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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: 9 LB 156/04
Rechtsgebiete: NdsVwVfG, SGB I, VwVfG


Vorschriften:

NdsVwVfG § 1 I 2
SGB I § 30 III 2
VwVfG § 3 I 3a
Örtlich zuständig für die vom Ausländer begehrte länderübergreifende Umverteilung ist die für dessen gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständige Ausländerbehörde.
Tatbestand:

Die Klägerin begehrt ihre länderübergreifende Umverteilung aus der Gemeinde D. im Gebiet des beigeladenen Oberbergischen Kreises in Nordrhein-Westfalen in die Gemeinde E. im Gebiet des beklagten Landkreises Leer in Niedersachsen zum Zwecke der Familienzusammenführung.

Die 1977 geborene Klägerin ist irakische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischen Glaubens. Sie wurde von ihrem Vater im Alter von 16 Jahren als Ehefrau vermittelt an den aufgrund einer Bleiberechtsregelung seit Dezember 1991 mit Aufenthaltsbefugnis des Beklagten in der Gemeinde E. lebenden und damals 43 Jahre alten erblindeten türkischen Staatsangehörigen F.. Herr F. ist ebenfalls kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischen Glaubens. Am 24. November 1998 schlossen die Klägerin und Herr F., der ebenso wie die Klägerin Sozialhilfe bezieht, die Ehe vor dem Standesamt H.. Am 9. Juni 1999 wurde ihr Sohn I., am 21. März 2003 wurde ihre Tochter J. geboren.

Die Klägerin war im September 1996 über die Türkei auf dem Luftwege in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte im Januar 1997 ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragt. In der ihr am 30. Januar 1997 erteilten Aufenthaltsgestattung zum Zwecke der Durchführung des Asylverfahrens wurde der Aufenthalt räumlich beschränkt auf den Regierungsbezirk K.. Mit Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 10. März 1997 wurde die Klägerin gemäß § 50 AsylVfG der Gemeinde D. zugewiesen, wo sie seither in einer gemeindeeigenen Wohnung lebt. Das Asylverfahren der Klägerin wurde im Juli 1997 bestandskräftig negativ abgeschlossen. Aufgrund des damaligen Abschiebestops in den Irak wurde der Klägerin erstmals am 20. Oktober 1997 vom Beigeladenen eine Duldung erteilt, die mit dem Zusatz "erlischt, sobald Abschiebung ins Heimatland möglich ist" versehen war und den Wohnsitz auf das Gebiet der Gemeinde D. sowie den Aufenthalt auf das Land L. beschränkte. Die Duldung wurde in der Folgezeit regelmäßig verlängert. Die letzte Duldung beschränkte den Aufenthalt nicht mehr auf das Land Nordrhein-Westfalen, sondern auf den Bereich des Regierungsbezirks Köln.

Die Klägerin bemüht sich seit dem Sommer 1997, die Umverteilung in die Gemeinde E. zu erreichen, um bei ihrem Ehemann leben zu können. Dies scheiterte bislang daran, dass der Beklagte seine erforderliche Zustimmung zur Umverteilung verweigerte. Auch die Gemeinde E. hatte der Umverteilung widersprochen mit der Begründung, dass die von Herrn F. und einem weiteren Familienagehörigen geteilte Wohnung zu klein sei, um auch noch die Klägerin aufnehmen zu können. Der Klägerin wurde es allerdings durch großzügige Erteilung von Reiseerlaubnissen im Zusammenwirken des Beigeladenen mit dem Beklagten ermöglicht, überwiegend in E. zu leben. Die Reiseerlaubnisse enthalten teilweise den Zusatz "Keine Wohnsitznahme". Der Beigeladene hält es aber für unabdingbar, dass die Klägerin in der Regel alle drei Monate bei ihm vorspricht, um ihre Duldung zu verlängern.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2000 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, der Beigeladene habe auf Anfrage erklärt, seinerseits bestünden keine Bedenken gegen ihre Umverteilung. Die Erblindung ihres Ehemannes stelle eine besondere Härte dar. Auch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geböten das Zusammenleben mit ihrem Ehemann. Ihr sei es nicht zuzumuten, wegen der Abholung der Sozialhilfe und sonstiger Kontakte mit dem Beigeladenen ständig auf eigene Kosten nach D. zu reisen, zumal ihr Ehemann das kleine Kind während ihrer Abwesenheit nur unzureichend versorgen könne. Sie bitte, bis 6. Juni 2000 die Zustimmung zur Umverteilung in den Landkreis Leer zu erteilen. Andernfalls werde sie gegen den Landkreis Leer Klage erheben.

