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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 8 KN 2044/01
Rechtsgebiete: GG, NNatSchG, NWaldLG


Vorschriften:

GG Art. 14
NNatSchG § 28
NWaldLG § 2
1. Eine leichte Bodensenke, die nur zeitweise mit Wasser gefüllt ist, stellt keinen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG dar.

2. Fehlerhafte Annahmen des Normgebers ziehen die Nichtigkeit einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung oder Satzung nicht nach sich. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist.


Gründe:

Der Antragsteller wendet sich gegen die Unterschutzstellung eines Landschaftsbestandteils.

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke 103/46, 103/47 und 103/48 der Flur 38 der Gemarkung C.. Die Antragsgegnerin stellte einen Teilbereich des erstgenannten Flurstücks (damals Flurstück 103/16) durch Bescheid vom 18. August 1995 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung bis zum Erlass einer Satzung zum Schutz des Landschaftsbestandteils, längstens für zwei Jahre, einstweilig sicher. Zugleich untersagte sie dem Antragsteller verschiedene Maßnahmen, u. a. die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass beabsichtigt sei, diese Fläche durch Satzung als Landschaftsbestandteil zu schützen, weil sie wichtige Funktionen für den Arten- und Biotopschutz erfülle und für eine Belebung des Orts- und Landschaftsbildes sorge.

Durch weiteren Bescheid vom 2. Juni 1997 verlängerte die Antragsgegnerin die Geltung der einstweiligen Sicherstellung um ein Jahr.

Durch Bescheid vom 3. August 1998 hob die Antragsgegnerin ihre Bescheide vom 18. August 1995 und 2. Juni 1997 auf. Zugleich stellte sie eine 5.700 m² große Fläche nördlich und südlich der Verlängerung des Stettiner Weges (Teilbereiche der Flurstücke 103/47, 103/48 und 148/103 sowie die Flurstücke 103/117 und 103/46 der Flur 38 der Gemarkung C.) unter Anordnung der sofortigen Vollziehung einstweilig sicher und untersagte dem Antragsteller die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller unter dem 18. August 1998 Widerspruch. Außerdem beantragte er am 28. August 1998 beim Verwaltungsgericht Oldenburg, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. August 1998 wiederherzustellen (1 B 3287/98).

Am 12. Januar 1999 ließ der Antragsteller auf der einstweilig sichergestellten Fläche zahlreiche Birken fällen. Daraufhin teilte ihm der Landkreis F. mit Schreiben vom 1. Februar 1999 mit, dass er in angemessener Frist für die Wiederbestockung der Fläche zu sorgen habe, die am zweckmäßigsten durch einen Wiederausschlag erfolge.

Danach beantragte der Antragsteller beim Landkreis F. eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem südlichen Teil des Flurstücks 103/48 der Flur 38 der Gemarkung C..

Am 3. Juni 1999 erließ die Antragsgegnerin die "Satzung über den Schutz der Flächen auf und nördlich der Verlängerung des Stettiner Weges (Teilbereich der Flurstücke 103/47, 103/48, 103/14 und den Flurstücken 103/17, 103/46 der Flur 38)", die am 18. Juni 1999 im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems bekannt gemacht wurde.

Die durch diese Satzung unter Schutz gestellte Fläche ist ca. 4.450 m² groß. Sie grenzt im Westen, Norden und Osten an bebaute Grundstücke und im Süden an unbebaute Flächen, die früher landwirtschaftlich genutzt worden sind.

§ 1 der Satzung beschreibt den Schutzzweck der Satzung folgendermaßen:

"Die Unterschutzstellung erfolgt, um das Ortsbild zu beleben und zu gliedern, zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beizutragen und den Erhalt und die Entwicklung der zu schützenden Landschaftsbestandteile zu sichern. Es werden im Bereich nördlich der Verlängerung des Stettiner Weges in der Gemeinde C. ein Teil eines Gewässers (Schlatt) und Gehölzbestände (Wald) nach Maßgabe dieser Satzung geschützt. Zweck der Unterschutzstellung sind der Erhalt und die Sicherung wertvoller Landschaftsbestandteile am Ortsrand von C.. ... Bei der Gehölzfläche handelt es sich um einen artenreichen aus der Sukzession heraus entstandenen Bestand mit erheblicher Bedeutung für die Ökologie des Ortes C.. ... Weiter handelt es sich um ein temporäres Gewässer. In historischen Karten wird dieses als "Kummerschlatt" bezeichnet."

