nicht in einem guten Erhaltungszustand sei. Der Lebensraumtyp Ästuar sei gerade unter dem Gesichtspunkt des Süßwasserabschnitts eines Ästuars bereits in erheblichem Umfang durch die Unterelbe repräsentiert. Soweit es um den Brackwasserabschnitt gehe, sei mit dem Dollart die größte Brackwasserbucht Niedersachsens von den Gebietsmeldungen erfasst. Auch Salzwiesen seien mit erheblich größeren Vorkommen besserer Ausprägung an der Nordseeküste gemeldet. Ob die bei Coldam, Weener und Halte vorkommenden Weiden-Bestände als prioritärer Lebensraum zu bewerten seien, könne offen bleiben, weil diese kleinen Flächen bei der Empfehlung des NLÖ, die Unterems als FFH-Gebiet zu melden, nicht maßgeblich gewesen seien. Zudem habe das Land Niedersachsen vergleichbare Vorkommen in Ästuarien an der Unterelbe und an der Ems oberhalb von Papenburg gemeldet. Eine Pflicht zur Meldung der Unterems als FFH-Gebiet bestehe auch nicht wegen der im Anhang II zur FFH-Richtlinie aufgeführten Fische Nordseeschnäpel und Stör, die ausgestorben oder verschollen seien, oder Alse und Finte, die wegen der längeren Sauerstoffuntersättigung der Ems oberhalb von Leer geeignete Bedingungen zum Laichen nicht hätten. Wegen der oberhalb von Herbrum laichenden Wanderfische habe der Unterlauf der Ems nicht gemeldet werden müssen, weil bereits der Gebietsvorschlag des Landes für die Ems oberhalb von Papenburg als Erhaltungsziel die Durchgängigkeit des gesamten Flusslaufs enthalte.

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Ems zwischen Papenburg und dem Dollart ein potenzielles FFH-Gebiet sei, hätte dies nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses zur Folge. Die gemeinschaftsrechtlichen Vorwirkungen der Richtlinie führten nicht zu einer absoluten Veränderungssperre, sondern es seien die Maßnahmen zu unterlassen, die ein Gebiet so beeinträchtigten, dass es nicht mehr Teil des ökologischen Netzes Natura 2000 sein könne. In diesem Sinne erheblich sei aber nur der Eingriff in die Atlantischen Salzwiesen. Die natürliche Dynamik des Ästuars würde durch den Betrieb des Sperrwerks weder im Sturmflut- noch im Staufall beeinträchtigt. Die Brack- und Süßwasserwattflächen würden ebenso wenig erheblich beeinträchtigt wie die vorhandenen Weiden-Bestände bei Coldam, Weener und Halte, so dass hinsichtlich letzterer offen bleiben könne, ob sie als prioritärer Lebensraum oder als Biotoptyp eines Ästuars geschützt wären. Ebenfalls nicht beeinträchtigt würden in Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführte Fischarten oder der Fischotter. Ein Wegfall des limnischen Makrozoobenthos und damit der Nahrungsgrundlage für Wanderfische in größerem Umfang sei nicht zu befürchten, weil eine vorhandene Makrozoobenthos-Lebensgemeinschaft des Süßwasserwatts allenfalls von geringem Umfang sei. Da der genehmigte Aufstau der Ems die Wanderfischarten nicht beeinträchtige, sei der auf Zulassen des Staufalls ausschließlich außerhalb der Wanderungszeiten gerichtete Hilfsantrag zu 5) abzuweisen.

Summationseffekte mit den bereits abgeschlossenen früheren Emsvertiefungen blieben unberücksichtigt, zumal diese schon vor den in der FFH-Richtlinie festgelegten Umsetzungsfristen zugelassen worden seien. Selbst wenn man eine Vorwirkung der FFH-Richtlinie seit dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens annähme, hätte die Emsvertiefung nicht die Folge gehabt, dass die Unterems für eine Gebietsmeldung - unterstellt, es gebe ein potenzielles FFH-Gebiet Unterems - nicht mehr in Betracht komme.

Trotz der Unverträglichkeit des Vorhabens wegen der erheblichen Beeinträchtigung der Atlantischen Salzwiesen wäre es zulässig, weil es aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses, nämlich als Vorhaben des Küstenschutzes und der wirtschaftlichen Förderung der strukturschwachen Region Papenburg, notwendig sei, die erforderliche Abwägung eindeutig zugunsten der für das Emssperrwerk sprechenden Belange ausginge und zumutbare Alternativen jedenfalls hinsichtlich der mit dem Vorhaben verfolgten wirtschaftlichen Interessen nicht gegeben seien. Der auf die Verbesserung des Küstenschutzes gerichtete Hilfsantrag zu 1) sei abzuweisen, weil der Kläger als anerkannter Naturschutzverband nicht befugt sei, eine Erhöhung der Küstensicherheit zu verlangen. Der im Zusammenhang mit der Förderung der Region Papenburg gestellte Hilfsantrag zu 8) sei unbegründet, weil ein Bedarf, Überführungen allein auf die auf der Werft der Beigeladenen gebauten Schiffe und nur flussabwärts zu beschränken, nicht zu erkennen sei.

Selbst unter der Annahme, es gebe in dem potenziellen FFH-Gebiet prioritäre Biotope, nämlich Weiden-Auwälder, und diese würden durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt, sei der Eingriff nach Stellungnahme der Kommission wegen wirtschaftlicher Erwägungen gerechtfertigt, die im Rahmen des § 19 c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG grundsätzlich berücksichtigungsfähig seien. Die Beteiligung der Kommission liege vor, auch wenn deren Schreiben nicht über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, sondern vom Bundeskanzleramt eingeholt worden sei, und betreffe auch nicht nur das Vogelschutz-, sondern auch das potenzielle FFH-Gebiet.

Die insbesondere zum Ausgleich der Salzwiesenverluste vorgesehenen Maßnahmen sicherten die Kohärenz und dürften auch innerhalb des betroffenen Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgesehen werden. Auch wenn erhebliche Eingriffe in das Süßwasserwatt und Weiden-Auwälder unterstellt würden, sähe der Planfeststellungsbeschluss hinreichende Kohärenzmaßnahmen vor. Deswegen blieben auch die auf bestimmte weitere Ausgleichmaßnahmen zielenden Hilfsanträge zu 14) und 15) ohne Erfolg.

Die Fischgewässerrichtlinie sei für die Ems unterhalb von Herbrum nicht anwendbar.

Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Gebot der Abwägung oder gegen die Regelungen des NNatG. Innerhalb der eingeschränkten Rügebefugnis könne der Kläger nur verlangen, dass die Behörde die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in die Abwägung vollständig einstelle, ihre richtige Bedeutung erkenne und gegenüber den übrigen Belangen zutreffend gewichte.

Neben den schon im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung eines potenziellen FFH-Gebiets erörterten Gesichtspunkten stelle der Planfeststellungsbeschluss auch hinreichend sicher, dass der Sauerstoffgehalt der Ems im Staufall den fischkritischen Wert von 4 mg/l nicht erheblich unterschreite. Deshalb seien die Hilfsanträge zu 10), 11), 9), 4), 3), 6) und 2) unbegründet, mit denen der Kläger eine Neubestimmung der Sauerstoffausgangswerte, die Festsetzung eines weiteren Parameters für den Schwebstoffgehalt, die Anordnung von Sauerstoffmessungen in einer Tiefe von 0,5 bis 1 m sowie sohlnah, ein Verbot der Bedarfsbaggerungen in der Woche vor Eintritt des Staufalls, Beschränkung der Schiffsüberführungen nur auf die Zeiten von Springtiden, eine Verkürzung der maximalen Aufstauzeiten sowohl im Einzelfall wie auch bezogen auf die Schließdauer pro Jahr sowie die Festsetzung des Vorrangs des Aufstaus vor Baggerungen auch in der Zeit von 15. März bis 31. Oktober begehrt hat. Gleiches gelte für den Hilfsantrag zu 7), mit dem der Kläger die Anrechnung von nicht zur Überführung von Schiffen genutzten Stauzeiten auf die höchstzulässige Jahresstauzeit habe erreichen wollen. Es seien nur atypische Fälle gemeint, nicht jedoch jene, bei denen ein Staufall aus ökologischen Gründen abgebrochen werden müsse.

Auch schädliche Salinitätsänderungen, insbesondere dergestalt, dass beim Aufstau salzhaltiges Wasser in schützenswerte Bereiche oberhalb von Papenburg vordringt oder es während des Entleerungsvorgangs im Bereich des Dollart zu für dort befindliche Lebewesen schädlichen Salzgehaltsänderungen kommt, seien nach der Planänderung vom 16. Mai 2001 im Staufall nicht zu erwarten, sodass auch der Hilfsantrag zu 13) ohne Erfolg bleibe, mit dem der Kläger eine (nochmalige) Neufassung der Bedingungen erstrebt, die vor dem Einstau gegeben sein müssen. Die mit dem Hilfsantrag zu 12) geforderten Regelungen für den Fall des Abbruchs des Entleerungsvorgangs seien nicht erforderlich im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG.

Der Aufstau der Ems sei auch unter Einhaltung aller Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses nicht unmöglich.

Gegen diese Entscheidung führt der Kläger die vom Senat mit Beschluss vom 19. März 2002 (7 LA 3053/01) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassene Berufung.

Nach der mündlichen Verhandlung erster Instanz und während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss mehrfach ergänzt und geändert.

Durch Planänderungsbeschluss vom 23. Mai 2001 verpflichtete die Beklagte zugunsten der in einem Parallelverfahren klagenden Anwohner den Vorhabensträger zu (weiteren) Schallschutzmaßnahmen während der Rammarbeiten.

Mit dem Planergänzungsbeschluss vom 01. November 2002 stellte die Beklagte fest, dass es einer Entscheidung der Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf eine Entschädigung der betroffenen Jagdberechtigten nicht mehr bedürfe, außerdem stimmte sie dem von der Beigeladenen vorgelegten Betriebsplan zu, der auch die Einrichtung eines Monitoring-Systems zur Kontrolle des Wasserstands im Leda-Jümme-Gebiets enthielt. Diese Entscheidungen waren nach A. III 1.1, 1.2 und 1.3 des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorbehalten gewesen.

Der Planänderungsbeschluss vom 07. Mai 2003 fügte in den Abschnitt A. II 2.2.1 die Aufhebung der in dieser Nebenbestimmung geforderten Sauerstoffwerte für die Überführung des Schiffsneubaus "Serenade of the Seas" ein, nachdem das NLWK als Antragsteller ein Gutachten zur Sauerstoffzehrung vorgelegt hatte; eine solche Entscheidung war nach A. III 1.4 für einen weniger als 12 Stunden dauernden Staufall vorbehalten gewesen. Der Antragsteller hatte zunächst die vollständige Aufhebung der Nebenbestimmung A. II 2.2.1, dann aber ein Zurückstellen seines über den einen Staufall hinausgehenden Antrages beantragt.

Durch den Planänderungsbeschluss vom 17. Juni 2003 genehmigte die Beklagte die Verlegung des bislang auf der Nordseite des Fahrwassers geplanten Schiffsliegeplatzes geringfügig stromab auf die Südseite.

Mit Planänderungsbeschluss vom 02. Juli 2004 schließlich hob die Beklagte entsprechend dem Vorbehalt unter A. III 1.4 des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses die Staufälle von weniger als 12 Stunden Dauer betreffende Nebenbestimmung A. II 2.2.1 vollständig auf, nachdem die bei der Überführung der "Serenade of the Seas" und zweier Schiffsüberführungen aus dem Jahr 2004 gewonnenen Daten ausgewertet waren.

Zudem hat die Beklagte das Nendorper Deichvorland durch Verordnung vom 17. November 2004 unter Naturschutz gestellt (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems v. 26.11.2004, S. 1056).

Der Kläger ficht die Planänderungen ebenfalls an und trägt zur Begründung seiner Berufung vor:

Er könne als anerkannter Naturschutzverband auch die anzunehmende Unzuständigkeit der Beklagten rügen. Das Verwaltungsgericht habe dem Umstand, dass Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde identisch gewesen seien, nicht die richtige Bedeutung beigemessen. Im Planergänzungsverfahren 1999 habe sowohl nach dem VwVfG als auch nach dem UVPG ein Erörterungstermin stattfinden müssen. Er könne Mängel in der Planrechtfertigung rügen, die vom Gericht nicht eigenständig abweichend vom Planfeststellungsbeschluss gewichtet werden dürften.

Im Hinblick auf das Vogelschutzgebiet gelte nach wie vor das Schutzregime der Vogelschutz-Richtlinie. Das Gebiet werde durch den Bau und Betrieb des Emssperrwerks erheblich beeinträchtigt. Dies ergebe sich schon aus der Inanspruchnahme von Flächen, aber auch wegen der erheblichen Belästigung wertbestimmender Vogelarten. Auf den Erhaltungszustand des Gebiets oder der Vogelpopulationen komme es in diesem Zusammenhang ebenso wenig an wie auf die Wirkung der planfestgestellten Ausgleichsmaßnahmen. Letztere kompensierten auch nicht die vom Emssperrwerk und seinem Anschlussdeich ausgehenden Beeinträchtigungen. Weil diese nicht ausgeschlossen werden könnten, sei das Projekt schon deshalb unzulässig. Es könne auch nicht im Wege der Ausnahme zugelassen werden, weil es hinsichtlich der Küstenschutzfunktion mit der Erhöhung der Deiche eine vorzugswürdige Alternative gebe.

Die Ems zwischen Papenburg und dem Dollart sei ein potenzielles FFH-Gebiet, das seitens des Landes Niedersachsen zwingend zu melden sei. Bei der Auswahl der Gebiete seien naturräumliche Haupteinheiten ebenso zu berücksichtigen wie die Notwendigkeit, Ästuare mit dem gesamten tidebeeinflussten Gewässerabschnitt zu melden. Der Erhaltungszustand der Ems und der in dem Gebiet vorkommenden Salzwiesen sei unzutreffend beurteilt und übergewichtet worden. Es gebe in dem Gebiet zwischen Papenburg und dem Dollart Weiden-Auwälder, die einem prioritären Lebensraumtyp zuzuordnen seien. Wegen des zögerlichen Verhaltens der Bundesrepublik Deutschland habe die EU-Kommission eine endgültige Liste von Natura 2000 - Gebieten noch nicht erstellen können, daraus folge ein uneingeschränktes Beeinträchtigungsverbot, das einer Veränderungssperre gleichkomme und Ausnahmen nicht zugänglich sei.

Soweit das Verwaltungsgericht unterstellt habe, dass die Unterems ein potenzielles FFH-Gebiet sei, habe es die Pflicht zur Wiederherstellung eines dauerhaft zur Fischreproduktion geeigneten Lebensraumes nicht zutreffend gewürdigt. Gleiches gelte für die Erhaltung und Entwicklung von Brackwasserflächen und von Lebensraum für süßwassergewöhntes Makrozoobenthos. Auch habe es die Wiederansiedlungsmöglichkeit der Fischart Nordseeschnäpel nicht erwogen und die Auswirkungen des durch Schiffsüberführungen stärker salzhaltigen Wassers auf die Weiden-Auwälder verkannt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien Summationseffekte mit Emsvertiefungen aufgrund früherer Genehmigungen zu berücksichtigen, da diese gegen die FFH-Richtlinie verstießen und der angefochtene Planfeststellungsbeschluss diese Beeinträchtigungen verfestige. Es hätte die mit dem Planfeststellungsbeschluss zu erwartenden weiteren Sauerstoff- und Versalzungsprobleme als erheblich bewerten müssen. Die nach dem FFH-Recht durchzuführende Abwägung, bei der das Verwaltungsgericht unterstellt habe, dass das Süßwasserwatt und die Weiden-Auwälder erheblich geschädigt würden, leide bereits daran, dass es weitere Beeinträchtigungen nicht berücksichtigt habe. Die Rechtfertigung des Projekts unter dem Gesichtspunkt des Küstenschutzes habe das Verwaltungsgericht unzutreffend geprüft, weil Deicherhöhungen zum einen wirtschaftlicher und zum anderen selbst nach dem Bau eines Sperrwerks nicht entbehrlich seien. Wenn der Küstenschutz das Projekt nicht rechtfertige, könne es auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Förderung der Region Papenburg zulässig sein, weil davon auszugehen sei, dass mit Weiden-Auwäldern ein prioritärer Lebensraum und mit dem Nordseeschnäpel eine prioritäre Art beeinträchtigt werde. In die Prüfung von Alternativlösungen hätten auch andersartige Konzepte (Teilverlagerung der Werft der Beigeladenen, Deicherhöhungen, ein Stauwerk bei Leer mit Vertiefung der Fahrrinne emsabwärts, alternative regionale Wirtschaftsförderung) einbezogen werden müssen. Eine auf die Beeinträchtigung der Weiden-Auwälder und des Nordseeschnäpels bezogene Stellungnahme der EU-Kommission liege nicht vor. Die vorhandenen Schreiben der EU-Kommission seien als lediglich informell zu bewerten, weil sie auf unzureichender Tatsachengrundlage beruhten. Ausgleichsflächen für verlorengehende Salzwiesen seien - anders als planfestgestellt - nur außerhalb der Natura 2000 - Flächen möglich.

Das Verfahren sei wegen einer Vielzahl von Fragen des europäischen Naturschutzrechts (die der Kläger im einzelnen formuliert hat) dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

Bau und Betrieb des Emssperrwerks verstießen gegen die Fischgewässerrichtlinie. Dabei sei es unerheblich, ob diese direkt anwendbar oder bei der fachplanerischen Abwägung zu beachten sei. Er sei befugt, diesen Verstoß zu rügen.

Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte verpflichten müssen, den für das Überleben der Fische wichtigen Sauerstoffgehalt der Ems wegen der verbliebenen Unklarheiten und Differenzen nach dem Vorsorgeprinzip auf die von ihm für notwendig gehaltenen Werte festzusetzen. Bei dem Planänderungsbeschuss vom 02. Juli 2004 hätten die Voraussetzungen, die den Sauerstoffgehalt der Ems sichernde Nebenbestimmung A. II. 2.2.1 für den weniger als 12 Stunden dauernden Sommerstaufall aufzuheben, nicht vorgelegen. Die Planänderung verstoße gegen die Wasserrahmenrichtlinie.

Hinsichtlich des Salzgehalts der Ems sei es unzureichend, an der Emsbrücke bei Halte einzuhaltende Zielwerte festzusetzen, ohne zugleich Ausgangswerte im Planfeststellungsbeschluss festzulegen. Es handele sich um eine wesentliche Bestimmung, die nicht einer Regelung im Betriebsplankonzept überlassen bleiben könne, sondern im Planfeststellungsbeschluss selbst zu treffen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 14. August 1998 in der aktuell geltenden Fassung aufzuheben,

hilfsweise

festzustellen, dass der im Hauptantrag genannte Bescheid rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,

weiter hilfsweise,

den Planänderungsbeschluss der Beklagten vom 02. Juli 2004 aufzuheben,

weiter hilfsweise,

über die in der Nebenbestimmung A. II. 2.2.1 festgesetzten Sauerstoffwerte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden und einen unteren Grenzwert von 4 mg/l für die gesamte Stauzeit festzusetzen, schließlich hilfsweise, die in der Nebenbestimmung A. II. 1.21 vorgesehene zeitliche Beschränkung aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und entgegnet:

Zumindest in diesem Fall, in welchem die Annahme ihrer Zuständigkeit sein Klagerecht erst begründet habe, könne der Kläger eine gerichtliche Kontrolle der Behördenzuständigkeit nicht verlangen. Die Verfahrens- und Beteiligungsrechte des Klägers seien gewahrt, ein Anspruch auf eine erneute mündliche Erörterung habe nicht bestanden, zumal fraglich sei, ob Naturschutzverbände überhaupt einen Anspruch auf Erörterung hätten.

Die Prüfung der Planrechtfertigung unterliege als erste Stufe der Abwägung der Regelung des § 75 Abs. 1 a VwVfG. Den Gesichtpunkt der wirtschaftlichen Stärkung der Region habe sie neben dem des Küstenschutzes bereits im Planfeststellungsbeschluss dargestellt, wenn sie auch - anders als das Verwaltungsgericht - das Emssperrwerk bereits durch seine Küstenschutzfunktion als ausreichend gerechtfertigt angesehen habe.

Die Vogelschutz-Richtlinie sei schon deshalb nicht anzuwenden, weil das fragliche Gebiet zwar der EU-Kommission gemeldet sei, aber nicht zu den "geeignetsten Gebieten" gehöre. Die Vogelschutz-Richtlinie könne in nationales Recht auch anders als durch Ausweisung der Flächen als Naturschutzgebiete umgesetzt werden, wenn dadurch ein gleichwertiger Schutz gewährleistet sei; dies sei durch Naturschutzverordnung, gesetzlichen Biotopschutz, Eigentum bzw. Verfügungsbefugnis des Landes, das Landesraumordnungsprogramm sowie Schutzkonzepte, die auch kontinuierlich umgesetzt würden, geschehen. Im Übrigen habe die Beklagte das Nendorper Deichvorland mittlerweile durch Verordnung unter Naturschutz gestellt. Bau und Betrieb des Emssperrwerks griffen, gemessen an den Erhaltungszielen, nicht erheblich in das Vogelschutzgebiet ein. Eine Gebietsverkleinerung könne nicht generell als erheblicher Eingriff bewertet werden, Ausgleichsmaßnahmen seien in diese Prüfung einzubeziehen, dies gelte auch für das europarechtliche Vorgaben umsetzende nationale Recht.

Das Verwaltungsgericht habe den Bereich zwischen Papenburg und dem Dollart zutreffenderweise nicht als FFH-Gebiet eingestuft. Die durch die FFH-Richtlinie geschützten Lebensräume und Arten seien in anderen, bereits gemeldeten FFH-Gebieten ausreichend repräsentiert, im Sinne von Natura 2000 sei das Gebiet als Europäisches Vogelschutzgebiet europarechtlich ausreichend gesichert. Das Verwaltungsgericht habe in seinen Hilfserwägungen die im Planfeststellungsbeschluss rein vorsorglich durchgeführte Verträglichkeitsprüfung bestätigt. Andere Erhaltungsziele bestünden nicht, so sei die Ems kein Lebensraum für limnische Fischarten. Frühere Emsvertiefungen unter dem Gesichtspunkt von Summationseffekten zu berücksichtigen, komme aus mehreren Gründen nicht in Betracht: Die den Vertiefungen zugrundeliegenden Planfeststellungsbeschlüsse seien vor Ablauf der Umsetzungsfrist der FFH-Richtlinie ergangen und zudem bestandskräftig. Außerdem sei der Kläger mit diesem Vorbringen ausgeschlossen, weil er es im damaligen Verfahren nicht geltend gemacht habe. Wenn das Projekt einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie bedürfe, habe das Verwaltungsgericht in seinen Hilfsüberlegungen diese zu Recht bejaht. Alternativen gebe es nicht, denn das Sperrwerk biete einen wesentlich höheren Schutzstandard als eine Erhöhung der Deiche. Eine Verlagerung des Werftstandortes stärke nicht die Wirtschaftskraft der Region Papenburg. Die Europäische Kommission sei beteiligt worden und habe sich mit den aus Sicht des Klägers wichtigen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. Sie habe sich dabei nicht nur auf Informationen der Beklagten, sondern gleichermaßen auf solche des Klägers und von dritter Seite stützen können.

Eine Vorlage der Sache an den EuGH komme nicht in Betracht, da sich das Verwaltungsgericht auf die von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen gestützt habe.

Die Fischgewässerrichtlinie diene ausschließlich der Gesundheit der Menschen.

Wegen der durch Messungen des NLWK (früher StAWA) nach Art und Umfang genau bekannten Sauerstofflöcher sei es fachlich nicht zu beanstanden, die Eignung der Ems als dauernden Fischlebensraum zu verneinen, zumal wegen der großen Schwebstofffrachten das Makrozoobenthos als Nahrungsgrundlage für Fische sehr verarmt sei.

Die Festsetzung des Grenzwertes für die Salzbelastung stelle sicher, dass das oberhalb der Emsbrücke bei Halte beginnende Schutzgebiet nicht beeinträchtigt werde: wenn ein zu überführendes Schiff die Ems bei Halte durchfahre, könne noch kein Salz vorgedrungen sein. Die Regelung von Einzelheiten der Betriebsführung im Betriebsplan genüge, weil kein Gesichtspunkt unbewältigt bleibe.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls.

