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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 8 LC 31/07
Rechtsgebiete: AMPreisV, AO, ApoG, ApobetrO, GG, HKG, VwVfG


Vorschriften:

AMPreisV
AO § 31
ApoG § 1
ApoG § 11a
ApoG § 14
ApoG § 2
ApobetrO § 25
GG Art. 3 Abs. 1
HKG § 8
HKG § 25
HKG § 26
VwVfG § 35
1. Der Kammerbeitrag eines Apothekeninhabers durfte jedenfalls bis zum Jahr 2004 uneingeschränkt nach dem gesamten Jahresumsatz erhoben werden. Weder die Begrenzung der Beitragspflicht auf einen Höchstbeitrag noch die Privilegierung von Sonderumsätzen war verfassungsrechtlich geboten.

2. Nach §§ 25, 26 HKG muss der Beitragssatz im Mitteilungsblatt der Kammer bekannt gemacht werden.

3. Die Apothekerkammer ist berechtigt, den Jahresumsatz zu schätzen, wenn der Apothekeninhaber keine entsprechende Erklärung abgibt.

4. Zur Auslegung von Schreiben einer Kammer als Beitragsbescheid.


Gründe:

Die Beteiligten streiten um Höhe des Kammerbeitrags des Klägers für die Beitragsjahre 2002 bis 2005.

Der Kläger ist approbierter Apotheker und Mitglied der Beklagten. Er ist Inhaber der E. -Apotheke in F. und betrieb zudem von Mitte 2004 bis Anfang 2007 unter gleichem Namen eine Filialapotheke in G.. Ein Schwerpunkt seiner Geschäftstätigkeit war auf die Versorgung von Krankenhäusern gerichtet und ist im Jahre 2004 um den Arzneimittelversandhandel erweitert worden.

Die Beklagte erhebt von ihren Mitgliedern im April eines jeden Jahres auf der Grundlage ihrer Beitragsordnung einen Jahresbeitrag. Die Höhe des Beitrags, den Inhaber öffentlicher Apotheken zu entrichten haben, ist abhängig von der Höhe des im Vorjahr erzielten Umsatzes. Diesen hat jeder Beitragspflichtige der Beklagten anzugeben und durch schriftliche Erklärung eines Steuerberaters bestätigen zu lassen. Unterlässt der Beitragspflichtige die Meldung, so ist die Beklagte nach ergebnisloser Mahnung zu einer Schätzung des Umsatzes berechtigt.

In welchem Umfang Umsätze aus der Versorgung mit Krankenhäusern in die Beitragsberechnung einzubeziehen sind, ist in der Vergangenheit unterschiedlich geregelt gewesen. Bis zum Beitragsjahr 2001 berücksichtigte die Beklagte derartige Umsätze nur zu einem Drittel. Dies änderte sich mit der von der Beklagten beschlossenen Beitragsordnung vom 19. November 1993 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 21. November 2001, gültig vom 1. April 2002 bis 30. April 2005 (nachfolgend: Beitragsordnung 2002). Danach wurden Umsätze aus der Krankenhausversorgung wie alle anderen Umsätze behandelt und voll berücksichtigt. Sonstige Differenzierungen hinsichtlich bestimmter Umsatzarten enthielt die Beitragsordnung 2002 ebenfalls nicht. Mit Wirkung zum 1. Mai 2005 änderte die Beklagte ihre Beitragsordnung erneut (nachfolgend: Beitragsordnung 2005). Seitdem werden Umsätze aus der Krankenhausversorgung wieder nur zu einem Drittel in die Berechnung des Inhaberbeitrags einbezogen.

Der Inhaberbeitrag wird in einem Vomhundertsatz des jeweiligen Jahresumsatzes erhoben. Dieser Vomhundertsatz ergibt sich nicht unmittelbar aus der Beitragsordnung, sondern wird von der Kammerversammlung der Beklagten durch Beschluss festgesetzt. Nach Angaben der Beklagten erfolgen Veröffentlichungen solcher Beschlüsse der Kammerversammlung im Mitteilungsblatt nur dann, wenn der Vomhundertsatz gegenüber dem Vorjahr verändert wird. Im hier streitigen Zeitraum erfolgten derartige Veröffentlichungen für die Beitragsjahre 2003 und 2004 (s. Mitteilungsblatt der Beklagten, Juni 2003. S. 203 und Mitteilungsblatt der Beklagten, April 2004, S. 82). Der Beschluss der Kammerversammlung betreffend das Beitragsjahr 2005 findet in einem redaktionellen Beitrag Erwähnung (s. Mitteilungsblatt, April 2005, Seite 98).

Für seine Hauptapotheke in F. meldete der Kläger seinen Jahresumsatz letztmalig bezogen auf das Beitragsjahr 2001 (1. April 2001 - 31. März 2002). Der insoweit maßgebliche Nettoumsatz des Jahres 2000 betrug 30.625.888,72 DM. Hiervon entfiel ein Betrag in Höhe von 24.797.313,86 DM auf die Krankenhausversorgung. In der Folgezeit bis einschließlich 2005 meldete der Kläger weder für seine Hauptapotheke noch für die Filialapotheke seine Vorjahresumsätze. Für das Beitragsjahr 2002 (1. April 2002 - 31. März 2003) schätzte die Beklagte den Vorjahresumsatz des Klägers auf einen Betrag in Höhe von 30.000.000,00 DM (= 15.338.756,00 EUR) und veranlagte ihn mit Bescheid vom 17. April 2002 zu einem Beitrag in Höhe von 21.474,24 EUR. Für das Beitragsjahr 2003 (1. April 2003 - 31. März 2004) schätzte die Beklagte den Vorjahresumsatz des Klägers auf 18.000.000,00 EUR und veranlagte ihn mit Bescheid vom 17. April 2003 zu einem Beitrag in Höhe von 23.400,00 EUR. Für das Beitragsjahr 2004 (1. April 2004 - 31. März 2005) schätzte die Beklagte den Vorjahresumsatz des Klägers auf 20.000.000,00 EUR und setzte den Beitrag mit Beitragsbescheid vom 19. April 2004 auf 23.000,00 EUR fest. Tatsächlich erwirtschaftete der Kläger mit seiner Apotheke allerdings weit höhere als die geschätzten Umsätze. Die dem Finanzamt Osnabrück-Land angezeigte Bilanz wies Umsätze in Höhe von 57.793.676,32 EUR bezogen auf den 30. Juni 2002 und 62.835.257,85 EUR bezogen auf den 30. Juni 2003 aus. In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 gab der Kläger gegenüber dem Finanzamt einen Nettoumsatz in Höhe von 66.292.153,95 EUR an.

Allein gegen den Beitragsbescheid vom 17. April 2002 für das Beitragsjahr 2002 legte der Kläger Widerspruch ein und erhob nach dessen Zurückweisung Klage beim Verwaltungsgericht (Az.: 6 A 107/02). Mit Urteil vom 28. Juni 2004 hob das Verwaltungsgericht den Beitragsbescheid der Beklagten und deren Widerspruchsbescheid im Wesentlichen mit der Begründung auf, die Beitragsordnung 2002 sehe für die Beitragsberechnung unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Äquivalenzprinzip sämtliche Umsätze als gleichermaßen erheblich und wertig an. Erforderlich sei demgegenüber eine Differenzierung zwischen dem Umsatz aus dem Verkauf von apothekenpflichtigen Produkten und dem Umsatz aus dem Verkauf nicht apothekenpflichtiger Produkte. Dasselbe gelte hinsichtlich der sog. Medikalprodukte. Der Beitrag werde von einer Zwangskörperschaft erhoben und diene ihrer Finanzierung. Dementsprechend seien vorrangig nur solche Umsätze zu berücksichtigen, welche der Beitragspflichtige in Ausübung des seine Mitgliedschaft begründenden Berufs erziele. Das Berufsbild des Apothekers sei auf eine pharmazeutische Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung Apotheker oder Apothekerin gerichtet. Die Umsätze aus der Krankenhausversorgung seien - wie in der Vergangenheit - differenziert zu betrachten. Die frühere Praxis der Beklagten habe sich nicht als unpraktisch erwiesen und sei nicht mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden gewesen. Hinsichtlich der Umsätze aus der Krankenhausversorgung sei eine Äquivalenz zwischen der auf diese Umsätze entfallenden Beitragshöhe und der Teilhabe an der Aufgabenerfüllung der Kammer nicht in gleicher Weise vorhanden, wie dies bezüglich des Umsatzes einer Apotheke im Übrigen der Fall sei. Diese Sichtweise belege der Umstand, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Umsätze aus der Krankenhausversorgung differenziert betrachtet und nicht geltend gemacht habe, dass eine maßgebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass die aus den Umsätzen aus der Krankenhausversorgung erzielbaren Gewinne wegen geringerer Gewinnspannen deutlich hinter denen aus den Umsätzen im Übrigen zurückblieben.