Der Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 30. Mai 2000, er könne seine Zustimmung zur Umverteilung nicht erteilen. Die Voraussetzungen eines Familiennachzuges seien nicht gegeben, weil ihr Ehemann nur über eine Aufenthaltsbefugnis verfüge und er Sozialhilfe beziehe. Der Beigeladene habe sich nicht bereit erklärt, die Sozialhilfekosten für die Klägerin zu übernehmen. Auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK könne die Klägerin ihr Begehren nicht mit Erfolg stützen, weil ihr Ehemann ausländerrechtlich befugt sei, mit ihr im Gebiet des Beigeladenen zu leben. Die Klägerin entgegnete, ihr Verbleib im Kreisgebiet des Beigeladenen und ein Umzug ihres Ehemannes dorthin, würde für ihren Ehemann wegen seiner Behinderung eine außerordentliche Härte darstellen und sei ihnen nicht zumutbar. Sämtliche Verwandten lebten im Bereich Leer. Sie selbst könne kein Deutsch und wäre deshalb nicht in der Lage, Behördengänge zu erledigen und ihren Ehemann bei Arztbesuchen zu betreuen. Mit Schreiben vom 27. Juli 2000 bekräftigte der Beklagte seine bisherige Auffassung und wies ergänzend daraufhin, dass eine Klage auf Umverteilung gegen den Beigeladenen zu richten sei, weil er lediglich eine Stellungnahme abgegeben habe.

Die Klägerin hat daraufhin am 19. Oktober 2000 Klage erhoben und beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen,

hilfsweise,

über ihren sinngemäß gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. September 2003 dem Hilfsantrag entsprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, weil der Beklagte bisher über den sinngemäß gestellten Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zwecks Wohnsitznahme bei ihrem Ehemann nicht förmlich entschieden habe. Der auf § 31 Abs. 1 AuslG gestützte Anspruch der Klägerin sei gegen den Beklagten geltend zu machen, weil dieser die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 NdsVwVfG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG örtlich zuständige Ausländerbehörde sei. Maßgeblich für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts einer natürlichen Person sei die Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, wonach jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort habe, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweile. Die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts setze eine aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse zu treffende Prognose voraus, wobei zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts von Ausländern nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum "dauernden Aufenthalt" im Sinne des Art. 2 des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit (Urt. v. 23.2.1993 - 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116, 123) auch ausländerbehördliche Entscheidungen und deren Durchsetzung herangezogen werden müssten. Ausgehend von diesen Maßstäben habe die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Sie wohne seit Jahren in der Regel tatsächlich bei ihrem Ehemann in H., wo sich dann auch ihre beiden Kinder aufhielten. Außerdem habe sie seit dem 22. März 1999 vom Beigeladenen regelmäßig Reiseerlaubnisse erhalten, die mit Ausnahme des Zeitraums vom 3. Januar bis zum 1. April 2001 bis auf wenige Tage den gesamten Zeitraum bis zum 1. Oktober 2003 abdeckten. Rechtlich unerheblich sei es, dass diese Erlaubnisse teilweise den Zusatz "keine Wohnsitznahme" enthalten hätten und der Klägerin ein Aufenthalt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten nach den ihr erteilten Duldungen nicht erlaubt gewesen sei. Denn dies ändere nichts daran, dass der Beigeladene mit dem jahrelangen Aufenthalt der Klägerin bei ihrem Ehemann einverstanden gewesen sei und der Beklagte das Ansinnen der Klägerin unterstützt habe. Auch zeichne sich im Hinblick auf Art. 6 GG, ihre beiden minderjährigen Kinder, die Behinderung ihres Ehemannes und die bisherige Verwaltungspraxis nicht ab, dass der Klägerin in Zukunft der Aufenthalt mit ihren Kindern bei ihrem Ehemann nicht mehr regelmäßig erlaubt werden würde. In der Sache sei der Hilfsantrag gemäß §§ 31 Abs. 1, 30 Abs. 3 AuslG begründet, weil eine Abschiebung der unanfechtbar ausreisepflichtigen Klägerin aus den Grundsätzen des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich sei. Der Hauptantrag habe keinen Erfolg, weil noch ein geringfügiges Ermessen des Beklagten bei der Bescheidung des Antrags insofern bestehe, als er grundsätzlich berücksichtigen dürfe, dass jedenfalls theoretisch auch die Möglichkeit für den Ehemann der Klägerin bestehe, seinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zu nehmen. Der Beklagte werde dabei aber genau zu überprüfen haben, ob dem Ehemann der Klägerin dies insbesondere aufgrund seiner Behinderung und seines langjährigen Aufenthalts im Landkreis Leer zumutbar sei. Nach den Angaben des Beigeladenen sei zudem offen, ob die Ausübung des yezidischen Glaubens in dessen Zuständigkeitsbereich in ausreichendem Maße möglich sei. Schließlich sei dem Beklagten auch insoweit ein Ermessen eingeräumt, als die Aufenthaltsbefugnis gemäß § 34 Abs. 1 AuslG für jeweils längstens zwei Jahre und gemäß § 14 AuslG mit Bedingungen erteilt sowie mit Auflagen verbunden werden könne.

Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 3. Juni 2004 (9 LA 358/03) die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Der Beantwortung der Frage, ob für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zum Zwecke der länderübergreifenden Umverteilung die örtliche Zuständigkeit der bisher zuständig gewesenen Ausländerbehörde oder aber jene der Ausländerbehörde am begehrten Wohnsitz im anderen Bundesland gegeben sei, komme grundsätzliche Bedeutung zu.

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen vor:

Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, weil die Klägerin bei ihm nicht die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis, sondern die Zustimmung zu ihrer Umverteilung begehrt habe. Dabei handle es sich um eine unselbstständige Verfahrenshandlung, die nicht isoliert einklagbar sei. Passiv legitimiert für die Umverteilung sei allein der Beigeladene. Die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Zustimmung zur Umverteilung durch ihn, müsste in einem gegen den Beigeladenen gerichteten Klageverfahren inzidenter geprüft werden. Die verweigerte Zustimmung wäre dann ggf. durch das Urteil zu ersetzen.

Er sei im Übrigen auch nicht örtlich zuständig, um über einen nach Auffassung des Gerichts sinngemäß gestellten Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zu befinden. Die Auffassung, die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Zuständigkeitsbereich sei falsch. Denn ein gewöhnlicher Aufenthalt werde nicht begründet, wenn sich ein Ausländer entgegen einer ihm auferlegten räumlichen Beschränkung oder einer ihm erteilten Wohnsitzauflage an einem anderen Ort aufhalte. Allein die Tatsache, dass die Klägerin sich mit großzügig erteilten Reiseerlaubnissen in seinem Zuständigkeitsbereich aufhalte, führe deshalb nicht dazu, dass sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Gegen seine örtliche Zuständigkeit für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis spreche auch, dass die Klägerin lediglich über eine Duldung verfüge und es Sache des Beigeladenen sei, ihren Aufenthalt zu legalisieren.

Der Übergang von dem Begehren auf Erteilung der Zustimmung zur Umverteilung zu dem Begehren auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis stelle im Übrigen eine Klageänderung dar, der er nicht zugestimmt habe.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 25.09.03 - 2 A 3875/00 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils und macht ergänzend geltend, der Beklagte missachte mit seiner ablehnenden Haltung den Verfassungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er teilt die Auffassung des Beklagten, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an die Klägerin zu keinem Zeitpunkt des Rechtsstreits in Rede stand. Er weist im Übrigen darauf hin, dass die kettenmäßige Erteilung von Reiseerlaubnissen durch ihn letztlich nur eine Folge des nun bereits seit 1999 andauernden Streits über einen Antrag auf Umverteilung sei. Aus der Erteilung der Reiseerlaubnisse nunmehr abzuleiten, dies habe zu einer Wohnsitznahme der Klägerin im Landkreis Leer geführt, halte er ebenfalls nicht für vertretbar. Die Klage sei aber eindeutig darauf gerichtet, den Beklagten zu verpflichten, dem Zuzug der Klägerin zuzustimmen bzw. diese Zustimmung durch ein Urteil zu ersetzen. Streitgegenstand sei damit die Erteilung einer Duldung durch den Beklagten. Ob die Auffassung des Beklagten zutreffe, dass es dem Ehemann der Klägerin möglich und zumutbar sei, seinen Wohnsitz in den Oberbergischen Kreis zu verlegen, könne er nicht beurteilen, weil ihm die näheren familiären Umstände und der Grad der Hilflosigkeit des Ehemannes nicht bekannt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Beigeladenen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist begründet. Der Senat tritt der Beurteilung des Beklagten bei, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dieser, sondern der Beigeladene örtlich zuständig ist, über das Begehren der Klägerin zu befinden.

