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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 9 LC 409/06
Rechtsgebiete: GemHVO, NAbfG, NKAG, Richtlinie 92/50/EWG


Vorschriften:

GemHVO § 32
NAbfG § 12
NKAG § 5
Richtlinie 92/50/EWG
1. Die ermessensfehlerfreie Festlegung des Gebührensatzes durch den Kreistag setzt voraus, dass seiner Entscheidung eine Kalkulation zugrunde liegt, die die kalkulatorischen Leitentscheidungen widerspiegelt. Sollen Rückstellungen gebildet werden, sind diese als solche in der Kalkulation auszuweisen. Fehler in der kalkulatorischen Ausweisung von Kosten führen nur zur Nichtigkeit des Gebührensatzes, wenn sie sich auf die Gebührenhöhe auswirken.

2. Im Rahmen der Abfallgebührenkalkulation sind ansatzfähig alle nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Aufwendungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die voraussichtlich für die Wahrnehmung der Aufgabe der Abfallentsorgung getätigt werden. Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ob die bei der Ermittlung der ansatzfähigen Kosten angestellten Wertungen und Prognosen auf begründeten Annahmen beruhen und der Satzungsgeber den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum gewahrt hat.

3. Fremdleistungsentgelte im Sinne von § 12 NAbfG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG können in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, wenn eine rechtliche Zahlungsverpflichtung der Gebühren erhebenden Kommune gegenüber dem die Fremdleistungen erbringenden Dritten besteht und dessen Entgelt dem Erforderlichkeitsprinzip entspricht.

4. Der vom Erforderlichkeitsprinzip gesteckte Rahmen ist überschritten, wenn das Fremdleistungsentgelt außer Verhältnis zu den vom Dritten erbrachten Leistungen steht. Als erforderlich kann jedenfalls das Fremdleistungsentgelt angesehen werden, das preisrechtlichen Vorschriften entspricht.


Gründe:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Abfallbeseitigungsgebühren für die Jahre 2005 und 2006, insbesondere soweit sie die thermische Abfallverwertung abgelten.

Ohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens schlossen die Stadtreinigung Hamburg (SRH), der Beklagte und drei weitere Landkreise des Landes Niedersachsen unter dem 18. Dezember 1995 einen Vertrag über die thermische Verwertung von Abfällen. Mit diesem Vertrag räumte die SRH den Landkreisen ab Betriebsbeginn der seinerzeit in Planung befindlichen, mit einer Jahreskapazität von 320.000 t ausgelegten Müllverwertungsanlage F.) zum 15. April 1999 ein Kontingent von 120.000 t/a Abfall zur thermischen Verwertung ein. Nach Ziffer 6. des Vertrages beträgt der Preis per Preisstand 28. Februar 1995 295,- DM/t (=150,83 €/t) zuzüglich Umsatzsteuer. Außerdem wurde vereinbart, dass der Preis nach bestimmten Klauseln angepasst und anhand einer Nachkalkulation im April 2003 überprüft werde. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Investitionskosten niedriger als veranschlagt ausfallen würden, schlug die SRH im Jahre 1998 einen Einstiegspreis in Höhe von 257,- DM/t (=131,40 €/t) zuzüglich Umsatzsteuer vor. Auf dieser Grundlage wurde zwischen den Vertragsparteien auch zunächst abgerechnet. Zu der für das Jahr 2003 vereinbarten Nachkalkulation kam es zunächst nicht. Die Landkreise zahlten den nach dem Änderungsvorschlag vorgesehenen Betrag abzüglich eines Einbehalts in Höhe von 8,18 €/t netto (= 144,84 €/t). Der Einbehalt ergab sich aus einer Kürzung des im Verbrennungspreis enthaltenen kalkulatorischen Gewinns. Ab August 2003 beanspruchte die SRH Zahlungen auf der Basis des Vertrags vom 18. Dezember 1995, korrigiert um Anpassungen aufgrund von Kalkulationen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft G. vom 11. Juni 2002 und 5. September 2003 (insgesamt 168,84 €/t). Im Juli 2004 erhob die SRH beim Landgericht Hamburg mit entsprechendem Ziel Zahlungsklage (Az.: 303 O 346/04). Für das Jahr 2004 forderte die SRH vom Beklagten Abschlagszahlungen, bei denen von einem Verbrennungspreis in Höhe von 181,38 €/t ausgegangen wurde.

