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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 14.06.2001
Aktenzeichen: 22 W 34/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 2256 Abs. 1 | |
ZPO § 415 |
Beschluss
In der Nachlasssache
betreffend die Erteilung eines Erbscheins nach der am 13. Dezember 1999 verstorbenen Erblasserin xxxxx,
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 17. April 2001 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 14. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxx sowie die Richter am Oberlandesgericht xxxxxxx und xxxxx am 14. Juni 2001 beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 trät die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde.
Die Festsetzung durch das Landgericht für den Wert der Beschwerde wird auf 33.333 DM geändert.
Beschwerdewert: 33.333 DM.
Gründe:
Die weitere Beschwerde ist unbegründet.
Der angefochtene Beschluss beruht auf keiner Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Erblasserin nicht aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt worden ist.
I.
Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass das notarielle Testament vom 14. Dezember 1993 durch die am 28. Juli 1994 erfolgte Herausnahme aus der amtlichen Verwahrung des Nachlassgerichtes Bremen von der Erblasserin widerrufen wurde. Denn nach § 2256 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt ein vor einem Notar errichtetes Testament als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird. Durch das Protokoll vom 28. Juli 1994, einer öffentlichen Urkunde im Sinne des § 415 ZPO, deren Beweiskraft auch im Erbscheinsverfahren zu berücksichtigen ist (Keidel/Schmidt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 15 Rn. 53 m. w. N.), ist bewiesen, dass das notarielle Testament vom 14. Dezember 1993, das beim Nachlassgericht Bremen in amtliche Verwahrung gegeben war, vom Nachlassgericht Bremen der Erblasserin auf ihren Antrag persönlich zurückgegeben wurde. Konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Beurkundung sind nicht gegeben, sodass keine Vernehmung der Rechtspfleger, die das Protokoll aufgenommen haben, von Amts wegen anzuordnen war.
Das Schreiben der Alten- und Pflegeheim xxxxxxxxxx vom 27. Juli 2000 (Bl. 33 d. A.), das die Beteiligte zu 1 zum Nachweis der Unrichtigkeit des Protokolls vom 28. Juli 1994 vorgelegt hat, enthält keine Erklärung dazu, ob die Erblasserin das Haus xxxxxxx am 28. Juli 1994 verlassen hat oder nicht. Dies Schreiben beschränkt sich auf Ausführungen zum 27. Juli 1994.
Das Landgericht war auch nicht verpflichtet, die Beteiligte zu 5 zu der Behauptung der Beteiligten zu 1 zu vernehmen, die Beteiligte zu 5 habe aufgrund ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit der Erblasserin anstelle der Erblasserin das Testament am 28. Juli 1994 in Empfang genommen. Denn der entsprechende Vortrag der Beteiligten zu 1 aus dem Schriftsatz vom 2. Januar 2001 (Bl. 55 d. A.) ist ersichtlich ins Blaue erfolgt, da die Beteiligte zu 1 vorgetragen hat, die Angelegenheit sei 'nur erklärlich, indem eine andere Person unter dem Vorwand, tatsächlich die Erblasserin zu sein, erschienen' sei und sie 'deshalb behaupten (müsse), dass dies die Schwester der Erblasserin, (die Beteiligte zu 5), gewesen (sei), die der Erblasserin auch vom äußeren sehr ähnlich (sehe)' (Bl. 55 d. A.).
II.
Dieser Widerruf führt dazu, dass das notarielle Testament vom 29. Juli 1991, das die Erblasserin im notariellen Testament vom 14. Dezember 1993 mit der Erklärung, 'alle etwa vorhandenen früheren Verfügungen von Todes wegen' zu widerrufen, aufgehoben hat, gemäß § 2257 BGB, der auch für den Fall gilt, dass der Widerruf formularmäßig in einem späteren Testament der darin enthaltenen neuen Verfügung von Todes wegen vorangestellt ist (vgl. BayObLG FamRZ 1996, S. 1112, ansonsten würde die entsprechende gesetzliche Vermutung aus § 2258 Abs. 2 BGB eingreifen) wirksam ist, wie wenn es nicht widerrufen worden wäre.
1. Zwar weist die weitere Beschwerde zutreffend darauf hin, dass das Landgericht nicht geprüft hat, ob die gesetzliche Vermutung aus § 2257 BGB, wonach für den Fall, dass der durch Testament erfolgte Widerruf einer letztwilligen Verfügung widerrufen wird, im Zweifel die Verfügung wirksam ist, wie wenn sie nicht widerrufen worden wäre, durch den Tatsachenvortrag der Beteiligten zu 1 widerlegt ist.
Doch lässt sich kein Wille der Erblasserin bei der Testamentsrücknahme am 28. Juli 1994 feststellen, es trotz der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung für das Testament vom 14. Dezember 1993 bei dem darin enthaltenen Widerruf des Testamentes vom 29. Juli 1991 zu belassen.