Bezugnehmend auf dieses (rechtskräftig, gewordene) Urteil des Verwaltungsgerichts schrieb die Beklagte den Kläger unter dem 9. November 2004 an und teilte ihm mit, dass sie beabsichtige, ihre Beitragsordnung zu ändern. Für die Kalenderjahre 2002 - 2004 werde sie die früher geltende Regelung wieder einführen, wonach Umsätze aus der Krankenhausversorgung nur zu einem Drittel bei der Beitragsberechnung berücksichtigt würden. Mit Schreiben vom 11. Februar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger sodann mit, dass sie die Beiträge für die Jahre 2002 bis 2004 unter Berücksichtigung der Einbeziehung der Krankenhausumsätze in Höhe von nur einem Drittel erneut wie folgt berechnet habe:

 BeitragsjahrGesamtumsatz (jeweils Vorjahr)ErhebungssatzUmsatz Apotheke (jeweils Vorjahr)Beitrag ApothekeUmsatz Krankenhaus
2000Beitrag Krankenhaus1/3 Beitrag Krankenhauszu zahlender Beitrag neuin Rechnung gestellter Beitrag
  
200215.338.756,000,00142.663.831,003.729,3612.674.925,0017.744,905.914,979.644,3321.474,24
200318.000.000,000,00135.325.075,006.922,6012.674.925,0016.477,405.492,4712.415,0723.400,00
200420.000.000,000,001157.325.075,008.423,8412.674.925,0014.576,164.858,7213.282,5623.000,00
        35.341,9567.874,24
       Gutschriftbetrag:32.532,29 €

Für das Beitragsjahr 2005 schätzte die Beklagte den Vorjahresumsatz des Klägers mit seiner Hauptapotheke in F. auf 30.000.000,00 Euro und mit der Filiale in G. auf 1.450.000,00 Euro und veranlagte ihn mit zwei Beitragsbescheiden vom 22. April 2005 zu einem Mitgliedsbeitrag für die Hauptapotheke in F. in Höhe von 34.500,00 Euro sowie für die Filialapotheke in G. in Höhe von 2.501,28 Euro (inklusive Nachberechnung für den Zeitraum 1. Oktober 2004 bis 31. März 2005 in Höhe von 833,76 Euro).

Der Kläger hat am 23. Mai 2005 erneut den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, er sei durch den neuen Beitragsbescheid auch für die Beitragsjahre 2002 bis 2004 neu veranlagt worden. Bei den Schreiben vom 9. November 2004 und 11. Februar 2005 handele es sich um belastende Verwaltungsakte. Rechtsgrundlage für alle von ihm angegriffenen Beitragsbescheide sei die Beitragsordnung 2002, welche bei der Beitragsbemessung nicht zwischen Umsätzen aus der Krankenhausversorgung einerseits und Umsätzen im Übrigen differenziere. Auch werde nicht unterschieden zwischen dem Umsatz aus dem Verkauf von apothekenpflichtigen Produkten und solchem aus dem Verkauf nicht apothekenpflichtiger Produkte. Die Beitragsordnung sehe zudem einen Höchstbeitrag nicht vor. Dies sei jedoch geboten, weil die Höhe seines Beitrags in keiner objektiven Relation zu seinen Vorteilen aus der Mitgliedschaft stehe. Ohne eine Höchstgrenze für die Beitragsbemessung werde er im Verhältnis zu anderen Kammermitgliedern übermäßig hoch belastet. Mit einem Umsatz von 30.000.000,00 EUR habe er eine Ausnahmestellung im Kammerbezirk der Beklagten inne, denn der durchschnittliche Jahresumsatz von Apotheken liege zwischen 1.500.000,00 bis 2.000.000,00 EUR. Bei der Bemessung der Beiträge dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die wirtschaftlichen Hintergründe für den Betrieb einer Apotheke in der jüngeren Vergangenheit erheblich geändert hätten. Früher sei das wirtschaftliche Betätigungsfeld einer Apotheke eng auf einen lokalen Bereich begrenzt gewesen mit der Folge, dass auch die Umsatzmöglichkeiten begrenzt gewesen seien und sämtliche Apothekenumsätze innerhalb einer gewissen Bandbreite gelegen hätten. Infolge der Änderung der Rechtslage könne ein Apotheker nunmehr auch Inhaber mehrerer Apotheken sein und auch der Versand von Arzneimitteln sei erlaubt. Damit seien die Grenzen für die geschäftliche Betätigung der Apotheken aufgehoben worden. Sechs Apothekerkammern hätten diesem Umstand Rechnung getragen und eine Beitragshöchstgrenze eingeführt. Die Umsatzschätzungen der Beklagten beruhten im Übrigen nicht auf objektiven Anhaltspunkten, sondern seien willkürlich erfolgt. Die Beklagte genehmige die Verträge über die Krankenhausversorgung, so dass ihr seine diesbezügliche Geschäftstätigkeit bekannt gewesen sei. Sie habe auch gewusst, in welchem Umfang diese Tätigkeit gegenüber den Vorjahren zugenommen hätte. Im Rahmen ihrer Schätzung hätte die Beklagte auf Basis dieses Wissens unterscheiden müssen zwischen dem Umsatz aus der Krankenhausversorgung einerseits und dem Umsatz aus dem Betrieb der öffentlichen Apotheke andererseits.

Der Kläger hat beantragt,

a) den Beitragsbescheid der Beklagten vom 22.04.2005 bzgl. seiner Hauptapotheke in F. für das Beitragsjahr 2005,

b) den Beitragsbescheid der Beklagten vom 22.04.2005 bzgl. seiner Filialapotheke in G. für den Zeitraum vom 01.10.2004 bis 31.03.2006,

c) die Veranlagung der Beklagten vom 09.11.2004 in der Fassung vom 11.02.2005 bzgl. seiner Hauptapotheke in F. zu Kammerbeiträgen für die Jahre 2002 - 2004 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klage für unzulässig gehalten, soweit diese sich auf die Beitragsveranlagung des Klägers für die Jahre 2002 bis 2004 bezog, weil dem Kläger insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn sie habe die Beiträge zugunsten des Klägers unter Berücksichtigung der nunmehr in der Beitragsordnung 2005 festgelegten 1/3-Anrechnung von Umsätzen aus der Krankenhausversorgung berechnet. Hinsichtlich des Beitragsjahres 2002 sei sie dazu aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 28. Juni 2004 verpflichtet gewesen. Für die Beitragsjahre 2003 und 2004 habe sie trotz Bestandskraft der entsprechenden Beitragsbescheide die Neuregelung "wohlwollend" zugunsten des Klägers angewandt. Der Kläger sei nach alledem nicht beschwert. Der Beitragsbescheid vom 22. April 2005 betreffend die Hauptapotheke des Klägers finde seine Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 2 Beitragsordnung. Der Umsatz des Klägers habe wegen fehlender Umsatzerklärungen geschätzt werden müssen. Analog der für die Steuerfestsetzung geübten Praxis nach § 162 Abgabenordnung sei ein Unsicherheitszuschlag gerechtfertigt, der darauf beruhe, dass der Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt und sich hieraus die Annahme gerechtfertigt habe, er habe etwas zu verbergen oder wolle hieraus Vorteile ziehen. Wer selbst Veranlassung zu einer Schätzung gebe, müsse auch die im Wesen jeder Schätzung liegende Unsicherheit und Fehlertoleranz hinnehmen. Da Angaben des Klägers zum Umsatz nicht vorhanden gewesen seien, habe auch eine Differenzierung mit Blick auf die Umsätze aus der Krankenhausversorgung nicht vorgenommen werden können. Die ihr bekannten Versorgungsverträge ließen keine konkreten Rückschlüsse auf den Umsatz zu. Da der Kläger die seit 2002 geschätzten Umsätze mit einer alljährlichen Steigerung von 15 % stillschweigend akzeptiert habe, habe sie - die Beklagte - den Eindruck gewonnen, dass die Schätzungen den tatsächlichen Umsatz verfehlt hätten. Aus diesem Grund sei auf den für das Jahr 2004 geschätzten Umsatz ein größerer Unsicherheitszuschlag addiert worden. Der Kläger habe eine Korrektur der Schätzung ohne nennenswerten Aufwand durch Angabe seines Umsatzes veranlassen können. Dies sei ihm auch mitgeteilt worden. Aufgrund ihrer Satzungsautonomie sei sie berechtigt, sich für ein Beitragssystem zu entscheiden, welches eine Kappungsgrenze nicht vorsehe. Das Äquivalenzprinzip und der Gleichbehandlungsgrundsatz seien nicht verletzt. Es sei grundsätzlich zulässig, dem Gedanken der Solidargemeinschaft folgend wirtschaftlich schwächere Mitglieder auf Kosten leistungsstärkerer Mitglieder zu entlasten. Gegen eine Kappungsgrenze spreche zudem, dass hohe Umsätze sonst nicht ausreichend bei der Beitragsveranlagung erfasst werden könnten. Aufgrund der gesetzlichen Änderungen des Jahres 2004, nach denen es möglich sei, neben einer Hauptapotheke noch weitere Filialapotheken zu betreiben, sei davon auch praktisch Gebrauch gemacht worden. Dies lasse den Trend erwarten, dass größere Unternehmen gegründet würden, auf die sich immer größere Teile des von den Apotheken erzielten Umsatzes konzentrierten. Schließlich sei auch die Umsatzschätzung für die Filialapotheke des Klägers in G. nicht zu beanstanden. In Ermangelung konkreter Angaben des Klägers sei der Durchschnittsumsatz niedersächsischer Apotheken zugrunde gelegt worden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 23. Februar 2007 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei, soweit sich der Kläger gegen die Festsetzung der Kammerbeiträge für die Jahre 2002 bis 2004 wende, nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Der Beitragsbescheid 2002 sei durch das Urteil vom 28. Juni 2004 aufgehoben worden. Ob der Kläger durch die Neufestsetzung in reduzierter Höhe beschwert sei, sei eine Frage der Begründetheit der Klage. Hinsichtlich der Beitragsjahre 2003 und 2004 müsse er sich die Bestandskraft der Ursprungsbescheide nicht entgegenhalten lassen. Bei der Neuberechnung handele es sich um einen in vollem Umfang anfechtbaren Zweitbescheid. Die Beklagte sei in eine erneute Sachprüfung eingetreten. Sie habe in ihren Schreiben vom 9. November 2004 und 11. Februar 2005 nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Regelung habe treffen wollen. Die Klage sei auch begründet, da die Beklagte ihrer Korrektur der Beiträge einen Heranziehungsmaßstab zugrunde gelegt habe, für den es an einer satzungsrechtlichen Grundlage fehle. Die Beitragsordnung 2002 habe zwischen Umsätzen mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln und solchen, die mit anderen Warensortimenten erzielt werden, nicht unterschieden. Sie habe auch nicht unterschieden zwischen Umsätzen aus Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern und aus dem Betrieb der öffentlichen Apotheke im Übrigen. Mit der Neufestsetzung habe die Beklagte nicht den Gründen des Urteils vom 28. Juli 2004 Rechnung getragen, weil dort beanstandet worden sei, dass auch der auf sog. Medikalprodukte entfallende Umsatz in die Bemessungsgrundlage einbezogen werde. Die Beitragsbescheide vom 22. April 2005 seien ebenfalls rechtswidrig. Gestützt auf die Beitragsordnung 2002 leide die Beitragerhebung der Beklagten an den gleichen Rechtsmängeln, die im Vorprozess zu der Aufhebung des Beitragsbescheides vom 17. April 2002 geführt hätten. Auch im Rahmen der Schätzung des Umsatzes des Klägers sei es geboten gewesen, eine Differenzierung nach Umsatzanteilen vorzunehmen. Dies sei nicht unmöglich gewesen. So wie die Beklagte im Rahmen der Beitragsneuberechnung für die Jahre 2002 bis 2004 verfahren sei, sei dies auch für das Beitragsjahr 2005 möglich gewesen. Diese Erwägungen gälten für die Filialapotheke des Klägers in G. in gleicher Weise, da auch durch diese Filialapotheke Krankenhausversorgung betrieben worden und dieser Umstand der Beklagten bekannt gewesen sei.