Im Jahr 2004 beschloss der Beklagte die 3. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung und die der Satzung zugrunde liegende Gebührenbedarfsberechnung für die Jahre 2005 und 2006. Als "Aufwendungen für bezogene Leistungen" sind darin jährlich 5.441.400,- € für die "Thermische Verwertung SR Hamburg" veranschlagt. Zur Berechnung dieses Betrages ging der Beklagte von dem ihm zustehenden Kontingent von 30.000 t Abfall pro Jahr und dem von der SRH im Jahr 2004 im Rahmen der Abschlagszahlungen geforderten Verbrennungspreis aus (30.000 t x 181,38 €/t = 5.441.400,- €). Wegen der vorgenommenen Einbehalte zahlte der Beklagte der SRH im Wege von Abschlagszahlungen tatsächlich im Jahr 2005 4.774.634,36 € (entspricht 159,15 €/t) und im Jahr 2006 5.170.503,71 € (entspricht 172,35 €/t).

Der Kläger ist hinsichtlich der in H. gelegenen Grundstücke I., J., K. und L. sowie M. und N. Anschlusspflichtiger im Sinne der Abfallentsorgungssatzung des Beklagten.

Durch Bescheide vom 24. Januar 2005, 18. Januar 2006 und 8. Februar 2006 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Abfallbeseitigungsgebühren wie folgt fest:

 ObjektZeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005Zeitraum 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006
I.190,80 €74,20 €
J.190,80 €190,80 €
K.190,80 €190,80 €
L.190,80 €190,80 €
M.95,40 €95,40 €
N. 121,90 €

Der Kläger hat gegen die Bescheide jeweils fristgerecht Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens 4 A 333/05 verbunden hat. Der Kläger hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe durch seinen Verzicht auf eine europaweite Ausschreibung u. a. gegen europäisches Recht verstoßen. Die Rechtsverstöße führten zur Rechtswidrigkeit des zwischen dem Beklagten und der SRH geschlossenen Vertrages, der Abfallgebührensatzung des Beklagten und der darauf gestützten Gebührenbescheide. Würden - wie hier - europarechtliche Vorgaben unterlaufen und die Bildung eines Marktpreises rechtswidrig verhindert, könne ein solcher Verstoß nicht dadurch geheilt werden, dass ein Selbstkostenpreis zugrunde gelegt werde. Das Landgericht Hamburg habe in der mündlichen Verhandlung zu Recht die Auffassung vertreten, dass auf das Rechtsverhältnis zwischen der SRH und dem Beklagten öffentliches Preisrecht keine Anwendung finde. Es könne auch nicht im Rahmen des Gebührenrechts zur Prüfung der Erforderlichkeit von Kosten herangezogen werden. Ob Kosten tatsächlich erforderlich seien, könne allein durch ein in rechtmäßiger Weise begründetes Vertragsverhältnis zwischen dem Beklagten und der SRH geklärt werden.

Der Kläger hat beantragt,

die Gebührenbescheide des Beklagten vom 24. Januar 2005, 18. Januar 2006 und 8. Februar 2006 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zur Begründung vorgetragen, das Fehlen der erforderlichen Ausschreibung habe zur Folge, dass er nachweisen müsse, dass das vereinbarte und in die Kalkulation eingestellte Entgelt sich im Rahmen des kostenbezogenen Erforderlichkeitsprinzips bewege. Diesen Anforderungen sei Genüge getan.

Mit Urteil vom 22. November 2006 hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide des Beklagten aufgehoben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der den Gebührensatz regelnde § 3 Abs. 1 Buchst. A der Abfallgebührensatzung des Beklagten sei rechtswidrig und damit nichtig. In die Gebührenkalkulation seien Kosten unter Verstoß gegen das Erforderlichkeitsprinzip eingestellt worden. Dem Abschluss des Vertrags zwischen dem Beklagten und der SRH sei nicht die rechtlich erforderliche europaweite Ausschreibung vorausgegangen. Der Beklagte müsse unter diesen Umständen auf andere geeignete Weise nachweisen, dass das vereinbarte und in die Kalkulation eingestellte Entgelt sich noch im Rahmen dessen bewege, was das Erforderlichkeitsprinzip voraussetze. Der Nachweis sei in aller Regel geführt, wenn der geschlossene Vertrag den Vorschriften des Preisprüfungsrechts entspreche. Hierzu zähle die Verordnung PR Nr. 30/53 mit den Leitsätzen für die Preisermittlung (LSP). Maßgeblich sei, ob der Beklagte bei den Prognosen, die er anlässlich seiner Kalkulationen habe anstellen müssen, davon habe ausgehen dürfen, es werde sich bei dem mit der SRH vereinbarten Preis voraussichtlich um einen Selbstkostenpreis im Sinne der LSP handeln. Das sei nicht der Fall. Es sei bereits zweifelhaft, ob es dem Beklagten gelungen sei, die Erforderlichkeit des von ihm an die SRH tatsächlich gezahlten Entgelts in Höhe von rd. 4,6 Mio. € nachzuweisen. Auch im Zeitpunkt der Erstellung der Gebührenkalkulation sei eine verlässliche preisrechtliche Bewertung des an die SRH zu zahlenden Entgelts nicht möglich gewesen. Dies gehe zu Lasten des Beklagten. Ungeachtet dessen habe jedenfalls die Differenz zwischen dem gezahlten und dem von der SRH geforderten Entgelt nicht als Rückstellung in die Gebührenkalkulation eingestellt werden dürfen. In eine Gebührenkalkulation könnten nur Rückstellungen für solche ungewissen Verbindlichkeiten eingestellt werden, die im Falle ihres Bestehens auch tatsächlich auf die Gebührenzahler umgelegt werden könnten. Das sei nicht der Fall. Auch der Beklagte gehe davon aus, dass er im Falle seines Unterliegens in dem vor dem Landgericht Hamburg geführten Rechtsstreit ein Entgelt zahlen müsse, das preisrechtlichen Kriterien nicht genüge. Derartige Positionen dürften nicht auf die Gebührenschuldner umgelegt werden. Die Rückstellungen machten rund 8 % der gesamten vom Beklagten kalkulierten Kosten aus und seien deswegen im Rahmen der Gebührenkalkulation erheblich.