Die Prognose, dass das Sperrwerk die wertgebenden Brut- und Gastvogelarten des Vogelschutzgebiets nicht erheblich beeinträchtige, habe sich mittlerweile bestätigt. Es gelte nicht das Rechtsfolgenregime der Vogelschutz-, sondern das der FFH-Richtlinie.

Naturräumliche Haupteinheiten seien ein unter ökologischen Gesichtspunkten untaugliches Kriterium zur Auswahl von FFH-Gebieten, dies gelte auch unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz. Unter den Gesichtspunkten Gewässergüte, Populationsgröße und Entwicklungspotenzial für Wanderfische sowie den vom Kläger genannten Arten von Lebensräumen sei insbesondere die Elbe repräsentativer und in einem günstigeren Erhaltungszustand. Aus der Meldung der Ems oberhalb von Herbrum könne der Kläger schon deshalb nichts herleiten, weil dort unter fachökologischen Gesichtspunkten nur Teilbereiche - getrennt - hätten gemeldet werden dürfen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben sich sachverständige Personen sowohl auf Seiten des Klägers als auch auf Seiten der Beklagten und des Vorhabensträgers zu den Brut- und Gastvogelzahlen vor und nach dem Bau des Emssperrwerks, zu der Notwendigkeit einer Meldung der Unterems zwischen Papenburg und dem Dollart nach Art. 4 der FFH-Richtlinie und zur Bewertung von Messdaten über den Sauerstoffhaushalt der Ems während einer Schiffsüberführung im Sommerstaufall geäußert.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg, weil seine Klage unbegründet ist. Der angefochtene, auf der Grundlage von § 12 Niedersächsisches Deichgesetz - NDG - ergangene Planfeststellungsbeschluss entspricht den Rechtsvorschriften, deren Verletzung der Kläger nach § 60 c Abs. 1 NNatG geltend machen kann, und leidet nicht an erheblichen Abwägungsmängeln (vgl. § 75 Abs. 1 a Satz 1 VwVfG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 NDG, § 127 Abs. 1 Niedersächsisches Wassergesetz - NWG -, § 1 Abs. 1 NVwVfG) zu Lasten der für den Kläger rügefähigen Belange.

Der Hauptantrag wie auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet.

1. Entgegen seiner auch in der Berufungsinstanz weiter verfolgten Ansicht kann der Kläger die Zuständigkeit der Beklagten nicht rügen. Nach § 60 c Abs. 1 NNatG ist der Rechtsbehelf eines Naturschutzvereins u.a. nur dann zulässig, wenn er geltend macht, dass der angegriffene Planfeststellungsbeschluss Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes oder des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes, darauf beruhenden Rechtsvorschriften oder anderen Rechtsvorschriften widerspricht, die auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind. Diese Regelung schließt eine umfassende gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses aus und beschränkt sie grundsätzlich auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit jenen Bestimmungen, die den umschriebenen naturschutzrechtlichen Bezug aufweisen.

Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Recht, dieses wiederum nach dem Ziel, das mit dem geplanten Projekt verfolgt wird. Rechtsgrundlage für die Errichtung des Emssperrwerks ist § 12 Abs. 1 NDG, dessen Satz 2 die obere Deichbehörde als zuständig bestimmt. Obere Deichbehörden sind gemäß § 30 Abs. 1 NDG (i.d.F. des Art. 3 des Elften Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes v. 11.02.1998, Nds.GVBl. S. 86 (95)) die Bezirksregierungen. Welche Ziele der Gesetzgeber mit der Errichtung eines Sperrwerks verfolgt, ist § 2 Abs. 3 NDG zu entnehmen: Sperrwerke dienen dem Schutz eines Gebietes vor erhöhten Tiden, vor allem vor Sturmfluten. Dieser Zielsetzung lässt sich ein unmittelbarer Bezug zur Wahrung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03 und 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3) nicht entnehmen. Soweit der Kläger meint, dass die Wasser- und Schifffahrtsdirektion unter Anwendung des Wasserstraßengesetzes - WaStrG - hätte planen müssen, ergibt sich nichts anderes. Ziel des Ausbaus einer Bundeswasserstraße ist, sie für den allgemeinen Verkehr tauglich(er) zu machen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG). Konkret verfolgt der angefochtene Planfeststellungsbeschluss als einen der Zwecke, die Flexibilität des Schifffahrtsweges zu erhöhen. Einen naturschutzrechtlichen Bezug hat auch dieser Planungszweck nicht.

Auch die weiteren vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente überzeugen den Senat nicht. Zunächst widerspricht - worauf das angefochtene Urteil zu Recht hinweist - die vom Kläger erstrebte Auslegung des § 60 c Abs. 1 NNatG dem auf eine Einschränkung der Klagebefugnis zielenden Wortlaut der Norm. Vor allem aber ist die Prämisse des Klägers, nach § 60 c NNatG sollten die Rechtsgüter Natur und Landschaft genauso umfassend wie das private Eigentum geschützt sein, unzutreffend. Der Kläger verkennt, dass Grund für die von der Rechtsprechung einem betroffenen Grundeigentümer eingeräumte Möglichkeit, einen Planfeststellungsbeschluss uneingeschränkt prüfen zu lassen, der Eingriff in ein grundrechtlich geschütztes Recht ist. Einem solchen Recht stehen die vom Kläger angeführten Art. 20 a GG und Art. 1 Abs. 2 Nds. Verfassung nicht gleich. Die Schutznorm des Art. 20 a GG ist als objektiv-rechtlich wirkende Staatszielbestimmung ausgestaltet, gleiches gilt für Art. 1 Abs. 2 Nds. Verfassung. Sie enthält - anders als Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG - keinen subjektiv-rechtlichen Anspruchstatbestand (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1997 - 8 B 234.97 -, NVwZ 1998, 1080 (1081)) und ist deshalb nicht geeignet, die Rügemöglichkeiten der anerkannten Naturschutzverbände zu erweitern.

Auch § 61 BNatSchG n.F. führt nicht zu einer Erweiterung der Klagebefugnis des Klägers.

Eine direkte Anwendung des § 61 BNatSchG n.F. scheitert bereits daran, dass die Vorschrift nicht anwendbar ist - der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist weder nach dem 01. Juli 2000 erlassen noch nach dem 03. April 2002 beantragt worden (vgl. § 69 Abs. 5 BNatSchG n.F.). Der Kläger kann nicht geltend machen, dass insoweit auf den Planänderungsbeschluss vom 02. Juli 2004 abzustellen ist. Gegenstand der Anfechtung ist der Planfeststellungsbeschluss vom 14. August 1998, dessen Änderungen jedenfalls seit Juli 2000 weder die Gesamtkonzeption noch die wesentlichen Teile des übrigen Planinhalts in Frage gestellt haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 -, NVwZ 1987, 578 (579)). Gerade der Planänderungsbeschluss vom 02. Juli 2004 betraf eine im Planfeststellungsbeschluss unter A. III. 1.4 vorbehaltene Entscheidung, die also schon für den Fall des Nachweises bestimmter Gegebenheiten Gegenstand der Abwägung des ursprünglichen, nicht geänderten Planfeststellungsbeschlusses war.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass § 61 BNatSchG n.F. auch nicht in dem vom Kläger geltend gemachten Sinn auszulegen ist, dass nämlich § 61 Abs. 2 BNatSchG n.F. nur eine Zulässigkeitspforte beschreibe, nach der dann die materielle Prüfung vollständig verlangt werden könne. Die Neuregelung im BNatSchG n.F. hat ausdrücklich zum Ziel, die bis dahin bestehenden landesrechtlichen Regelungen, die sich bewährt hätten, auf Bundesebene einzuführen und orientiert sich an ihnen (vgl. BT-Drs. 14/6378, S. 60 f.). Zwar erwähnt die Gesetzesbegründung u.a. § 47 VwGO und führt auf, es handele sich um ein objektiv-rechtliches Beanstandungsverfahren (a.a.O., S. 61), doch spricht Überwiegendes für die Ansicht von Gassner (Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 61 Rn. 7), dass dies unreflektiert aus dem UGB-KomE des BMU übernommen sei. So passt die in diesem Zusammenhang in der Gesetzesbegründung gebrauchte Formulierung "im Sinne von § 42 oder § 47 Verwaltungsgerichtsordnung" schon deshalb nicht, weil es sich bei einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage i.S.d. § 42 VwGO grundsätzlich nicht um ein "objektiv-rechtliches Beanstandungsverfahren" handelt. Gegen eine solche Auslegung spricht vor allem aber der in der Begründung des Gesetzentwurfs folgende (a.a.O., S. 62) Verweis auf den seitens der Vereine einzubringenden Sachverstand. Dieser besondere Sachverstand beschränkt sich auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, ein Sachverstand zu sonstigen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen, die eine Planfeststellung noch berühren könnten, wächst einem nach § 60 NNatG oder § 58 BNatSchG n.F. anerkannten Verein nicht ohne weiteres zu.

Eine dem Begehren des Klägers entsprechende erweiternde Auslegung des § 60 c Abs. 1 NNatG ist auch nicht im Hinblick auf die von ihm angeführte sog. Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie (Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABlEG Nr. L 156, S. 17) geboten. Der damit in die UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG v. 27.06.1985 über die Umweltprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABlEG Nr. L 175, S. 40, geändert durch die Richtlinie 97/11/EG v. 03.03.1997, ABlEG Nr. L 75, S. 5) eingefügte Art. 10 a sieht zwar einen Zugang zu einem gerichtlichen oder anderen unabhängigen Überprüfungsverfahren vor, doch ist zum einen die Umsetzungsfrist der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie nicht abgelaufen (25.06.2005, Art. 6 der Richtlinie), zum anderen gewährt § 60 c Abs. 1 NNatG einen Zugang zum Gericht im Hinblick auf die vom Kläger vertretenen Interessen. Inhaltlich verlangt die Richtlinie nicht die Möglichkeit einer darüber hinausgehenden Rechtskontrolle. So verfolgt auch der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (KOM(2003) 624 v. 24.10.2003) das Ziel, den Zugang zu Gerichten gerade bezogen auf Verstöße gegen das Umweltrecht zu ermöglichen (vgl. a.a.O., S. 2, 7, 12, 13 der Begründung, Erwägungen Nrn. 8 und 9 sowie Art. 4 und 5 des Richtlinien-Entwurfs). Dabei definiert Art. 2 Abs. 1 (g) des Richtlinien-Entwurfs "Umweltrecht" als Rechtsvorschriften, deren Ziel der Schutz oder die Verbesserung der Umwelt, einschließlich der menschlichen Gesundheit und des Schutzes der rationellen Nutzung natürlicher Ressourcen, ist. Forderungen der Verbände nach einer allgemeinen, uneingeschränkten Klagebefugnis (Popularklage) lehnt der Kommissions-Entwurf ausdrücklich ab (a.a.O., S. 10).

2. Verfahrensfehler kann der Kläger nicht mit Erfolg gelten machen.

2.1 Er trägt auch in der Berufungsinstanz vor, die Identität von Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde sei nicht nur unter dem Gesichtspunkt der §§ 20 und 21 VwVfG zu prüfen, sondern wegen der - von ihm behaupteten - Unzuständigkeit der Beklagten habe es eine Kumulation von Verfahrensfehlern gegeben. Dies löse die Besorgnis eines Abwägungsdefizits aus, die bei der Frage hätte berücksichtigt werden müssen, welche Behörde für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses richtigerweise zuständig gewesen wäre.

Auch den §§ 20 und 21 VwVfG fehlt der unmittelbare naturschutzrechtliche Bezug im Sinne der unter 1.) zitierten Rechtsprechung, so dass ein Rügerecht des Klägers insoweit ausgeschlossen ist. Lediglich ergänzend weist der Senat daraufhin, dass für eine "Kumulation von Verfahrensfehlern" an dieser Stelle nicht ersichtlich ist. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt mit der Identität von Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde ein Verfahrensfehler nicht vor.

2.2 Soweit der Kläger mit seiner Berufungsbegründung zunächst wiederum vorgetragen hat, dass Verfahrensfehler auch dann ungeachtet der Beschränkungen des § 46 VwVfG mindestens zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses führen, wenn das Landesrecht den Naturschutzverbänden die Möglichkeit einer materiell-rechtlichen Prüfung einräumt, hält er daran nicht mehr fest (vgl. im Übrigen BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, NVwZ 2002, 1103 (1105) = DVBl. 2002, 990 sowie BVerwG, Urt. v. 19.03.2003 - 9 A 33.02 -, DVBl. 2003, 1069 = NVwZ 2003, 1120).

Nicht eindeutig aufgegeben hat der Kläger das Vorbringen, er habe im Planergänzungsverfahren 1999 einen Anspruch gemäß § 73 Abs. 6 VwVfG auf einen Erörterungstermin gehabt. Einen solchen Anspruch kann der Kläger jedenfalls nicht aus dem Gedanken herleiten, dass sich die Verbandsklage "wesensimmanent gegen die Verwaltung" wende. Vielmehr hat das angefochtene Urteil zutreffend auf die Stellung der Naturschutzverbände als Verwaltungshelfer hingewiesen. Das Mitwirkungsrecht der Verbände (vgl. die gesetzlichen Überschriften des § 60 a NNatG sowie des 7. Abschnitts des BNatSchG a. wie n.F.) hat eine andere Funktion als die Anhörung nach § 73 VwVfG. Während diese Gelegenheit bietet, individuelle Betroffenheiten zu artikulieren, dient jenes - insoweit der Beteiligung der Naturschutzbehörden vergleichbar - der Mobilisierung von Sachverstand (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, DVBl. 2003, 1061 (1062) = NVwZ 2003, 1253).

Das UVPG hat die Rechte des Kl. nicht über die §§ 60 b NNatG, 29 BNatSchG a.F. hinaus erweitert, denn zusätzliche oder weitergehende Beteiligungsrechte von Naturschutzverbänden sieht dieses Gesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2001 - 9 A 13.01 -, NVwZ 2002, 470 (471)).

Da die Prämisse des Klägers, einen Anspruch auf einen weiteren Erörterungstermin gehabt zu haben, offensichtlich unzutreffend ist, bedarf es einer Erörterung der klägerischen Angriffe gegen die hilfsweise Begründung des angefochtenen Urteils nicht.

3. Der Kläger ist als anerkannter Naturschutzverein nicht befugt, Mängel in der Planrechtfertigung zu rügen. Wie schon unter 1.) dargestellt, beschränkt § 60 c Abs. 1 NNatG das Recht des Klägers auf eine gerichtliche Prüfung jener Bestimmungen, die einen naturschutzrechtlichen Bezug aufweisen. Zu prüfen wäre hier, ob das Vorhaben den Zielen des Niedersächsischen Deichgesetzes entspricht und vor dem Hintergrund dieser Zielvorgaben vernünftigerweise geboten, d.h. erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C15.83 -, BVerwGE 71, 166 (168); v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, BVerwGE 72, 282 (284); Urt. v. 24.11.1989 - 4 C 41.88 -, BVerwGE 84, 123 (130 f.)). Wie schon unter 1. ausgeführt, dienen Sperrwerke dem Schutz eines Gebietes vor erhöhten Tiden, vor allem vor Sturmfluten (§ 2 Abs. 3 NDG). Die Feststellung des Planfeststellungsbeschlusses, dass das Emssperrwerk gemessen an diesen Anforderungen zielkonform und wegen des Unterbesticks der vorhandenen Deiche und des Leda-Sperrwerks erforderlich ist, hat keinen unmittelbaren Bezug zur Wahrung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03 und 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3).

Etwas anderes kann der Kläger entgegen seiner Ansicht nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 08. Juli 1998 (- 11 A 30.97 -, NVwZ 1999, 70) herleiten. Der Senat hat diese Entscheidung bereits als Beleg für die hier vertretene gegenteilige Ansicht angesehen (Nds.OVG, Beschl. v. 31.05.2001 - 7 MB 1546/01 -, ZUR 2002, 37 = NuR 2002, 369). Er hält daran fest. Die Planrechtfertigung stellt neben den Vorgaben des strikten Rechts und des Abwägungsgebots einen selbständigen Kontrollmaßstab dar. Das beruht auf der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf Rechte Dritter für die jeweilige Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - 4 C 21.75 -, BVerwGE 48, 56 (60)). Die Rechtsprechung zur Planrechtfertigung ist vor dem Hintergrund entwickelt worden, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen seiner enteignungsrechtlichen Vorwirkung den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG standzuhalten habe und deswegen zum Wohl der Allgemeinheit objektiv erforderlich sein müsse. Umgekehrt heißt dies, dass ohne eine Betroffenheit als durch Art. 14 GG geschützter Eigentümer ein Anspruch nicht besteht, die richtige Anwendung dieses Maßstabs gerichtlich überprüfen zu lassen.

Die Naturschutzvereine werden dadurch, dass ihnen Einwände gegen die Planrechtfertigung abgeschnitten werden, nicht daran gehindert, den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Klagewege wirksam Geltung zu verschaffen. Die Planrechtfertigung erschöpft sich in der Feststellung, dass das Vorhaben zielkonform und bedarfsgerecht, mithin kein offensichtlicher planerischer Missgriff ist. Eines unabweisbaren Bedürfnisses bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, A 73 "Suhl-Lichtenfels", NVwZ 2004, 732 (733) = DVBl. 2004, 642). Mit welchem Gewicht diese Gesichtspunkte auf den nachfolgenden Prüfungsebenen zu Buche schlagen, hängt von der konkreten Situation ab. Ein zielkonformes und bedarfsgerechtes Vorhaben kann an entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen scheitern. Die an der Zielkonformität und dem Bedarf ausgerichtete positive Bewertung ist im Rahmen der Planfeststellung zu berücksichtigen. Sie setzt sich indes nur dann durch, wenn ihr - gegebenenfalls zusammen mit weiteren Gesichtspunkten, die für die Planung sprechen - in der Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen, zu denen auch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gehören können, der Vorrang gebührt (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.06.1995 - 4 C 4.94 -, BVerwGE 98, 339 (353 f.); Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 (254 f.); BVerwG, Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03 und 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3).

4. Der Bau und Betrieb des Emssperrwerks ist mit § 19 c BNatSchG a.F. (= § 34 BNatSchG n.F.) vereinbar, weil ein Europäisches Vogelschutzgebiet nicht erheblich beeinträchtigt wird.

4.1 Das vom Anschlussdeich des Emssperrwerks durchschnittene Nendorper Vorland ist in tatsächlicher Hinsicht ein Europäisches Vogelschutzgebiet.

Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich des Nendorper Vorlandes unterstellt, dass das (strenge) Schutzregime der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABlEG Nr. L 103) _ Vogelschutz-Richtlinie - gilt. Die Beklagte hält dagegen (unterstützt von der Beigeladenen) an ihrer Ansicht fest, das fragliche Gebiet gehöre ungeachtet seiner Meldung an die Europäische Kommission zwar zu den geeigneten, nicht aber zu den geeignetsten und deshalb zwingend zu meldenden Gebieten i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Vogelschutz-Richtlinie, so dass es hier auf die erhöhten Anforderungen des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-Richtlinie nicht ankomme. Mittlerweile hat die Landesregierung die Emsmarsch von Leer bis Emden und damit auch das Nendorper Vorland aber nicht nur gemäß § 34 b Abs. 1 Satz 1 NNatG unter ausdrücklichem Bezug auf Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutz-Richtlinie zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt (vgl. die im Oktober 2002 veröffentlichte Erklärung von Gebieten zu Europäischen Vogelschutzgebieten, Bekanntmachung des MU v. 23.07.2002, Nds.MBl. S. 717) und dies im Bundesanzeiger (Beilage Nr. 106a vom 11.06.2003, S. 28) bekannt gemacht, sondern dieses Gebiet ist auch durch Verordnung vom 17. November 2004 als Naturschutzgebiet ausgewiesen (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems v. 26.11.2004, S. 1056).

Die Identifizierung Europäischer Vogelschutzgebiete unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 -, B 173 - Maintal, NVwZ 2003, 485 (487) = UPR 2003, 183 = NuR 2003, 365). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar zu einem nicht gemeldeten, aber wohl meldepflichtigen Gebiet ergangen, doch sieht der Senat sich nicht veranlasst, für den umgekehrten Fall einer Erklärung eines Gebietes zu einem besonderen Schutzgebiet i.S.d. Vogelschutz-Richtlinie den fachlichen Beurteilungsspielraum anders zu bewerten und die Kontrollbefugnis der Gerichte zu erweitern (vgl. insoweit schon zu einem (bloßen) Gebietsvorschlag des (Landes-)Ministerrates: OVG RhPf., Urt. v. 09.01.2003 - 1 C 10187/01 -, NuR 2003, 441 (442)). Dafür, dass die Erklärung der Emsmarsch von Leer bis Emden und damit auch des Nendorper Vorlandes zu einem Europäischen Vogelschutzgebiet nach ornithologischen Gründen fachwissenschaftlich unvertretbar ist, spricht nichts. Da das Land Niedersachsen und - sich dem anschließend - die Bundesrepublik Deutschland zu erkennen gegeben haben, die Verpflichtungen aus der Vogelschutz-Richtlinie u.a. durch Meldung und Schutz des Nendorper Vorlandes zu erfüllen, bedarf es nicht des Nachweises, dass dies auch zwingend geboten war. Der Senat kann sich vielmehr auf die Indizwirkung dieser (und früherer) Meldungen stützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 -, "Hochmoselübergang", DVBl. 2004, 1115 (1117 f.) = NVwZ 2004, 1114). So ist u.a. das Nendorper Vorland bereits seit 1983 Vogelschutzgebiet. Das Naturschutzdezernat des Nds. Landesverwaltungsamtes (heute noch im NLÖ) hatte im Auftrag des damals zuständigen Nds. Landwirtschaftsministeriums eine fachliche Gebietskulisse zur Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie erarbeitet. Die identifizierten Vogelschutzgebiete hatte das Nds. Landwirtschaftsministerium mit Schreiben vom 18. April 1983 dem Bundeslandwirtschaftsministerium gemeldet, das diese Meldung der EU-Kommission weitergeleitet hatte. Die Europäische Kommission notifizierte die gemeldeten Gebiete, die auch veröffentlicht worden sind (Niedersächsisches Landschaftsprogramm, Hannover 1989, S. 68 f.; Das Europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000, Bonn-Bad Godesberg 1998, S. 65, 494).

4.2 Prüfungsmaßstab ist § 19 c BNatSchG a.F., deswegen ist nicht auf die Vogelschutz-Richtlinie zurückzugreifen.

Das Verwaltungsgericht ist unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 1998 (- 4 A 9.97 -, NVwZ 1998, 961 (966) = DVBl. 1998, 900 (905)) von der unmittelbaren Geltung der Vogelschutz-Richtlinie ausgegangen. Während zum Zeitpunkt jener Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts es an der Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie in innerstaatliches Recht fehlte, war zum Zeitpunkt des naturschutzrechtliche Fragen behandelnden Planergänzungsbeschlusses der Beklagten vom 22. Juli 1999 u.a. die Vogelschutz-Richtlinie in innerstaatliches Recht durch die §§ 19 a ff. BNatSchG a.F. (jetzt §§ 32 ff. BNatSchG n.F. und mittlerweile ersetzt (vgl. § 11 BNatSchG n.F.) durch §§ 34 a ff. NNatG i.d.F. v. 27.01.2003, NdsGVBl. S. 39) umgesetzt, wenn auch das BNatSchG a.F. Vorgaben zur Ausweisung der Vogelschutzgebiete nicht enthielt, sondern das Vorhandensein solcher Gebiete voraussetzte (anders nunmehr § 33 BNatSchG n.F. und §§ 34 a, 34 b NNatG).

4.2.1 Es spricht vieles dafür, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Juli 1999 nicht mehr die Regelungen der Vogelschutz-Richtlinie, sondern das (weniger strenge) Schutzregime des § 19 c BNatSchG a.F. galt.