§ 3 der Satzung verbietet verschiedene Tätigkeiten in dem geschützten Landschaftsbestandteil, u. a. die Veränderung der Bodengestalt, das Einbringen von Boden, Bauschutt, Abraum und Gartenabfällen, die Herstellung von Befestigungen jeder Art, Abgrabungen, Ausschachtungen und Aufschüttungen, die Entfernung, Zerstörung, Beschädigung oder wesentliche Veränderung von Bäumen und Sträuchern sowie das Entwässern und die Entnahme fester Stoffe. Von diesen Verboten wird die zulässige ausgeübte Nutzung nicht erfasst (§ 4 Satz 1 der Satzung).

Nach dem Inkrafttreten der Satzung stellte das Verwaltungsgericht Oldenburg das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die einstweilige Sicherstellung ein. Außerdem lehnte der Landkreis F. den Bauantrag des Antragstellers durch Bescheid vom 17. Dezember 1999 mit der Begründung ab, dass die Antragsgegnerin ihr Einvernehmen zu dem Bauvorhaben unter Hinweis auf die Unterschutzstellung des südlichen Teils des Flurstücks 103/48 versagt habe.

Am 25. Februar 2000 trat der Bebauungsplan Nr. 184 "Gewerbegebiet Westtangente" in Kraft, der den südlichen Bereich des unter Schutz gestellten Gebiets als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft bzw. als Wasserfläche darstellt.

Am 7. Juni 2001 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung dieses Antrags trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Satzung der Antragsgegnerin sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Unterschutzstellung eines Landschaftsbestandteils nicht vorlägen. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin befinde sich auf der unter Schutz gestellten Fläche kein temporäres Gewässer. Dort sei lediglich eine Bodenmulde vorhanden, in der niemals längere Zeit Wasser stehe. Der BUND habe in der Mulde selbst nach massiven Regenfällen kein Wasser vorgefunden. Auch dem Gutachten des Sachverständigen G. vom 21. Juni 1997 sei zu entnehmen, dass die Senke nicht als Gewässer einzustufen sei. Daher könne keine Rede davon sein, dass das "Schlatt" ein schutzwürdiger Landschaftsbestandteil sei. Auf der unter Schutz gestellten Fläche befinde sich auch kein Wald. Das Gutachten G. belege, dass sich dort allenfalls im Laufe von Jahrzehnten ein Birkenwald entwickeln könne. Der vorhandene Bewuchs trage auch nicht zur Belebung des Orts- und Landschaftsbildes bei. Daher habe der Landkreis F. der Antragsgegnerin schon 1990 mitgeteilt, dass die umstrittene Fläche nicht schutzwürdig sei. Schließlich sei auch zu bemängeln, dass die Verbote des § 3 der Satzung jede wirtschaftlich sinnvolle Nutzung seines Grundstücks unmöglich machten. Der Landkreis F. habe seinen im April 1999 gestellten Bauantrag unter Hinweis auf die Satzung der Antragsgegnerin abgelehnt. Dadurch werde er in seinem Eigentumsrecht verletzt, zumal er bei dem Erwerb des Grundstücks nicht gewusst habe, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt habe, einen Teil seines Grundstücks unter Landschaftsschutz zu stellen.

Der Antragsteller beantragt,

die "Satzung über den Schutz der Flächen auf und nördlich der Verlängerung des Stettiner Weges (Teilbereich der Flurstücke 103/47, 103/48, 103/14 und den Flurstücken 103/17, 103/46 der Flur 38)" vom 3. Juni 1999 für nichtig zu erklären, soweit er Eigentümer der unter Schutz gestellten Fläche ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und erwidert: Die unter Schutz gestellte Fläche sei entgegen der Darstellung des Antragstellers schutzwürdig. Der dort vorhandene Bewuchs, der als Wald anzusehen sei, belebe und gliedere das Ortsbild. Außerdem sei die vorhandene Flora als Lebensraum von Wirbellosen sowie als Futter- und Nistplatz von Vögeln wertvoll. Der Antragsteller könne auch nicht einwenden, dass auf der unter Schutz gestellten Fläche kein Gewässer vorhanden sei. Die untere Wasserbehörde habe die Gewässereigenschaft des "Schlatts" 1995 festgestellt. An diese Feststellung sei sie gebunden. Der umstrittene Bereich hätte aber auch dann unter Schutz gestellt werden können, wenn dort kein Gewässer vorhanden wäre, da die dortige Vegetation schutzwürdig sei. Außerdem sei die Unterschutzstellung gerechtfertigt, weil die von ihr erfasste Fläche Wald sei. Dass der Antragsteller im Januar 1999 eine Vielzahl von Bäumen habe fällen lassen, ändere daran nichts. Schließlich habe sie beim Erlass der Satzung die Belange des Antragstellers auch ausreichend berücksichtigt. Der Antragsteller werde durch die Satzung nicht daran gehindert, das Flurstück 103/48 zu bebauen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und des Landkreises F. (Beiakten A bis H) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