Dem Verwaltungsgericht ist allerdings dahingehend zuzustimmen, dass das Begehren der Klägerin bei verständiger Würdigung darauf gerichtet ist, nach §§ 31 Abs. 1, 30 Abs. 3 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis zu erlangen, die es ihr gestattet, mit ihrem Ehemann und ihren Kindern zusammen in der Gemeinde E. im Kreisgebiet des Beklagten zu leben. Der Beigeladene meint zu Unrecht, die Klägerin gehe es nur darum, vom Beklagten eine Duldung zu erhalten. Zwar wäre für die Erteilung einer Duldung des Aufenthalts der Klägerin und ihrer beiden Kinder im Landkreis Leer der Beklagte zuständig, weil der Beigeladene der Klägerin nach § 56 Abs. 3 Satz 1 AuslG keine Duldung für einen Aufenthalt außerhalb der Landes L. erteilen kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.10.2002 - 8 ME 142/02 - NVwZ-Beilage I 3/2003, 22). Die Duldung bedeutet aber lediglich die zeitweise Aussetzung der Abschiebung (§ 55 Abs. 1 AuslG), ihr kommt nicht die Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthaltsrechts zu. Sie vermittelt mithin keinen aufenthaltsrechtlichen Status, der dem Anliegen der Klägerin auf Familienzusammenführung gerecht werden würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1997 - 1 C 9.95 - BVerwGE 105, 36 = InfAuslR 1997, 355 = NVwZ 1997, 1114 = DVBl 1997, 1394; NdsOVG, Beschl. v. 16.1.2003 - 13 ME 28/03 - AuAS 2003, 50). Dem Beklagten und dem Beigeladenen ist zwar einzuräumen, dass in den Eingaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren nie die Rede von einer Aufenthaltsbefugnis war, die Klägerin vielmehr stets nur die Zustimmung des Beklagten zu ihrer Umverteilung in dessen Zuständigkeitsbereich begehrte. Es wäre aber Sache der beiden Ausländerbehörden gewesen, der Klägerin schon im Vorverfahren den ausländerrechtlich richtigen Weg zur Verfolgung ihres Begehrens auf Familienzusammenführung aufzuzeigen. Es kann der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen und führt deshalb nicht zur Annahme einer Klageänderung, dass dies erst durch das Verwaltungsgericht geschehen ist.

Der Beklagte ist aber nicht die örtlich zuständige Ausländerbehörde für den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Das Verwaltungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend dargelegt, dass sich mangels besonderer Regelungen die örtliche Zuständigkeit hier gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 2 NdsVwVfG, 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG danach bestimmt, wo die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, und dass für die Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts nach der von ihm angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 4.6.1997 - 1 C 25.96 - NVwZ-RR 1997, 751) die Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I maßgebend ist. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand danach dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Für die demgemäß anzustellende Prognose kommt es regelmäßig auf die Umstände im Zeitpunkt der Begründung des Aufenthalts, nicht auf dessen tatsächliche Dauer an. Zu den maßgeblichen Umständen gehören auch ausländer- und asylbehördliche Entscheidungen, insbesondere - wie hier - Aufenthaltsbeschränkungen (ebenso: Thüringer OVG, Beschl. v. 22.1.2004 - 3 EO 1060/03 - juris Nr. MWRE103260400). Das Verwaltungsgericht meint danach zu Unrecht, die Klägerin habe durch Ausnutzung der ihr fortlaufend erteilten Reiseerlaubnisse ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Kreisgebiet des Beklagten begründet. Denn der tatsächliche Aufenthalt der Klägerin in der Gemeinde E. ist insoweit unbeachtlich. Die Klägerin war und ist nach der räumlichen Beschränkung in der ihr erteilten Duldung des Beigeladenen verpflichtet, ihren Aufenthaltsort im Regierungsbezirk Köln beizubehalten. Hieran haben die Gestattungen zum vorübergehenden Verlassen des örtlichen Geltungsbereichs der Duldung nichts geändert. Der Wohnsitznahme der Klägerin in der Gemeinde D. im Kreisgebiet des Beklagten kommt mithin weiterhin zuständigkeitsbestimmende Wirkung zu, so dass allein der Beigeladene örtlich berechtigt ist, über das Begehren der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zum Zwecke der Familienzusammenführung zu befinden. Der Beklagte ist - worauf er zu Recht hinweist - lediglich verwaltungsintern zu beteiligen, da der Beigeladene nicht ohne dessen Zustimmung die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ermöglichen kann. Da der Beklagte seine erforderliche Zustimmung zum Umzug der Klägerin und ihrer Kinder weiterhin verweigert, ist der Beigeladene zwar schon aus diesem Grund rechtlich gehindert, dem Begehren der Klägerin auf einen an ihn gerichteten entsprechenden Antrag hin zu entsprechen. Die Klägerin könnte indes, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten Aufenthaltsbefugnis vorliegen sollten, mit der Bescheidungsklage bei dem für den Beigeladenen zuständigen Verwaltungsgericht, das den Beklagten beizuladen hätte, erwirken, dass die - dann rechtswidrige - Verweigerung der Zustimmung des Beklagten durch das Urteil ersetzt wird.

Ende der Entscheidung

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