Das Verwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen. Die Beklagte hat daraufhin fristgerecht Berufung eingelegt und auch fristgerecht begründet. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen macht sie geltend: Mit den Schreiben vom 9. November 2004 und 11. Februar 2005 habe sie einen rechtsmittelfähigen Zweitbescheid nicht erlassen wollen. Anderenfalls hätte sie die Form eines standardisierten Beitragsbescheides gewählt, die bestandskräftigen Beitragsbescheide widerrufen und eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 28. Juni 2004 sei eine Änderung der Beitragsordnung mit einer Rückkehr zu der früher von allen krankenhausversorgenden Apothekeninhabern akzeptierten Drittelregelung bzgl. der Einbeziehung der Krankenhausumsätze vorbereitet worden. Im Vorgriff darauf sei allen krankenhausversorgenden Apotheken für die Jahre 2002 bis 2004 kulanzweise ein Anteil ihrer Kammerbeiträge erstattet worden. Ihr - der Beklagten - sei klar gewesen, dass eine Rechtspflicht insoweit nicht bestanden habe. Sie sei aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht verpflichtet gewesen, die Beitragsordnung zugunsten aller krankenhausversorgenden Apotheken rückwirkend zu ändern. Ausreichend seien eine zukunftsgerichtete Neuregelung und eine Neuveranlagung des Klägers für das Jahr 2002 gewesen. Die Beitragsordnung 2005 sei zwar erst am 1. Mai 2005 in Kraft getreten, jedoch habe schon bei Beschlussfassung in der Frühjahrskammerversammlung 2005 festgestanden, dass das gesamte Beitragsjahr 2005 im Sinne der Neuregelung hätte veranlagt werden sollen. Die den Beitragsbescheiden vom 22. April 2005 zugrunde liegenden Umsatzschätzungen beruhten auf einem Schätzungsverfahren, welches in der Beitragsordnung 2002 verankert sei. Für ihre Mitglieder bestehe keine Wahlfreiheit zwischen einer Veranlagung zum Beitrag im Schätzungsverfahren und zur Beitragsveranlagung auf Grundlage einer Umsatzerklärung. Um die Beitragspflichtigen zu ihrer Mitwirkung anzuhalten, werde der Unsicherheitszuschlag bei wiederholten Schätzungen vergrößert. Dies gelte für alle Mitglieder, die wiederholt ihre Umsatzdaten nicht meldeten. Eine Differenzierung zwischen den aus der Krankenhausversorgung erzielten Umsätzen und den weiteren Apothekenumsätzen sei nicht möglich gewesen, weil es ihr insoweit an soliden Schätzungsgrundlagen gefehlt habe. Den ihr vorliegenden Versorgungsverträgen ließen sich keine konkreten Umstände für eine Differenzierung entnehmen. Sie sei nicht verpflichtet, aufwändige und zeitraubende Sachverhaltsermittlungen zu betreiben, um ihren Beitrag sachgerecht festsetzen zu können. Wenn der Kläger seinen Darlegungs- und Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, könne er eine Differenzierung zu seinen Gunsten nicht erwarten. Zu beanstanden sei auch nicht, dass sie bei der Berechnung des Beitrags einen einheitlichen Apothekenumsatz zugrunde lege bzw. nunmehr wieder zugunsten der krankenhausversorgenden Apotheken den aus dieser Tätigkeit erzielten Umsatz nur zu einem Drittel anrechne, jedoch nicht weiter zwischen Umsätzen mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln und Waren und solchen, die mit anderen Warensortimenten erzielt würden, differenziere. Sie habe darauf bewusst verzichtet. Das Äquivalenzprinzip fordere eine derartige Differenzierung nicht. Soweit das Verwaltungsgericht dies anderes sehe, lege es seiner Rechtsauffassung ein falsches Berufsbild des Apothekers zugrunde. Das Berufsbild habe sich im Lauf der vergangenen Jahre gewandelt und beschränke sich nicht nur auf die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln. Die Versorgung mit sonstigen Produkten oder Dienstleistungen um die Gesundheit sei im Zuge der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung zum 1. Januar 2004 erweitert worden. Auch das breit gefächerte Sortiment an Medizinprodukten gehöre zu den apothekenüblichen Waren im Sinne des § 25 Apothekenbetriebsordnung. Das gelte auch für sonstige Waren mit einem unmittelbaren oder auch nur mittelbaren Bezug zur Gesundheit. Das Tätigkeitsspektrum von Apotheken umfasse die Versorgung von Krankenhäusern, Heimen sowie den Versandhandel und auch den mittlerweile zulässigen Großhandel mit Arzneimitteln. Ihre Berufsaufsicht erstrecke sich auf die Berufstätigkeit des Apothekers insgesamt und beschränke sich nicht nur auf seine Tätigkeit im Zusammenhang mit den apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Fehler bei der Versorgung von Patienten mit Medikalprodukten seien gleichermaßen berufsrechtlich relevant wie Fehler bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Ferner erfasse die turnusmäßige Überwachung der Apotheken nach § 64 Arzneimittelgesetz den Apothekenbetrieb in seiner Gesamtheit, so beispielsweise die Frage, ob die Abgabe nicht apothekenüblicher Waren den Vorgaben des § 25 Apothekenbetriebsordnung entspreche und ob das gebotene Maß zwischen Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren nach § 2 Abs. 4 Apothekenbetriebsordnung eingehalten sei. Es sei auch eine Differenzierung mit Rücksicht auf unterschiedliche Handelsspannen bei verschiedenen Arzneimitteln nicht erforderlich. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof halte nicht einmal eine Differenzierung zwischen dem aus der Krankenhausversorgung erzielten und dem sonstigen Umsatz einer öffentlichen Apotheke für erforderlich. Ihr stehe als Satzungsgeberin das Recht zu, Pauschalierungen und allgemeine Typisierungen vorzunehmen. Zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwandes könne sie von einer Differenzierung nach unterschiedlichen Umsatzarten absehen. Ebenso könne sie zugunsten von krankenhausversorgenden Apotheken eine pauschalierende Drittelregelung wählen, jedoch auf eine Differenzierung zwischen dem Umsatz mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln und dem Umsatz mit nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln und Medizinprodukten verzichten. Jedenfalls aber könne eine derartige Unterscheidung bei der Beitragsfestsetzung im Wege des Schätzungsverfahrens nicht gefordert werden. Sie sei auch nicht verpflichtet, einen Höchstbeitrag einzuführen. Der ihren Mitgliedern aus ihrer Kammertätigkeit entstehende Vorteil nehme mit zunehmendem Umsatz nicht ab. Dies gelte auch für den Kläger. Dieser beschäftige in den drei Apotheken seines Filialverbundes 14 Approbierte, 134 pharmazeutisch-technische Angestellte und 49 pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte. Mit diesem Personalstamm könne der Kläger ihre - der Beklagten - Angebote in den Kernbereichen der Fort- und Weiterbildung in einem viel größeren Umfang nutzen als kleinere Apotheken mit erheblich weniger Personal. Gleiches gelte in Bezug auf ihre vielfältigen Dienstleistungen, etwa durch Informationen und Auskünfte zu aktuellen arznei-, apotheken- und wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen. Was den Arzneimittelversandhandel betreffe, so stehe sie dem zwar kritisch gegenüber. Gleichwohl nehme sie ihre Aufsichtspflichten in diesem Bereich wahr und informiere ihre Mitglieder auch über die bestehende Rechtslage. Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 23. Februar 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert: Die Klage sei zulässig, soweit er sich gegen die Neuberechnung der Beiträge für die Jahre 2002 bis 2004 wende. Das Schreiben vom 9. November 2004 i.d.F. des Schreibens vom 11. Februar 2005 sei als Verwaltungsakt in Form eines Zweitbescheides zu qualifizieren. Es komme auf den erklärten Willen der Behörde an, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung habe verstehen dürfen. Die Beklagte sei durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 28. Juni 2004 gehalten gewesen, ihn für das Beitragsjahr 2002 neu zu bescheiden. Sie sei offensichtlich in eine erneute Sachprüfung eingetreten und habe in den genannten Schreiben zwischen den Beitragserstattungen für das Jahr 2002 einerseits und die Jahre 2003 und 2004 andererseits nicht unterschieden. Die Motivation der Beklagten, aus Kulanzgründen gehandelt zu haben, sei nicht erkennbar geworden. Der Umstand, dass den Schriftstücken keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen sei, sowie die Tatsache, dass die Beklagte ihre Ausgangsbescheide nicht ausdrücklich widerrufen habe, ändere an der Einordnung der Schreiben als Verwaltungsakt nichts. Für die von der Beklagten angewendete Drittelregelung hinsichtlich des Umsatzes aus der Krankenhausversorgung habe es weder im Zeitpunkt des Ergehens der Schreiben vom 9. November 2004 und 11. Februar 2005 noch im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 22. April 2005 eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage gegeben. Die Beitragsordnung 2005 sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft gewesen. Der Vorläufer der Beitragsordnung 2002 sei zum 31. März 2002 außer Kraft getreten. Im Übrigen sei die von der Beklagten vorgenommene Schätzung ermessensfehlerhaft. Denn eine Schätzung dürfe nicht willkürlich sein und müsse eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ihre Richtigkeit in sich tragen. Sie dürfe keine Straf- oder Sanktionsfunktion haben. Diesem Erfordernis werde die Schätzung der Beklagten nicht gerecht, da die Beklagte gewusst habe, dass sich bei ihm - dem Kläger - der Umfang der Krankenhausversorgung vergrößert habe. Im Jahr 2002 habe er nur 24 Krankenhäuser versorgt, im Jahr 2003 bereits 27 Krankenhäuser und im Jahr 2004 31 Krankenhäuser. Gleichwohl sei bei der Schätzung für diese Jahre der Umsatz aus der Krankenhausversorgung konstant mit 12.674.925,00 EUR angesetzt worden. Es sei fehlerhaft gewesen, nur den sonstigen Umsatz progressiv zu schätzen. Die Beitragsordnung 2002 verstoße gegen das Äquivalenzprinzip, da sie eine Beitragshöchstgrenze nicht vorsehe. Der Grundsatz, dass die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen dürfe, der abgegolten werden solle und einzelne Mitglieder im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig hoch belastet werden dürften, sei in seinem Fall nicht beachtet worden. Im Verhältnis zu anderen Apotheken werde er übermäßig belastet. Der durchschnittliche Umsatz einer Apotheke habe 2007 bei rund 1.700.000,00 EUR (ohne MwSt) gelegen. Dies ergebe sich aus einer Statistik der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände. In der Apothekerkammer Nordrhein hätten beispielsweise nur 0,8 % der Apotheken im Jahre 2006 einen Umsatz von mehr als 10 Millionen EUR erwirtschaftet. Eine Durchschnittsapotheke zahle nach alledem einen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 1.478,26 EUR. Er - der Kläger - müsse das 23-fache zahlen. In seinem Fall steige der Nutzen aus der Kammertätigkeit mit höherem Umsatz auch nicht, sondern er verringere sich. Denn er erwirtschafte zunehmend höhere Umsätze aus dem Arzneimittelversandhandel. Dem stehe die Beklagte aber ablehnend gegenüber. Sie trete sogar für ein Verbot des Versandes verschreibungspflichtiger Arzneimittel ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) sowie die beigezogene Gerichtsakte zum Verfahren (6 A 107/02) verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Denn das Verwaltungsgericht hätte der Anfechtungsklage nicht in vollem Umfang stattgeben dürfen, da sie zwar zulässig (1.), aber nur partiell - nämlich bezogen auf die Beitragsjahre 2002 und 2005 - begründet ist, im Übrigen hingegen - bezogen auf die Beitragsjahre 2003 und 2004 - keinen Erfolg hat (2.).