Der Wechsel des Schutzregimes knüpft nach Art. 7 FFH-Richtlinie nur an die Erklärung zu besonderen Schutzgebieten gemäß Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie an. Für eine Differenzierung zwischen (förmlicher) Erklärung und (materieller) Unterschutzstellung lässt sich das Urteil des EuGH vom 07. Dezember 2000 (- Rs C-374/98 -, Basses Corbières, DVBl. 2001, 359 f. = NVwZ 2001, 549 f. = NuR 2001, 210) anführen. Danach genügten bestehende Präfektoralverfügungen (auch als Verordnungen bezeichnet) nicht als Erklärung zu einem Schutzgebiet i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Vogelschutz-Richtlinie (a.a.O., Rn. 15), während sie andererseits geeignet waren, die notwendigen besonderen Schutzmaßnahmen zu gewährleisten (a.a.O., Rn. 19 - 22), ohne dass der EuGH dies als die einzige Möglichkeit angesehen hat, Gebiete effektiv zu schützen (vgl. a.a.O. Rn. 28 - alle hier zitierten Rn. in DVBl. und NVwZ a.a.O. nicht abgedruckt -). Vor allem das Urteil des EuGH vom 13. Juni 2002 (- Rs. C-117/00 -, Owenduff-Nephin Beg Complex, NVwZ 2002, 1228 (1230)) legt es nahe, zwischen Erklärung und Schutzregime zu unterscheiden. Danach ist der Prüfungsmaßstab für eine Vertragsverletzung seit der Ausweisung eines Vogelschutzgebietes gemäß Art. 7 FFH-Richtlinie nicht Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie, sondern allein Art. 6 Abs. 2 der FFH-Richtlinie (a.a.O., Rn. 25). Weitere Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 2 ff. FFH-Richtlinie, etwa die Meldung einer "richtlinienkonformen Gebietskulisse", wie sie der Kläger fordert, hat der EuGH nicht aufgestellt, obwohl die Meldung der Vogelschutzgebiete durch Irland ebenfalls unvollständig war (vgl. http://www.europa.eu.int/comm/environment/news/natura/nat15_de.pdf, dort S. 8). Auch enthielt die Erklärung zum Schutzgebiet offenbar keine materiellen Schutzbestimmungen i.S.d. Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-Richtlinie, denn wegen deren Fehlens ist Irland verurteilt worden.

Wenn es - wie der Kläger meint - auch für ein "altes" Vogelschutzgebiet erst einer Erklärung zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft durch Schaffung nationalen materiellen Rechts bedarf, müsste der Senat die von der Europäischen Kommission veröffentlichte Liste Besonderer Schutzgebiete (notifiziert im Juli 1999) für falsch halten, in der unter Bezugnahme auf Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie dieses Gebiet ausdrücklich als ausgewiesen und der Kommission bekannt gegeben bezeichnet wird, ohne Art. 4 Abs. 3 Vogelschutz-Richtlinie zu erwähnen (so aber die Interpretation der Gebietsmeldung durch das BVerwG, a.a.O., DVBl. 2004, 1115 (1119)) oder an der (bis Oktober 2002, vgl. Nds.MBl. 2002, 717, 719) fehlenden Veröffentlichung in einem Amtsblatt Anstoß zu nehmen. Die Außendeichsflächen und Sände von Terborg bis Emden sind in der Liste der Europäischen Kommission mit einer Fläche von 580 ha als Nr. 36 enthalten (vgl. http://europa.eu.int/comm/environment/nature/nature_conservation/useful_info/documents_publications/pdf/spa/spa.htm, dort zum einen die Einführung und zum anderen die nach Bundesländern aufgeschlüsselte Deutschland-Liste). Auch im Hinblick auf § 19 b Abs. 4 BNatSchG a.F. (= § 33 BNatSchG Abs. 4 n.F., landesrechtlich § 34 b Abs. 4 NNatG), der die in Art. 1 lit. l) FFH-Richtlinie gegebene Legaldefinition umsetzt (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 33 Rn. 16), bestehen Bedenken, ausschließlich den Erlass einer Naturschutzverordnung als Schutzgebietserklärung gemäß Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie anzusehen. Zwar bezieht sich § 19 b BNatSchG a.F. nur auf FFH- und nicht auch auf Vogelschutzgebiete, da aber § 19 a Abs. 4 und § 19 c BNatSchG a.F. wie die FFH-Richtlinie ausgewiesene Vogelschutz- und eingetragene FFH-Gebiete gleich behandelt (vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 3 und Art. 7 FFH-Richtlinie), ist nicht ersichtlich, warum materieller Schutz gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie nicht auch auf andere Weise gewährleistet werden könnte (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2000 - Rs C-374/98 -, Basses Corbières, Rn. 28, NuR 2001, 210 (211)). Das BNatSchG n.F. wie auch das Landesrecht beziehen nunmehr auch die Vogelschutzgebiete in den Geltungsbereich der entsprechenden Vorschrift (§ 33 BNatSchG n.F. bzw. § 34 b NNatG) ein. Wenn aber der Verzicht auf eine Unterschutzstellung gemäß § 12 Abs. 1 BNatSchG a.F. (= § 22 Abs. 1 BNatSchG n.F.) sowohl für Vogelschutz- wie für FFH-Gebiete möglich ist, kann eine solche Unterschutzstellung nicht konstitutiv für eine ordnungsgemäße Erklärung zu Vogelschutzgebieten i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Vogelschutz-Richtlinie und damit für den Wechsel des Schutzregimes nach Art. 7 FFH-Richtlinie sein.

Hinzu kommt, dass das Land Niedersachsen schon vor Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wie auch vor der Umsetzung der FFH-Richtlinie durch Einfügen der §§ 19 a ff. in das BNatSchG a.F. auf verschiedene Weise für den materiellen Schutz dieses Gebietes Sorge getragen hat (Biotopschutz gemäß § 28 a NNatG, Darstellung der "Ems-Außendeichsflächen und Sände von Terborg bis Emden" im als Verordnung beschlossenen (vgl. § 5 Abs. 5 NROG) und im Nds.GVBl. 1994, S. 317 veröffentlichten Teil II des Landesraumordnungsprogramms 1994 als Vorranggebiet für Natur und Landschaft und Benennung als Feuchtgebiet nationaler Bedeutung ebenda, durch Neuordnung der Eigentums- und Besitzverhältnisse am Nendorper Vorland und vom Land Niedersachsen teilweise vertraglich durchgesetzte Extensivierungsmaßnahmen).

4.2.2 Auch wenn man für die Anwendbarkeit des § 19 c Abs. 1 BNatSchG a.F. eine automatisch und unmittelbar wirksame Schutz- und Erhaltungsregelung verlangte (vgl. BVerwG, a.a.O., DVBl. 2004, 1115 (1119)), liegt diese mit der Unterschutzstellung des Nendorper Deichvorlands durch die Verordnung der Beklagten vom 17. November 2004 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems v. 26.11.2004, S. 1056) vor.

4.2.2.1 Die zwischenzeitlich veröffentlichte Erklärung von Gebieten zu Europäischen Vogelschutzgebieten (Bekanntmachung des MU v. 23.07.2002, Nds.MBl. S. 717, dort V 10), die Änderung des NNatG vom 27. Januar 2003 (Nds.GVBl. S. 39) und die Unterschutzstellung des Nendorper Vorlandes durch die Verordnung der Beklagten vom 17. November 2004 (a.a.O.) waren im Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Zwar prüft der Senat grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses zum Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. 4.2.1). Er erweitert diesen Ansatz unter Berücksichtigung der Fehlerfolgenregelung des § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG dahingehend, dass ein hier möglicherweise bestehender Verstoß gegen Schranken des strikten Rechts (Anwendung des § 19 c BNatSchG a.F. statt der Vogelschutz-Richtlinie - die Hilfserwägungen des Planfeststellungsbeschlusses bei Anwendbarkeit der Vogelschutz-Richtlinie auf S. 244 ff. an dieser Stelle außer Acht gelassen -) ebenfalls danach behoben und dies bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz berücksichtigt werden kann. Darunter fallen auch solche Verstöße, deren Behebung Ergebnis eines vom Planfeststellungsverfahren unabhängigen Verfahrens ist.

Für eine Berücksichtigung sprechen die mit der Einführung des § 75 Abs. 1 a Satz 2 VwVfG verfolgten Ziele der Verfahrensökonomie und der Planerhaltung (vgl. zu der gleichartigen Regelung des § 17 Abs. 6 a FStrG: BVerwG, a.a.O., DVBl. 2004, 1115 (1118 f.)). Ziel einer Planergänzung ist es allerdings, den Planfeststellungsbeschluss um Regelungen zu ergänzen, die für ein fehlerfreies Abwägungsergebnis erforderlich sind. Die Beklagte hat indes in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss mehrfache Hilfserwägungen angestellt und diese ausdrücklich auf die in einem Parallelverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschl. v. 24.11.1998 - 1 B 3334/98) geäußerten Rechtsansichten des Verwaltungsgerichts bezogen (Planfeststellungsbeschluss S. 244; das an dieser Stelle mitgeteilte Beschlussdatum 14.11. ist unzutreffend, richtig ist vielmehr das im Planfeststellungsbeschluss S. 180 oben genannte Datum). So hat sie im Hinblick auf den Vogelschutz Erwägungen für den Fall angestellt, dass der Bau des Sperrwerks Vogelschutzgebiete erheblich beeinträchtige und/oder Art. 7, Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie nicht anzuwenden sei und/oder Vogelarten als prioritär i.S.d. § 19 c Abs. 4 BNatSchG a.F. einzustufen und eine Stellungnahme der Europäischen Kommission einzuholen sei. Da es sich bei der Bekanntmachung von Vogelschutzgebieten, der Änderung des NNatG und der Unterschutzstellung gemäß §§ 24 und 30 NNatG nicht um die Ermittlung und Bewertung von Belangen handelt, ist zu schließen, dass es hinsichtlich dieser Änderung der Sach- und Rechtslage eines Planergänzungsverfahrens nicht bedarf und sie deshalb in die rechtliche Prüfung einzubeziehen sind, weil die Grundzüge der Planung im Übrigen nicht berührt werden (vgl. auch Senat, Urt. v. 16.09.2004 - 7 LB 371/01-, UA S. 11 f.).

Der Senat vermag auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht zu erkennen, unter Nichtberücksichtigung zwischenzeitlich eingetretener Tatsachen- oder Rechtsänderungen durch das Gericht eine Rechtswidrigkeitsfeststellung zu erstreiten, wenn die Beklagte in einem folgenden Planergänzungsverfahren den Planfeststellungsbeschluss unter Hinweis auf ihre zwischenzeitlich in Kraft getretene Verordnung vom 17. November 2004 im Übrigen nahezu unverändert erlassen könnte.

Der Kläger kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Wechsel des Schutzregimes eine Belohnung für den vertragstreuen Staat sein solle, eine solche Belohnung jedoch nicht gerechtfertigt sei, wenn die Naturschutzverordnung so spät erlassen werde wie hier. Zum einen spricht der EuGH (Urt. v. 07.12.2000 (- Rs C-374/98 -, Basses Corbières, DVBl. 2001, 359 f. = NVwZ 2001, 549 f. = NuR 2001, 210, Rn. 56) und ihm folgend das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, DVBl. 2004, 1115 (1120) = NVwZ 2004, 1114) nicht von Belohnung, sondern von "Anreiz", der nicht wie eine "Belohnung" verwirkt werden kann. In diesem Fall kommt hinzu, dass das Land Niedersachsen wegen des Versäumnisses eines früheren Erlasses nationalrechtlicher Umsetzungsvorschriften zur Vogelschutz-Richtlinie einen Vorteil nicht gezogen hat, weil es schon zuvor auf verschiedene Weise für den materiellen Schutz dieses Gebietes Sorge getragen hat (vgl. 4.2.1 a.E.). Unterstellte man die Ansicht des Klägers als zutreffend, wäre eine Planergänzung durch Einbeziehen einer zwischenzeitlich erlassenen Naturschutzverordnung nach Bau eines planfestgestellten Projekts nie möglich.

4.2.2.2 Die Naturschutzverordnung der Beklagten vom 17.11.2004 über das Naturschutzgebiet Nendorper Deichvorland in der Gemeinde Jemgum, Landkreis Leer (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems v. 26.11.2004 - im folgenden: Verordnung -) ist nicht nichtig. Das vom Kläger zur Begründung angeführte Argument, die Verordnung "legalisiere eine Verletzung des Vogelschutzgebiets" und könne deshalb ihre Funktion im europarechtlichen Sinne nicht mehr erfüllen, greift nicht durch. Ob Bau und Betrieb des Emssperrwerks das Vogelschutzgebiet erheblich beeinträchtigen, ist in diesem Verfahren in Anwendung des § 19 c BNatSchG a.F. erst zu prüfen. Ist der Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig, wäre damit festgestellt, dass der Betrieb des Sperrwerks die Ziele der Vogelschutz-Richtlinie nicht beeinträchtigt; die Verordnung setzt dessen Rechtmäßigkeit voraus. Deshalb muss bei der Inzident-Prüfung im Rahmen der Anfechtungsklage der Maßstab sein, ob die Verordnung dem vom Verordnungsgeber verfolgten Zweck (hier insbesondere unter dem Blickwinkel des europäischen Naturschutzrechts) auch bei einer Herausnahme des Sperrwerks aus einigen Bestimmungen grundsätzlich noch entsprechen kann. Den Schutzzweck bestimmt § 2 der Verordnung, wonach das Nendorper Deichvorland als Lebensstätte zahlreicher, im einzelnen genannter schutzbedürftiger Arten und Lebensgemeinschaften wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere gesichert und unter Vorgabe spezifischer Erhaltungsziele entwickelt werden soll.

Es ist nicht erkennbar, dass Betrieb und Unterhaltung des Emssperrwerks, die von den Schutzbestimmungen des § 3 durch § 4 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung freigestellt sind, den Zweck der Verordnung vereiteln, u.a. für durch die Vogelschutz-Richtlinie geschützte Brut- und Gastvögel einen etwa 117 ha großen Lebensraum dauerhaft zu sichern und zu entwickeln. Die mit dem Planfeststellungsbeschluss genehmigte Betriebsweise des Sperrwerks berücksichtigt mit zahlreichen Nebenbestimmungen den notwendigen Schutz der in diesem Gebiet vorkommenden Brut- und Gastvögel. Auch die Existenz des Anschlussdeiches entwertet den Lebensraum dieser Vögel nicht in der Weise, dass das Naturschutzgebiet seinen durch die Verordnung beschriebenen Zweck nicht mehr erfüllen kann; insoweit verweist der Senat auf die unter 4.3 folgenden Ausführungen.

4.3 Die Beigeladene hat die Verträglichkeit des Projektes gemäß § 19 c BNatSchG a.F. untersuchen lassen. Im Hinblick auf den Vogelschutz ist die Verträglichkeitsuntersuchung und mit ihr der angefochtene Planfeststellungsbeschluss zu dem Ergebnis gekommen, dass das Gesamtprojekt nicht zu i.S.d. § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F. erheblichen Beeinträchtigungen eines (gemeldeten oder potenziellen) Vogelschutzgebietes führt (Planfeststellungsbeschluss, S. 178, 179, 184 ff., 191, 243). Diese Bewertung hat das Verwaltungsgericht - allerdings im Rahmen einer Prüfung des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-Richtlinie - bestätigt.

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Verwaltungsgericht weder falsche rechtliche Maßstäbe bei der Auslegung des Begriffs der Erheblichkeit angelegt noch eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen. Nach Erörterung der gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil vorgebrachten Argumente und des Sachvortrags der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ist der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon überzeugt, dass das Projekt insgesamt das Vogelschutzgebiet nicht erheblich i.S.d. § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F. beeinträchtigt.

Erheblich i.S.d. § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F. ist die Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebietes dann, wenn seine Bestandteile oder deren ökologisch relevanten Beziehungen (vgl. Edhofer, BayVBl. 2000, 553 (555)) so beeinflusst werden, dass dadurch der Schutzzweck oder die Erhaltungsziele dieses Gebietes gemindert werden. Der Schutzzweck und die Erhaltungsziele sind nunmehr § 2 der Verordnung zu entnehmen. Danach sind die Biotoptypen Brackröhricht und Salzwiesen sowie die Lebensräume der für das Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Brutvogelarten Säbelschnäbler, Weißsterniges Blaukehlchen und Wachtelkönig, Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel sowie der Gastvogelarten Nonnengans, Blässgans, Graugans, Pfeifente, Uferschnepfe und Regenbrachvogel zu sichern und zu entwickeln. Eine erhebliche Auswirkung liegt dann vor, wenn (hier) Brackröhricht, Salzwiesen oder der anderweitige Lebensraum für die genannten Vogelarten zu einem dauerhaften (nicht durch natürliche Schwankungen zu erklärenden) Rückgang der Ausdehnung der Biotope oder Stärke der Population geschützter Arten führen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Auswirkung eines Projekts erheblich ist, ist zu berücksichtigen, dass es sich schon bei den der Bewertung erheblich / nicht erheblich zugrunde liegenden Aussagen zur Auswirkung um eine Prognose handelt. Das beeinflusst die zu stellenden rechtlichen Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 06.12.1985 - 4 C 59.82 -, NJW 1986, 1508 (1509)). Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist insoweit insbesondere, ob die Prognose in einer der jeweiligen Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (BVerwG, Urt. v. 07.07.1978 - 4 C 79.76 -, BVerwGE 56, 110 (121) = NJW 1979, 64 (66 f.); Urt. v. 19.03.2003 - 9 A 33.02 -, DVBl. 2003, 1069 (1071)). Mehr als diese fachliche Bearbeitung kann aus Rechtsgründen nicht verlangt werden (BVerwG, Beschl. v. 05.10.1990 - 4 CB 1.90 -, NVwZ-RR 1991, 129 (131)). Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen (BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 -, NVwZ 1987, 578 (583)).

Bei der zu treffenden Prognoseentscheidung ist weder ein konkreter Nachweis eines solchen Rückgangs erforderlich (vgl. EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs. C-355/90 -, Santona, Slg. 1993, I-4272, Rn. 36) noch ist eine absolute Sicherheit zu verlangen, dass solche Beeinträchtigungen nicht eintreten werden (vgl. EuGH, Urt. v. 07.09.2004 - Rs. C-127/02 -, Herzmuschelfischerei, Rn. 61, sowie die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in dieser Sache, Rn. 107, NuR 2004, 587 (592)). Vielmehr darf die das Projekt planende Behörde nach Auswertung der zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen haben.

Der Streit zur Auslegung des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie, ob sich das Erheblichkeitskriterium nur auf die Belästigung der Vögel oder aber auch auf die anderen genannten Beeinträchtigungen bezieht, ist nicht entscheidungserheblich, weil § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F., der allein den Oberbegriff der "erheblichen Beeinträchtigung" nennt, nicht zwischen den in Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie genannten verschiedenen Formen der Beeinträchtigung unterscheidet. Ob diese Vorschrift (nunmehr § 34 Abs. 2 BNatSchG n.F.) die Vogelschutz-Richtlinie zutreffend in das nationale Recht umsetzt, ist nicht in diesem Verfahren zu prüfen. Lediglich ergänzend sei bemerkt, dass der Senat die Richtlinie durch das BNatSchG für zutreffend umgesetzt hält. Das Verwaltungsgericht hat Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Vogelschutz-Richtlinie dahingehend ausgelegt, dass sich der 2. Halbsatz ("sofern ...") nicht nur auf die im 1. Halbsatz letztgenannte Alternative ("Belästigung der Vögel"), sondern auf alle dort genannten Störungen bezieht, d. h. nur erhebliche Auswirkungen lösen die Pflicht nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie aus. Soweit der Kläger der verwaltungsgerichtlichen Auslegung des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie durch die Analyse des Wortlauts in grammatischer Hinsicht seine eigenen grammatikalischen Überlegungen entgegensetzt, hat er jedenfalls nicht die besseren Gründe für sich. Der vom Kläger zur Stütze seiner Auslegung herangezogene Vergleich der Sprachfassungen der Richtlinie ist nicht geeignet, den Begriff "erheblich" eindeutig zu definieren. Zunächst gibt es eine "Leitfassung" einer Richtlinie in englisch oder französisch nicht. Vielmehr ist grundsätzlich allen Sprachfassungen der gleiche Wert beizumessen (EuGH, Urt. v. 02.04.1998 - C-296/95 -, Slg. 1998, I-1605, Rn. 36). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH müssen die verschiedenen Sprachfassungen einer Gemeinschaftsvorschrift einheitlich ausgelegt werden; falls die Fassungen voneinander abweichen, muss die Vorschrift daher anhand von Sinn und Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. EuGH, Urt. v. 09.01.2003 - C-257/00 -, Slg. 2003, I-345, Rn. 37 m.w.N.; zuletzt EuGH, Urt. v. 23.10.2003 - C-245/01 -, DVBl. 2004, 185 (187), Rn. 98 f.). So hat z.B. der Generalanwalt van Gerven in seinen Schlussanträgen im Leybucht-Verfahren (EuGH, Slg. 1991, I-903 ff.) in Kenntnis der verschiedenen Sprachfassungen (a.a.O., I-917, Rn. 33) die Einschränkung des "erheblich" auf alle in Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie genannten Störungen bezogen (a.a.O., I-906, Rn. 7).

Im Übrigen spricht für die zutreffende Umsetzung der Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie, der den mit "sofern" eingeleiteten Halbsatz nicht an den die Störungen von Arten betreffenden Satzteil, sondern erst nach dem Vermeidensgebot anfügt und es auf diese Weise einschränkt. Auch Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie stellt auf die erhebliche Beeinträchtigung eines Gebietes ab, ebenfalls ohne das Kriterium "erheblich" auf Störungen von Arten zu beschränken. Ein Grund, hinsichtlich der Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen Vogelschutzgebiete anders als andere Natura 2000 - Gebiete zu behandeln, erschließt sich dem Senat nicht. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass jede Art von Beeinträchtigung nach Art und Maß so geringfügig sein kann, dass sie im Hinblick auf den Schutzzweck und die Erhaltungsziele des jeweiligen Gebiets nicht ins Gewicht fällt (BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, DVBl. 2004, 1115 (1120) = NVwZ 2004, 1114).

4.3.1 Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht jeglicher Flächenverbrauch im Lebensraum geschützter Vogelarten als "erheblich" zu bewerten. Vielmehr ist dafür eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung vieler Umstände notwendig, wobei auch Vermeidungsmaßnahmen in die Prüfung einzubeziehen sind.

Weder §§ 19 a ff. BNatSchG a.F. noch die Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts nötigen zu einer Auslegung des BNatSchG oder des NNatG in Richtung eines Gebots absoluten Flächenschutzes im Hinblick auf die Anforderungen der Vogelschutz-Richtlinie.

§§ 19 a ff. BNatSchG a.F. setzen die Vogelschutz-Richtlinie um, jedoch definiert das BNatSchG den Schutzzweck von Vogelschutzgebieten nicht. Deshalb ist er direkt der Vogelschutz-Richtlinie zu entnehmen (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 34 Rn. 4). Zweck der Vogelschutz-Richtlinie ist die Erhaltung sämtlicher wildlebender Vogelarten (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie) durch Schutz, Bewirtschaftung und Regulierung dieser Arten (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 Vogelschutz-Richtlinie). Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Überleben und der Vermehrung der in Anlage I der Richtlinie aufgeführten besonders gefährdeten Arten (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie). Der Lebensraumschutz nach Art. 3 und 4 Vogelschutz-Richtlinie ist mithin Mittel zum Zweck, nicht der Zweck der Richtlinie selbst. Entsprechend heißt es in den Erwägungen der Richtlinie, dass der Umfang der zu treffenden Maßnahmen "der Situation der einzelnen Vogelarten" anzupassen ist. Auch soweit Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie erhebliche Auswirkungen "auf die Zielsetzung dieses Artikels" zu vermeiden gebietet, wird der Lebensraumschutz nicht zum Selbstzweck erhoben (so auch Jarass, ZUR 2000, 183 (185)).

Die Erhaltungsziele für Vogelschutzgebiete sind die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes (vgl. § 19 a Abs. 2 Nr. 7 b) BNatSchG a.F. sowie die 9. Begründungserwägung vor Art. 1 Vogelschutz-Richtlinie) der nach Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutz-Richtlinie geschützten Vogelarten und ihrer Lebensräume; dabei kommt es auf diejenigen Arten an, deren Vorkommen in dem fraglichen Gebiet dessen Qualifizierung als Vogelschutzgebiet trägt (vgl. OVG NW, Beschl. v. 11.05.1999 - 20 B 1464/98.AK -, NuR 2000, 165 (170)). Zur Konkretisierung des Begriffs "günstiger Erhaltungszustand" einer Art kann auf Art. 1 lit. i) FFH-Richtlinie zurückgegriffen werden, wonach u.a. für die betreffende Art ein derzeit genügend großer Lebensraum vorhanden sein muss und wahrscheinlich zukünftig weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern. Die dabei in den Blick zu nehmenden wertbestimmenden Vogelarten sind zwischen den Beteiligten nicht strittig und mittlerweile durch die Verordnung und die zwischenzeitlich bekannt gemachte Erklärung von Vogelschutzgebieten (Bekanntmachung des MU v. 23.07.2002, Nds.MBl. S. 717), differenziert nach Brut- und Gastvögeln, konkretisiert.