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten, vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Bildung von Rückstellungen zulässig gewesen. Er sei nicht davon ausgegangen, im Falle seiner Verurteilung zur Zahlung durch das Landgericht Hamburg einen überhöhten und damit bei der Kalkulation nicht berücksichtigungsfähigen Preis zahlen zu müssen. Selbst das Landgericht Hamburg habe angenommen, dass die zulässigen Kosten ggf. im Wege eines Sachverständigenbeweises zu klären seien. Im Zeitpunkt der Erstellung der Gebührenkalkulation habe er schlicht nicht absehen können, wie hoch das preisrechtlich zulässige Entgelt sein würde. Mithin sei er aus betriebswirtschaftlichen Gründen berechtigt gewesen, Rückstellungen zu bilden und diese in die Bilanz einzustellen. Auch habe er davon ausgehen dürfen, dass es sich bei dem an die SRH tatsächlich gezahlten Entgelt in Höhe von über 4,7 Millionen € um einen Selbstkostenpreis im Sinne der Verordnung PR Nr. 30/53 gehandelt habe. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der SRH seien allein Vorkalkulationen auf der Grundlage von vorläufigen Kostenschätzungen möglich gewesen. In den ersten Preisprüfungsberichten sei die vorläufige Festlegung der Selbstkostenpreise nicht beanstandet worden. Die hierauf gestützte Prognose könne sich deswegen nicht als rechtswidrig erweisen.

Das von der SRH im Juli 2004 angestrengte Klageverfahren auf Zahlung des auf der Basis des Vertrags vom 18. Dezember 1995 vereinbarten Entgelts (LG Hamburg, Az.: 303 O 346/04) ist durch Vergleich beendet worden. In diesem Vergleich einigten sich die Vertragsparteien darauf, den durchsatzunabhängigen Entsorgungspreis nachkalkulatorisch auf der Grundlage der Kosten seit Inbetriebnahme der MVR bis einschließlich 2003 durch die Preisüberwachungsstelle Hamburg ermitteln zu lassen. Die Parteien vereinbarten des Weiteren u. a. einen Gewinnzuschlag für die SRH und die MVR, der Beklagte erkannte die Kosten für die Erstellung eines Gleisanschlusses und für die Entrichtung von Gewerbeertragssteuer durch die SRH an. Unter dem 18. Dezember 2007 hat die Preisüberwachungsstelle Hamburg den Preisprüfungsbericht Nr. 87/2007 betreffend die Preisprüfung des Vertrages zwischen u. a. dem Beklagten und der SRH vorgelegt. Dieser Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass der Selbstkostenpreis (durchsatzunabhängiger Preis) per 31. Dezember 2003 156,31 €/t beträgt.

Der Beklagte trägt hierzu ergänzend vor, nach Abschluss der Preisprüfungen habe er der SRH für das Jahr 2005 einen Betrag in Höhe von 635.778,76 € und für das Jahr 2006 in Höhe von 248.141,45 € nachzahlen müssen. Insgesamt bedeuteten dies Zahlungen für 2005 in Höhe von 4.774.634,36 € + 635.778,76 € = 5.410.413,12 € (entspricht 180,34 €/t) und für 2006 in Höhe von 5.170.503,71 € + 248.141,45 € = 5.418.645,16 € (entspricht 180,62 €/t). Die im Ergebnis nicht benötigten Rückstellungen seien in der Jahresrechnung 2007 als Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen in den Gebührenhaushalt zurückgeführt worden.