1.

Die Anfechtungsklage ist zulässig, und zwar auch insoweit, als sich der Kläger hinsichtlich seiner Hauptapotheke (i. S. d. § 2 Abs. 5 Nr. 1 Apothekengesetz - ApoG -) gegen die Heranziehung zu Beiträgen in herabgesetzter Höhe für die Jahre 2002 bis 2004 wendet. Nach der Anlage zum Schreiben vom 11. Februar 2005 hat er insoweit "neu" einen Beitrag in Höhe von insgesamt 35.341,95 EUR zu zahlen, d.h. das Schreiben enthält aus den nachfolgend im Einzelnen genannten Gründen mit der Anfechtungsklage angreifbare, neue Beitragsbescheide für die Jahre 2002 bis 2004.

Ob es sich bei dem genannten Schreiben der Beklagten um einen Verwaltungsakt handelt, beurteilt sich nach § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz - NVwVfG - i.V.m. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - . Nach der letztgenannten Bestimmung ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Es muss sich um eine für den Betroffenen verbindliche, zur Rechtsbeständigkeit führende Regelung handeln. Ob eine Maßnahme einer Behörde diese Merkmale erfüllt, ist nach ihrem objektiven Erklärungswert zu beurteilen. Maßgebend ist, wie der Empfänger sie unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss; etwaige Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (BVerwG, Urt. v. 17.8.1995 - 1 C 15.94 -, BVerwGE 99, 101 (103), u. juris). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Behörde im Zweifel im Einklang mit dem geltenden Recht handeln will (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 9. Aufl., § 35, Rn. 19, m. w. N.).

Nach diesen Maßstäben ist das Schreiben der Beklagten vom 11. Februar 2005 als Verwaltungsakt (Beitragsbescheid) mit dem in der Anlage zu diesem Schreiben fettgedruckten Regelungsinhalt anzusehen, dass der Kläger "neu" einen Beitrag von insgesamt 35.341,95 EUR zu zahlen hat, nämlich 9.644,23 EUR für 2002, 12.415,07 EUR für 2003 und 13.282,56 EUR für 2004. Wie die Beklagte eingangs ihres Schreibens selbst anführt, sollten in Reaktion auf das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. Juni 2004 die "Beitragszahlungen" für die Jahre 2002 bis 2004 korrigiert werden. Für den Kläger erkennbarer Sinn und Zweck des Schreibens war es also, seine Beitragspflicht neu und abschließend zu regeln. Dieses Ziel konnte und kann die Beklagte aber nur auf einem Weg erreichen, nämlich mittels Beitragsfestsetzung durch Bescheid. Würde man hingegen - wie die Beklagte nunmehr geltend macht - das Schreiben vom 11. Februar 2005 so verstehen, dass danach im "Kulanzwege" nur ein bereits entrichteter Beitragsanteil erstattet werden sollte, so bliebe offen, in welchem Verhältnis die Beitragserstattung zu den vorhergehenden Beitragsbescheiden stehen sollte. Zudem ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wie die Beklagte zu Erstattungen aus Gründen der Kulanz grundsätzlich nicht berechtigt, es sei denn, ihr wäre dies aufgrund besonderer normativer Regelungen ausnahmsweise gestattet. Das ist hier nicht der Fall. Entsprechende Regelungen finden sich im Kammergesetz für Heilberufe - HKG - oder der Satzung der Beklagten nicht.