Einen absoluten Flächenschutz kann der Kläger auch nicht mit dem Hinweis auf den Begriff der "Erhaltungsziele" in § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F. (= § 34 Abs. 2 BNatSchG n.F.), dessen Definition in § 19 a Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG a.F. (= § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG n.F.) unter Verwendung des Begriffs "günstiger Erhaltungszustand" und von dort wiederum mit dessen Definition in Art. 1 lit. e) FFH-Richtlinie begründen. Die Ansicht des Klägers, dass eine (quasi-)gesetzliche Definition nicht unverbindlich sein kann, ist zwar allgemein zutreffend, nicht jedoch der Schluss, den der Kläger daraus zieht: Unberührt von der Definition des Art. 1 lit. e) FFH-Richtlinie bleibt, dass ein Ziel eine Soll-Vorgabe ist, kein unantastbarer Ist-Zustand (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 34 Rn. 6). Auch Art 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie spricht von "den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen", verlangt also eine konkrete, einzelfallbezogene und zielorientierte Prüfung, die das Verwaltungsgericht hier vorgenommen hat.

Mithin ist die Auffassung des Klägers von einem absoluten Flächenschutz gesetzlich nicht gedeckt (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 34 Rn. 23).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist dem Leybucht-Urteil (EuGH, Urt. v. 28.02.1991 - Rs C-57/89 -, Leybucht, Slg. 1991, I-924) nicht zu entnehmen, dass jeder Flächeneingriff unabhängig von seiner Auswirkung auf die geschützten Arten erheblich i.S.d. Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie ist. Der EuGH hat ausgeführt, dass ein zur Verkleinerung eines Schutzgebietes führendes Projekt außerordentlicher Rechtfertigungsgründe bedarf, die er mit der Überschwemmungsgefahr und dem Küstenschutz bejaht hat (a.a.O., Slg. 1991, I-931, Rn. 21 - 23). Zu der Frage des Maßstabes für die Unterscheidung erheblich/unerheblich gibt das Urteil nichts her. Hingegen lässt sich dem Sitzungsbericht entnehmen, dass der Gerichtshof die beklagte Bundesregierung gebeten hatte, das ihr vorliegende Zahlenmaterial zur Entwicklung der durch die Richtlinie geschützten Brutvögel in der Leybucht seit Beginn der Deichbauarbeiten zu übermitteln (vgl. EuGH Slg. 1991, I-884 (889)). Da die Verkleinerung der geschützten Fläche unstreitig war, wäre eine solche Nachfrage unnötig gewesen, wenn der EuGH einen absoluten Flächenschutz ohne Rücksicht auf Auswirkungen auf die geschützten Arten für nach der Vogelschutz-Richtlinie geboten gehalten hätte. Auch der Generalanwalt van Gerven hat in seinen Schlussanträgen im Leybucht-Verfahren (EuGH, Slg. 1991, I-903 ff.) ausdrücklich die Verpflichtung des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie als durch den mit "sofern" eingeleiteten Satzteil eingeschränkt angesehen (a.a.O., Slg. 1991, I-906, Rn. 7) und der Vorstellung der klagenden Kommission widersprochen, eine Gebietsverkleinerung sei in jedem Fall auch ohne Berücksichtigung der Qualität der Lebensverhältnisse geschützter Arten eine Beeinträchtigung (a.a.O., Slg. 1991, I-913, Rn 25; I-915, Rn. 29; I-917, Rn. 34; I-921, Rn. 41).

Gleiches gilt auch für das vom Kläger angeführte Santona-Urteil des EuGH (Urt. v. 02.08.1993 - Rs. C-355/90 -, Slg. 1993, I-4272). Die Feststellung, dass der Bau einer Straße durch die Santona-Marschen einschließlich seiner Folgen (Verlandung durch Änderung des Gezeitenflusses) zum Verschwinden von Rast- und Ruheplätzen geführt hat (a.a.O. Slg. 1993, I-4281, Rn. 35), basiert auf dem Sitzungsbericht, nachdem dieser Verlust "unvermeidbar eine Abnahme der Bestände von Vögeln nach sich ziehen werde" (vgl. EuGH Slg. 1993, I-4223 (4230)). Hinsichtlich der beanstandeten Aquakulturen zur Muschelzucht hat der EuGH nicht nur eine Flächenverminderung, sondern auch deren Auswirkungen auf die Vogelwelt durch Zerstörung der Bodenstruktur und Vegetation festgestellt (EuGH, Slg. 1993, I-4272 (4282, Rn. 44) und diese als erheblich beschrieben (a.a.O., Slg. 1993, I-4283, Rn. 46). Auch in diesem Verfahren hat der Generalanwalt van Gerven in seinen Schlussanträgen (EuGH, Slg. 1993, I-4241 ff.) sich ausdrücklich gegen die "maximalistische Auffassung" gewandt, die auf ein absolutes Verbot von Störungen hinausläuft (a.a.O. Slg. 1993, I-4253, Rn. 24). Entsprechend hat er zu jedem der sechs beanstandeten Projekte geprüft, ob sie die Lebensbedingungen des besonders gefährdeten Löfflers "wesentlich" beeinträchtigen (a.a.O. Slg. 1993, I-4255, Rn. 27) und dies z.B. hinsichtlich der Aufschüttungsarbeiten zugunsten eines Sportgeländes und der Ablagerungen von Abraum aus einem Steinbruch trotz Flächenverlustes verneint (a.a.O. Slg. 1993, I-4259, Rn. 38; I-4261, Rn. 42).

Zum Lappel Bank-Urteil des EuGH (Urt. v. 11.07.1996 - Rs. C-44/95 -, Slg. 1996, I-3843) hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass sich diese Entscheidung nicht mit dem Tatbestandsmerkmal "erheblich" des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie, sondern allein mit den Kriterien für die Auswahl eines besonderen Schutzgebietes nach Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutz-Richtlinie befasst. Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, dass, wenn sich Auswahl und Abgrenzung der Schutzgebiete an ornithologischen Kriterien zu orientieren hätten, eine Verminderung dieser Flächen auch nach ornithologischen Kriterien erheblich sein müsste, kann er dieses Urteil als Beleg nicht heranziehen, zumal der EuGH auch vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie ausdrücklich zwischen den Kriterien bei der Klassifizierung eines Gebietes einerseits und seiner späteren Verkleinerung andererseits unterschieden hat (a.a.O., Slg. 1996, I-3855 f., Rn. 37 ff.).

Soweit sich der Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung nunmehr auch auf das Beanstandungsschreiben der EU-Kommission vom 17. Dezember 2002 (C(2002)5144, "Hellwegbörde") bezieht, ist dem entgegenzuhalten, dass sich die Kommission nicht auf die Feststellung einer Flächeninanspruchnahme des (faktischen) Vogelschutzgebietes beschränkt, sondern die Art und Anzahl der betroffenen Vogelarten - auch in Relation zum "mittelwestfälischen Bestand" - benannt hat; es sei mit "erheblichen negativen Auswirkungen (...) auf die (...) Vogelarten zu rechnen".

Dies entspricht der dem "Leitfaden Natura 2000 - Gebietsmanagement" zu entnehmenden Haltung der EU-Kommission. Dort verneint die Kommission die Gleichsetzung von Flächenverlust und erheblicher Beeinträchtigung (ebd., S. 36 - schon im Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung - unter Hinweis (Anhang I Nr. 8 (S. 57)) auf die Santona-Entscheidung und den Bezug auf "Tätigkeitsarten", nicht: Flächenverlust).

Das Argument des Klägers, dass dann, wenn ein nach der FFH-Richtlinie geschützter Lebensraum beeinträchtigt ist, der auch geschützten Vögeln als Lebensraum dient, dies gleichzeitig eine erhebliche Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebietes sein müsse, verkennt, dass die Erhaltungsziele von Vogelschutz- und FFH-Gebieten nicht notwendig identisch sind (vgl. § 19 a Abs. 7 BNatSchG a.F. = § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG n.F., § 19 c Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F. = § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG n.F.). Aus (nicht nur) diesem Grund handelt es sich bei der Inanspruchnahme von FFH-Lebensräumen entgegen der Ansicht des Klägers nicht um eine "Parallelproblematik". Vielmehr negiert der Kläger, dass Vögel größere und auch kurzfristig wirksamere Anpassungsmöglichkeiten bei Veränderungen der Umwelt haben als Pflanzen oder auf bestimmte Pflanzen angewiesene Tierarten mit nur geringem Bewegungsradius (vgl. Füßer in: Ziekow (Hrsg.), Flughafenplanung, Planfeststellungsverfahren, Anforderungen an die Planungsentscheidung, S. 407 (425)).

Das vom Kläger angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. November 2002 (- 4 A 15.02 -, B 173 - Maintal, NVwZ 2003, 485) gibt für die Annahme absoluten Flächenschutzes in Vogelschutzgebieten nichts her. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Vogelschutz-Richtlinie hatte das Bundesverwaltungsgericht den im Verfahren zu prüfenden Planfeststellungsbeschluss deshalb für rechtswidrig erklärt, weil für die Nicht-Meldung des betroffenen Gebietes nicht-ornithologische Gründe ausschlaggebend waren (a.a.O., S. 487 f.). Das Maß des Flächenschutzes nach der FFH-Richtlinie hatte das Gericht hingegen deshalb nicht zu behandeln, weil es einen (möglichen) Eingriff für gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie zulässig gehalten hat (a.a.O., S. 488).

Auch das Hochmoselübergang-Urteil (BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, a.a.O.) belässt es nicht bei der Feststellung, dass der Bau der B 50 Flächen des Vogelschutzgebietes verbraucht, sondern bezieht sich zum einen auf den vom Tatsachengericht festgestellten Verlust von Brut- und Nahrungsrevieren und hält zum anderen die Frage nach der Erheblichkeit der Beeinträchtigung unter Berücksichtigung der noch festzulegenden gebietsspezifischen Erhaltungsziele einer konkreten Prüfung für zugänglich. Im Übrigen hatte es über die Erheblichkeit der Beeinträchtigung nicht zu befinden, weil es von der tatsächlichen Bewertung durch das OVG Rheinland-Pfalz auszugehen hatte.

Da der Senat § 19 c BNatSchG a.F. für einschlägig hält, kam eine Vorlage der Frage, ob jegliche Flächeninanspruchnahme innerhalb eines Vogelschutzgebiets als erhebliche Beeinträchtigung zu bewerten ist, nicht in Betracht, da der EuGH zur Auslegung nationaler Vorschriften nicht berufen ist. Darüber hinaus sieht sich - wie dargelegt - der Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des EuGH, so dass ein ergänzender Klärungsbedarf nicht besteht.

4.3.2 Weder die Verträglichkeitsuntersuchung noch ihr folgend der angefochtene Planfeststellungsbeschluss haben wirtschaftliche Belange in die Erheblichkeitsprüfung eingestellt. Deswegen kann dahinstehen, was das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger beanstandeten Aussage: "Auch insoweit ist im Übrigen in Rechnung zu stellen, dass die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung regelmäßig zur Unzulässigkeit eines wirtschaftliche Zwecke verfolgenden Vorhabens führt" (UA S. 38) gemeint hat, zumal sie in den Entscheidungsgründen nicht weiter ausgeführt oder als Element einer Begründung behandelt worden ist.

4.3.3 Die nach dem Planfeststellungsbeschluss im Bereich des Nendorper Vorlandes durchzuführenden Vorkehrungen, die der Vermeidung von Beeinträchtigungen geschützter Vogelarten dienen, sind bei der Bewertung der Erheblichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen. Dies gilt im Rahmen einer Prüfung gemäß § 19 c Abs. 1 BNatSchG a.F. ebenso, wie wenn das Vorhaben nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie zu beurteilen wäre.

Dass das Verwaltungsgericht insoweit zwischen der Anwendung der Vogelschutz-Richtlinie und der Verträglichkeitsprüfung für FFH-Gebiete gemäß § 19 c BNatSchG a.F. unterscheidet (UA S. 39), ist nicht gerechtfertigt. Zum einen setzt das BNatSchG die Vogelschutz-Richtlinie und die FFH-Richtlinie gleichermaßen um, ohne dass § 19 c BNatSchG a.F. diese Gebiete unterschiedlich behandeln würde, dies entspricht der Vorgabe des Art. 7 FFH-Richtlinie. Zum anderen hätte dieser Ansatz zur Folge, dass trotz des offenbar gleichsinnig in Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie einerseits und Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-Richtlinie andererseits verwendeten Begriffs "erheblich" dieser in unterschiedlicher Weise ausgelegt würde, je nachdem, ob das Vogelschutzgebiet ein "faktisches" oder ein ausgewiesenes ist.

Die Ansicht des Klägers, dass jegliche Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnamen (nur) der Ausnahmevorschrift des § 19 c Abs. 4 BNatSchG a.F. (= § 34 Abs. 4 BNatSchG n.F.) zugeordnet werden dürfen (diese Vorschrift bezieht sich nur auf von einem Projekt betroffene prioritäre Gebiete oder Arten), auf jeden Fall aber der Rechtsfolgen- und nicht der Tatbestandsseite zuzuordnen sind, vermischt die Regelungen zur Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie und der FFH-Richtlinie mit der Eingriffsregelung des BNatSchG gemäß § 8 BNatSchG a.F., §§ 18 - 20 BNatSchG n.F.. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil zur FFH-Richtlinie (BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, A 17, UPR 2003, 353 (355) = DVBl. 2003, 1061 = NVwZ 2003, 1253) diese Ansicht als nicht dem Schutzzweck der FFH-Richtlinie gerecht werdend zurückgewiesen. Kann durch Schutzvorkehrungen sichergestellt werden, dass der Grad der Beeinträchtigung, den die FFH-Richtlinie (und ihr folgend § 19 c BNatSchG a.F.) durch das Merkmal der Erheblichkeit kennzeichnet, nicht erreicht wird, so ist dem Integritätsinteresse, das nach der Konzeption der Richtlinie vorrangig zu wahren ist, Genüge getan. Aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes spielt es keine Rolle, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vorneherein als unerheblich einzustufen sind, oder zwar, für sich betrachtet, erheblich sind, trotzdem aber erhebliche Beeinträchtigungen nicht erwarten lassen, weil sie durch Schutzmaßnahmen so weit vermindert werden können, dass sie bei der im FFH-Recht gebotenen schutzbezogenen Betrachtungsweise als Gefährdungspotential nicht mehr in Betracht kommen (vgl. BVerwG, a.a.O.).

Nichts anderes gilt für die Umsetzung der FFH-Richtlinie in das BNatSchG. Die Motive zum BNatSchG sowohl alter wie neuer Fassung zeigen, dass die 1998 neu eingeführten Regelungen allein der Umsetzung der Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie dienen sollten (vgl. BR-Drs. 636/96, S. 53 f. zu § 20 des Entwurfs = BT-Drs. 13/6441 einerseits, BT-Drs. 14/6378, S. 54 zu § 34 andererseits). Es gibt keinen Hinweis, dass der Bundesgesetzgeber über den europarechtlich zu garantierenden Schutzstandard hinausgehen wollte. Vielmehr hat der Bundesrat den ursprünglichen Entwurf, der die Umsetzung der Richtlinien den Eingriffsregelungen zugeordnet hatte, ausdrücklich zurückgewiesen (BR-Drs. 636/1/96, S. 5 f. und S. 23); die schließlich beschlossene Fassung weist die Umsetzung der Richtlinien den Schutzgebietsvorschriften des Vierten Abschnitts statt den Eingriffsregelungen des Dritten Abschnitts des BNatSchG sowohl alter wie neuer Fassung zu.

4.3.4 Gemessen an dem oben unter 4.3 dargelegten Maßstab für Prognosen ist weder nach den Ergebnissen der Verträglichkeitsuntersuchung noch nach den sachverständigen Äußerungen im Verfahren erster wie zweiter Instanz der von der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss gezogene Schluss zu beanstanden, dass Bau und Betrieb des Emssperrwerks die geschützten Vogelarten nicht erheblich beeinträchtigen.

Die Beweisaufnahme und ihre Würdigung zu den Beeinträchtigungen der einzelnen Vogelarten in den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils befasst sich nicht allein mit den erhobenen Daten und den von den Sachverständigen verwendeten Methoden, sondern vollzieht eigenständig die daraus gezogenen Schlüsse nach, ohne sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die von der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss getroffene Prognose in jenem Zeitpunkt tragfähig war.

Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die in diesem Zusammenhang vorgelegten Untersuchungen in methodisch nicht geeigneter Weise durchgeführt worden sind. Dies gilt auch für die Gutachten zu den Auswirkungen des Projekts auf Nonnengänse. Soweit der Kläger die Argumentation des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Untersuchungen über den Bestand an Rastvögeln von C. als widersprüchlich bezeichnet, ist diese Rüge nicht nachvollziehbar. Während das erstinstanzliche Urteil auf S. 47 ein Resümee wiedergibt, argumentiert es auf S. 48 im Hinblick auf einzelne Daten, aus denen D. von denen des Sachverständigen E. abweichende Schlüsse zieht. Soweit es hierzu auf ein Tageszählungsergebnis zurückgreift, geschah dies dem Sachverständigen E. folgend, um die Datenlücke, die durch eine frühzeitigere Beendigung der Zählungen von C. in der Saison 1999/2000 entstanden war, mit dem Ziel zu füllen, die Daten dieser Saison mit denen anderer Jahre vergleichbar zu machen. Der Sachverständige hatte darauf hingewiesen, dass mit dem Tageszählungsergebnis vom 11. April 2000 Aussagen nur die Nonnengänse betreffend gemacht werden können. Die Tageszählung könne auch deshalb zur Ergänzung der Daten von C. verwendet werden, weil sie in den wöchentlichen Rhythmus dieser Zählungen (letzte Zählung von C. im Jahr 2000 am 03. April) passe (Protokoll der mündlichen Verhandlung I. Instanz, S. 129). D. hatte aber offenbar die nur bis Anfang April 2000 erhobenen Zahlen von C. mit denen der Jahre verglichen, in denen die Zählungen länger dauerten (vgl. Protokoll a.a.O., S. 151 f).

Der Verweis des Klägers auf den von D. für die zur Beurteilung der Tragkapazität verwendeten Maßstab "Gänsenutzungstage pro ha" betrifft eine sehr aufwendige Methode, die jedoch nicht geeignet ist, die bisherigen Angaben der Sachverständigen zu entwerten. Bereits der Planfeststellungsbeschluss (S. 115) hatte sich mit der entsprechenden Forderung auseinander gesetzt. Die Annahme F., das Vogelschutzgebiet befinde sich an der oberen Grenze der Tragkapazität (Protokoll a.a.O., S. 152 f.), ist eine Einschätzung, die nicht weiter belegt wurde. Zu berücksichtigen ist zudem, dass zu den planfestgestellten Maßnahmen auch die Entwicklung von Salzwiesen in unmittelbarer Nähe zu den beanspruchten Flächen gehört. Die Flächen sind nicht nur fünfmal so groß wie der durch den Bau des Sperrwerks eingetretene Verlust, sondern sie sind auch durch landschaftspflegerische Maßnahmen qualitativ gegenüber den verlorenen Flächen verbessert. Diese Flächen sind vor dem Wiederbeginn der zunächst stillgelegten Arbeiten bereitgestellt worden, so dass sich die Tragkapazität des Nendorper Vorlandes nicht verringert haben kann. Die Tatsache, dass salzbeeinflusste Außendeichswiesen ein besseres, weil proteinreicheres Nahrungsangebot bieten, führt nicht zu dem Schluss, dass die Beeinträchtigung für den Bestand der Nonnengänse im fraglichen Gebiet erheblich ist. Selbst D. hat darauf hingewiesen, dass die Umwelt der Gänse multikausal und das Verhalten der Gänse als Anpassung daran sehr plastisch sei (Protokoll a.a.O., S. 158). Auch insoweit wird die durch die planfestgestellten Maßnahmen vergrößerte Fläche an Salzwiesen im Nendorper Vorland zu berücksichtigen sein.

Der Kläger kann dem nicht entgegenhalten, dass die zur Vermeidung von Beeinträchtigungen planfestgestellten Maßnahmen ohnehin aus anderen Gründen durchzuführen gewesen wären. § 19 b Abs. 3 Satz 3 BNatSchG a.F. (= § 33 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG n.F.) verweist hinsichtlich der Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen auf Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie. Dieser sieht "Erhaltungsmaßnahmen" vor. Soweit Art. 1 Buchst. a) FFH-Richtlinie unter "Erhaltung" auch Maßnahmen erfasst, die einen günstigen Erhaltungszustand natürlicher Lebensräume wiederherstellen, ist darauf hinzuweisen, dass im Nendorper Vorland Salzwiesen nicht "wiederhergestellt" werden, weil im fraglichen Bereich ohne intensive Beweidung Salzwiesen von Brackwasserröhricht verdrängt werden (vgl. G. vom August 1997 in BA "2", Abschnitt C.I 4.1, S. 46 ff.), von einer "Wiederherstellung" eines ohne zivilisatorische Eingriffe "natürlichen" Zustandes also nicht die Rede sein kann.

Die Bestandsentwicklung der verschiedenen Brut- und Gastvogelarten vor und nach dem Bau des Sperrwerks haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung diskutiert. Angesichts des Umstands, dass es sowohl vorher als auch nachher teilweise große Schwankungsbreiten bei den erhobenen Zahlen gibt, die zudem abhängig von den Bedingungen des jeweiligen Erfassungstages sind (beispielsweise suchen die Gänse ein Gebiet rhythmisch wiederkehrend auf, während in der Zwischenzeit das Gras auf den abgefressenen Flächen wieder nachwachsen muss), sind weder die Summen- noch die Durchschnittszahlen ein Beleg für eine dauerhaft negative, das heißt über natürliche Schwankungen hinausgehende Bestandsentwicklung. Noch weniger vermögen die diskutierten Zahlen zu belegen, dass die Beklagte im Rahmen der von ihr anzustellenden Prognose vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen hätte haben müssen.

Weder die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführte Höhe der Baukosten (die zum überwiegenden Teil außerhalb des Vogelschutzgebiets angefallen sind) noch der optische Eindruck, den das Sperrwerk einem Betrachter vermittelt, sind geeignete Kriterien, um festzustellen, ob das Projekt erhebliche Beeinträchtigungen für das Vogelschutzgebiet zur Folge hat.

4.3.5 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil er - wie der Kläger meint - den Wortlaut des § 19 c Abs. 2 BNatSchG a.F. (zu Beeinträchtigungen führen kann) nicht berücksichtigt habe, der damit angeblich einen strengeren Maßstab anlege als Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-Richtlinie und Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-Richtlinie. Gegen diese Auslegung spricht zunächst, dass die Frage, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen führen kann, Maßstab für das Screening nach § 19 c Abs. 1 BNatSchG a.F. (= § 34 Abs. 1 BNatSchG n.F.) ist (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 34 Rn. 16 a). Innerhalb der Verträglichkeitsprüfung ist aber zu untersuchen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich ist, denn ein bloßer Möglichkeitsmaßstab ist weder praktisch brauchbar noch rechtlich geboten (für den Maßstab einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit auch (und deshalb von Gassner zu Unrecht der a.A. zugeordnet) Louis, BNatSchG, 2. Aufl., § 19 c Rn. 13 sowie Cosack, UPR 2002, 250 (251)). Hinweise auf "projektbedingte Einwirkungen von einiger Schwere und einigem Gewicht" (Gellermann, Natura 2000, S. 171) oder die Annahme, "dass Einwirkungen negativer Art in besonderer Weise qualifiziert sein müssen" (ders. in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 34 BNatSchG Rn. 11), ergeben einen praxistauglichen und für die Gerichte nachprüfbaren Maßstab nicht. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei der Umsetzung der Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie eine Schutzerweiterung nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen ist (s.o.).

Auch der vom Kläger angeführte "Vorsorgegrundsatz", der nach der Rechtsprechung des EuGH bei Genehmigungen nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-Richtlinie zu berücksichtigen ist (Urt. v. 07.09.2004 - Rs. C-127/02 -, Herzmuschelfischerei, NuR 2004, 788, Rn. 58), führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis, da die nach dem Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchungen im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Vermeidungsmaßnahmen über das Verhältnis 1:1 hinaus gerade Ausdruck der von der Beklagten getroffenen Vorsorge ist.