II.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag ist statthaft, weil die Satzung der Antragsgegnerin zum Schutz der Flächen auf und nördlich der Verlängerung des Stettiner Weges vom 3. Juni 1999 gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. VwGG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Er ist insbesondere innerhalb von zwei Jahren nach der Bekanntmachung der Satzung und damit rechtzeitig gestellt worden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Außerdem ist der Antragsteller nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil er als Eigentümer des weitaus größten Teils der unter Schutz gestellten Fläche durch die Verbote der Satzung beschwert wird und daher geltend machen kann, durch die Satzung bzw. deren Anwendung in eigenen Rechten verletzt zu sein.

Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet, weil die Satzung in dem maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu Eyermann, VwGO, Kommentar, 11. Aufl., § 47 Rn. 91; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 47 Rn. 117) mit höherrangigem Recht im Einklang steht.

Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsnorm in formeller Hinsicht zu beanstanden sein könnte, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Die Satzung begegnet auch keinen materiell-rechtlichen Bedenken.

Nach § 28 Abs. 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes - NNatSchG - vom 20. März 1981 (Nds. GVBl. S. 31), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Januar 2003 (Nds. GVBl. S. 39), können Bäume, Hecken, Wasserläufe und andere Landschaftsbestandteile einzeln oder allgemein in einem bestimmten Gebiet geschützt werden, wenn sie 1.) das Orts- oder Landschaftsbild beleben oder gliedern, 2.) zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beitragen oder 3.) das Kleinklima verbessern oder schädliche Entwicklungen abwehren. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die unter Schutz gestellte Fläche vor.

Landschaftsbestandteile im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG sind Einzelobjekte, Objektgruppen oder kleingliedrigere Teile der Landschaft, die sich unschwer abgrenzbar von der sie umgebenden Landschaft abheben (Senatsurt. v. 25.4.2002 - 8 KN 230/01 - NVwZ-RR 2002 S. 568; Louis, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 2; Blum/Agena/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 3, 7 ff.). Bei dem hauptsächlich aus Birken bestehenden Gehölz handelt es sich um einen solchen Landschaftsbestandteil, weil das Gehölz ein kleingliedriger Teil der Landschaft ist, der sich von den umgebenden größtenteils bebauten Flächen deutlich abhebt und als besonderes Landschaftselement unschwer erkennbar ist. Das bestätigen die von der Antragsgegnerin vorgelegten Fotos und Luftbilder.

Das Gehölz ist ferner schützwürdig, weil es sowohl das Orts- und Landschaftsbild belebt (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 NNatSchG) als auch zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beiträgt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 NNatSchG).

Landschaftsbestandteile beleben das Orts- oder Landschaftsbild, wenn sie seine Farblosigkeit und Eintönigkeit optisch-visuell unterbrechen und dadurch den naturbezogenen Erlebniswert steigern (Senatsurt. v. 25.4.2002, a.a.O.; Blum/Agena/Franke, § 28 Rn. 15; Louis, § 28 Rn. 3; Bay.VGH, Urt. v. 9.11.1984 - 9 N 84.A 1579 - NuR 1985 S. 236). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die zahlreichen Fotos, die die Antragsgegnerin vorgelegt hat, belegen, dass das Gehölz die Eintönigkeit des Orts- und Landschaftsbildes unterbricht, weil es sich von der umgebenden Bebauung und den angrenzenden freien Flächen deutlich abhebt, die negativen menschlichen Einflüsse auf das Orts- und Landschaftsbild weniger störend wirken lässt und den naturbezogenen Erlebniswert steigert.