Für das Beitragsjahr 2002 stellt das Schreiben vom 11. Februar 2005 folglich der Sache nach einen Erstbescheid dar, denn nach der Aufhebung des ursprünglichen Beitragsbescheides durch das Verwaltungsgericht existierte eine Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung nicht mehr. Da die Beklagte in ihrem Schreiben vom 11. Februar 2005 nicht zwischen der Beitragspflicht für das Jahr 2002 einerseits und für die Jahre 2003 und 2004 andererseits differenziert, sondern alle Jahre ersichtlich gleich behandelt hat, kann aber auch für die Beitragsjahre 2003 und 2004 nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe insoweit keine verbindliche Regelung getroffen oder die bestandskräftigen Beitragsbescheide nur teilweise widerrufen. Auch für die Beitragsjahre 2003 und 2004 hat sie insgesamt "neu" gerechnet und den Kläger "neu" veranlagt mit der Folge, dass es sich insoweit der Sache nach um Zweitbescheide handelt.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11. Februar 2005 bestehen auch sonst nicht, insbesondere fehlt es weder an der Klagebefugnis noch am Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger hat sein Klagerecht schließlich auch nicht etwa verwirkt, indem er für die Jahre 2003 und 2004 die zuvor mit einer höheren Beitragsforderung erlassenen Beitragsbescheide hat bestandskräftig werden lassen und die festgesetzten Beträge offenbar auch vorbehaltlos beglichen hat. Aus diesem Verhalten konnte bei der Beklagten nicht der für eine Verwirkung notwendige Eindruck entstehen, der Kläger werde eine neue, wenn auch niedrigere Beitragsfestsetzung, die aber auf einer anderen Begründung beruht, ebenfalls akzeptieren.

2.

Die Anfechtungsklage ist nur teilweise begründet. Für die Beitragserhebung besteht mit der Beitragsordnung 2002 eine hinreichende und entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch mit höherrangigem Recht vereinbare Rechtsgrundlage (2.1); auf die Gültigkeit dieser Fassung der Beitragsordnung kommt es hier allein an, da die am 16. März 2005 beschlossene Änderungsfassung - wenn überhaupt - für das Beitragsjahr 2005 anzuwenden wäre und die Beitragserhebung für das Jahr 2005 hier schon aus anderen Gründen aufzuheben ist. Denn für das Beitragsjahr 2005 fehlte es ebenso wie für das Beitragsjahr 2002 an der erforderlichen Bekanntmachung des maßgeblichen Beitragssatzes, so dass die für diese Jahre ergangenen Beitragsbescheide aufzuheben sind (2.2). Für die im Übrigen streitigen Beitragsjahre 2003 und 2004 liegt hingegen die notwendige Veröffentlichung des Beitragssatzes vor. Sonstige Rechtsfehler bei der einzelfallbezogene Anwendung der Regelungen über die Beitragspflicht vermag der Senat nicht zu erkennen (2.3).

2.1

Die Beitragsordnung 2002 genügt - soweit hier von Bedeutung - den (verfassungs-) rechtlichen Anforderungen.

a) Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit dieser Beitragsordnung hat der Kläger nicht vorgetragen, solche sind auch nicht ersichtlich.

b) Es bestand aus höherrangigem Recht auch keine Verpflichtung, einen Höchstbeitrag einzuführen oder - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - für Umsätze aus besonderen Geschäften (Sonderumsätze) einen privilegierenden Beitragsmaßstab zu schaffen.

Das Kammergesetz für Heilberufe enthält in den §§ 8 Abs. 1 und 25 Nr. 1 Buchst. c) keine näheren Vorgaben für die Bemessung von Kammerbeiträgen. Als Prüfungsmaßstab kommt demnach nur Verfassungsrecht und zwar hier insbesondere der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie das aus dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeleitete Äquivalenzprinzip in Betracht. Da der Beklagten aufgrund ihrer Satzungsautonomie bei der Ausgestaltung ihrer Beitragsordnung ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht, ist der Senat bei seiner Prüfung darauf beschränkt festzustellen, ob die Beklagte die äußersten Grenzen ihres Gestaltungsspielraums verlassen hat. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Senats festzustellen, ob die Beklagte die in jeder Hinsicht zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.2.2002 - 6 B 73.01 - Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 5; BVerwG, Beschl. v. 25.7.1989 - 1 B 109.89 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 19; Senatsbeschl. v. 09.12.2002 - 8 LA 156/02 -, NVwZ-RR 2003, 664 (665); Senatsurt. v. 13.12.2001 - 8 L 4694/99 -, OVGE 49, 332 (334), alle veröffentlicht in juris).

Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, niemanden im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, ohne dass zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Für die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bedeutet dies, dass wesentlichen Verschiedenheiten der Mitglieder Rechnung zu tragen ist und die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsrecht bemessen werden müssen. Gewisse Ungerechtigkeiten durch Pauschalierungen sind hinzunehmen, wenn sie noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen stehen und durch sie nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet werden als die Mehrheit. Schließlich ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, entsprechend dem Gedanken der Solidargemeinschaft wirtschaftlich schwächere Mitglieder zum Nachteil der leistungsstärkeren zu entlasten, so dass jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu den Kosten der Körperschaft beiträgt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.2.2002, a.a.O., Urt. v. 5.12.2000 - 1 C 11.00 -, Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 44, Urt. v. 26.1.1993 - 1 C 33.89 -, BVerwGE 92, 24 (26), Urt. v. 3.9.1991 - 1 C 24.88 - Buchholz 451.45 § 73 HwO Nr. 1; BVerfG, Beschl. v. 17.10.1984 - 1 BvL 18/82, 1 BvL 46/83, 1 BvL 2/84 - BVerfGE 68, 155 (173); Senatsbeschl. v. 9.12.2002, a.a.O., alle veröffentlicht in juris).

Das Äquivalenzprinzip fordert, dass zwischen der Höhe des Beitrages und dem Nutzen des Mitgliedes ein angemessener Zusammenhang besteht. Die Höhe des Beitrages darf nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den er abgelten soll. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine berufsständische Kammer in erster Linie die Gesamtbelange ihrer Mitglieder zu wahren hat und daher der für die Beitragsbemessung maßgebende Nutzen nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil bestehen muss, der sich bei dem einzelnen Mitglied messbar niederschlägt. So wirkt sich auch die Wahrnehmung der gesetzlich in § 9 HKG näher umschriebenen Aufgaben durch die Beklagte regelmäßig nur mittelbar bei ihren einzelnen Mitgliedern aus. Der durch die Tätigkeit einer Kammer für Heilberufe vermittelte Nutzen kann daher nicht konkret festgestellt und bemessen, sondern weitgehend nur vermutet werden.

Die Beklagte unterscheidet in ihrer Beitragsordnung 2002 zwischen einem Beitrag für Inhaber öffentlicher Apotheken sowie einem Beitrag für Kammerangehörige, die als Mitarbeiter in öffentlichen Apotheken tätig sind. Die Höhe des Inhaberbeitrages richtet sich gem. § 1 Abs. 2 Beitragsordnung 2002 nach dem Jahresumsatz der Apotheke im vorangegangenen Kalenderjahr. Ein solcher an den Umsatz anknüpfender Maßstab ist vom Grundsatz her nicht zu beanstanden, weil er in angemessener Weise vorteilsbezogen ist (Senatsbeschl. v. 26.6.2007 - 8 LA 24/07 -, V.n.b.; VGH München, Beschl. v. 17.8.2005 - 21 ZB 05.257 -, V.n.b.; VG Göttingen, Urt. v. 30.1.2007 - 1 A 242/04 - APR 2007, 70 ff u. juris; VG Braunschweig, Urt. v. 26.10. 2006 - 1 A 218/06 -, V.n.b.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 4.8 2006 - 19 K 2180/05 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 7.4.2006 - 26 K 6092/04 -, juris). Denn er erfasst zum einen alle Mitglieder gleichermaßen. Zum anderen ist - wie bei jedem an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpfenden Beitragsmaßstab - davon auszugehen, dass die Tätigkeit einer berufsständischen Kammer bei typisierender Betrachtung regelmäßig für wirtschaftlich leistungsstärkere Mitglieder von höherem Nutzen ist als für wirtschaftlich schwächere (siehe dazu BVerwG, Urt. v. 26.1.1993, a.a.O., Urt. v. 3.9.1991, a.a.O., Urt. v. 26.6.1990 - 1 C 45/87 -, Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 u. juris; Senatsbeschl. vom 26.6. 2007, a.a.O.).

aa) Die Beklagte ist nicht verpflichtet gewesen, einen Höchstbeitrag einzuführen.

Das Gleichbehandlungsgebot gebietet die Einführung eines Höchstbetrages nicht. Vielmehr gewährleistet gerade ein ausschließlich umsatzbezogener Maßstab ohne Deckelung die Gleichbehandlung aller Mitglieder der Beklagten. Jeder wird mit dem gleichen prozentualen Anteil seines Umsatzes zum Kammerbeitrag herangezogen. Dass der Mitgliedsbeitrag von Großapothekern wie dem Kläger wesentlich über dem Beitrag liegt, der von Inhabern öffentlicher Apotheken durchschnittlich zu zahlen ist, ist ihrem wirtschaftlichen Erfolg geschuldet und stellt keine Ungleichbehandlung dar.

Auch das Äquivalenzprinzip zwingt nicht dazu, den Beitrag zu begrenzen. Allgemein stellt der von der Beklagten erhobene Jahresbeitrag keine besonders hohe Belastung dar (z.B. 0,13 % oder 0,115 % des Umsatzes für 2003 bzw. 2004), mit der Folge, dass lediglich ein besonders deutliches Missverhältnis zwischen geleistetem Beitrag und dem Vorteil, der dieser abgelten soll, die Einführung eines Höchstbeitrag gebieten könnte. Ein in dieser Weise deutliches Missverhältnis ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Beitragsmaßstab jedenfalls im Falle des Klägers zu sehr hohen Beiträgen geführt hat. Dies ist schlicht Folge des Beitragsmaßstabes und belegt nicht per se, dass es ab einer bestimmten Größenordnung des Beitrags an dem regelmäßig anzunehmenden Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und Vorteil aus der Kammertätigkeit fehlt (s. dazu BVerwG, Urt. v. 26.6.1990, a.a.O.).