Mit Urteil vom 9. Juni 2009 (Az.: C-480/06, veröffentlicht unter www.curia.europa.eu) hat der EuGH die Klage der EU-Kommission auf Feststellung einer Vertragsverletzung wegen der direkten Vergabe des Auftrags über Abfallentsorgungsleistungen u.a. durch den Beklagten an die SRH abgewiesen. Der EuGH hat eine Ausschreibungspflicht nach Maßgabe der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verneint.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils und vertieft sein Vorbringen aus dem vorausgegangenen Klageverfahren. Ergänzend trägt er vor, die Preisprüfungsberichte der Preisüberwachungsstelle Hamburg seien nicht geeignet, die Erforderlichkeit der in die Kalkulation eingestellten Kosten nachzuweisen. Es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Periodizität vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und Divergenz (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO) zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Die angefochtenen Gebührenbescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Gebührenbescheide ist § 12 NAbfG in der im Zeitpunkt des Satzungserlasses geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung vom 14. Juli 2003 (Nds. GVBl. S. 273, 276) i.V.m. § 20 der Satzung des Beklagten über die Abfallentsorgung vom 20. Dezember 2004 und der Abfallgebührensatzung selben Datums. Gemäß § 12 Abs. 1 NAbfG erhebt der beklagte Landkreis als der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NAbfG zuständige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für die Abfallentsorgung Gebühren nach den Vorschriften des NKAG mit den Maßgaben des § 12 Absätze 2 bis 8 NAbfG, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. § 12 Abs. 2 Satz 1 NAbfG bestimmt, dass das Aufkommen aus den Gebühren alle Aufwendungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für die Wahrnehmung seiner abfallwirtschaftlichen Aufgaben decken soll. § 12 Absätze 3 und 4 NAbfG regeln u.a., welche Leistungen ansatzfähige Aufwendungen begründen und welche mindestens durch die Gebühren zu decken sind. Nach Maßgabe des - durch § 12 Abs. 1 NAbfG in Bezug genommenen - § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG sind die Aufwendungen der Einrichtung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln.

Im Rahmen einer Gebührenkalkulation ansatzfähig sind danach alle nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Aufwendungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die in einem hinreichend engen Zusammenhang mit der Erstellung der Leistung Abfallentsorgung stehen, die also für die Aufgabenwahrnehmung getätigt werden (vgl. OVG SH, Urteil vom 13.2.2008 - 2 KN 3/06 - NordÖR 2008, 236, juris Rdn. 35; Lichtenfeld in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: April 2009, Band II, § 6 Rdn. 739 b). Nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 Satz 4 HS 1 NKAG gehören zu diesen Aufwendungen u.a. auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen, Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer oder Leistungsmenge gleichmäßig zu bemessen sind, sowie eine angemessene Verzinsung des aufgewandten Kapitals. Die ansatzfähigen Aufwendungen sind - regelmäßig im Rahmen einer (Voraus-) Kalkulation - für eine Rechnungsperiode zu veranschlagen, die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG einen Zeitraum von bis zu drei Jahren umfassen kann. Die Summe der veranschlagten Aufwendungen ist zur Ermittlung des Gebührensatzes durch die voraussichtlich die Abfallentsorgungsleistungen in Anspruch nehmenden Leistungseinheiten zu dividieren.

Die insoweit vorzunehmende Kalkulation des Gebührensatzes fällt formell in die Kompetenz des Kreistages. Das bedeutet, dass der Kreistag einen Gebührensatz nur auf der Grundlage einer Kalkulation, die er sich zu Eigen macht, ermessensfehlerfrei durch Satzung festlegen kann. Aus der vom Kreistag herangezogenen Gebührenkalkulation müssen sich dabei die Gründe für die Festlegung der Gebührensatzobergrenze ergeben. Das setzt voraus, dass die Kalkulation die kalkulatorischen Leitentscheidungen widerspiegelt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 13.11.1990 - 9 K 11/89 - NVwZ-RR 1992, 40, 44; Urteil vom 20.1.2000 - 9 K 2148/99 - NVwZ-RR 2001, 124, juris Rdn. 5; Lichtenfeld in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: April 2009, Band II, § 6 Rdn. 730; Rosenzweig/Freese, NKAG, Kommentar, Stand: Januar 2009, § 5 Rdn. 73).