Im Hinblick auf die Beweiserhebung und -würdigung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger Schlafplätze der Limikolen (= Watvögel, hier: Regenbrachvögel und Kampfläufer) angesprochen. Das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass der Regenbrachvogel (Numenius phaeopus) zwar unter dem allgemeinen Schutz des Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-Richtlinie steht, nicht jedoch im Anhang I der nach Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie besonders zu schützenden Vogelarten aufgeführt ist. Aber nur Regenbrachvögel sind im Bereich des Nendorper Vorlandes gesichtet worden, ohne dass sie an der Stelle oder in unmittelbarer Nähe des Emssperrwerkes hätten lokalisiert werden können; der Beitelke Sand bleibt vom Emssperrwerk unbeeinträchtigt (Protokoll a.a.O., S. 132). Hingegen ist der von D. erwähnte (vgl. Protokoll a.a.O., S. 154) Kampfläufer (Philomachus pugnax) zwar im Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie unter Nr. 103 verzeichnet, über Beobachtungen gerade dieser Art im Nendorper Vorland ist weder von den Gutachtern der G. noch in der Beweisaufnahme berichtet worden. Entsprechend sind weder der Regenbrachvogel noch der Kampfläufer in der Anlage 2 der Erklärung von Gebieten zu Europäischen Vogelschutzgebieten (Bekanntmachung des MU v. 23.07.2002, Nds.MBl. S. 717 (719)) als für das Vogelschutzgebiet V 10 wertbestimmend nach Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie, sondern nur der Regenbrachvogel als wertgebend gemäß Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-Richtlinie genannt, gleiches gilt für § 2 der Verordnung vom 17. November 2004. D. spricht stets allgemein von einem "Limikolenschlafplatz". Selbst bei Annahme eines auf Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie gestützten identischen Schutzniveaus lässt die Datenlage demnach die Möglichkeit einer Beeinträchtigung offen, jedenfalls nicht wahrscheinlich sein. Die Rahmenbedingungen für einen solchen Schlafplatz (ungestörte feuchte Seggenbulten und Senken, die weitestgehend ungestört von Menschen Schutz vor Bodenfeinden wie Fuchs, Iltis und Hermelin bieten) sind auch nach dem Bau des Sperrwerks vorhanden. Soweit der Kläger, unterstützt durch D., darauf verweist, dass es keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu den (gemeint wohl: genauen) Rahmenparametern eines Schlafplatzes für Limikolen gibt, fehlt es an einer genaueren Datenlage. Der Beklagten kann dies nicht als defizitär vorgehalten werden. Sie ist nicht verpflichtet, wissenschaftliche Grundlagenforschung zu betreiben. Der Kläger schließt hingegen zu Unrecht von einer von ihm als nicht befriedigend gehaltenen Datenlage auf ein umfängliches Veränderungsverbot, weil Beeinträchtigungen im Bereich des nicht Auszuschließenden liegen.

4.3.6 Der Planfeststellungsbeschluss wie das erstinstanzliche Urteil haben Summationswirkungen auf Vögel, vor allem zulasten der Nonnengänse, genügend berücksichtigt. Mit seiner Berufung summiert der Kläger Auswirkungen, deren Vorliegen durch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme gerade nicht erwiesen ist.

Die Auswirkungen der Überflutungen im Staufall hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt; der Kläger hat insoweit noch nicht einmal spezifiziert geltend gemacht, dass die Nahrungsflächen der Nonnengänse auch und gerade dann durch Stau überflutet werden, wenn die Flächen von den Nonnengänsen auf dem Vogelzug genutzt werden. Der Planfeststellungsbeschluss beschränkt die Stauhöhe in der Zeit vom 15. März bis 15. September (Sommerstau), so dass die Nahrungsflächen der Gastvögel nicht beeinträchtigt werden (Planfeststellungsbeschluss S. 112). Während der Winterstauzeit (16. September bis 14. März) sind natürliche Überflutungen die Regel, die zudem das Auftreten von Gänsen nicht hindern (Planfeststellungsbeschluss S. 114, Protokoll a.a.O., S. 160, UA S. 51).

Eine verstärkte Sedimentation/Verschlickung der Nahrungsflächen im Staufall hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf ein Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau ausgeschlossen (UA S. 51).

Ebenfalls abgearbeitet sind die Auswirkungen der Durchschneidung und Störungen durch Menschen (Planfeststellungsbeschluss S. 113, 121 f., Protokoll a.a.O., S. 158 f., UA S. 52), ohne dass insoweit Mängel erkennbar sind.

Soweit fortdauernde Beeinträchtigungen durch die Baustellenbeleuchtung geltend gemacht werden, hat bereits der Planfeststellungsbeschluss eine mittelfristige Beeinträchtigung anerkannt, sie aber als ausgleichbar und deshalb nicht erheblich bewertet (Planfeststellungsbeschluss, S. 79 f.). Auch in Überlegungen zur Summation sind sie nicht einzustellen, weil sie nur vorübergehend wirksam gewesen sind.

Entgegen der Ansicht des Klägers bestand kein Anlass, hinsichtlich einer möglichen Summation alle Belästigungen der Vögel seit Ablauf der Umsetzungsfrist der Vogelschutz-Richtlinie und damit seit 1981 zu berücksichtigen. Der Kläger hat nicht dargetan, welche Eingriffe seit dieser Zeit sich summierend zu Lasten der Vögel ausgewirkt haben. Im Übrigen liegt eine über die Jahre stärker gewordene Belastung des Lebensraumes der Vögel nicht nahe, wenn vor etwa zwanzig Jahren am Dollart etwa 100 bis 300, nunmehr aber etwa 7.000 Nonnengänse gezählt werden (Protokoll a.a.O., S. 130 einerseits, S. 129 andererseits).

Soweit die Datenlage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine andere war als später, ist dies kein Nachweis für die Unrichtigkeit der von der Beklagten zugrunde gelegten Prognose. Während der Sachverständige E. davon ausging, dass die Nonnengänse das Nendorper Vorland ausschließlich zum Fressen aufsuchen (Protokoll a.a.O., S. 130), wird es nach § 2 der Verordnung von ihnen "z.T. auch als Schlafplatz" genutzt. Die Aufnahme dieses Schutzziels in die Verordnung spricht eher dafür, dass das Nendorper Vorland nunmehr sogar vielfältiger von den Nonnengänsen zu nutzen ist, weniger aber für eine Bestandsminderung durch eine Summations- oder andere Wirkung.

4.4 Der Schluss, das planfestgestellte Projekt beeinträchtige das Vogelschutzgebiet in nicht erheblicher Weise, wird im Ergebnis auch von der Europäischen Kommission geteilt. Soweit sie das Vorhaben als erheblichen Eingriff in ein bestehendes Vogelschutzgebiet bewertet hat (S. 1 des Schreibens vom 06.05.1999 an den Ständigen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, BA "T", und S. 1 des Schreibens vom 02.09.1999 an den Chef des Bundeskanzleramtes, sowie S. 2 und 3 des Schreibens vom 06.09.1999 an den "H. "), hat sie zugleich wegen der insgesamt ausreichenden "Ausgleichsmaßnahmen" eine Verletzung von europäischem Umweltrecht verneint (S. 1 des Schreibens vom 02.09.1999, S. 1, 3 des Schreibens vom 06.09.1999). Die EU-Kommission hat darauf verwiesen, dass die Salzwiesen in räumlicher Nähe zu den beanspruchten Flächen des Vogelschutzgebietes entstehen und vor dem Wiederbeginn der Arbeiten auf der Fläche des Vogelschutzgebietes Nendorper Vorland bereitgestellt werden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Grad der Beeinträchtigung, den die FFH-Richtlinie (und ihr folgend § 19 c BNatSchG a.F.) durch das Merkmal der Erheblichkeit kennzeichnet, nicht erreicht wäre. Denn aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes spielt es keine Rolle, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind, oder zwar, für sich betrachtet, erheblich sind, trotzdem aber erhebliche Beeinträchtigungen nicht erwarten lassen, weil sie durch Schutzmaßnahmen so weit vermindert werden können, dass sie bei der im FFH-Recht gebotenen schutzbezogenen Betrachtungsweise als Gefährdungspotential nicht mehr in Betracht kommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, A 17, UPR 2003, 353 (355) = DVBl. 2003, 1061 = NVwZ 2003, 1253).

4.5 Da das Emssperrwerk das Vogelschutzgebiet nicht erheblich beeinträchtigt, erübrigt sich die Frage, ob das Vorhaben im Wege der Ausnahme gemäß § 19 c Abs. 3 oder 4 BNatSchG a.F. (= § 34 Abs. 3, 4 BNatSchG n.F.) zugelassen werden dürfte (unter dem Gesichtspunkt der direkten Anwendbarkeit der Vogelschutz-Richtlinie vom Kläger problematisiert, im Planfeststellungsbeschluss als Hilfserwägung erörtert auf S. 244). Damit entfällt auch die Entscheidungserheblichkeit der vom Kläger als vorlagebedürftig angesehenen Frage, ob die Vogelarten des Anhangs I Vogelschutz-Richtlinie (sämtlich oder jedenfalls die hier betroffenen Arten oder zumindest der Säbelschnäbler) wie prioritäre Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie zu behandeln seien.

5. Anders als beim Vogelschutz ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts beim Habitatschutz nicht von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 19 c BNatSchG a.F. auszugehen, weil es Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung i.S.d. § 19 a Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG a.F. zum Zeitpunkt des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses noch nicht gab. Es fehlte für die atlantische Region an einer Liste nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 FFH-Richtlinie.

Entsprechend sind Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-Richtlinie nicht direkt anwendbar (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott v. 08.07.2004 - Rs. C-117/03 -, Rn. 18 - 22, nach der mündlichen Verhandlung bestätigt durch EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - Rs. C-117/03 -, Rn. 22 ff.).

Für schutzwürdige Gebiete, die für die Liste der Kommission als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgeschlagen sind, bestehen gewichtige Anhaltspunkte, dass sie auch in die Gemeinschaftsliste aufgenommen werden. Gleiches kann für Gebiete gelten, deren Meldung sich als notwendig für das Netz "Natura 2000" aufdrängt. Für diese Gebiete entfaltet die FFH-Richtlinie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Vorwirkungen mit der Folge, dass die Zulässigkeit eines dieses Gebiet berührenden Straßenbauvorhabens an den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zu messen ist (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, B 1 Hildesheim, BVerwGE 110, 302; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, A 44 Hessisch Lichtenau, DVBl. 2002, 1486 (1487) = NVwZ 2002, 1243; dazu im Folgenden 5.1). Kann dagegen die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht hinreichend sicher prognostiziert werden, hat es mit dem Verbot sein Bewenden, das Gebiet so nachhaltig zu beeinträchtigen, dass es für eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 673 = DVBl. 2001, 386; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, A 38 Leineniederung, DVBl. 2004, 649 = NVwZ 2004, 722; dazu unter 5.2).

5.1 Der Bereich der Ems zwischen Papenburg und dem Dollart ist weder gemäß Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie gemeldet noch ist seitens des Landes Niedersachsen eine Meldung beabsichtigt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser Bereich nicht als "potenzielles FFH-Gebiet" zu behandeln, weil naturschutzfachliche Gründe die Aufnahme der Unterems in das Netz "Natura 2000" nicht erzwingen.

Die Entscheidung des Landes Niedersachsen, von der Meldung der Ems zwischen Papenburg und Dollart abzusehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ein (allerdings nur naturschutzfachlicher) Beurteilungsspielraum ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass Anhang III der FFH-Richtlinie bei der Gebietsauswahl (Phase 1) nach dem aufgeführten Kriterienkatalog im Einzelfall unterschiedliche fachliche Wertungen zulässt (st. Rspr. des BVerwG: Beschl. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, DVBl. 2001, 375 (376); Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 10.99 -, DVBl. 2001, 386 (390); Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, A 20 Wakenitz, DVBl. 2002, 990 (993) unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 07.11.2000 - Rs C 371/98 -, Slg. I 2000, 9235 = NuR 2001, 206 = NVwZ 2001, 1147; BVerwG, Beschl. v. 12.06.2003 - 4 B 37.03 -, NVwZ 2004, 98 (99 f.)). Die mit der Entscheidung des Landes Niedersachsen, die Unterems nicht als FFH-Gebiet zu melden, bestätigte fachliche Wertung der Beklagten, das Gebiet der Unterems sei kein schutzwürdiges FFH-Gebiet, ist nur bei eindeutiger Fehlsamkeit widerlegbar. Nur wenn aus fachlicher Sicht kein Zweifel besteht, dass ein Gebiet die von der FFH-Richtlinie vorausgesetzten Merkmale erfüllt, ist die Annahme, dass es der EU-Kommission auch tatsächlich gemeldet wird, naheliegend oder zwingend, so dass von einem potenziellen Schutzgebiet als Anknüpfungspunkt für Schutzwirkungen auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts auszugehen ist.

Der Kläger kann für seine These, dass bei der Nicht-Meldung der Unterems Gründe im Zusammenhang mit der Planung des Emssperrwerks mitbestimmend waren, aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. November 2002 (- 4 A 15.02 -, DVBl. 2003 534 = NVwZ 2003, 485) nichts herleiten. Der Kläger jenes Verfahrens hatte substantiiert "unter Heranziehung von Veröffentlichungen und Pressemitteilungen der Staatsregierung dargelegt, dass Gebiete aus der ursprünglichen "Prüfliste" des LfU unter anderem deshalb gestrichen wurden, weil sie Flächen für Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen enthielten", während naturschutzfachliche Argumente den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen waren (vgl. DVBl. a.a.O. 538 = NVwZ a.a.O. 487). In den dem Verwaltungsgericht vorgelegten Vorgängen des MU finden sich hingegen keine Äußerungen, dass naturschutzfremde Kriterien mitbestimmend waren. Die vom Kläger hervorgehobene Formulierung "Abwägung mit anderen Belangen" ist eine des Sachverständigen von Drachenfels als Mitarbeiter des NLÖ (vgl. BA "O", S. 19), die in den hier vorgelegten Äußerungen des MU keine Entsprechung findet. Der Aktenvermerk vom 21. Dezember 1998 (BA "O", S. 16)

"113 m.d.B. um Beachtung

Trotz fachlich begründeter Argumentation in der Erörterung am 21./12. herausgenommen:

- Ems ab Papenburg (K 158) bis Mündung

- Unterelbe 3/1 ab Hafen / Wedem (außerhalb NSG)",

den der Kläger zitiert, enthält überhaupt keine Begründung, sondern ist allein die kurze Wiedergabe eines Besprechungsergebnisses, dessen näherer Inhalt u.a. Gegenstand des Vermerks vom 16. Februar 1999 (BA "O", S. 34 ff.) geworden sein dürfte.

Naturschutzfachlich lassen sich den Vorgängen des Nds. Umweltministeriums (BA "O") die Bedenken der Beklagten entnehmen (BA "O" Bl. 32), dass der Flusslauf nur noch bedingt naturnah sei, da besonders nördlich Meppens viele Flussschleifen abgeschnitten und Staustufen eingebaut sind. Die Wasserqualität lasse sich durch Meldung als FFH-Gebiet und anschließende Schutzgebietsausweisung nicht verbessern (BA "O" Bl. 33). Das Nds. Umweltministerium hat ausweislich seines Vermerks vom 16. Februar 1999 (BA "O" Bl. 34 f.) bei der Abgrenzung des FFH-Gebietsvorschlages berücksichtigt, dass im Hinblick auf die nach Anhang I der FFH-Richtlinie geschützten Lebensräume sowohl Ästuarien als auch Atlantische Salzwiesen in anderen Gebietsvorschlägen des Landes vorkämen. Der Lebensraum Ästuar sei mit ca. 500 ha Bestandteil des Gebiets "Dollart". Das größte Vorkommen dieses Lebensraumtyps in Niedersachsen befinde sich im FFH-Gebiet "Unterelbe" (ca. 1570 ha). Ein weiteres Vorkommen mit ca. 515 ha liege im Gebietsvorschlag "Rechter Nebenarm der Weser bei Brake". Der Schwerpunkt des Lebensraumtyps Atlantische Salzwiesen in Niedersachsen liege mit ca. 7.400 ha im Gebiet "Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer". Das FFH-Gebiet "Dollart" enthalte weitere 266 ha Salzwiesen. Die gemäß des Anhangs II der FFH-Richtlinie geschützten Fischarten Flussneunauge, Meerneunauge, Finte und Lachs seien auch in Elbe und Weser nachgewiesen. Nach den Kriterien des Anhangs III der FFH-Richtlinie "Bedeutung" und "Repräsentativität" sei der Vorschlag vertretbar. Auch in den FFH-Arbeitsgruppen "Wirtschaft" und "Landwirtschaft" (BA "O" Bl. 55, 72) verteidigte die Beklagte gegenüber den Naturschutzverbänden die Bewertung, dass eine Meldung dieses Abschnitts der Ems aus Repräsentativitätsgründen nicht vorgeschlagen werden müsse, mit dem Hinweis auf die bereits gemeldeten FFH-Vorschläge "Nationalpark Wattenmeer" und "Dollart". Die Kohärenz von "Natura 2000" sei unterhalb Papenburgs durch mehrere gemeldete EU-Vogelschutzgebiete gesichert. Die Niedersächsische Landesregierung hat schließlich in ihrer Sitzung vom 16. November 1999 in Kenntnis aller für und gegen die Meldung der Unterems sprechenden naturschutzfachlichen Gesichtspunkte die Abgrenzung auch dieses FFH-Gebietsvorschlages beschlossen (BA "O" Bl. 100).

Diese FFH-Gebietsabgrenzung im Bereich der Unterems ist weder unter dem Gesichtspunkt des Lebensraumschutzes (5.1.1) noch wegen eines Vorkommens einer Tier- oder Pflanzenart von gemeinschaftlichem Interesse (5.1.2) durch den Senat zu beanstanden und die Unterems deshalb nicht als potenzielles FFH-Gebiet zu bewerten. Dies gilt auch unter den Gesichtspunkten Wiederherstellungsmöglichkeiten (5.1.3) oder Kohärenz (5.1.4).

5.1.1 Zwischen den Beteiligten umstritten sind die in Betracht zu ziehenden Lebensräume nach Anhang I der FFH-Richtlinie: Ästuarien (Code-Nr. 1130), Atlantische Salzwiesen (Code-Nr. 1330) und Auenwälder mit Alnus glutinosa [= Schwarzerle] und Fraxinus excelsior [= Esche] (Alno padion [= Erlen-Eschen-Auewälder], Alnion incanae [= Erlenbruchwälder], Salicion albae [= Auenwald mit (Silber-)Weide und/oder Grauerlen und/oder Pappeln]) (Code-Nr. 91E0, prioritärer Lebensraumtyp).

5.1.1.1 Der Kläger ist der Ansicht, dass der Lebensraum Ästuar (Anhang I Code-Nr. 1130) nur dann "richtig" gemeldet ist, wenn das Gebiet alle Salzgradienten vom Süßwasser (bei Herbrum) bis zum Salzwasser (in der Nordsee) - offenbar unabhängig von der Qualität bzw. dem Erhaltungszustand - enthält.

Der vom Kläger gezogene Schluss, dass, wenn Teile des Ästuars gemeldet sind, auch der Rest zwingend dem Schutz der FFH-Richtlinie unterstellt werden muss, ist weder der FFH-Richtlinie selbst noch dem Interpretationshandbuch der Lebensräume der Europäischen Union (Interpretation Manual of European Union Habitats) zu entnehmen. Letzteres begrenzt den Lebensraum Ästuar auf das tidebeeinflusste Vorkommen von Brackwasser und beschreibt (seiner Funktion als "Diagnoseinstrument" entsprechend) dort vorkommende Naturphänomene und die typischerweise vorhandene Pflanzen- und Tierwelt.

Der Kläger kann nicht mit Erfolg der Gebietsauswahl des Landes Niedersachsen entgegenhalten, dass das Ems-Ästuar mit dem der Elbe nicht verglichen und hinsichtlich ihrer Repräsentativität nicht abgewogen werden könne, weil Ems und Elbe zwei verschiedenen naturräumlichen Haupteinheiten angehörten, so dass beide Ästuare zu melden seien. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, der Betrachtung nach "naturräumlichen Haupteinheiten" fehle eine hinreichende rechtliche Grundlage. Nur bei einem (europa)rechtlichen Anknüpfungspunkt, der eine Unterscheidung von Naturräumen gebietet, gelangt man zu der Fragestellung, wie diese Gebiete naturfachlich voneinander unterschieden werden können. Der Kläger geht indes den umgekehrten Weg: weil eine Unterscheidung naturfachlich begründet werden kann, hält er sie unter dem Gesichtspunkt der FFH-Richtlinie aus Rechtsgründen für zwingend zu beachten.

Die FFH-Richtlinie kennt ein Kriterium "naturräumliche Haupteinheiten" nicht. Anhang III der Richtlinie bezieht sich in Phase 1 auf die "nationale Ebene", d. h. das Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates. Des weiteren unterscheidet die FFH-Richtlinie nach biogeographischen Regionen (Art. 1 lit. c) iii) FFH-Richtlinie). Alle zur Nordsee entwässerndes Flussmündungen gehören zu derselben atlantischen Region.

Das Kriterium "Repräsentativitätsgrad des in diesem Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensraumtyps" (Anhang III der FFH-Richtlinie Phase 1 lit. A) a)) bezieht sich dagegen nur auf das in den Blick genommene Gebiet, dessen FFH-Tauglichkeit anhand u.a. dieses Kriteriums zu beurteilen ist. Soweit der Kläger (unter Hinweis auf BfN-Handbuch, S. 102) keines der großen Flussästuare für repräsentativ hält, weil jedes von ihnen einen individuellen Charakter habe, wirft das die Frage auf, ob er (und mit ihm der Sachverständige von Drachenfels, vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung I. Instanz S. 41 f.) nicht das Repräsentativitätskriterium in einer der FFH-Richtlinie nicht mehr gerecht werdenden Weise versteht, weil dann nahezu jeder dem Anhang I der FFH-Richtlinie zuzuordnende Lebensraum auszuwählen wäre, da es in der Zusammensetzung der dort vorkommenden Lebensgemeinschaften kaum je zwei identische Gebiete geben wird.

Die relative Bedeutung auf nationaler Ebene (vgl. die Überschrift zu Phase 1 des Anhangs III der FFH-Richtlinie) ergibt sich aus dem naturschutzfachlichen Vergleich verschiedener Gebiete. Eine isolierte Betrachtung jedes einzelnen Gebiets verliehe hingegen jedem von ihnen eine absolute Bedeutung.

Für diese Interpretation spricht auch die Stellungnahme der EU-Kommission (Evaluation of the study "Vegetationskundliche Studie zu den Weichholz-Auwäldern (Salicion albae) an der Unterems" provided by the plaintiffs in the framework of the complaint procedure 97/4831 (Barrage at the River Ems in NW-Germany) - ohne Briefkopf, Datum, Unterschrift und Seitenzahlen in BA "P"), in der ein Vergleich zum Elbe-Ästuar allein unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz, nicht hingegen mit dem Begriff der Repräsentativität problematisiert wird .

Der Einschätzung des Landes Niedersachsen, dass die Unterems für die Schaffung des kohärenten Netzes "Natura 2000" als Lebensraum Ästuar entbehrlich ist, widerspricht nicht das Ergebnis des Einstufungsseminars der Europäischen Kommission in Den Haag im Juni 2002. Dies kann allenfalls indizielle Bedeutung für die Beantwortung der Frage haben, ob das Land Niedersachsen zum Zeitpunkt des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses die Unterems als FFH-Gebiet hätte gemeldet haben müssen, weil das Seminar nach dessen Erlass stattgefunden hat. In dem Einstufungsseminar wurde zur Code-Nr. 1130 für Deutschland eine zufriedenstellende Repräsentation (lediglich mit Bedarf einer Überprüfung der Grenzen) festgestellt. Der Vermerk "Überprüfung der Grenzen" geht - dies ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Anmerkungen des I. e.V. - auf die Intervention des BfN und der Verbände (die an dem Einstufungsseminar teilgenommen hatten) zurück, der aber die Bewertung unter dem naturschutzfachlich wohl wünschenswerten, europarechtlich jedoch nicht begründbaren Gesichtspunkt "naturräumliche Haupteinheiten" zugrunde lag. Bemerkenswert ist, dass die Nichtberücksichtigung des Kriteriums "naturräumliche Haupteinheiten" in dieser Veröffentlichung gleichgesetzt wird mit "aus wirtschaftlichen Gründen (...) ausgeklammert".