Die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass das Gehölz zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beitrage, ist auch nicht zu beanstanden. Landschaftsbestandteile leisten einen Beitrag zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, wenn von ihnen positive Wirkungen auf den Naturhaushalt ausgehen (Senatsurt. v. 25.4.2002, a.a.O.; Louis, § 28 Rn. 4; Blum/Agena/Franke, § 28 Rn. 18). Das trifft auf das Gehölz zu, weil es zahlreichen Tieren Lebensraum bietet und damit den Naturhaushalt bereichert. Der Vegetationsbeschreibung und -bewertung des Landschaftsplaners G. vom 21. Juni 1997, die der Antragsteller in Auftrag gegeben hat, ist zu entnehmen, dass der Pionierwald, der sich in freier Sukzession entwickelt hat, als Lebensraum für eine Vielzahl von Wirbellosen sowie als Futterreservoir und Nistplatz für Vögel bedeutsam ist. Nach den Feststellungen von Herrn G. ist das Gehölz auch deshalb wertvoll, weil es Teil eines großflächigeren, teilweise vernetzten Gebiets mit Feldgehölzen, Gebüschen, Hecken und Ruderalflächen ist. Dass das Gehölz zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beiträgt, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass es nach § 2 Abs. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung - NWaldLG - vom 21. März 2002 (Nds. GVBl. S. 112) Wald ist, weil Birken Waldbäume sind und die bestockte Fläche aufgrund ihrer Größe und Baumdichte einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweist oder in absehbarer Zeit aufweisen wird. Dem kann der Antragsteller nicht entgegenhalten, dass die bestockte Fläche zu klein sei, um Wald zu sein. Denn diese Annahme ist unzutreffend. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine mit Waldbäumen bestockte Fläche, die nur 1260 m² groß ist, Wald im Sinne des § 2 Abs. 3 NWaldLG sein kann (Senatsurt. v. 2.7.2003 - 8 LB 45/01 -). Daher bestehen an der Waldeigenschaft des Gehölzes, das eine wesentlich größere Fläche einnimmt, keine begründeten Zweifel.

Folglich war die Antragsgegnerin befugt, das Gehölz nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 NNatSchG zum geschützten Landschaftsbestandteil zu erklären.

Das "Schlatt", das sich auf der unter Schutz gestellten Fläche befindet, erfüllt hingegen nicht die Voraussetzungen, die an einen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG zu stellen sind. Bei ihm handelt es sich lediglich um eine leichte Bodensenke, die zeitweise mit Wasser gefüllt ist. Daher ist es nicht dauerhaft als Gewässer erkennbar. Steht dort kein Wasser, hebt sich das "Schlatt" auch nicht als Bodenvertiefung deutlich von seiner Umgebung ab. Daher stellt es keinen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG dar.

Dennoch durfte die Antragsgegnerin den Geltungsbereich der Satzung auch auf die Bodensenke erstrecken. Denn diese ist - anders als die Senke südlich der Verlängerung des Stettiner Weges - größtenteils von Bäumen umgeben und stellt daher eine Lichtung dar, die nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 NWaldLG Teil des Waldes ist. Daher ist der Einwand des Antragstellers, dass dieser Bereich nicht geschützt werden könne, unbegründet.

Dass die Antragsgegnerin von der Möglichkeit, das Gehölz zum geschützten Landschaftsbestandteil zu erklären, Gebrauch gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. § 28 Abs. 1 NNatSchG knüpft die Unterschutzstellung von Landschaftsbestandteilen an bestimmte normativ vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen von der nach § 28 Abs. 2 Satz 2 NNatSchG zuständigen Behörde zu prüfen ist. Der ihr danach verbleibende Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Belange des Landschaftsschutzes einerseits und der Nutzungsinteressen des Grundeigentümers andererseits geprägt (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - NuR 2002 S. 99, m. w. N.). Eine derartige Würdigung der gegenläufigen Interessen hat die Antragsgegnerin vorgenommen. Die Verwaltungsvorgänge belegen, dass sie die Nutzungsinteressen des Antragstellers bei ihrer Entscheidung beachtet hat.

Dass die Antragsgegnerin bei der Würdigung der gegenläufigen Interessen den Belangen des Landschaftsschutzes Vorrang vor den Interessen des Antragstellers eingeräumt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dafür spricht nicht zuletzt, dass der Antragsteller die Fläche ohnehin nicht uneingeschränkt nutzen darf, weil er die Bestimmungen des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung beachten muss. Außerdem hindert ihn die Satzung nicht an der Bebauung des Flurstücks 103/48, weil diese lediglich einen schmalen Streifen des Flurstücks erfasst und der übrige Bereich des Flurstücks groß genug ist, um die Bebauung mit einem Wohnhaus zu ermöglichen.