Ebenso wenig ist aus anderen Gründen zu erkennen, dass ab einem bestimmten Umsatz die Kammertätigkeit der Beklagten zu keinem weiteren oder doch zu keinem weiter linear steigenden Vorteil für ihre Mitglieder führt. Wie bereits dargelegt ist der durch die Tätigkeit der Beklagten ihren Mitgliedern vermittelte Vorteil ein nicht konkret feststellbarer. Insbesondere bedarf es also für die Annahme eines solchen Vorteils weder der Feststellung einer messbaren wirtschaftlichen Verbesserung der Lage der Mitglieder noch einer Feststellung dazu, ob die Kammertätigkeit konkret für das jeweilige Mitglied vorteilhaft ist bzw. von ihm überhaupt in Anspruch genommen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.1990, a. a. O.). Dass gleichwohl ab einer bestimmten Umsatzhöhe der im Umsatz eines Kammermitglieds zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Erfolg generell nicht mehr oder zumindest nur noch in deutlich geringerem Umfang durch die Tätigkeit der Kammer gefördert wird, vermag der Senat nicht zu erkennen und wird auch vom Kläger nicht substantiiert dargelegt. So stellt etwa die Nachfragemöglichkeit bei dem vom Beklagten vorgehaltenen Arzneimittelinformationssystem für einen "Großapotheker" mit täglich mehreren tausend versandten Arzneimitteln einen Vorteil dar, der - anders als etwa eine Gründungsberatung - nicht ab einem bestimmten Umsatz endet. Gleiches gilt für das allgemeine Informationsangebot der Beklagten. Auch kommt "Großapothekern" wie dem Kläger die von der Kammer angebotene Fortbildung für die Vielzahl der bei ihnen tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders zu Gute.

Dagegen spricht auch nicht der im Ansatz durchaus nachvollziehbare Einwand des Klägers, dass sich die Beklagte für die Einschränkung des Versandes von Arzneimitteln ausspreche und damit gerade nicht seine Interessen als mutmaßlich größter deutscher Arzneimittelversender vertrete. Denn der aus den zuvor angeführten Gründen gegebene Vorteil aus der allgemeinen Tätigkeit der Beklagten auch für den Kläger entfällt nicht dadurch, dass die Beklagte im Rahmen der zulässigen Interessenvertretung (vgl. dazu Stober/Eisenmenger, in: Kluth (Herausgeber.), Handbuch des Kammerrechts, S. 212 ff., insb. Rn. 13) im Einzelfall zu berufspolitischen Fragestellungen ein Gesamtinteresse der Kammermitglieder zum Ausdruck bringt, welches von einer Minderheit der Kammermitglieder - wie dem Kläger - nicht geteilt wird.

Der Kläger wird durch den von ihm zu zahlenden Beitrag schließlich auch nicht überproportional zur Finanzierung der Beklagten herangezogen. Sein Beitrag von über 14.000 EUR im Jahr 2004 für beide Apotheken lag zwar bei knapp 2.100 Apotheken in Niedersachsen im Jahr 2004 und einem Durchschnittsjahresbeitrag pro Apotheke von rund 1.650 EUR (bezogen auf den von der Beklagten angenommenen Durchschnittsumsatz von 1,45 Millionen EUR bei einem Beitragssatz von 0,115 %) um mehr als das Achtfache über dem Durchschnittsbeitrag, machte aber insgesamt nicht einmal 1% des Gesamtbeitragsaufkommens aus. Für den Hauptbeitragszahler einer IHK ist selbst ein Anteil von über 10% an dem Gesamtbudget in der Rechtsprechung nicht beanstandet worden (vgl. VG Gießen, Urt. v. 24.9.2003 - 8 E 2022/01 -, juris).

Im Übrigen war es jedenfalls in dem Jahr 2004 noch nicht geboten, eine Höchstbeitragsgrenze zu bestimmen. Denn es fehlten bis dahin hinreichend verlässliche Erfahrungen zu den Auswirkungen der erst zum Jahresbeginn 2004 in Kraft getretenen, grundlegenden Rechtsänderungen, insbesondere zur Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln (§ 43 Abs. 1 Arzneimittelgesetz - AMG -, § 11 a ApoG) sowie des Betriebs von Filialapotheken (§ 1 Abs. 2 ApoG), den dadurch in jedem Fall zu erwartenden Umsatzsteigerungen (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 26.11.2004 - 7 L 2061/04 -, juris) und auch dem damit verbundenen Zusatzaufwand für die Beklagte, etwa bei der Überwachung der von ihren Mitgliedern beim Versandhandel mit Arzneimitteln zu beachtenden Berufspflichten.

bb) Die Beitragsordnung musste entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch keine privilegierende Sonderregelung für Sonderumsätze enthalten, weder für solche aus der Krankenhausversorgung (vgl. § 14 Abs. 4 ApoG) noch für solche aus dem Verkauf nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel oder Medizinprodukte (ebenso VGH München, Beschluss v. 17.8.2005 - 21 ZB 05.257 -; so auch bereits das Urt. v. 30.3.1992 - 21 B 91/01256 -, juris).

Was die Umsätze aus dem Verkauf nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel oder Medizinprodukte bzw. darauf gerichteter Dienstleistungen der Apotheker betrifft, so hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nunmehr selbst konzediert, dass das Verwaltungsgericht seiner Begründung ein Berufsbild des Apothekers zugrunde gelegt hat, welches dem heutigen Stand der Dinge nicht mehr entspricht. Im Übrigen belegt bereits der Umstand, dass das Apothekenrecht z.B. in § 25 Apothekenbetriebsordnung - ApoBetrO - den Verkauf nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel oder Medizinprodukte benennt, dass aus Sicht des Normgebers der Verkauf derartiger Produkte oder darauf gerichtete Dienstleistungen keine einem Apotheker berufsfremde Tätigkeit ist. Demzufolge beschränkt sich die Aufgabe der Beklagten auch nicht auf eine Überwachung und Beratung der Apotheker bei ihrer im Vordergrund stehenden Aufgabe der Arzneimittelversorgung, sondern umfasst ihre gesamte Berufsausübung, zu der eben auch die benannten Nebengeschäfte gehören. Ebenso wenig ist zu erkennen, dass sich die Beklagte tatsächlich dieser ergänzenden Aufgabe nicht annähme. Vielmehr hat sie in der Vergangenheit eine Vielzahl von werbewirksamen Aktionen initiiert, mit denen Apotheken in ihrer über die Arzneimittelversorgung hinausgehenden Funktion als allgemeine Anlaufstelle für Fragen der Gesundheit präsentiert werden, etwa bei der Ernährungs-, Impf- und Babybetreuungsberatung sowie bei bestimmten Dienstleistungen, etwa dem Messen des Blutdruckes bzw. des Blutzuckerspiegels oder dem Verleih von Hilfsmitteln.

Eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Umsatzanteile würde zudem verkennen, dass jeder Apotheker beim Verkauf aller Produkte und beim Anbieten aller Dienstleistungen in seiner Apotheke ganz erheblich von dem Renommee seines Berufsstandes profitiert, das durch die Lobbyarbeit der Apothekerkammern gefördert wird. Dieser Umstand wird beispielsweise beim exklusiven Vertrieb diverser Markenprodukte durch Apotheken genutzt. Auch der Kläger macht sich diesen Wettbewerbsvorteil zunutze, wenn er nichtapothekenpflichtige Arzneimittel, Medizinprodukte oder sonstige Waren unter dem Namen E. -Apotheke vertreibt, anstatt diesen Bereich betrieblich auszugliedern und insoweit unter anderem Namen ohne den Zusatz "Apotheke" zu vertreiben.

Eine differenzierte Behandlung der mit der Versorgung von Krankenhäusern erzielten Umsätze ist ebenfalls nicht geboten. Sie ist insbesondere nicht deshalb verfassungsrechtlich zwingend, weil insoweit - anders für apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel nach der Arzneimittelpreisverordnung - AMPreisV - weder für Arzneimittel (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AMPreisV in der im Jahr 2004 anzuwendenden Fassung der Änderung v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190) noch für sonstige Produkte normativ eine Preisspanne vorgegeben ist. Ein umsatzbezogener Beitragsmaßstab lässt derartige Umstände typischerweise ebenso außer Betracht wie das unternehmerische Geschick des jeweiligen Beitragspflichtigen.

Die einheitliche Erfassung von Umsätzen bei der Beitragsbemessung stellt der Sache nach eine Pauschalierung dar, welche der Senat in der Vergangenheit aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität für zulässig gehalten hat, solange die dadurch entstehende Gleich- oder Ungleichbehandlung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung statt (vgl. Senatsbeschl. v. 9.12.2002 - 8 LA 156/02 -, NVwZ-RR 2003, 664 f., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 26.1.1993 - 1 C 33/89 -, BVerwGE 92, 24 ff; und Beschl. v. 28.3.1995 - 8 N 3/93 -, NVwZ-RR 1995, 594 ff., m. w. N.). Das gilt auch hier.