Die dem Kreistag des Beklagten aus Anlass der Beschlussfassung über den Gebührensatz vorgelegte Gebührenkalkulation genügte diesen Anforderungen nicht. Dies gilt namentlich, soweit in der dem Kreistag bekannt gegebenen Gebührenbedarfsberechnung unter der Kostenposition "Aufwendungen für bezogene Leistungen" jährlich 5.441.400,- € für die "Thermische Verwertung SR Hamburg" veranschlagt sind. Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil hat der Beklagte nicht die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem von der SRH geforderten Entgelt als Rückstellung in die Kalkulation eingestellt. Vielmehr hat er den gesamten von der SRH 2004 geforderten Betrag als - prognostizierte - "Aufwendungen" in die Kalkulation der Jahre 2005 und 2006 aufgenommen, obwohl er zunächst nicht beabsichtigte, den gesamten eingestellten Betrag für die thermische Abfallverwertung einzusetzen. Wie sich auch den Kreistagsprotokollen entnehmen lässt, wollte der Beklagte der SRH bis zur gerichtlichen Klärung der Angemessenheit der von ihr geforderten Verbrennungskosten nur einen Teilbetrag des Geldes (im Jahr 2005 4.774.634,36 € und im Jahr 2006 5.170.503,71 €) überweisen und im Übrigen Rückstellungen bilden. Die Ausweisung des für Rückstellungen vorgesehenen Betrages als Aufwendungen ist indessen fehlerhaft. Denn Aufwendungen liegen nur vor, soweit tatsächlich Vermögenswerte eingesetzt werden (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Kommentar, 62. Aufl., 2003, § 256 Rdn. 1). Hinsichtlich des für die Rückstellungen vorgesehenen Betrages war im Zeitpunkt der Erstellung der Gebührenkalkulation ungewiss, ob auch dieses Geld zur Abgeltung der Forderung der SRH eingesetzt werden würde. Bei der Entscheidung, in dieser Form Rückstellungen zu bilden, handelt es sich um eine kalkulatorische Leitentscheidung, die in der dem Kreistag vorgelegten Gebührenbedarfsberechnung keinen Ausdruck findet.

Dieser Mangel führt allerdings nicht zur Nichtigkeit der satzungsrechtlichen Regelung des Gebührensatzes. Denn der Mangel wirkt sich nicht auf die - hier letztlich nicht zu beanstandende - Gebührenhöhe aus (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urteil vom 17.4.2002 - 9 CN 1/01 - BVerwGE 116, 188, juris Rdn. 31; Rosenzweig/Freese, NKAG, Kommentar, Stand: Januar 2009, § 5 Rdn. 75). Im Einzelnen:

Der kalkulatorisch ermittelte Gebührensatz ist rechtmäßig, wenn die bei der Ermittlung der ansatzfähigen Aufwendungen angestellten Wertungen und Prognosen auf begründeten Annahmen beruhen und sich der Satzungsgeber innerhalb des ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraums bewegt hat. Dieser Einschätzungsspielraum ist etwa dann überschritten, wenn sich der Satzungsgeber bei der Gebührenkalkulation von sachfremden Erwägungen, z.B. der Absicht einer Gewinnerzielung, hat leiten lassen oder er unrichtige Kalkulationsmethoden angewendet oder unzutreffende Daten verwendet hat (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 28.3.2001 - 9 K 4037/00 -; OVG SH, Urteil vom 13.2.2008 - 2 KN 3/06 - NordÖR 2008, 236, juris Rdn. 34). Nach diesen Maßgaben sind die Gebührenkalkulation des Beklagten und der darauf beruhende Abfallgebührensatz nicht zu beanstanden.

Bei der von dem Beklagten in die Gebührenkalkulation für die Jahre 2005 und 2006 eingestellten Kostenposition "Aufwendungen für bezogene Leistungen" in Höhe von jährlich 5.441.400,- € für die "Thermische Verwertung SR Hamburg" handelt es sich rechtlich um Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen im Sinne von § 12 NAbfG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG. Diese Entgelte können in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, wenn eine rechtliche Zahlungsverpflichtung der Gebühren erhebenden Kommune gegenüber dem die Fremdleistungen erbringenden Dritten besteht und sich dessen Entgelt in dem vom kostenbezogenen Erforderlichkeitsprinzip vorausgesetzten Rahmen bewegt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 22.1.1999 - 9 L 1803/97 - KStZ 1999, 190; Lichtenfeld in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: April 2009, Band II, § 6 Rdn. 737 f., 740; Rosenzweig/Freese, NKAG, Kommentar, Stand: Januar 2009, § 5 Rdn. 83 ff.).