Die Satzung ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Antragsgegnerin bei dem Erlass der Satzung von der falschen Annahme ausgegangen ist, dass das "Schlatt" als temporäres Gewässer geschützt werden könne. Fehlerhafte Annahmen des Normgebers ziehen nämlich die Nichtigkeit einer nach den §§ 20 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung oder Satzung nicht nach sich. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O., m. w. N.). Davon kann hier aber keine Rede sein, weil sich die Satzung - wie bereits ausgeführt - auch auf die Bodensenke als Teil des Waldes erstrecken durfte.

Die Abgrenzung des unter Schutz gestellten Bereichs ist ebenfalls rechtmäßig. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Fotos belegen, dass die Bäume im Süden, Westen und Osten bis an die Grenze der unter Schutz gestellten Fläche heranreichen. Lediglich am nördlichen Rand dieser Fläche fehlen größere Bäume, weil der Antragsteller dort im Januar 1999 zahlreiche Birken hat fällen lassen. Dieser Umstand berührt die Rechtmäßigkeit der vom Antragsteller beanstandeten Satzung jedoch nicht, weil auf der damals abgeholzten Fläche ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Fotos inzwischen wieder zahlreiche kleine Birken stehen, die sich aus natürlicher Ansamung entwickelt haben und Teil des Gehölzes sind. Abgesehen davon kann das Fällen der Birken dem Antragsteller nicht zum Vorteil gereichen, weil es illegal gewesen ist. Denn die Antragsgegnerin hatte die Fläche durch Bescheid vom 3. August 1998 einstweilig sichergestellt und dem Antragsteller ausdrücklich untersagt, Bäume und Sträucher zu entfernen. Diese Anordnung hätte der Antragsteller ungeachtet seiner Bedenken gegen ihre Rechtmäßigkeit befolgen müssen, weil sein dagegen erhobener Widerspruch wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 3. August 1998 nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hatte. Außerdem hat die Fläche, auf der der Antragsteller im Januar 1999 die Bäume entfernen ließ, nach § 2 Abs. 6 NWaldLG bzw. § 2 Abs. 6 LWaldG die rechtliche Eigenschaft als Wald nicht verloren, weil sie unzulässig, d. h. ohne die nach § 14 Abs. 1 LWaldG erforderliche Genehmigung, kahlgeschlagen worden ist. Daher ist die Abgrenzung des unter Schutz gestellten Landschaftsbestandteils durch die Antragsgegnerin nicht zu beanstanden.

Schließlich sind auch die Verbote des § 3 VO mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie stehen mit § 28 Abs. 2 Satz 1 NNatSchG im Einklang, da sie sich ausschließlich auf Handlungen erstrecken, die den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen, gefährden oder verändern. Die Verbote verstoßen auch nicht gegen Art. 14 GG, weil sie verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sind. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergeben sich daraus immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse, die durch naturschutzrechtliche Regelungen - wie die Satzung der Antragsgegnerin - lediglich nachgezeichnet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 - NJW 1993 S. 2949, m.w.N.). Naturschutzrechtliche Bestimmungen, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- oder Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2000 - 6 CN 2.00 - NuR 2001 S. 351; Beschl. v. 18.7.1997 - 4 BN 5.97 - NuR 1998 S. 37). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn die Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 - NVwZ-RR 2000 S. 339; Beschl. v. 18.7.1997, a.a.O.). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der Antragsteller kann nach wie vor über die in seinem Eigentum stehende, von der Satzung der Antragsgegnerin erfasste Fläche verfügen. Die zuvor ausgeübte zulässige Nutzung der Fläche wird von den Verboten des § 3 der Satzung auch nicht erfasst. Dem Antragsteller wird zudem keine Nutzungsmöglichkeit genommen, die sich nach Lage der Dinge objektiv anbietet, weil die unter Schutz gestellte Fläche Wald ist, der nur mit Genehmigung der Waldbehörde, die hier nicht vorliegt, in eine Fläche mit einer anderen Nutzungsart umgewandelt werden darf (§ 8 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG).

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