Wesentliche Besonderheiten, denen im Rahmen eines differenzierten Systems bei der Beitragsbemessung gleichwohl Rechnung getragen werden müsste, sind nicht ersichtlich. Denn es ist bereits nicht erkennbar, dass der Gewinn (vor Steuern) aus den in den Blick genommenen Umsatzanteilen generell wesentlich geringer wäre als der aus den übrigen Umsatzanteilen. Das hat der Kläger zwar behauptet, aber nicht einmal für seine eigenen Apotheken substantiiert belegt. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2004 wäre letzteres bereits deshalb erforderlich gewesen, weil die AMPreisVO seit dieser Zeit für Fertigarzneimittel, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, einen Festzuschlag von 3 % auf den Großhandelspreis zuzüglich 8,10 EUR vorsieht, der sich der Höhe nach nicht erkennbar von dem unterscheidet, was der Kläger schriftsätzlich als "Handlings-Fee" für den Bereich der Krankenhausversorgung angegeben hat (7 - 10% über dem Großhandelspreis). Unabhängig davon hängt es aber selbstverständlich auch vom jeweiligen Verhandlungsgeschick und der Konkurrenz des ein Krankenhaus oder - wie der Kläger jedenfalls mit seiner Hauptapotheke - eine Vielzahl von Krankenhäusern versorgenden Apothekers ab, welche Preise er durchsetzen kann, und von seinem Organisationsvermögen, welchen Gewinn er daraus erzielt. Zudem besagt auch der einem Apotheker nach der AMPreisV zustehende Aufschlag noch nichts über den aus der preisgebundenen Arzneimittelversorgung im Ergebnis, d.h. etwa nach Abzug der Personal- und Vorratshaltungskosten, im Einzelfall zu erzielenden Gewinn aus. Nach alledem vermag der Senat nicht zu erkennen, dass sich - trotz ggf. unterschiedlicher Preisspannen - der Gewinn aus der weniger personalintensiven Krankenhausversorgung grundlegend von dem Gewinn unterscheidet, den ein Apotheker aus seiner sehr viel beratungsintensiveren Tätigkeit in seiner Apotheke im Übrigen erwirtschaftet. b) Rechtmäßig ist auch die bei der Beklagten bestehende Praxis, in der Beitragsordnung selbst nur die abstrakten Vorgaben für die Berechnung des Kammerbeitrages aufzunehmen (den Maßstab), d.h. in der Beitragsordnung zu bestimmen, dass sich der Kammerbeitrag nach einem "Vomhundertsatz" des Vorjahresumsatzes bemisst (§ 1 Abs. 2 Beitragsordnung 2002), und den jeweils maßgeblichen "Vomhundertsatz" dann gesondert von der Kammerversammlung beschließen zu lassen (§ 3 Beitragsordnung 2002).

aa) § 8 Abs. 1 HKG verlangt, dass die Beklagte zur Durchführung ihrer Aufgaben aufgrund einer Beitragsordnung Beiträge von den Kammermitgliedern erhebt. Nach § 25 Nr. 1 c HKG hat die Kammerversammlung diese Beitragsordnung als Satzung zu beschließen und gemäß § 26 Abs. 1 HKG im Mitteilungsblatt der Beklagten bekannt zu machen. Den genannten landesgesetzlichen Regelungen lässt sich also nicht entnehmen, dass auch die konkrete Höhe des jeweiligen Beitrages (der Beitragssatz) zwingend Bestandteil der als Satzung zu beschließenden Beitragsordnung sein muss und nicht durch gesonderten, ebenfalls von der Kammerversammlung zu fassenden Beschluss bestimmt werden kann. Eine solche Praxis der getrennten Beschlussfassung über eine Beitragssatzung einschließlich des Beitragsmaßstabes einerseits und über den konkreten Beitragssatz andererseits wird für zulässig erachtet (vgl. Franz, in: Kluth (Hrsg.), a.a.O., S. 347, Rn. 48) und in anderen berufsständischen Kammern ebenfalls praktiziert, (s. z.B. § 79 Abs. 1 StBerG und § 89 BRAO). Auch die Entstehungsgeschichte des HKG steht dieser Verfahrensweise nicht entgegen. So sah § 24 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 HKG i. d. F. vom 30. Mai 1980 (Nds. GVBl. S. 193) neben dem bereits nach § 7 Abs. 1 HKG a. F. notwendigen Erlass einer Beitragsordnung zwar - im Gegensatz zur nunmehr gültigen Fassung - ausdrücklich die (gesonderte) "Festsetzung des Jahresbeitrages" durch die Kammerversammlung vor. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes für das heute geltende HKG sollte insoweit, d.h. bezogen auf den Regelungsinhalt von § 25 HKG, lediglich eine redaktionelle Neugestaltung, aber keine inhaltliche Änderung erfolgen (vgl. LT-Drs. 13/1700, S. 55). Demnach muss die Beklagte den für die Beitragsberechnung erforderlichen "Vomhundertsatz" nicht bereits in der Beitragsordnung selbst bestimmen, sondern kann dies durch einen gesonderten Beschluss der Kammerversammlung tun.

bb) Allerdings bedarf es dann gemäß § 26 Abs. 1 HKG einer Bekanntmachung des ergänzenden Beschlusses über den maßgebenden "Vomhundertsatz", d.h. des Beitragssatzes, im Mitteilungsblatt der Beklagten, da nach der genannten Bestimmung in dieser Weise nicht nur Satzungen, sondern alle Beschlüsse der Kammerversammlung nach § 25 HKG zu veröffentlichen sind. Zumindest um einen Beschluss nach § 25 Nr. 10 HKG handelt es sich aber bei dem gesonderten Beschluss über den "Vomhundertsatz", denn er ergeht in einer "sonstigen Angelegenheit, die über die laufende Geschäftsführung hinausgeht". Diese Bekanntmachung muss als solche klar erkennbar sein und ausdrücklich den Wortlaut des Beschlusses wiedergeben. Bloße redaktionelle Berichte mit einer zusammenfassenden Wiedergabe der Tagesordnung einer Kammerversammlung und der von ihr gefassten Beschlüsse reichen demnach nicht aus. Entspricht eine Bekanntmachung den vorgenannten Maßstäben nicht oder ist sie gänzlich unterlassen worden, ist der Beschluss der Kammerversammlung unwirksam (vgl. Senatsurt. v. 29.9.2004 - 8 KN 4142/01 - zur ASO des Zahnärzteversorgungswerks). Denn Sinn und Zweck einer formell ordnungsgemäßen Bekanntmachung ist es, die Beschlüsse den Mitgliedern der Beklagten in einer Weise zugänglich zu machen, welche es ihnen ermöglicht, sich verlässlich und vor allem in zumutbarer Weise Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen zu können.

c) Rechtmäßig ist schließlich auch die in § 1 Abs. 7 Satz 2 Beitragsordnung 2002 normierte Schätzungsbefugnis der Beklagten für den Fall, dass der Beitragspflichtige trotz Aufforderung keine Erklärung über seinen Vorjahresumsatz abgegeben hat. Zwar besteht im Hinblick auf die Beitragsgerechtigkeit für das jeweilige Beitragsjahr ein besonderes Interesse der Beklagten daran, dass für jede Apotheke der Inhaberbeitrag entsprechend dem tatsächlich im Vorjahr erzielten Umsatz festgesetzt wird. Gleichwohl ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Beklagte in ihrer Beitragsordnung ein Schätzungsverfahren gewählt hat, anstelle in Fällen fehlender Umsatzmeldungen an Mitteilungen von Finanzbehörden nach § 31 Abgabenordnung - AO - anzuknüpfen. Nach § 31 Abs. 1 AO sind die Finanzbehörden berechtigt, Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge und Steuerbeträge an Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Festsetzung von solchen Abgaben mitzuteilen, die an diese Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen. Dementsprechend wäre die Beklagte grundsätzlich berechtigt, derartige Informationen von den Finanzbehörden einzuholen. Dass die Beklagte in ihrer Beitragsordnung eine solche Vorgehensweise nicht zwingend vorgesehen hat, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zum einen erspart sich die Beklagte mit der von ihr gewählten Verwaltungspraxis einen höheren Verwaltungsaufwand. Zum anderen könnte die Beklagte die Informationen der Finanzbehörden in Fällen wie hier, in denen eine Apotheke ein gegenüber dem Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr hat, nicht uneingeschränkt verwerten. Schließlich lägen in den vorgenannten Fällen die von der Beklagten benötigten Informationen regelmäßig nicht zu dem in § 5 Abs. 1 Beitragsordnung 2002 genannten Zeitpunkt (Beginn des zweiten Quartals) vor. Darüber hinaus ist den Angaben der Beklagten auch zu entnehmen, dass die große Mehrheit der Apotheken ihre für die Beitragsberechnung maßgeblichen Vorjahresumsätze meldet und dass somit das Schätzungsverfahren nur Ausnahmefälle betrifft. Wenn also aufgrund des Schätzungsverfahrens die Umsätze einer bestimmten Apotheke zu niedrig oder zu hoch geschätzt werden, führt dies im Hinblick auf die Beitragspflicht der übrigen Apothekeninhaber zu nur unerheblichen Abweichungen.