Der Kläger verweist im weiteren auf einen Aktenvermerk der Europäischen Kommission vom 04. August 2004, nach dem bis auf wenige ökologisch wertlose Gebiete alle Ästuare bis zur Brackwassergrenze (bei der Ems etwa an der Leda-Mündung bei Leer) vollständig zu melden seien. Dabei möge es notwendig sein, in den Teilen, die von Industrie, Häfen oder anderen Bauten geprägt seien, Wasserkanäle aus den Gebieten auszunehmen. Das Protokoll vermerkt auch die fachlichen Differenzen zwischen der Kommission und dem Land Niedersachsen über den ökologischen Wert des Ems-Ästuars im Vergleich zum Elbe-Ästuar.

Die in dem Protokollvermerk niedergelegte Ansicht, dass alle Ästuare zu melden seien, ist mit der FFH-Richtlinie nicht vereinbar. Angesichts des durch den Anhang III der FFH-Richtlinie den Mitgliedstaaten eingeräumten naturschutzfachlichen Bewertungsspielraums kann die Meldung eines Gebiets nicht verlangt werden, dessen Bedeutung und Repräsentativität fachlich nicht unbestritten ist. Hinzu kommt, dass die Kommission in ihrem Vermerk den Merkmalen "Repräsentativität" und "relative Bedeutung der Gebiete" des Anhangs III der FFH-Richtlinie offenbar keinerlei Inhalt beimisst. Damit würden deutsche Ästuare an der Nordseeküste im Ergebnis strenger zu behandeln sein als selbst prioritäre Lebensraumtypen, bei denen auch eine naturschutzfachliche Auswahl stattfinden kann (vgl. Anhang III Phase 1 D, vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.1 -, DVBl. 2003, 1061 = NVwZ 2003, 1253). Bei dem Lebensraumtyp Ästuar (Anhang I Code-Nr. 1130) handelt es sich jedoch nicht um einen prioritären Typ. Demgegenüber hatte die Kommission in ihrer Klageschrift gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Feststellung des Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus der FFH-Richtlinie vom 24. Februar 1999 (Az. JURM(99) 8032) noch zu den Kriterien der Phase 1 des Anhang III darauf hingewiesen, dass "auch der vergleichsweise Wert des Gebiets für die Erhaltung von Lebensraumtypen und Arten (verglichen mit anderen Gebieten, in denen dieselben Lebensraumtypen und Arten vorkommen)" berücksichtigt werde (a.a.O., Rn. 21), und auf einen gewissen, durch die Kriterien der Phase 1 begrenzten Spielraum der Mitgliedsländer verwiesen (a.a.O., Rn. 22, 26). Damit die Liste vollständig sei, müsse jeder Mitgliedstaat so viele Gebiete vorschlagen, dass alle auf diesem Gebiet befindlichen natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und alle Habitate und Arten des Anhangs II in ausreichend repräsentativer Weise berücksichtigt werden können (a.a.O., Rn. 25). Zwar hat die Kommission die Ansicht vertreten, wegen des von der Vogelschutz-Richtlinie abweichenden Verfahrens sollten so viele Gebiete wie möglich vorgeschlagen werden, ohne jedoch das Repräsentationskriterium aufzugeben (a.a.O., Rn. 30). Dem Land Niedersachsen musste sich eine Verpflichtung zur Meldung der Unterems oder weiterer Ästuar-Lebensräume insoweit nicht aufdrängen, als die Klageschrift den Lebensraumtyp 1130 weder als in den bisherigen Meldungen vollständig defizitär erfasst (vgl. a.a.O., Rn. 36 f. sowie Anhang, Tabellen H und K) noch als zu denen gehörig aufführt, von denen zu wenig oder zu ungleich über das Hoheitsgebiet verteilte Gebiete vorgeschlagen seien (a.a.O., Rn. 38 ff.), obwohl die Kommission unter Bezugnahme auf das BfN-Handbuch das Kriterium der "naturräumlichen Haupteinheiten" übernommen hatte. Weshalb die Kommission - abweichend von ihrer in der Klageschrift vom 24. Februar 1999 eingenommenen Haltung und auch abweichend von den Ergebnissen des Einstufungsseminars im Juni 2002 - in ihrem Protokoll vom 04. August 2004 undifferenziert die Meldung aller Ästuare Deutschlands fordert, lässt sich ihm nicht entnehmen. Der mehrfache Hinweis auf den europaweiten Wettbewerb der Häfen lässt darauf schließen, dass nicht-naturschutzfachliche Gründe eine Rolle gespielt haben könnten.

Der Kläger wendet sich gegen das Argument der Beklagten, gegen die Meldung des Flussabschnittes zwischen Papenburg und Dollart spräche dessen fehlender guter Erhaltungszustand wegen der Sauerstoffprobleme oberhalb von Leer, indem er zunächst bemängelt, dass damit nicht erklärt werden könne, weshalb nicht (wenigstens auch) der Bereich zwischen Leer und Dollart gemeldet worden sei. Der Kläger verkennt aber, dass die in diesem Zusammenhang stehende Erwägung des Verwaltungsgerichts vor dem Hintergrund der Frage steht, ob nicht der Gesichtspunkt der Kohärenz gemäß Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie wegen der Meldung der Ems oberhalb von Papenburg (Gebietsvorschlag Nr. 13), des Dollarts (Gebietsvorschlag Nr. 2), sowie beträchtlicher Teile der Außenems (Hund- und Paapsand, Gebietsvorschlag Nr. 173 - vom Verwaltungsgericht irrtümlich mit Nr. 17 bezeichnet - und im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, Gebietsvorschlag Nr. 1) durch das Land Niedersachsen (vgl. dazu die Karte "Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU (92/43/EWG) in Niedersachsen" in BA "O") zur Meldung auch des Zwischenstücks der Ems verpflichte (UA S. 57). Das Verwaltungsgericht hat an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine (nahezu) durchgängige Meldung der Ems (schon) daran scheitere, dass ein nicht unerheblicher Bereich wegen des schlechten Erhaltungszustands nicht meldewürdig sei.

Auch der vom Kläger angegriffene Verweis des Verwaltungsgerichts auf die fehlende Eignung der Ems oberhalb von Leer für die Reproduktion von (gemeint: durch Anhang II der FFH-Richtlinie geschützten) Fischen steht in diesem Zusammenhang, wobei das Verwaltungsgericht seine Kohärenzüberlegungen nicht nur auf den Lebensraum Ästuar beschränkt, sondern sie auch auf andere geschützte Bereiche der Ems gerichtet hat, zu denen nicht nur der Lebensraum Ästuar gehört. Dieser endet selbst nach der weitgehendsten Interpretation, dem sog. ökologischen Ansatz (vgl. dazu auch Protokoll erster Instanz, S. 75), mit dem Tideeinfluss bei Herbrum, während das FFH-Gebiet Nr. 13 bis zur Landesgrenze reicht, wo sich der vom Land Nordrhein-Westfalen ausgewählte Teil des Flusses anschließt. Der Kläger hat recht, wenn er meint, dass für den Erhaltungszustand des Ästuars das Vorhandensein von Fischen nicht so wesentlich ist (vgl. das oben bereits zitierte Interpretation Manual of European Union Habitats, das als kennzeichnende Tierart für ein Ästuar "Invertebrate benthic communities", also auf dem Boden von Gewässern lebende Wirbellosen-Gesellschaften, nennt). Davon sind Beklagte und Verwaltungsgericht aber nicht ausgegangen, da sie Fragen des Fischlebensraumes zutreffend unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie abgehandelt haben.

Im Hinblick auf andere Gesichtspunkte als den der Kohärenz gilt aber, dass der Abschnitt der Ems zwischen Leer und Dollart sich nicht als vorzugswürdig gegenüber den anderen, bereits vom Land Niedersachsen gemeldeten Ästuar-Gebieten aufdrängt (s.o.).

Der Kläger rügt indes auch, dass das Verwaltungsgericht die Sauerstoffproblematik überhaupt als Kriterium für den Erhaltungszustand herangezogen und die Bedeutung dieses Gesichtspunktes "weit überschätzt" habe. Hier ist schon der (rechtliche) Anknüpfungspunkt verfehlt: es kommt nicht darauf an, wie das Gericht einen bestimmten Punkt ein- oder überschätzt, sondern ob die Einschätzung des Landes Niedersachsen, die Unterems von einer Meldung als FFH-Gebiet auszunehmen, als vertretbar nachvollzogen werden kann. Die Wasserqualität war jedoch einer der von der Beklagten als problematisch bezeichneten Punkte (vgl. BA "O" Bl. 33). Auch der Kläger definiert Wasserqualität über die Sauerstoffverhältnisse einerseits und die Belastung mit Schadstoffen andererseits (Protokoll erster Instanz, S. 82). Der naturschutzfachliche Mitarbeiter der Beklagten J. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bestätigt, dass insoweit der limitierende Parameter (Sauerstoff) entscheidend war (Protokoll a.a.O.). Angesichts der Breite, mit der die Sauerstoffproblematik in den dem Planfeststellungsbeschluss vorausgehenden Gutachten untersucht wurde, die zur Nebenbestimmung A 2.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses führten, und der Bedeutung, die der Kläger diesem Problem in der Beweisaufnahme erster Instanz gab und mit seinem Vorgehen gerade auch gegen den Planänderungsbeschluss vom 02. Juli 2004 gibt, kann der Senat nicht nachvollziehen, weshalb das Land Niedersachsen naturschutzfachlich diesen Umstand nicht zur Bewertung der Meldewürdigkeit weiterer Teile der Ems heranziehen sollte. Auch insoweit gilt, dass die im Vergleich zur Lage weiter flussauf bessere Gewässerqualität im Bereich zwischen Leer und Dollart diesem Abschnitt nicht eine Repräsentativität gibt, dass eine Meldung ungeachtet der bereits von Niedersachsen gemeldeten FFH-Gebiete nahe liegt.

5.1.1.2 Das kleinflächige (so die Angabe des NLÖ durch den Sachverständigen von Drachenfels in BA "O" Bl. 8) Vorkommen atlantischer Salzwiesen (Code-Nr. 1330) an der Unterems für die Schaffung des kohärenten Netzes "Natura 2000" für entbehrlich zu halten, ist naturschutzfachlich ebenfalls als vertretbar zu bewerten. Der Flächenanteil dieses Lebensraumtyps lag vor der Umsetzung der planfestgestellten Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen bei ca. 160 ha (Verträglichkeitsuntersuchung der G. vom 07. Mai 1999 (in BA "C", dort S. 37) und hat damit in Niedersachsen einen nur geringen Flächenanteil. Es handelt sich nicht um natürliche Salzwiesen, sondern um nutzungsbedingte Ersatzgesellschaften der Röhrichte (a.a.O., S. 41), die nur bei einer entsprechenden landwirtschaftlichen Nutzung erhalten werden können (a.a.O., S. 37, 41). Demgegenüber liegt der Schwerpunkt des Lebensraumtyps Atlantische Salzwiesen in Niedersachsen mit ca. 7.400 ha im Gebiet "Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer"; das FFH-Gebiet "Dollart" enthält weitere 266 ha Salzwiesen (vgl. BA "O" Bl. 34).

Soweit der Kläger auch in der Berufungsinstanz daran festhält, dass die vorhandenen Salzwiesen die Meldung der Unterems als FFH-Gebiet zwingend erforderlich machten, begründet er dies - wie auch schon beim Lebensraum "Ästuar" - damit, dass die Ästuar-Salzwiesen eine besondere Ausprägung darstellten. Auch hier gilt aber das bereits unter 5.1.1.1 Ausgeführte: das Repräsentativitätskriterium des Anhangs I Phase 1 der FFH-Richtlinie hat nicht zum Ziel, jede in der Natur vorkommende Variante ohne Rücksicht auf Flächengröße und Qualität der Ausprägung zu schützen.

5.1.1.3 Das Gebiet der Unterems ist auch nicht deshalb als faktisches FFH-Gebiet zu bewerten, weil dort nach Anhang I der FFH-Richtlinie unter Code-Nr. 91E0 als prioritär geschützte Auenwälder mit Alnus glutinosa (Schwarzerle) und Fraxinus excelsior (Esche) (Alno padion (Erlen-Eschen-Auewälder), Alnion incanae (Erlenbruchwälder), Salicion albae (Auenwald mit (Silber-)Weide und/oder Grauerlen und/oder Pappeln)) vorkämen. Die Nicht-Meldung der Unterems unter diesem Gesichtpunkt seitens des Landes Niedersachsen ist fachlich vertretbar, weil die Europäische Kommission mehrfach das Vorhandensein dieses Lebensraumtyps an dieser Stelle verneint hatte. So weist die Kommission in ihrem Schreiben vom 06. Mai 1999 an die Bundesregierung (BA "T" Bl. 223 (224), auch enthalten in BA "P") unter Hinweis auf das Interpretation Manual of European Habitats darauf hin, dass eine Einstufung als Auenwald schon deshalb nicht in Betracht komme, weil diese Standorte mit der Tide täglich überflutet würden und nicht periodisch innerhalb eines Jahres; dieser Gesichtspunkt unterscheide den Lebensraum "Ästuar" von dem prioritären des "Auenwaldes" i.S.d. Code-Nr. 91E0 (zu dem Kriterium "annual rise of the river (or brook) level", d.h. vom Wechsel der Jahreszeiten abhängige Überflutungsdynamik vgl. auch BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, A 20 Wakenitz, UA S. 34, nicht abgedruckt in DVBl. 2002, 990 oder NVwZ 2002, 1103). Weitere Bedenken ergaben sich für die Kommission aus dem Umstand, dass nur Teile der Pflanzengesellschaft "Salicion albae" vorhanden seien, und dass dieser Lebensraumtyp nicht nur in Deutschland, sondern auch in Niedersachsen an zahlreichen Stellen großräumiger, störungsfreier und repräsentativer ausgebildet sei. Diese Gesichtspunkte sind noch einmal vertieft Gegenstand der "Evaluation of the study "Vegetationskundliche Studie zu den Weichholz-Auwäldern (Salicion albae) an der Unterems" provided by the plaintiffs in the framework of the complaint procedure 97/4831 (Barrage at the River Ems in NW-Germany)" (BA "P") gewesen. Danach ist die Existenz eines gemischten Schwarzerlen-Eschen-Waldes zwingend für die Einstufung unter die prioritäre Code-Nr. 91E0. Die Vegetationskundliche Studie habe aber ergeben, dass Eschen einen Anteil von weniger als 1 % hätten und die Schwarzerlen nur zu 3 bis 5 % in den untersuchten Pflanzengesellschaften vorkommen. Pflanzengesellschaften mit (gemeint wohl: überwiegend) Weiden seien nicht vom Schutz dieses Lebensraumtyps erfasst. Des weiteren seien nur naturnahe und natürliche Wälder im Hochwaldstadium einschließlich Mittelwald geschützt (vgl. Präambel zum Abschnitt 9 "Wälder" des Anhangs I der FFH-Richtlinie). Die überprüften Vorkommen seien aber weder der Fläche (die größte Baumgruppe bedecke nur eine Fläche von 0,3 ha) noch der Baumgröße nach (fast ausschließlich große Büsche) "Wald" im Sinne des Anhangs I der FFH-Richtlinie. Schließlich weise auch das BfN-Handbuch NATURA 2000 im gesamten Bereich der Ems nur Nebenvorkommen mit schlechter Ausprägung aus (dort S. 359). Diesen Befund hat die Europäische Kommission noch einmal in ihrem Schreiben vom 06. September 1999 an den K. bestätigt.

Diese Einschätzung deckt sich mit dem Ergebnis der Verträglichkeitsuntersuchung der G. vom 07. Mai 1999 (in BA "C", dort S. 25).

5.1.2 Auch ein Vorkommen einer Tier- oder einer Pflanzenart von gemeinschaftlichem Interesse nach Anhang II der FFH-Richtlinie verpflichteten das Land Niedersachsen nicht, die Unterems als FFH-Gebiet zu melden.

5.1.2.1 Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob der (eurasische) Fischotter (lutra lutra) überhaupt in der Ems vorkommt, weil das Emssperrwerk für den Fischotter kein maßgebliches Wanderungshindernis (unter Hinweis auf G. vom 07. Mai 1999 (in BA "C", dort S. 42) und diese Tierart deshalb nicht erheblich beeinträchtigt sei (vgl. UA S. 77). Das erscheint zutreffend. Der Kläger ist dem in der Berufung nicht mehr entgegengetreten.

5.1.2.2 Vielmehr konzentriert er seinen Vortrag auf bestimmte Fischarten, ohne belegen zu können, dass sich die Meldung der Unterems als FFH-Gebiet dem Land Niedersachsen hätte aufdrängen müssen, um diese Arten zu erhalten.

Hinsichtlich der Arten Alosa alosa (Maifisch, vom Verwaltungsgericht in Anlehnung an die Umweltverträglichkeitsstudie der G. vom August 1997 als "Alse" bezeichnet (vgl. UA S. 63); "Alsen" ist aber der Oberbegriff für Fische der Gattung Alosa, bezeichnet also sowohl den Maifisch als auch die Finte (Alosa fallax)), Coregonus oxyrhynchus (Nordseeschnäpel), Petromyzon marinus (Meerneunauge) und Lampetra fluviatilis (Flussneunauge) verweist der Kläger auf die sog. "Defizitliste des BfN". Dabei ergibt sich hinsichtlich des (prioritären) Nordseeschnäpels aus den vom Kläger eingereichten Unterlagen, dass diese Art mit einiger Wahrscheinlichkeit im Ems-Ästuar gar nicht vorkommt (so auch das Verwaltungsgericht UA S. 62 unter Hinweis auf die Verträglichkeitsuntersuchung der G. vom 07. Mai 1999 (in BA "C", dort S. 26 f.)). Zwar heißt es in der BfN-Liste auf S. 11 der Anlage 3, dass möglicherweise ein Vorkommen in der Ems existiere, auf S. 1 dieser Anlage ist jedoch handschriftlich vermerkt, dass diese Art ausgestorben oder verschollen ist mit dem Zusatz "evtl. Unterelbe". Die Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere weist diese Art ebenfalls mit der Kategorie "0", d.h. "ausgestorben oder verschollen" aus. Entsprechend hat sich auch die Europäische Kommission geäußert (Schreiben an die Bundesregierung vom 06.05.1999, BA "T" Bl. 224; Schreiben an den K. vom 06.09.1999, GA Bl. 556). Der Kläger selbst hat diese Art als "wiederanzusiedelnd" bezeichnet, und in dem vom Kläger vorgelegten sog. Verbändeprotokoll des Einstufungsseminars der Europäischen Kommission in Den Haag im Juni 2002 ist darauf hingewiesen, dass allein auf den Verdacht einer möglichen Wiederbesiedlung hin FFH-Gebietsmeldungen nicht gefordert werden können. Auch im Übrigen stimmt die "Defizitliste" (deren Datum sich nicht aus den Akten ergibt) nicht immer mit den Ergebnissen des Bewertungsseminars überein: Während das BfN die Meldung aller niedersächsischen Bestände der Art Alosa alosa [= Maifisch] fordert (S. 1 der Anlage 3), ist als Ergebnis des Bewertungsseminars ein Meldebedarf allein für die Vorkommen im Rhein festgehalten (dies deckt sich mit den in der Verträglichkeitsuntersuchung der G. vom 07. Mai 1999, BA "C" S. 31, wiedergegebenen Angaben des Nds. Umweltministeriums, dass mangels aktueller Nachweise der Maifisch verschollen oder ausgestorben ist). Bezogen auf die Ems ist dort nur ein Nachmeldebedarf hinsichtlich der Art Alosa fallax (Finte) vermerkt. Insofern erstaunt es, wenn in der Tabelle der vom Kläger vorgelegten Anmerkungen des I. e.V. für die Ems ein Defizit auch für die Art Petromyzon marinus (Meerneunauge) vermerkt ist, während ein Hinweis auf die Ems bei der Art Alosa fallax (Finte) fehlt. Zu den Wanderfischarten ist im Übrigen dem "Verbändeprotokoll" zu entnehmen, dass die Wanderstrecken nicht notwendig (und schon gar nicht ausnahmslos) als FFH-Gebiete zu melden sind, es müssten für die einzelnen, in ihren Lebensraumansprüchen sehr unterschiedlichen Arten strukturell geeignete Flussabschnitte auszumachen sein und auch Maßnahmen umgesetzt werden können.

Auch das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Beschl. v. 12.06.2003 - 4 B 37.03 -, NVwZ 2004, 98 (100)) verneint eine Pflicht, einen Fluss vollständig als (potenzielles) FFH-Gebiet zu behandeln, wenn nur einzelne Flussabschnitte die Qualität eines FFH-Gebiets haben. Flüsse sind in die mitgliedstaatliche Meldeliste nur insoweit aufzunehmen, als sie bestimmte FFH-relevante Merkmale aufweisen. Flussabschnitte, an denen geschützte Lebensräume oder Arten fehlen, scheiden aus dem Kreis der potenziellen FFH-Gebiete von vornherein aus. Den Gedanken, Gewässerökosysteme als solche zu erhalten und zu schützen, trägt die FFH-Richtlinie auf andere Weise Rechnung. Nach Art. 10 FFH-Richtlinie fördern die Mitgliedstaaten unabhängig von den Schutzgebietsregelungen die Pflege von Landschaftsräumen, die auf Grund ihrer linearen, fortlaufenden Struktur (z.B. Flüsse mit ihren Ufern oder herkömmliche Feldraine) oder ihrer Vernetzungsfunktion (z. B. Teiche oder Gehölze) für die Wanderung, die geographische Verbreitung und den genetischen Austausch wildlebender Art wesentlich sind. Wie sie diesem Auftrag gerecht werden, bleibt ihrer Entscheidung vorbehalten. Das Schutzregime des Art. 6 FFH-Richtlinie kommt insoweit nicht zum Tragen.

Die Entscheidung des Landes Niedersachsen, mit Blick auf die durch den Anhang II der FFH-Richtlinie geschützten Fischarten Flussneunauge, Meerneunauge, Finte und Lachs auf eine Meldung auch der Unterems im wesentlichen deshalb zu verzichten, weil sie auch in Elbe und Weser nachgewiesen seien, ist auch nach den vom Kläger vorgebrachten Argumenten nicht als unvertretbar zu bewerten. Nach den Standarddatenbögen des Meldeverfahrens für die FFH-Gebiete Nr. 13 (Ems) und Nr. 3 (Unterelbe) ergibt sich, dass von den hier fraglichen Fischarten in der Ems nur das Flussneunauge mit einem Anteil bis zu 2 % an der Gesamtpopulation in Deutschland aufgeführt ist, während Flussneunauge, Meerneunauge und Finte in der Elbe mit Populationsstärken von jeweils 50 % der niedersächsischen Bestände und 20 % (Flussneunauge, Meerneunauge) bzw. 40 %, bezogen auf das Gesamthoheitsgebiet, vorkommen (vgl. GA Bd. VI Bl. 3011, 3024, 3051, 3053). Dem Standarddatenbogen für das FFH-Gebiet Nr. 13 ist über den Fischbestand im hier interessierenden, flussabwärts gelegenen Gebiet unmittelbar nichts zu entnehmen. Die Umweltverträglichkeitsstudie der G. vom August 1997 (in BA "2" C.I 4.2 S. 56 f.) listet zwar die in der Literatur beschriebenen Vorkommen auf, jedoch ohne absolute oder relative Mengenangaben. Da die Wanderfischarten aber zu ihren (Süßwasser-)Laichplätzen wandern, kann ohne weiteres geschlossen werden, dass bei fehlenden Beständen im Süßwasserbereich die Bestände in der Brackwasserzone nicht besonders signifikant für die Erhaltung der Art sein können.

Dass die Bedingungen in der Unterems für diese Wanderfischarten unzuträglich sind, liegt im Wesentlichen an der schlechten Wasserqualität wegen der seit längerem auftretenden Sauerstoffprobleme im Bereich oberhalb von Leer (UA S. 58 unter Hinweis auf die Umweltverträglichkeitsstudie der G. vom August 1997 (in BA "2", dort C.I 4.2., S. 100, 129); Schreiben G. vom 26. März 2001, S. 6 f.). Dies wird bestätigt durch die nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Jahr 2000 aktualisierte Gewässergütekarte des NLWK, die die Tideems zwischen (etwa) Herbrum und Leer der Güteklasse III bis IV "sehr stark verschmutzt" zuordnet. Diese Gewässergüteklasse ist u.a. beschrieben: "Fische sind nur ausnahmsweise anzutreffen".