Eine rechtliche Zahlungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der SRH ist gegeben. Der zwischen ihnen geschlossene Vertrag vom 18. Dezember 1995 ist wirksam. Der Wirksamkeit dieses Vertrages steht nicht entgegen, dass dem Vertragsschluss kein Vergabeverfahren vorausgegangen ist. Dies gilt schon deswegen, weil ein Verstoß gegen Vergabevorschriften ggf. nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führen würde (s. etwa Nds. OVG, Urteil vom 22.1.1999 - 9 L 1803/97 - KStZ 1999, 190; Beschluss vom 2.3.2004 - 9 LA 28/04 -; OVG NW, Urteil vom 15.12.1994 - 9 A 2251/93 - ZKF 1995, 109 ff., juris Rdn. 18 ff.; Jessen, Die Privatisierung der Abwasserbeseitigung aus gebührenrechtlicher Sicht, 2001, S. 170; vgl. auch EuGH, Urteil vom 18.7.2007 - C-503/04 - juris). Ungeachtet dessen liegt hier aber auch ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht vor. Wie der EuGH in seinem Urteil vom 9. Juni 2009 (Az.: C-480/06, www. curia.europa.eu) im Einzelnen zu dem hier konkret in Rede stehenden Vertrag ausgeführt hat, bedurfte es nicht der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Sinne der Richtlinie 92/50/EWG. Nach Maßgabe dieser Richtlinie ist eine öffentliche Stelle, die ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erfüllen kann, nicht gezwungen, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu ihren Dienststellen gehört. Hiernach bestand keine Verpflichtung des Beklagten, vor Vertragsschluss mit der SRH eine Ausschreibung vorzunehmen. Der Vertrag vom 18. Dezember 1995 wurde ausschließlich zwischen öffentlichen Stellen ohne Beteiligung Privater für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe geschlossen. Er bildet sowohl die Rechtsgrundlage als auch den Rechtsrahmen für die zukünftige Errichtung und den Betrieb einer Anlage, die für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der thermischen Verwertung von Abfällen bestimmt ist. Das Gemeinschaftsrecht schreibt den öffentlichen Stellen für eine gemeinsame Wahrnehmung ihrer Aufgaben keine bestimmte Rechtsform vor und zwingt sie auch nicht zu einer Ausschreibung der betreffenden Leistungen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 9. Juni 2009 ferner ausdrücklich festgestellt, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass die Vertragsparteien eine Vertragsgestaltung gewählt haben, mit der das Vergaberecht umgangen werden sollte.

Der Senat sieht auch deswegen keinen Anlass zur Prüfung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, ob der zwischen der SRH und der MVR geschlossene Vertrag hätte ausgeschrieben werden müssen. Vertragspartner des Beklagten ist allein die SRH. Der zwischen ihnen geschlossene Vertrag ist unabhängig davon wirksam, ob eine Ausschreibungspflicht in dem Verhältnis zwischen der SRH und der MVR bestand. Auch ist der Vertrag zwischen Beklagtem und SRH für die hier maßgebliche Frage, ob und inwieweit das darin vereinbarte Fremdleistungsentgelt in die Gebührenkalkulation eingestellt werden kann, allein von Belang.

Ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 GemHVO lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Nach dieser Vorschrift muss der Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Unter Berücksichtigung der vom EuGH in seinem Urteil vom 9. Juni 2009 vorgenommenen Würdigung des zwischen dem Beklagten und der SRH bestehenden Vertragsverhältnisses ist anzunehmen, dass vorliegend die Natur des Geschäfts eine öffentliche Ausschreibung ausschloss. Dem Beklagten ging es um die Begründung eines regionalen Entsorgungsverbundes mit der Stadt Hamburg zur Wahrnehmung der beiden Gebietskörperschaften obliegenden Aufgabe der Abfallentsorgung. Dabei wurde vertraglich etwa auch eine gegenseitige Einstandspflicht bei Notfällen vereinbart (dazu im Einzelnen EuGH, Urteil vom 9. Juni 2009 - C-480/06 - www. curia.europa.eu). Ebenso wenig wie das europäische Gemeinschaftsrecht zwingt das Haushaltsrecht dazu, die betreffenden Leistungen auszuschreiben.

Für die im vorliegenden Zusammenhang allein zu erörternde Frage der Wirksamkeit des Vertrages vom 18. Dezember 1995 ist ohne Belang, ob Preisrecht anwendbar ist und ggf. bei Vertragsschluss gegen die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen, zuletzt geändert durch Art. 289 Abs. 5 vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304), verstoßen worden ist. Eine Verletzung der Vorgaben der genannten Verordnung führte ggf. nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern lediglich dazu, dass die den Preis betreffende vertragliche Regelung nichtig wäre und der preisrechtlich zulässige Preis an die Stelle des preisrechtlich unzulässigen treten würde (Palandt-Heinrichs, BGB, Kommentar, 62. Aufl., 2003, § 134 Rdn. 26 f. m.N.; Jessen, Die Privatisierung der Abwasserbeseitigung aus gebührenrechtlicher Sicht, 2001, S. 158).