Bei der Schätzung hat die Beklagte allerdings Grenzen zu beachten. Die Verletzung der Mitwirkungspflichten seitens des Beitragspflichtigen darf die Beklagte als Abgaben erhebende Behörde ebenso wenig wie das Finanzamt bei einer Schätzung gemäß § 162 AO zu einer "Strafschätzung" veranlassen. Ziel auch der Schätzung muss es sein, diejenigen Abgabengrundlagen festzustellen, für die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit spricht. Zulässig ist deshalb allenfalls ein sog. Unsicherheitszuschlag. Verboten ist hingegen ein Strafzuschlag bzw. eine Festsetzung, die nicht getragen ist von dem Ziel, den wirklichen Umsatz realitätsgerecht zu bemessen, sondern vielmehr darauf zielt, durch eine überhöhte Festsetzung den Abgabenpflichtigen letztlich zur Offenbarung des tatsächlichen Umsatzes zu zwingen.

Eine bestimmte Schätzungsmethode ist dabei nicht normativ vorgegeben. Der von der Beklagten herangezogene sog. Vorjahresvergleich ist, methodengerecht durchgeführt, grundsätzlich eine taugliche Schätzungsmethode (ebenso für den Bereich der Abgabenordnung Seer, in: Tipke/Kruse, AO, Kommentar, § 162, Rn. 54). Dabei werden die Bemessungsgrundlagen für den zur Entscheidung anstehenden Beitragszeitraum auf der Grundlage der entsprechenden Angaben des Abgabenpflichtigen für vorangegangene Zeiträume ermittelt und gegebenenfalls durch Vornahme von Zu- oder Abschlägen an die veränderten Verhältnisse des zu schätzenden Zeitraums angepasst. Die Rechtfertigung dieser Methode besteht darin, dass den auf das Vorjahr bezogenen Erklärungen des Abgabenpflichtigen Richtigkeit und Vollständigkeit beigemessen wird, da der Abgabenpflichtige die festgesetzten Grundlagen nicht angefochten hat und Lebenssachverhalte regelmäßig über einen Abgabenzeitraum hinaus Bestand haben. Richtig angewandt bedeutet diese Methode für die hier zu beurteilende Fallgestaltung also, auf den letzten von dem Kammermitglied angegebenen oder sonst zuverlässig ermittelten Umsatz, etwa durch Auskünfte des Finanzamtes, zurückzugreifen und hierauf ggf. einen Zuschlag vorzunehmen, wie er der allgemeinen Umsatzentwicklung von Apotheken entspricht. Weitere Zuschläge sind gerechtfertigt, wenn Anhaltspunkte für grundlegende Veränderungen des Umsatzes aus individuellen Gründen bestehen, z.B. wenn der Beklagten bekannt wird, dass ein Mitglied weitere Heime oder Krankenhäuser beliefert oder mit seinem Versand von Arzneimitteln expandiert.

2.2

Gemessen an diesen Vorgaben sind die Beitragsbescheide für die Jahre 2002 und 2005 aufzuheben. In beiden Jahren ist der von der Beklagten zu Grunde gelegte Beitragssatz von 0,14 % (für 2002) und 0,115 % (für 2005) nicht hinreichend im Mitteilungsblatt der Kammer bekannt gegeben worden. Für das Jahr 2002 fehlt insoweit jeder Nachweis. Für das Jahr 2005 liegt lediglich ein - nach den vorherigen Ausführungen unzureichender - redaktioneller Bericht über die Kammerversammlung vom 16. März 2005 und ihre Beschlüsse vor. Dass - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vertreten hat - die Beschlüsse der Kammerversammlung zu den Vomhundertsätzen der Beitragsjahre 2001 und 2004 auch in den Folgejahren fortgewirkt hätten, ist nicht ersichtlich. Die im Mitteilungsblatt der Beklagten, Ausgabe Juni 2001, S. 191, und Ausgabe April 2004, S. 82, veröffentlichten Beschlüsse beziehen sich zweifelsfrei lediglich auf die Jahre 2001 bzw. 2004. So heißt es beispielsweise in dem Beschluss der der Kammerversammlung zum Vomhundertsatz des Jahres 2004 wörtlich: "Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Niedersachsen hat in der Sitzung vom 17. März 2004 die Festsetzung des Kammerbeitrags 2004 wie folgt beschlossen: ...". Einen Beschluss der Kammerversammlung mit dem Inhalt, dass der jeweils zuletzt bekannt gemachte Beschluss über den Vomhundertsatz auch für die Folgejahre fortwirken soll, solange keine Änderung beschlossen wurde, hat die Beklagte dem Senat nicht vorgelegt und ist jedenfalls auch nicht veröffentlicht worden.

2.3

Die Beitragsbescheide für die Beitragsjahre 2003 und 2004 sind hingegen rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Für diese Jahre sind die jeweiligen Vomhundertsätze (für den hier allein streitigen Inhaberbeitrag) im amtlichen Mitteilungsblatt der Beklagten ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, nämlich in der Ausgabe Juni 2003, S. 203, mit 0,13 % für das Beitragsjahr 2003, und in der Ausgabe April 2004, S. 82, mit 0,115 % für das Beitragsjahr 2004. Zudem war die Beklagte auch grundsätzlich zur Schätzung der Umsätze des Klägers berechtigt, da der Kläger seine Umsätze nicht entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 1 Beitragsordnung 2002 gemeldet hatte.

Die Bedenken des Klägers gegen die von der Beklagten konkret vorgenommene Schätzung der Umsätze teilt der Senat nicht. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Schätzung des Vorjahresumsatzes für das Beitragsjahr 2005 bezogen auf die Hauptapotheke, auf die es hier deshalb nicht ankommt, weil der betreffende Beitragsbescheid schon aus anderen Gründen aufzuheben ist (s.o.). Daneben betreffen die Bedenken des Klägers den Umstand, dass die Beklagte bei der Aufteilung des geschätzten Umsatzes auf den allgemeinen Apothekenumsatz einerseits und die Umsätze aus der Krankenhausversorgung andererseits eine Steigerung des Umsatzes lediglich im Bereich des allgemeinen Umsatzes angenommen und die Umsätze in der Krankenhausversorgung als gleichbleibend angesehen hat. Dies ergibt sich für die Beitragsjahre 2003 und 2004 in der Tat aus der Anlage zum Schreiben vom 11. Februar 2005. Da aufgrund der Beitragsordnung 2002 eine Differenzierung zwischen verschiedenen Umsätzen aber weder erforderlich noch zulässig war, kommt es darauf indes nicht an. Entscheidend ist allein, in welcher Höhe der Beklagte den Gesamtumsatz des Klägers geschätzt hat.

Für das Beitragsjahr 2003 schätzte die Beklagte den Vorjahresumsatz der Hauptapotheke des Klägers auf 18.000.000,- EUR (gegenüber 15.338.756,- EUR im Vorjahr), für das Beitragsjahr 2004 auf 20.000.000,- EUR. Die Beklagte hat damit jährliche Umsatzsteigerungen von rund 2 bis 2,6 Mio EUR angenommen; für das Beitragsjahr 2003 bedeutet dies eine prozentuale Umsatzsteigerung von ca. 17 % und für das für das Beitragsjahr 2004 eine prozentuale Umsatzsteigerung von ca. 11 %. Diese Schätzungen beanstandet selbst der Kläger nicht. Auch aus Sicht des Senats ist nicht erkennbar, dass die Schätzungen aus der Luft gegriffen wären oder Strafcharakter gehabt hätten. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass von ihm in den Jahren 2002 bis 2004 zunehmend mehr Krankenhäuser versorgt worden sind (2002: 24 Krankenhäuser, 2003: 27 Krankenhäuser und 2004: 31 Krankenhäuser) und dass dieser Umstand auch der Beklagten bekannt gewesen sei. Wenn also die Beklagte neben der allgemeinen jährlichen Umsatzsteigerung der Apotheken (nach den vom Kläger vorgelegten Zahlen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände - ABDA - : 6 % Umsatzsteigerung von 2001 auf 2002 und 4 % von 2002 auf 2003) im Falle des Klägers eine deutlich darüber hinausgehende Umsatzsteigerung angenommen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Insbesondere gilt dies vor dem Hintergrund, dass im Rahmen von Schätzungen naturgemäß eine gewisse Fehlerquote hinzunehmen ist und der auf Tatsachen basierenden Schätzung deshalb zu Lasten des Klägers ein Unsicherheitszuschlag hinzugefügt werden durfte.

Hinsichtlich der Filialapotheke des Klägers hat die Beklagte den Umsatz auf einen Betrag in Höhe von 1.450.000,00 EUR geschätzt. Sie hat vorgetragen, dass dieser Betrag in etwa dem Durchschnittsumsatz einer Apotheke in Niedersachsen entspreche. Dies ist auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt worden. Nach den von ihm vorgelegten Zahlen der ABDA betrug der Durchschnittumsatz bundesdeutscher Apotheken im Jahr 2003 1.506.000,00 EUR und im Jahr 2004 1.496.000,00 EUR.

Ende der Entscheidung

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