Unzutreffend ist die Rüge des Klägers, dass die Erhaltung und Entwicklung eines dauerhaften für die Reproduktion geeigneten Fischlebensraumes nirgendwo als Erhaltungsziel eines FFH-Gebiets genannt sei. Er übersieht, dass das Erhaltungsziel "Erhaltung und Entwicklung eines ökologisch durchgängigen Flusslaufes als (Teil-)Lebensraum wandernder Rundmäuler und Fischarten (...)" (vgl. BA "O" Bl. 36) gerade auf die Reproduktion der durch Anhang II geschützten Fischarten zielt: Die Fische wandern nämlich, weil sie einen geeigneten (Süßwasser-)Platz zum Laichen (also zur Reproduktion) aufsuchen müssen.

Die Angriffe des Klägers gegen die Aussagen des erstinstanzlich als Sachverständigen vernommenen Dipl.-Biol. L., einem der Autoren der Umweltverträglichkeitsstudie der G. vom August 1997 (in BA "2") und der Verträglichkeitsuntersuchung der G. vom 07. Mai 1999 (in BA "C"), dass dieser "über den Fischbestand und seine Entwicklung in der Unterems zwischen Leer und Herbrum seit jeher nur spekuliert" habe, ignoriert den Befund des NLWK zur Gewässergüte, auf den sich der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht berufen hat (Protokoll erster Instanz, S. 148 f.). Der Sachverständige hat überdies, bezogen auf die Fischarten Finte und Maifisch, angegeben, dass die Ems zwischen Leer und Papenburg deshalb keine geeigneten Bedingungen für die Reproduktion biete, weil die im Freigewässer oder am Gewässergrund abgelegten Fischeier während ihrer Entwicklung besonders gegen niedrige Sauerstoffgehalte empfindlich seien, so dass eine Entwicklung bis hin zu Larvalstadien und Jungfischen auszuschließen sei. Beide Fischarten laichten im Mai und Juni, die sich daran anschließende besonders kritische Zeit der Eientwicklung bis in den Monat August/September sei die Zeit, in der es bei niedrigem Oberwasserabfluss mehrere Wochen zu Sauerstoffmangelsituationen komme. Zudem sei der von der Finte zum Laichen bevorzugte feinkörnige Kies und Sand in dem entsprechenden Gewässerabschnitt kaum vorhanden. Die wissenschaftliche Literatur zur Finte gehe durchgehend davon aus, dass diese Art nicht oberhalb tidebeeinflusster Abschnitte laicht (vgl. Protokoll erster Instanz, S. 138 ff.). Der Kläger hält diesen einzelnen, überwiegend auf die Bedürfnisse geschützter Fischarten bezogenen Aussagen lediglich entgegen, dass der Sachverständige nicht allgemein auf Fische bezogene Feldforschung im fraglichen Bereich der Ems betrieben habe. Teilweise liegen die Forderungen des Klägers auch neben der Sache, wenn er Ermittlungen anmahnt, "ob und in welchem Bereich Fische ausweichen" können, wenn es um Fischeier geht.

Die Schlussfolgerung des Dipl.-Biol. L., dass die Ems dort nicht mehr als dauerhafter, für die Reproduktion geeigneter Fischlebensraum bezeichnet werden könne (vgl. Protokoll erster Instanz, S. 138 f.), sucht der Kläger im Berufungsverfahren durch das vorgelegte Gutachten "Untersuchung zum Status des limnischen Tidebereichs der Ems zwischen Herbrum und Leer als Reproduktionsgewässer für Fische" vom Mai 2002 zu erschüttern. Die Ergebnisse dieses Gutachtens führen aber nicht zu dem Schluss, dass sich dem Land Niedersachsen auch die Unterems zur Meldung als FFH-Gebiet hätte aufdrängen müssen. Die durch Probenentnahme nachgewiesene Fischbrut stammt nämlich ausnahmslos von Arten, die nicht nach der FFH-Richtlinie geschützt sind (Flunder, Stint, Zander und "vermutlich Aland Leuciscus idus") und deren Fund nur die Eignung des untersuchten Abschnitts der Ems als Fischbrutgewässer allgemein belegt, jedoch ohne Bezug zur FFH-Richtlinie bleibt. Mit anderen Worten: Das Vorhandensein von Fischbrut irgendwelcher limnischer (= Süßwasser-)Arten nötigt nicht zu einer Meldung dieses Gewässers als FFH-Gebiet, zumal in dem Einstufungsseminar der Europäischen Kommission in Den Haag im Juni 2002 auf die deutlich unterschiedlichen Lebensraumansprüche der Arten hingewiesen wurde (vgl. "Verbändeprotokoll").

Ein weiterer Grund für das Land Niedersachsen, diesen Teil der Ems auch unter Berücksichtigung der Wanderfischarten nicht als FFH-Gebiet zu melden, war, dass in den Erhaltungszielen für das gemeldete FFH-Gebiet Nr. 13 "Ems" die Sicherung und Entwicklung eines ökologisch durchgängigen Flusslaufes auch unter dem Gesichtspunkt des Umgebungsschutzes genannt ist (vgl. BA "O", S. 35 f.). Angesichts der schlechten Durchgängigkeit der Ems für Wanderfische (mit Ausnahme des Lachses) wegen vorhandener Sohlbauwerke sei eine Verbesserung der Lebensbedingungen auch durch Meldung der Unterems nicht zu erreichen. Zudem verweist die Beklagte noch auf die aktuellen Erhebungen zum Makrozoobenthos als Lebensgrundlage für Fische, wonach dieser Lebensraum sehr verarmt sei; ursächlich dafür seien die großen Schwebstofffrachten in der Ems. Diese Begründung ist gerichtlich nicht zu beanstanden.

5.1.3 Auch das in Art. 3 Abs. 1 Satz 2 FFH-Richtlinie genannte Ziel eines künftigen Netzes "Natura 2000", gegebenenfalls einen günstigen Erhaltungszustand wiederherzustellen, führt nicht zu dem Schluss, dass die Unterems als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kommt nicht in Betracht, Schutzgebiete dort einzurichten, wo Lebensräume oder bedrohte Arten nicht (mehr) nachweisbar sind. Es kommt darauf an, ob schutzbedürftige Lebensräume oder Arten in signifikanter Größe derzeit vorhanden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, A 20 Wakenitz, UA S. 20, 38, 40, 42, jeweils nicht mit abgedruckt in DVBl. 2002, 990 oder NVwZ 2002, 1103).

Hinsichtlich des vom Kläger als "wiederanzusiedelnd" bezeichneten Nordseeschnäpels (Coregonus oxyrhynchus) ergibt sich dies auch aus dem vom Kläger vorgelegten "Verbändeprotokoll" (dort für das Beispiel Stör (Acipenser sturio)).

Die vom Kläger auch in diesem Zusammenhang angeführten Weiden-Auwälder müssen schon deshalb außer Betracht bleiben, weil im Bereich der Tideems der Ufersaum nicht im Jahresrhythmus durch Hochwasser, sondern täglich zweimal durch die Tide überschwemmt wird, eine "Wiederherstellung" also gar nicht in Betracht kommt. Dies gilt selbst dann, wenn die entsprechenden Flächen so hoch liegen sollten, dass sie nicht täglich überflutet werden; da sie im tidebeeinflussten Bereich der Ems liegen, verändert sich der Wasserstand zumindest dann, wenn er diese Flächen erreicht, im Rhythmus der Tide. Gleichwohl ordnet der Planfeststellungsbeschluss zwischen Rhede und Herbrum die Entwicklung entsprechender Biotope auf einer Fläche von 24,6 ha an (vgl. Ersatzmaßnahme E 4, Nebenbestimmung A. II. 2.1.3 zum Planfeststellungsbeschluss der Beklagten; G., Stellungnahme vom 15. Mai 1998, Anlage 396 zum Planfeststellungsbeschluss, S. 10 ff.).

Der Kläger meint nun insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Wasserqualität und dem Streit über die Ursache(n) der Sauerstoffprobleme in der Ems zwischen (etwa) Herbrum und Leer, dass der frühere Zustand der Ems, und zwar vor der letzten Emsvertiefung aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses vom 31. Mai 1994, Bezugspunkt für die Frage der FFH-Würdigkeit sein müsse; dies ergebe sich aus der Vorwirkung der FFH-Richtlinie, die damals nicht beachtet worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht hält eine solche Argumentation offenbar grundsätzlich für beachtlich. Der Kläger müsste aber dann im Rahmen der nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F. (ebenso § 60 c Abs. 3 Satz 1 NNatG) gebotenen Beteiligung in dem Planfeststellungsverfahren, das der Emsvertiefung vorausging, darauf aufmerksam gemacht haben, dass durch das Planvorhaben ein faktisches FFH-Gebiet beeinträchtigt werde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.06.2003 - 4 B 37.03 -, NVwZ 2004, 98 (99) zur Vogelschutz-Richtlinie). Dies hat er indes nicht getan.

Im Übrigen missversteht der Kläger den Gedanken der Vorwirkung, wenn er meint, dass schon mit dem Inkrafttreten der Richtlinie im Juni 1992 vor Ablauf der den Mitgliedstaaten gesetzten Fristen zu ihrer Umsetzung eine solche Vorwirkung anzunehmen sei. Die Vorwirkung bezieht sich auf die direkte Anwendbarkeit einer Richtlinie, die nur eintritt, wenn der Mitgliedstaat innerhalb der ihm gesetzten Frist eine Umsetzung in innerstaatliches Recht versäumt hat. Die Bundesrepublik Deutschland brauchte die FFH-Richtlinie vor Ablauf von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe (Art. 23 Abs. 1 FFH-Richtlinie) nicht umzusetzen. Zudem betrifft Art. 23 Abs. 1 FFH-Richtlinie nur die Umsetzung in Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die richtliniengemäßen Gebietsmeldungen waren erst zum 10. Juni 1995 fällig (Art. 4 Abs. 1 Satz 5 FFH-Richtlinie, vgl. auch EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - Rs C-71/99 -, NuR 2002, 151 und BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, DVBl. 2002, 1486 (1488); das Verwaltungsgericht geht, wie auch das BVerwG (Beschl. v. 21.01.1998 - 4 VR 3.97 -, NVwZ 1998, 616 (622)), vom Stichtag 05.06.1995 aus). Eine "Vor-Vorwirkung", wie sie der Kläger wünscht, wäre auch deshalb nicht umzusetzen gewesen, weil erst gleichsam eine "Bestandsaufnahme" aller Vorkommen an Lebensräumen und Arten eines Landes (und nicht nur eine projektbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung) nach den Vorgaben der Kommission gemacht werden musste, um - richtliniengemäß - die geeignetsten Gebiete auswählen und sodann die Vorgaben der (umgesetzten) FFH-Richtlinie auf einzelne Projekte anwenden zu können.

In tatsächlicher Hinsicht hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass eine Sauerstoffuntersättigung schon seit Beginn der 90'er Jahre bekannt war (UA S. 59 unter Hinweis auf die Umweltverträglichkeitsstudie der G. vom August 1997 (in BA "2", dort C.I 2.2., S. 25 ff.); Schreiben G. vom 26. März 2001, S. 7), die aber damals zunächst für singulär gehalten wurde. Soweit der Kläger die Ausführungen des Dipl.-Biol. L. bestreitet, weil er aus einer gegenteiligen Literaturäußerung über den Zustand der Ems schließt, dass die bedarfsweisen Vertiefungen allein oder zumindest wesentlich ursächlich für die Sauerstoffuntersättigung seien, brauchte dem aus mehreren Gründen in der Berufung nicht nachgegangen zu werden. Zum einen konnte die Beklagte zum Zeitpunkt des hier zu überprüfenden Planfeststellungsbeschlusses angesichts der Datenlage davon ausgehen, dass die Wasserqualität nicht erst seit der letzten Emsvertiefung problematisch war. Nicht nur die Umweltverträglichkeitsstudie 1997 wies auf die Probleme hin, sondern auch Sonderuntersuchungen des StAWA Aurich und des StAWA Meppen seit 1991 (zusammenfassend referiert in der Umweltverträglichkeitsstudie der G. vom August 1997 in BA "2", C.I 2.2 S. 24 ff.). Dipl.-Biol. L. hat sich in diesem Zusammenhang auf Daten des NLWK berufen (vgl. Protokoll erster Instanz, S. 148); die Sachkunde des NLWK steht außer Zweifel. Zum anderen ist die Wasserqualität für das Land Niedersachsen nicht der einzige naturschutzfachliche Gesichtspunkt gewesen, die Unterems nicht als FFH-Gebiet zu melden. Wie schon unter 5.1.2.2 dargestellt, ist die Frage des Sauerstoffgehalts oberhalb von Leer allein für die Arterhaltung der Wanderfische wesentlich. Dieses Erhaltungsziel sah das Land jedoch auf andere Weise gewährleistet, so dass selbst die vom Kläger angenommene bessere Wasserqualität noch im Jahr 1994 das Land nicht zu einer durchgängigen Meldung der Ems genötigt hätte. Der Kläger hat insoweit zur Begründung, weshalb trotz des stärkeren Vorkommens der geschützten Fischarten in der Elbe - bei Annahme einer besseren Wasserqualität in der Ems vor dem Planfeststellungsbeschluss zur Emsvertiefung - die vollständige Meldung der Ems zwingend gewesen wäre, wiederum auf das (europarechtlich nicht gebotene) Konzept der naturräumlichen Haupteinheiten verwiesen (vgl. dazu oben 5.1.1.1).

Ähnliches gilt für die Forderung des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte die Entwicklungsmöglichkeiten der vorhandenen Salzwiesen berücksichtigen müssen. Abgesehen davon, dass im fraglichen Bereich ohne intensive Beweidung Salzwiesen von Brackwasserröhricht verdrängt werden (vgl. G. vom August 1997 in BA "2", Abschnitt C.I 4.1, S. 46 ff.), also die Frage zu stellen wäre, ob diese naturräumliche Ausprägung der Salzwiese überhaupt in diesem Naturraum "natürlich" ist, bedeckten selbst "bessere" und entwickelte Salzwiesen immer noch geringere Flächen als die in Niedersachsen bereits geschützten Bereiche im Wattenmeer und im Dollart.

5.1.4 Eine Unterschutzstellung der Unterems musste sich dem Land Niedersachsen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz aufdrängen. Kohärenz dient der Vernetzung und Erhaltung von Funktions- und Austauschbeziehungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, DVBl. 2002, 1486 (1493) = BVerwGE 116, 254 = NVwZ 2002, 1243). Für den Kläger hat Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu begründen versucht, dass der Gesichtspunkt der Kohärenz vor allem im Hinblick auf die Wanderfischarten Finte und Meerneunauge die Meldung der Unterems als FFH-Gebiet erfordere. Für die Bewegungsmöglichkeit der Wanderfische und damit den genetischen Austausch mit den Beständen in Belgien oder der Elbe ermöglicht dies die Ems bereits gegenwärtig (vgl. oben 5.1.2.2). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang "prioritäre Wälder" erwähnt, gibt es solche an der Tideems nicht (vgl. oben 5.1.1.3).

In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass angesichts des nach den Ergebnissen des Einstufungsseminars der Europäischen Kommission in Den Haag im Juni 2002 weiter fortgeschrittenen Auswahl- und Meldeverfahrens die prozessualen Darlegungsanforderungen für die Behauptung steigen, es gebe ein Gebiet, das eine Lücke im Netz schließen müsse (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 -, DVBl 2003, 534 (537) = NVwZ 2003, 485).

Im Übrigen gehört Kohärenz nicht zu den Kriterien gemäß Anhang III Phase 1 FFH-Richtlinie, nach denen FFH-Gebiete identifiziert oder deren relative Bedeutung bestimmt wird. Bei der Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes für die Erhaltung des betreffenden natürlichen Lebensraumtyps gemäß lit. A) d) können zwar auch Kohärenzgesichtspunkte im Vorgriff auf die von der Kommission vorzunehmende Beurteilung anhand der im Anhang III Phase 2 genannten Maßstäbe für die Meldung eines Gebiets sprechen, ausschlaggebende Bedeutung für eine Meldung nach Phase 1 haben sie nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, A 17 Dresden - Prag, NVwZ 2003, 1253 (1255), in DVBl. 2003, 1061 (1063) nicht abgedruckt).

5.2 Da nicht davon auszugehen ist, dass die Unterems mit hinreichender Sicherheit in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung i.S.d. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 FFH-Richtlinie aufgenommen werden wird, scheidet das Gemeinschaftsrecht als Prüfungsmaßstab aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, A 20 Wakenitz, NVwZ 2002, 1103 (1107), in DVBl. 2002, 990 nicht mit abgedruckt). Im Weiteren wären nur dann, wenn konkrete Hinweise darauf bestehen, dass zu einem geschützten Lebensraum oder einer geschützten Art noch bundesweit Nachuntersuchungen erforderlich sind und ein Lebensraum oder eine Art in den deutschen Habitatmeldungen bisher noch unterrepräsentiert ist, weitere europarechtliche Überlegungen notwendig (vgl. auch zum Folgenden BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, A 38 Leineniederung, DVBl. 2004, 649 (655) = NVwZ 2004, 722 (727)).

Aber selbst, wenn unterstellt wird, dass in der von der EU-Kommission bezeichneten Richtung Nachmeldebedarf besteht, richtet das FFH-Recht kein unüberwindliches Hindernis auf. Potenzielle FFH-Gebiete ohne prioritäre Lebensraumtypen oder Arten unterliegen keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, DVBl. 2001, 386 (390) = NVwZ 2001, 673; BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, A 44 Hessisch Lichtenau, BVerwGE 116, 254 = DVBl. 2002, 1486 (1487) = NVwZ 2002, 1243).

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss (S. 182) und das angefochtene Urteil (UA S. 66 f.) haben - jeweils im Rahmen ihrer Hilfsüberlegungen bei unterstelltem potenziellen FFH-Gebiet - die Atlantischen Salzwiesen als durch den Bau des Emssperrwerks erheblich beeinträchtigt angesehen. Jedoch besteht ein Nachmeldebedarf für den im Ems-Ästuar vorhandenen Lebensraum Atlantische Salzwiesen (Code-Nr. 1330) nicht. Bei dem Bewertungstreffen in Den Haag ist dieser Lebensraumtyp als "moderately insufficiently represented" mit der Anmerkung "Upper salt marshes" versehen worden. Nach dem "Verbändeprotokoll" geht dies auf den Einwand des BfN zurück, dass der höhergelegene artenreiche Salzmarschbereich vor allem auf den Inseln unterrepräsentiert sei, da es sich um einen anderen Typ handele.

Wenn der Lebensraumtyp Ästuar im Hinblick auf die von der EU-Kommission mit dem Vermerk vom 04. August 2004 eingeforderte Meldung des (weiteren) Ems-Ästuars unter dem Gesichtspunkt der "Vorwirkung" zu betrachten wäre, fehlte es an Anhaltspunkten, dass Bau und Betrieb des Emssperrwerks das Ästuar so zerstören oder beeinträchtigen, dass es für eine Meldung nicht mehr in Betracht käme. Schon der Umstand, dass die Kommission auch nach der Fertigstellung des Sperrwerks auf eine Meldung drängt, spricht gegen eine Entwertung dieses Lebensraumes durch das Vorhaben.

Etwas anderes gilt auch nicht für Brackwasserwattflächen, die das Verwaltungsgericht entgegen der Verträglichkeitsuntersuchung der G. vom 07. Mai 1999 und deren Schreiben vom 26. März 2001, S. 8 gesondert und nicht als Bestandteil des Lebensraums Ästuar betrachtet hat. Soweit der Kläger die Würdigung des Verwaltungsgerichts angegriffen hat, dass Brackwasserflächen nicht erheblich beeinträchtigt werden, sieht er vor allem Erhaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zu Unrecht außer Betracht gelassen. Damit ist aber eine Zerstörung und Entwertung des Ästuars, die eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste vereiteln könnte, nicht dargetan.

Die Betroffenheit von Süßwasserwattflächen, die das Verwaltungsgericht ebenfalls gesondert betrachtet hat und deren erhebliche Beeinträchtigung es zumal bei Einhalten der Nebenbestimmung A.II. 2.2.2 b zum Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Planänderungsbeschlusses vom 16. Mai 2001 verneint hat, kann der Kläger im Zusammenhang mit der FFH-Richtlinie nicht geltend machen, weil dieser Bestandteil des Ästuars nicht von dem durch Anhang I der FFH-Richtlinie unter Code-Nr. 1130 genannten Lebensraumtyp erfasst wird. Schon in ihren Schreiben vom 02. September 1999 an die Bundesregierung und vom 06. September 1999 an den K. hat die Europäische Kommission darauf hingewiesen, dass der Salinitätsaspekt europarechtlich nicht relevant sei, sondern in der nationalen Verantwortung der Behörden liege (a.a.O., jeweils S. 2). Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass die Europäische Kommission insoweit nur die Auswirkungen auf die Ziele der Vogelschutz-Richtlinie oder die Betroffenheit prioritärer Gebiete und Arten im Blick gehabt habe. Die Europäische Kommission hat vielmehr ausdrücklich zwischen den Auswirkungen im Hinblick auf die Vogelschutz-Richtlinie und denen auf die FFH-Richtlinie unterschieden und gerade die Beeinträchtigung eines potenziellen "Natura 2000"-Gebiets "Ems-Ästuar" geprüft, die Annahme der Verträglichkeitsuntersuchung hinsichtlich der erheblichen Beeinträchtigung der Salzwiesen gebilligt und die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen für ausreichend gehalten (vgl. Schreiben v. 06.09.1999, S. 1 und 3). In dem weniger ausführlichen Schreiben vom 02. September 1999 führte dies zum Resümee, dass "eine Verletzung von europäischem Umweltrecht durch das geplante Vorhaben im Ergebnis nicht mehr erkennbar" sei (a.a.O., S. 1). Angesichts dessen wäre aber auch eine etwaige Nachmeldung dieses Gebiets durch den Bau des Emssperrwerks nicht vereitelt. Die damalige Einschätzung der Kommission wird erneut bestätigt durch ihren Vermerk vom 04. August 2004, nach dem von Brackwasser unbeeinflusste Wattflächen nicht dem Habitat-Typ 1130 zuzuordnen sind.

Weiden-Auwälder sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Der Senat verweist auf die Ausführungen zu 5.1.1.3 und 5.1.3: Wo keine Weiden-Auwälder im Sinne der FFH-Richtlinie sind, können sie auch nicht eine "Vorwirkung" auslösen.

Gleiches gilt für die vom Kläger für möglich gehaltene Wiederansiedlung des Nordseeschnäpels (Coregonus oxyrhynchus). Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht ein solches Entwicklungsziel zu Recht nicht im Rahmen der Prüfung einer erheblichen Beeinträchtigung behandelt insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen zu 5.1.2.2 und 5.1.3.

Der Kläger macht auch in diesem Zusammenhang die vom Senat nicht geteilte Auffassung geltend, jegliche Flächeninanspruchnahme sei erheblich i.S.d. Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie.

Angesichts des Umstandes, dass weder für Lebensraumtypen oder Arten ein Nachmeldebedarf erkennbar ist noch solche Bereiche erheblich beeinträchtigt sind, bedarf es auch eines Eingehens auf Summationseffekte nicht. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Planfeststellungsbeschluss dem vom Kläger akzentuierten Gedanken, die jeweils aktuell vorgenommenen Bedarfsbaggerungen einerseits und der Aufstau für Schiffsüberführungen andererseits hätten kumulierende Wirkung, mit seinen Nebenbestimmungen A.II 1.20 und 1.21 (allerdings unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten) Rechnung trägt; die Nebenbestimmung A. II 1.20 ändert den Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest vom 31. Mai 1994, indem sie ihn ergänzt. Soweit geltend gemacht wird, dass die durch Baggerungen aufgewirbelten Sedimente die Sauerstoffwerte verschlechtern, ist durch die Nebenbestimmung A.II 2.2.1 zur Sauerstoffproblematik vorgesorgt. Zudem ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig, die Ems könne nur in dem Zustand, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Anwendbarkeit der FFH-Richtlinie befunden hat, geschützt werden. Im Jahr 1999 war die Unterems dadurch "belastet", dass aufgrund bestandskräftiger Planfeststellungsbeschlüsse wie in der Vergangenheit auch künftig Baggerungen vorgenommen werden. Entgegen seiner Ansicht kann der Kläger aus dem Urteil des EuGH zur Herzmuschelfischerei (EuGH, Urt. v. 07.09.2004 - Rs. C-127/02 -, NuR 2004, 788) nichts für seinen Standpunkt herleiten. Die Bestätigung, dass jede neue Genehmigung eine neue Betroffenheit und damit das Bedürfnis nach einer Verträglichkeitsuntersuchung i.S.v. Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie auslösen kann (a.a.O., Rn. 29), sagt nichts über die Berücksichtigung von Auswirkungen früherer (und noch bestehender, nicht abgelaufener) Genehmigungen. So sind weder in dem Urteil des EuGH noch in den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott (NuR 2004, 587) Erwägungen zu den Auswirkungen der Herzmuschelfischerei früherer Jahre zu finden.