Ein Verstoß gegen das kostenbezogene Erforderlichkeitsprinzip liegt nicht vor. Dass der Beklagte in die Kalkulation für 2005 und 2006 jährlich den gesamten Betrag in Höhe von 5.441.400,- € eingestellt hat, ist letztlich nicht zu beanstanden. Da der Betrag den von der SRH im Jahr 2004 geforderten Kosten entspricht, gibt es Anhaltspunkte weder für eine Kostenüberdeckung noch für eine Erschließung illegaler Finanzquellen. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit von Kosten ist im Übrigen zu beachten, dass dem öffentlichen Entsorgungsträger bei der Bestimmung der Organisationsform und des angestrebten Entsorgungsniveaus ein durch gesetzliche Vorgaben begrenzter Ermessensspielraum verbleibt, der auch die Entscheidung über die Fragen umfasst, welche Kosten angemessen und auf die Gebührenschuldner umzulegen sind. Der vom Erforderlichkeitsprinzip gesteckte Rahmen ist erst dann überschritten, wenn das Entgelt außer Verhältnis zu den vom Dritten erbrachten Leistungen steht (vgl. zu alle dem Nds. OVG, Urteil vom 28.3.2001 - 9 K 4037/00 -; Urteil vom 9.11.1999 - 9 L 1832/99 - NSt-N 2000, 98, 99 betr. Straßenausbaubeiträge; Urteil vom 24.6.1998 - 9 L 2722/96 - KStZ 1999, 172; VG Göttingen, Urteil vom 17.12.2008 - 3 A 108/07 - juris Rdn. 36, 38 ff.; OVG NW, Urteil vom 24.6.2008 - 9 A 373/06 - KStZ 2009, 12, juris Rdn. 50; Urteil vom 15.12.1994 - 9 A 2251/93 - NVwZ 1995, 1238, juris Rdn. 21; Lichtenfeld in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: April 2009, Band II, § 6 Rdn. 738; Rosenzweig/Freese, NKAG, Kommentar, Stand: Januar 2009, § 5 Rdn. 62). Dem Beklagten stand es mithin frei, zur Aufgabenerledigung - wie hier - einen regionalen Entsorgungsverbund u.a. mit der SRH zur thermischen Abfallverwertung zu gründen. Hierdurch bedingte Aufwendungen können erst dann nicht mehr in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, wenn sie auch unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Beklagten ihrer Höhe nach als unangemessen und sachlich nicht mehr vertretbar anzusehen sind.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist von der Einschätzungspärogative des Beklagten gedeckt, dass er den Teilbetrag, den er tatsächlich an die SRH zu überweisen beabsichtigte (im Jahr 2005 4.774.634,36 € und im Jahr 2006 5.170.503,71 €), in die Kalkulation einstellte. Es handelte sich hierbei um die aus seiner Sicht für die thermische Abfallverwertung und damit für die Wahrnehmung der Aufgabe der Abfallentsorgung zu erbringenden Aufwendungen. Seine diesbezügliche Einschätzung beruhte auf hinreichend begründeten Annahmen. Um eine Prognoseentscheidung sachgerecht zu treffen, muss ein kommunaler Satzungsgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt grundsätzlich vollständig und zutreffend ermitteln. Bleibt die Tatsachengrundlage trotz Ausschöpfung aller zumutbaren Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung zweifelhaft, hat er das vorhandene Tatsachenmaterial in seine Erwägungen einzubeziehen und eine hierauf begründete Prognoseentscheidung zu fällen (vgl. OVG NW, Urteil vom 24.6.1980 - 14 A 467/77 - DVBl. 1980, 966; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl., 2008, § 40 Rdn. 83, 53 f.). Dem hat der Beklagte hier Genüge getan. Er ist nach Auswertung der die Bewertung des von der SRH geforderten Verbrennungspreises betreffenden Gutachten zu der begründeten Annahme gelangt, dass jedenfalls ein Entgelt im Jahr 2005 in Höhe von 4.774.634,36 € (entspricht 159,15 €/t) und im Jahr 2006 in Höhe von 5.170.503,71 € (entspricht 172,35 €/t) zu zahlen sei. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts gereicht dem Beklagten der Umstand, dass er zu einem weitergehenden Nachweis der Erforderlichkeit dieses Entgelts nicht in der Lage war, weil die für das Jahr 2003 vereinbarte Nachkalkulation aus von ihm nicht beeinflussbaren Gründen unterblieb, nicht zum Nachteil. Wie dargelegt war er lediglich verpflichtet, alle zumutbaren Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung auszuschöpfen. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts führt zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung des kommunalen Prognosespielraums.

