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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.08.2005
Aktenzeichen: 7 ME 120/05
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG


Vorschriften:

KrW-/AbfG § 13 Abs. 1
KrW-/AbfG § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Mit Verfügung vom 29. März 2005 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes, auf dem Gelände der Fa. F. in G. eine gewerbliche Sammlung von Altpapier (PPK) durchzuführen. Zwar gelte die Überlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt würden, soweit dies den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen werde und nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Der geplanten gewerblichen Sammlung stünden jedoch derartige Interessen entgegen, denn die Funktionsfähigkeit und der Bestand der öffentlichen Altpapiersammlung im Landkreis werde gefährdet. An dem in Rede stehenden Standort werde ein erheblicher Anteil des im Rahmen der Containersammlung anfallenden Altpapiers gesammelt. Außerdem bestehe die Gefahr, dass durch die Tolerierung dieser Sammelstelle weitere gewerbliche Sammlungen im Kreisgebiet etabliert und so lange durchgeführt würden, wie eine Rendite erwirtschaftet werde. Es könne nicht hingenommen werden, dass private Unternehmen renditeträchtige gewerbliche Sammlungen durchführten und der zuständige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger lediglich eine kostenträchtige Reservefunktion übernehmen müsse.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2005 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin hinsichtlich der Untersagungsverfügung wiederhergestellt und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung sowie der ebenfalls festgesetzten Verwaltungsgebühr angeordnet. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin habe Vorrang vor dem Vollziehungsinteresse des Antragsgegners, weil nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand die angefochtene Untersagungsverfügung zur Durchführung des § 13 Abs. 1 und 3 KrW-/AbfG nicht erforderlich sei. Die Pflicht, das Altpapier aus privaten Haushaltungen dem Antragsgegner als dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen, bestehe hier gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht, denn überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung nicht entgegen. Öffentliche Interessen hätten ein Übergewicht, wenn die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers existentiell gefährdet werde. Eine solche Gefährdung liege vor, wenn die zum Betrieb der öffentlichen Entsorgungseinrichtungen notwendige Planungssicherheit nicht mehr gewährleistet sei, ein betriebswirtschaftlich sinnvoller Betrieb unmöglich gemacht werde oder die geordnete Abfuhr und Entsorgung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sonst nicht mehr gewährleistet sei. Die Erwägungen des Antragsgegners belegten ein Überwiegen entgegenstehender öffentlicher Interessen nicht.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) rechtfertigen nicht, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung zu ändern.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der Beurteilung der öffentlichen Interessen zu Recht allein auf die beabsichtigte Altpapiersammlung an dem konkret vorgesehenen Standort abgestellt. Für die Annahme des Antragsgegners, die Antragstellerin beabsichtige den Einstieg in eine flächendeckende gewerbliche Sammlung an attraktiven Standorten, fehlt es derzeit an hinreichend konkreten Anhaltspunkten. Zwar hatte die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 6. Februar 2004 von "angedachten Aktivitäten" und in diesem Rahmen von ca. 20 Anfallstellen gesprochen, derartige Pläne sind bisher jedoch nicht konkretisiert worden und jedenfalls nicht über das Stadium einer unverbindlichen Absichtserklärung hinausgekommen. Vielmehr hat die Antragstellerin wiederholt versichert, dass jedenfalls aktuell lediglich der genannte eine Standort in Rede stehe. Sollte die Antragstellerin tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt die Absicht verfolgen, weitere Sammelstellen im Kreisgebiet einrichten zu wollen, ergäbe sich eine andere Lage, die den Antragsgegner zur erneuten Prüfung veranlassen würde. In Betracht kommende erforderliche Maßnahmen könnten unter Würdigung der dann bestehenden Sachlage getroffen werden. Nicht anders verhielte es sich, wenn überwiegende öffentliche Interessen durch das Auftreten weiterer an der Einrichtung von Sammelstellen interessierter Unternehmen berührt würden.

Bezogen auf die aktuell beabsichtigte Sammlung hat das Verwaltungsgericht mit nachvollziehbaren Gründen eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen nicht feststellen können. Nach der vom Antragsgegner im Aussetzungsverfahren vorgelegten Aufstellung der an den öffentlichen Stellplätzen im Jahre 2004 angefallenen Altpapiermengen schlug der Standort F. mit lediglich 7,6 % der Gesamtmenge des Jahres zu Buche. Angesichts dieser Größenordnung hat das Verwaltungsgericht eine Beeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen verneint, zumal damit die Sammelleistung an diesem Standort deutlich unter 20 % der Gesamtmenge liege. Erst bei einer Unterschreitung von 80 % der in dem Vergabeverfahren zugrunde gelegten Sammelleistung sei dem Unternehmen, das ab 1. Januar 2004 mit der öffentlichen Altpapierentsorgung für das Gebiet des Landkreises beauftragt sei, eingeräumt worden, eine Preisanpassung verlangen zu können. Demgegenüber hielte sich die durch die gewerbliche Sammlung am Standort F. entstehende Minderung der Gesamtmenge soweit erkennbar im Rahmen einer hinnehmbaren Schwankungsbreite, mit der eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen nicht begründet werden kann. Das Gegenteil hat im Übrigen auch der Antragsgegner nicht behauptet. Er gelangt zu seiner Einschätzung nur, weil er meint, bereits jetzt die Auswirkungen einer flächendeckenden gewerblichen Sammlung an attraktiven Standorten seiner Beurteilung zugrunde legen zu können. Das ist jedoch - wie dargelegt - nicht der Fall. Mit der allgemeinen Befürchtung, gewerbliche Sammlungen unterliefen die grundsätzlich bestehende Überlassungspflicht, können angesichts der vom Gesetzgeber vorgesehenen Einschränkung dieser Überlassungspflicht zugunsten gewerblicher Sammlungen entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen ohne die Feststellung konkreter, nicht mehr hinnehmbarer Beeinträchtigungen der öffentlichen Abfallwirtschaft nicht begründet werden (vgl. Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, Bd. I, § 13 KrW-/AbfG Rdnr. 160; Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 37).



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