Der Kläger meint, die Richtigkeit seiner Bewertung - entgegen den Urteilsgründen UA S. 76 -, dass die Ems als Reproduktionsraum für Fische erheblich beeinträchtigt sei, ergebe sich aus dem von ihm im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten "Untersuchung zum Status des limnischen Tidebereichs der Ems zwischen Herbrum und Leer als Reproduktionsgewässer für Fische" vom Mai 2002. Wie schon unter 5.1.2.2 ausgeführt, übersieht der Kläger dabei, dass das Verwaltungsgericht seine Aussage dem Prüfungsrahmen an dieser Stelle entsprechend nur auf Fischarten bezogen hat, die nach Anhang II der FFH-Richtlinie geschützt sind, während dem von ihm vorgelegten Gutachten ein solcher Bezug nicht zu entnehmen ist.

5.3 Da maßgebliche Erhaltungsziele des europäischen Naturschutzrechts nicht ernsthaft in Frage gestellt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, A 38 Leineniederung, DVBl. 2004, 649 (655) = NVwZ 2004, 722 (727)), bedarf es einer weiteren Auseinandersetzung mit Fragen der Eingriffsrechtfertigung, der Alternativenprüfung, der ausreichenden Beteiligung der Europäischen Kommission und der ausreichenden Ausgleichsmaßnahmen nicht.

Eine Vorlage von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der FFH-Richtlinie an den EuGH kommt nicht in Betracht, weil hier ein (zu melden gewesenes) FFH-Gebiet nicht betroffen ist. Hinsichtlich der vom Kläger als vorlagebedürftig angesehenen Frage, ob und wie das "Zweistufenprogramm" im Hinblick auf "Nicht-" oder "Noch nicht-" FFH-Gebiete zu verstehen sei, bedarf der Senat eines Rechtsentscheids des EuGH nicht. Die Rechtsprechung des EuGH zum Verbot von Maßnahmen, die die Verwirklichung einer Richtlinie gefährden könnten, ist hinreichend eindeutig (vgl. die Nachweise in den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott v. 08.07.2004 zu den Rn. 26 bis 31). Der Senat hält sich bei seinen vorstehenden Ausführungen zudem an den rechtlichen Rahmen, den das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Rechtsprechung zu den nicht gemeldeten "FFH-Gebieten" vorgegeben hat.

6. Der mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss genehmigte Bau und Betrieb des Emssperrwerks verstößt nicht gegen die "Richtlinie des Rates vom 18. Juli 1978 über die Qualität von Süßwasser, das schutz- und verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten" (78/659/EWG, ABlEG Nr. L 222/1 v. 14.08.1978) - Fischgewässerrichtlinie -. Die Richtlinie ist nicht direkt anwendbar, weil sie - worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - in innerstaatliches Recht umgesetzt ist. Die niedersächsische "Verordnung über die Qualitätsanforderungen an Fischgewässer (Fischgewässerqualitätsverordnung)" vom 05. September 1997 (NdsGVBl. 1997, 407) setzt in ihrer Anlage 1 zu § 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 und 3 die Ems als Cyprinidengewässer von der Landesgrenze Nordrhein-Westfalen bis zum Wehr Herbrum fest. Dass dieser Bereich der Ems vom Bau und Betrieb des Sperrwerks betroffen ist, hat der Kläger in diesem Zusammenhang nicht dargetan. Er meint vielmehr, dass der weitere Lauf der Ems bis zur Einmündung der Leda etwa 16 km oberhalb des Emssperrwerks gleichfalls als (eine Art faktisches) Fischgewässer i.S.d. Fischgewässerrichtlinie mit der Folge zu behandeln sei, dass u.a. der in Anlage 2 zu §§ 3 bis 5 Fischgewässerqualitätsverordnung genannte Grenzwert von 7 mg/l Sauerstoff in 50 % der Proben (entspricht dem in Anhang I der Fischgewässerrichtlinie genannten Wert) einzuhalten ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann der Kläger Verstöße gegen die Fischgewässerqualitätsverordnung grundsätzlich geltend machen, weil sie nicht allein dem Gesundheits- oder Verbraucherschutz, sondern auch den Belangen des Naturschutzes dient. Der nds. Fischgewässerqualitätsverordnung selbst kann eine Zielrichtung nicht direkt, sondern nur über die Fischgewässerrichtlinie entnommen werden, deren Umsetzung sie dient. Die Fischgewässerrichtlinie wiederum bezieht sich unter Verweis auf Art. 235 EWG-Vertrag auf die Aktionsprogramme der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz (ABlEG Nr. C 112/3 v. 20.12.1973 und ABlEG Nr. C 139/3 v. 13.06.1977), mit denen sich die Europäische Gemeinschaft des Schutzes der natürlichen Umwelt als Gemeinschaftsaufgabe angenommen hat. Diese Programme haben den Schutz des Süßwassers und der Süßwasserfauna nicht nur im Hinblick auf schadstofffreien Speisefisch zum Ziel, sondern dienen auch - neben der Bekämpfung der Umweltverschmutzung und -belastung allgemein (vgl. ABlEG Nr. C 139/6) - dem Schutz der Biotope der Süßwasserfauna im Besonderen (a.a.O. 139/27). Soweit der EuGH (Urt. v. 12.12.1996 - Rs. C-298/95 -, Slg. I-6747 = NVwZ 1996, 369) im ersten Leitsatz als Zweck der Fischgewässerrichtlinie genannt hat, die Gesundheit von Menschen zu schützen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass sich darin der Zweck der Richtlinie erschöpft (vgl. der in den Schlussanträgen des Generalanwalts Jacobs referierte Standpunkt der Europäischen Kommission "... auch den Zweck ...", Slg. I-6752 Rn. 12).

Aus der Fischgewässerrichtlinie ist aber nicht herzuleiten, dass ein bestimmtes Gewässer auch dann deren Regime zu unterwerfen ist, wenn es nicht i.S.d. Art. 4 Fischgewässerrichtlinie bezeichnet ist. Bereits das Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass die Fischgewässerrichtlinie keine Kriterien zur Auswahl der Fischgewässer (außer ihrer generellen Eignung als Lebensraum der in Art. 1 Abs. 4 Fischgewässerrichtlinie genannten Arten) enthält. Zudem ist - anders als nach der Vogelschutz- oder der FFH-Richtlinie - nicht jede der genannten Arten in ihrem Überleben gefährdet. Die gefährdeten Arten der Familien Salmoniden und Cypriniden unterfallen hingegen dem Schutz der FFH-Richtlinie (vgl. dort Anhang II). Der Kläger hält die vor der Umsetzung der Fischgewässerrichtlinie in nationales Recht wohl 1986 erfolgte Nennung der Ems bis zur Ledamündung zu Unrecht für verbindlich. Aus dem von ihm angeführten Grundsatz des gemeinschaftstreuen Verhaltens ergibt sich nichts anderes, weil die Nicht-Bezeichnung eines weiteren Abschnitts der Ems in Anhang I der Nds. Fischgewässerqualitätsverordnung wegen der fehlenden Pflicht zur Meldung bestimmter oder einer bestimmten Anzahl von Gewässern nicht gemeinschaftswidrig ist.

7. Der Kläger macht gegen den Planänderungsbeschluss vom 02. Juli 2004, mit dem die Beklagte die Nebenbestimmungen über den Sauerstoff für den weniger als 12 Stunden dauernden Staufall aufgehoben hat, nunmehr geltend, dies verstoße gegen § 1 a Abs. 1 Satz 2 WHG, wonach vermeidbare Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionen der Gewässer zu unterbleiben haben (die Vorschrift ist wortgleich mit § 2 Abs. 1 NWG in der am 19.02.2004 geänderten Fassung). Der Kläger hält die Beeinträchtigung deshalb für vermeidbar, weil bei "angemessen langfristiger Produktionsplanung" Schiffsüberführungen auf die Winterzeit beschränkt werden könnten. Zudem verstoße der Sommerstaufall gegen die Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABlEG L 327/1 v. 22.12.2000).

Unzutreffend ist der rechtliche Ansatz des Klägers, dass mit der Planänderung gleichsam "neu" über den Antrag zu entscheiden gewesen sei und auch eine neue Abwägung hätte stattfinden müssen. Die Planänderung ist vorbehalten und nur vom Nachweis bestimmter Tatsachen abhängig gewesen. Eine Abwägung der mit dem Wegfall der Nebenbestimmung A. II. 2.2.1 für den Staufall von weniger als 12 Stunden Dauer verbundenen Folgen lag dementsprechend schon dem Planergänzungsbeschluss in der Fassung vom 22. Juli 1999 zugrunde und war nicht mit der Planänderung im Jahr 2004 zu wiederholen. Deswegen war die Wasserrahmenrichtlinie nicht zu berücksichtigen, die 1999 noch nicht erlassen war.

Vermeidbare Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionen der Gewässer hatten zwar auch schon nach § 1 a Abs. 1 WHG in der 1999 geltenden Fassung zu unterbleiben. Der Kläger kann sich auf diese Vorschrift als solche jedoch nicht mit Erfolg berufen. Es handelt sich bei ihr um einen Programmsatz bzw. um eine normative Zielvorgabe (Sieder/Zeitler /Dahme/Knopp, WHG, § 1 a Rn. 3, 7 a; Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., Rn. 1 a.E., Haupt/Reffken/Rhode, NWG, § 2 Rn. 1 a.E.), die allein keinen hinreichend konkreten Inhalt hat, den der Kläger gerichtlich geltend machen könnte. Der Kläger kann beanspruchen, dass den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege, soweit sie den Gewässerschutz betreffen, im Rahmen der Prüfung konkreter Gewässerbenutzungen das ihnen zukommende besondere Gewicht beigemessen wird (vgl. Czychowski /Reinhardt, WHG, 8. Aufl., Rn. 1). Das lässt sich nicht allgemein auf der Grundlage von § 1 a Abs. 1 WHG behandeln.

Soweit der Kläger geltend macht, die mit den Schiffsüberführungen während des Sommers verbundenen Baggerungen seien eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe, die im Rahmen der Abwägung als Belang einzustellen sei, verkennt er den Begriff der Beihilfe. Die Baggerungen dienen dazu, die anderweitig planfestgestellte Tiefe der Bundeswasserstraße Ems herzustellen, sind also eine Infrastrukturmaßnahme, die allen potentiellen Nutzern der Wasserstraße zugute kommt.

8. Das planfestgestellte Vorhaben ist auch aus Gründen des nationalen Naturschutzrechts nicht zu beanstanden. Es verstößt nicht in einer zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit führenden Weise gegen die Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in §§ 7 ff. NNatG, § 8 BNatSchG a.F. (= 19 BNatSchG n.F.), die sowohl zwingende materielle Rechtssätze als auch - gegebenenfalls - die Pflicht zu einer spezifisch naturschutzrechtlichen Abwägung enthält. Liegt wie hier ein Eingriff in Natur und Landschaft vor, so knüpft die Eingriffsregelung daran eine gestufte Abfolge von Pflichten, die dem Schutz der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes dienen. Dem Verursacher eines Eingriffs ist aufzugeben, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen (Vermeidungsgebot gemäß § 8 NNatG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BNatSchG a.F.) und unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer zu bestimmenden Frist auszugleichen, soweit es zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist (Ausgleichsgebot gemäß § 10 Abs. 1 NNatG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BNatSchG a.F.). Lassen sich die Beeinträchtigungen weder vermeiden noch im erforderlichen Maße ausgleichen, ist der Eingriff zu untersagen, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vorgehen (Gebot spezifisch naturschutzrechtlicher Abwägung nach § 11 NNatG i.V.m. § 8 Abs. 3 BNatSchG a.F.). Fällt die Abwägung zugunsten des den Eingriff beinhaltenden Vorhabens aus, so ist der Verursacher zu Ersatzmaßnahmen oder Ausgleichszahlungen für die Durchführung derartiger Ersatzmaßnahmen zu verpflichten (§ 12 Abs. 1 und 2 NNatG i.V.m. § 8 Abs. 9 BNatSchG a.F.).

8.1 Die Beklagte hat das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot, bei dem es sich um striktes Recht handelt (BVerwG, Beschl. v. 30.10.1992 - 4 A 4.92 -, NuR 1993, 125 (128) = NVwZ 1993, 565), auch durch die Planänderung vom 02. Juli 2004 nicht verletzt.

Der Kläger meint, dass durch diese Planänderung der fischkritische Wert von 4 mg O2/l bei Staufällen von weniger 12 Stunden Dauer nicht sicher eingehalten wird. Er macht insoweit geltend, die tatsächlichen Voraussetzungen für die vorbehaltene Entscheidung hätten nicht vorgelegen, weil die Tabelle S. 43 des Gutachtens N. vom Januar 2003 (in BA Ordner 11) hinsichtlich der Messung an einer Stelle eine Sauerstoffzehrung von 0,97 mg O2/l ausweise. Zudem hat der die Schiffsüberführung begleitende O. bei km 5 der Überführungsfahrt zwischen dem ersten Messschiff 300 m hinter dem Kreuzfahrtschiff und dem zweiten Messschiff 2 Stunden hinter dem überführten Schiff ein Sinken des Sauerstoffwertes von 0,95 mg O2/l gemessen. Der GLD (Gewässerkundliche Landesdienst) gibt diese Schwankung mit 0,7 mg O2/l an. O. und GLD sind unterschiedlicher Ansicht, ob eine Korrektur der gemessenen Werte durch die Berechnung der salzgehaltskorrigierten Sauerstoffkonzentration erforderlich ist.

Nach der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung von Herrn Dr. P., der das der Planänderung zugrunde liegende Gutachten erstellt hat, Frau Dipl. Biol. Q. und Frau R. als fachliche Beraterinnen des Klägers sowie Herrn Dipl. Biol. S. vom GLD im NLWK, der sich fachlich für die Beklagte äußerte, ist der Senat der Überzeugung, dass die Planänderung vom 02. Juli 2004 vertretbar war.

Angesichts der in fünf Studien, die sowohl Labor- wie auch Freilanduntersuchungen umfassten, gleichsinnig ermittelten Zehrungswerte hält der Senat die eine ermittelte Differenz von 0,7 bis 0,95 mg O2/l für einen "Ausreißer", der den Schluss auf eine Gefahr für das Überleben der Fischfauna durch geringere Ausgangssauerstoffwerte bei Schiffsüberführungen im Staufall von weniger 12 Stunden nicht zulässt. Den Angaben der Beteiligten zufolge können die gemessenen Sauerstoffdifferenzen verschiedene, einander auch überlagernde Ursachen haben. Dies sind neben der vom Kläger für ursächlich gehaltenen Zehrung durch Sedimente des aufgewirbelten "fluid mud" auch Messungen unterschiedlicher Wasserkörper und das Absinken des Sauerstoffwertes wegen Durchmischung mit infolge des "fluid mud" sauerstoffarmem oder salzhaltigem Wasser, die wiederum sowohl durch tide- wie durch Schiffsbewegungen bedingt sein kann. Gegen eine Wahrscheinlichkeit, dass die gemessene Differenz zehrungsbedingt ist, sprechen die von Dr. P. durchgeführten Versuche mit Stauungen von größer als 12 Stunden und bis zu 36 Stunden, mit denen festgestellt wurde, dass die Zehrung durch Sedimente sehr spät "anspringt" und damit eine binnen drei Stunden festgestellte Sauerstoffdifferenz nicht erklären kann. Halten sich die Schwankungen während des Staufalls innerhalb der durch das Tidegeschehen und den üblichen Schiffsverkehr ohnehin vorkommenden Schwankungen, sind gesondert festgesetzte Werte für den (kurzen) Sommerstau nicht notwendig. Der Senat hält es allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten für geboten, dass unter dem Gesichtspunkt des naturschutzrechtlichen Vermeidungsgebots nicht nur die stau-, sondern auch die überführungsbedingten Effekte in die jeweilige Beurteilung einbezogen werden. Soweit der Kläger mit der Stellungnahme des O. fordert, es sei das "worst case" - Szenario zu betrachten, steht dem der Umstand entgegen, dass nach Angaben des GLD schlechte Sauerstoffbedingungen in der Ems regelmäßig ab der 17. Kalenderwoche (= letzte Aprilwoche) zu erwarten seien. Ist der fischkritische Sauerstoffwert bereits durch natürliche Ursachen unterschritten, kann ein kurzer Sommerstau mit Schiffsüberführung eine Gefährdung der Fischfauna nicht verursachen.

Der Senat geht allerdings davon aus, dass die von ihm als "Ausreißer" gewertete Sauerstoffdifferenz Anlass für die Beklagte ist, die Auswirkungen kurzer Staus mit Schiffüberführungen auf die Sauerstoffwerte der Ems im Wege eines Monitoring weiter zu beobachten, und dass auf gesicherter Grundlage festgestellten negativen Effekten gegebenenfalls durch eine Planänderung Rechnung tragen wird.

Das Vermeidungsgebot gemäß § 8 NNatG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BNatSchG a.F. verpflichtete die Beklagte ferner nicht, vom Kläger als ökologisch günstiger angesehene Alternativen (Deicherhöhungen zum Sturmflutschutz einerseits und einer Werftverlagerung und/oder andere Wirtschaftsförderungsmaßnahmen andererseits) dem planfestgestellten Projekt vorzuziehen, weil im Sinne der Vorschriften nur die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen sind, die bei Wahrung der Konzeption und der Zielvorstellungen des Vorhabensträgers vermeidbar sind. Mit den vom Kläger vor allem favorisierten Alternativen handelt es sich nicht um Alternativen mit gewissen Abstrichen am Grad der Zielvollkommenheit, sondern um (mehrere) andere Projekte, die - von den auch von diesen Alternativen ausgehenden erheblichen Umweltauswirkungen vor allem durch Überbauung abgesehen - nicht, wie angestrebt, in der Lage sind, die Flexibilität des Schifffahrtsweges zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, DVBl. 2004, 642 (645) = NVwZ 2004, 732 = NuR 2004, 366 zur Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-Richtlinie). Im Rahmen des Vermeidungsgebots gemäß § 8 NNatG kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage nicht an, ob "zumutbare Alternativen" i.S.d. § 19 c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG a.F. (= § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG n.F., § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG n.F.) oder eine "Alternativlösung" i.S.d. Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-Richtlinie auch sog. Konzeptalternativen in den Blick zu nehmen haben.

Gegen den Einwand des Klägers, die Regelung A. II. 2.2.2. b sei unzureichend, um das Vordringen des durch ein überführtes Schiff aufgewirbelten Salzwassers in das gemeldete FFH-Gebiet oberhalb der Brücke von Halte zu vermeiden, spricht der im Rahmen des Planänderungsbeschlusses vom 02. Juli 2004 vorgelegte gewässerkundliche Bericht des NLWK vom 09. Oktober 2003 (im Ordner 11 der Planfeststellungsunterlagen). Danach wanderte während des Sommerstaus am 11./12. Juli 2003 die maßgebliche 2 PSU-Isohaline lediglich 2 km stromauf bis etwa 1 km oberhalb der Ledamündung und blieb damit mindestens 11 km von der Grenze des FFH-Gebiets entfernt. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass selbst bei ungünstigeren Bedingungen als denen der Schiffsüberführung vom 11./12. Juli 2003 oder bei einem längeren (Winter-)Stau zu erwarten ist, dass ein durch den Aufstau der Ems verstärkter Salzkeil sechsmal so weit reicht. Der Einwand des Klägers, die Ausgangswerte für den Staufall müssten im Planfeststellungsbeschluss festgesetzt werden und dürften nicht dem Betriebsplan überlassen bleiben, verkennt, dass dieser ebenfalls (mit dem Planergänzungsbeschluss vom 01. November 2002) Bestandteil des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist (vgl. zu dem vergleichbaren Fall eines Betriebshandbuches Nds.OVG, Urt. v. 27.11.2003 - 7 KS 650/01 -, UA S. 9 f.). Es ist nicht erkennbar, welchen Unterschied es für die vom Kläger vertretenen Belange macht, ob eine Regelung im Teil A. I. (Feststellung der Pläne) oder im Teil A. II. (Nebenbestimmungen) enthalten ist.

8.2 Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss hält die erhebliche Beeinträchtigung vor allem der Salzwiesen mit den insoweit vorgesehenen Maßnahmen für ausgeglichen i.S.d. § 10 NNatG. Angesichts der mit dem Multiplikator 5 für die verlorenen oder beeinträchtigten Flächen festgesetzten Ausgleichsflächen ist dies nicht zu beanstanden.

Da die Beeinträchtigungen der Fischfauna, des Schutzgutes Boden, der Gewässergüte und des Landschaftsbildes nicht (vollständig) ausgeglichen werden können, war die Beklagte gehalten, gemäß § 11 NNatG i.V.m. § 8 Abs. 3 BNatSchG a.F. zu prüfen, ob die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vorgehen. Diese Abwägung leidet nicht an Fehlern, die zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit führen. Die Beklagte hat dem Küstenschutz und der Sicherung von Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen und von Sachgütern von erheblichem Wert den Vorzug gegeben vor den beeinträchtigten Umweltgütern. Soweit die Staufunktion Fische und Makrozoobenthos beeinträchtigten, rechtfertige sich dies unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Wirtschaftskraft mit seinen vom Schiffbau abhängigen Arbeitsplätzen. Der Kläger kritisiert demgegenüber letztlich, dass der Planungsträger bei der Bewertung der für die Natur und Landschaft maßgeblichen Umstände nicht zu dem Ergebnis gelangt ist, das seiner Beurteilung entspricht. Das für die Planung einschlägige Recht enthält indes verbindliche Bewertungsvorgaben nicht. Eine Planungsentscheidung leidet an einem Abwägungsmangel nicht schon deshalb, weil die Gewichtung der Belange, die ihr zugrunde liegt, zulässigerweise auch anders hätte vorgenommen werden können. Von einer Fehlgewichtung kann nur dann die Rede sein, wenn die getroffene Entscheidung unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten nicht vertretbar erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, DVBl. 2001, 386 (391) = NVwZ 2001, 673 (680)). So liegt es hier nicht.

Entsprechend der damaligen Rechtslage (vgl. demgegenüber nunmehr § 19 Abs. 2, Abs. 3 BNatSchG n.F., den die Länder gemäß § 71 BNatSchG n.F. bis zum April 2005 umzusetzen haben) hat die Beklagte gemäß § 12 NNatG sodann den Umfang der erforderlichen Ersatzmaßnahmen festgesetzt. Dass diese der Forderung gleichwertiger (nicht: identischer) Wiederherstellung nicht gerecht werden, hat der Kläger nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich.

9. Die Hilfsanträge, den Planänderungsbeschluss vom 02. Juli 2004 aufzuheben oder die Beklagte zu einer neuen Festsetzung der Sauerstoffwerte zu verpflichten, sind unbegründet, weil nach den vorstehenden Ausführungen besondere Rechtswidrigkeitsgründe insoweit nicht erkennbar sind.

Auch der vom Kläger gestellte Hilfsantrag, die in der Nebenbestimmung A. II. 1.21 vorgesehene zeitliche Beschränkung aufzuheben und so den Vorrang des Stauens vor dem Baggern auch im Sommer zu verfügen, bleibt ohne Erfolg. Die den Planfeststellungsbeschluss bestätigenden Erwägungen des angegriffenen Urteils, dass im Sommer die vorgeschriebenen Sauerstoffwerte nicht immer eingehalten werden können, so dass Baggerungen unter Ausnutzen bestandskräftiger Planfeststellungsbeschlüsse für die Überführung von Schiffen und damit zur Erhaltung der Flexibilität des Schifffahrtsweges notwendig sind, erscheinen zutreffend. Der Kläger hat sie nicht angegriffen, so dass der Senat insoweit gemäß § 130 b Satz 2 VwGO unter Bezugnahme auf das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht.

Ende der Entscheidung

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