Durch die kalkulatorische Einstellung des Differenzbetrages zwischen dem aus seiner Sicht zu zahlenden und dem von der SRH geforderten Verbrennungspreis hat der Beklagte ebenfalls nicht den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten. Bei der Gebührenkalkulation ist auf voraussichtliche Ereignisse in einer zukünftigen Rechnungsperiode abzustellen (Schulte/Wiesmann, in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: April 2009, Band I, § 6 Rdn. 25). Hieran hat sich der Beklagte ausgerichtet, indem er die gesamte von der SRH für die thermische Abfallverwertung geforderte Summe in die Kalkulation eingestellt hat. Im Zeitpunkt der Erstellung seiner Kalkulation konnte und musste er begründeter Weise davon ausgehen, dass diese Aufwendungen möglicherweise in der maßgeblichen Rechnungsperiode unmittelbar für die Erstellung der betrieblichen Leistung von ihm zu tätigen sein würden. Es handelte sich insoweit um eine im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehende ungewisse Verbindlichkeit, deren kalkulatorische Berücksichtigung betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.5.2009 - 2 BvL 1/00 - www.bundesverfassungsgericht.de Rdn. 3, 33; BayVGH, Urteil vom 3.3.1993 - 4 B 92.1878 - ZKF 1994, 59, juris Rdn. 27; Schulte/Wiesmann, in Driehaus, KAG, Kommentar, Stand: April 2009, Band I, § 6 Rdn. 32; Wöhe/Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 23. Aufl., 2008 S. 645, 790 ff.). Dass - wie dargelegt - der Betrag als Rückstellung in der Kalkulation auszuweisen gewesen wäre, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Anhaltspunkte dafür, dass die eingestellte Gesamtsumme unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Beklagten ihrer Höhe nach als unangemessen und sachlich nicht mehr vertretbar anzusehen ist, bestehen nicht. Dabei lässt der Senat offen, ob der vorliegende Fall wie diejenigen Fälle zu behandeln ist, in denen eine Ausschreibung in rechtswidriger Weise unterblieben ist. In letztgenannten Fällen ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu etwa Nds. OVG, Urteil vom 24.6.1998 - 9 L 2722/96 - KStZ 1999, 172; Urteil vom 28.3.2001 - 9 K 4037/00 -) die Angemessenheit eines Fremdleistungsentgelts anhand des Preisrechts zu beurteilen. Ob diese Grundsätze auch hier gelten, kann dahinstehen. Vorliegend ist die Anwendung preisrechtlicher Bestimmungen zweifelhaft, weil der Geltungsbereich der Verordnung PR Nr. 30/53 nach deren § 2 Abs. 1 auf öffentliche Aufträge begrenzt ist und sich angesichts der - im Zusammenhang mit dem Nichtbestehen einer Ausschreibungspflicht erörterten - besonderen Natur des in Rede Geschäfts die Frage aufdrängt, ob es sich hier um einen öffentlichen Auftrag im Sinne der Verordnung handelt. Ungeachtet dessen hat sich die begründete Prognose des Beklagten, dass er möglicherweise den gesamten von der SRH geforderten Verbrennungspreis zu zahlen haben würde, weil er mit preisrechtlichen Vorschriften vereinbar ist, bestätigt. Ausweislich der Preisprüfungsberichte der Preisüberwachungsstelle Hamburg Nr. 87/2007 und Nr. 21/2007 entspricht der von der SRH in Rechnung gestellte Preis dem Preisrecht.

Die vom Kläger angeführten Umstände rechtfertigen nicht die Annahme der Unangemessenheit des Fremdleistungsentgelts. Sein Einwand, dass die Landkreise einen Vertrag mit der SRH und nicht mit dem die Leistung erbringenden MVR geschlossen haben und dies gewisse Mehrkosten nach sich zieht, lässt das Organisationsermessen des Beklagten als öffentlichem Entsorgungsträger unberücksichtigt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die gewählte Vertragsgestaltung als sachwidrig erweist. Die Mehrkosten beruhen darauf, dass bei den aus Niedersachsen angelieferten Abfällen ein erhöhter Aufwand für die Erfassung, die Abrechnung und das Handling entsteht. Anhaltspunkte dafür, dass die dadurch bedingte Entgelterhöhung außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen steht, sind nicht gegeben (vgl. auch bereits Nds. OVG, Urteil vom 28.3.2001 - 9 K 4037/00 - S. 15 UA). Auch soweit der Kläger beanstandet, die Landkreise hätten die Kosten für die Erstellung des Gleisanschlusses der MVR für ihre Preisprüfung anerkannt, lässt sich ein Missverhältnis zwischen Entgelt und Leistung nicht feststellen. Die Landkreise haben hierdurch die Option erlangt, während der Dauer der gesamten Vertragslaufzeit ihre Abfälle per Bahn anliefern zu lassen. Ob sie diese gegenwärtig nutzen, ist unerheblich. Greifbare Ansatzpunkte dafür, dass die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen unangemessen wären, hat der Kläger nicht vorgetragen. Dies gilt zumal unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen im Preisprüfungsbericht Nr. 21/2007 der Preisüberwachungsstelle Hamburg vom 18. Dezember 2007 (S. 7 Rdn. 212), denen zufolge bei einer Weiternutzung der abgeschriebenen Anlage und ohne Berücksichtigung von Ersatzinvestitionen nach Ablauf der 20-jährigen Vertragslaufzeit bei einer Vertragsverlängerung in einer Preiskalkulation keine Abschreibungen über Null angesetzt werden dürften und bei einem Verkauf der mit einem hohen Instandhaltungsaufwand betriebenen Anlage ein Restwerterlös rückwirkend zu vergüten wäre. Es deutet nichts darauf hin, dass zu gegebener Zeit nicht entsprechend verfahren werden wird.

Ende der Entscheidung

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