Zum einen ist die von der Beteiligten zu 1 in ihrem Erbscheinsantrag vom 7. Juni 2000 behauptete und anschließend unter Beweis gestellte Erklärung der Erblasserin, diese habe nach Rücknahme des notariellen Testamentes vom 14. Dezember 1993 aus der amtlichen Verwahrung wiederholt bei Gesprächen mit Verwandten und befreundeten Familien erklärt, sie habe nunmehr alles so geregelt, dass der Nachlass zu gleichen Teilen an die lebenden Geschwister bzw. deren Familien falle (Bl. 9 und 10 d. A.), objektiv falsch. Durch den Vermerk des Rechtspflegers xxxxx vom 28. Juli 1994 auf dem Protokoll vom 28. Juli 1994 (Bl. 4 der BA) ist bewiesen, dass der Erblasserin am 28. Juli 1994 das notarielle Testament vom 29. Juli 1991 und dessen Verwahrung durch das Amtsgericht Bremen bekannt war. In Kenntnis dieser Verwahrung hat sie sich vom Rechtspfleger nur eine Ablichtung dieses Testamentes geben lassen und die vom Amtsgericht Bremen verwahrte Urkunde vom 29. Juli 1991 in der amtlichen Verwahrung belassen. Gleichzeitig hat sie dem Rechtspfleger mitgeteilt, in einigen Tagen mitzuteilen, ob das Testament vom 29. Juli 1991 bestehen bleiben soll oder nicht.
Die Herausnahme des notariellen Testamentes vom 29. Juli 1991 hat die Erblasserin also nicht veranlasst und damit nicht 'alles so geregelt, dass der Nachlass zu gleichen Teilen an die lebenden Geschwister bzw. deren Familien falle'.
Zum anderen bezieht sich diese von der Beteiligten zu 1 behauptete Erklärung der Erblasserin nicht konkret auf den Willen der Erblasserin bei Rücknahme des Testamentes am 28. Juli 1994, sondern diese Erklärung soll die Erblasserin erst zu einem späteren, nicht genau bezeichneten Zeitpunkt abgegeben haben. Ein entsprechender Wille der Erblasserin müsste aber für den Rücknahmezeitpunkt am 28. Juli 1994 festgestellt werden. Vielmehr deutet - wie oben ausgeführt - ihr tatsächliches Verhalten am 28. Juli 1994 darauf hin, dass sie zu diesem Zeitpunkt keinen Willen hatte, auch das Testament vom 29. Juli 1991 zu widerrufen.
Nach alledem greift für den 28. Juli 1994 die gesetzliche Auslegungsregel des § 2257 BGB ein, mit der Folge, dass das notarielle Testament vom 29. Juli 1991 wirksam ist.
Sollte sich die Erblasserin nach der Rücknahme vom 28. Juli 1994 entschlossen haben, auch das weiterhin in amtlicher Verwahrung befindliche Testament vom 29. Juli 1991 widerrufen zu wollen, hätte sie eine erneute formwirksame Widerrufserklärung abgeben müssen. Eine solche liegt aber nicht vor.
2. Obwohl das Landgericht nicht selbst geprüft hat, ob die gesetzliche Vermutung aus § 2257 BGB widerlegt ist, war die weitere Beschwerde aufgrund des vom Landgericht festgestellten Sachverhaltes zurückzuweisen. Denn das Landgericht hat unter I. des angefochtenen Beschlusses die Aufnahme des Vermerkes vom 28. Juli 1994 durch den Rechtspfleger xxxxx festgestellt (Bl. 66 d. A.) und dazu unter II. ausgeführt, dass die Erblasserin bei der Rücknahme vom 28. Juli 1994 erwogen habe, ob sie das Testament vom 28. Juli 1991 widerrufen wolle oder nicht (Bl. 68 d. A.). Die Rechtsfolge aus diesem Sachverhalt, dass damit die Auslegungsregel des § 2257 BGB eingreift - wie oben ausgeführt -, kann das Rechtsbeschwerdegericht feststellen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i. V. m. § 563 ZPO). 3. Die Feststellungslast für den Umstand, dass die gesetzliche Vermutung aus § 2257 BGB nicht widerlegt werden konnte, trägt die Beteiligte zu 1 als Antragstellerin im Erbscheinsverfahren, weil sie sich auf eine Unwirksamkeit des Testamentes vom 29. Juli 1991 beruft.
III.
Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht für den Fall, dass die Erblasserin das notarielle Testament vom 14. Dezember 1993 bereits mit handschriftlicher Widerrufserklärung vom 21. Juli 1994, die nur in beglaubigter Abschrift vorliegt (Bl. 5 d. A.) und bisher nicht eröffnet wurde, widerrufen hätte. Auch für den 21. Juli 1994 ließe sich kein Willen der Erblasserin feststellen, dass sie es bei der Aufhebung des notariellen Testaments vom 29. Juli 1991 belassen wollte. Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass der Erblasserin am 21. Juli 1994 das notarielle Testament vom 29. Juli 1991 und dessen Inhalt noch in Erinnerung war, da sie im notariellen Testament vom 14. Dezember 1993 erklärt hatte, bisher eine letztwillige Verfügung von Todes wegen noch nicht errichtet zu haben. Der Rechtspfleger xxxxxx hatte ihr erst am 28. Juli 1994 eine Ablichtung des notariellen Testaments vom 29. Juli 1991 ausgehändigt.
IV.
Der neue Tatsachenvortrag der Beteiligten zu 1, der sich aus dem Schriftstück ergibt, der der weiteren Beschwerde als Anlage beigefügt war (Bl. 75 - 77 d. A.), ist unbeachtlich, da es sich bei der weiteren Beschwerde um eine reine Rechtsbeschwerde handelt.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 Fall 1 FGG.
Der Beschwerdewert wurde gemäß § 30 Abs. 1 Halbsatz 1, § 131 Abs. 2 KostO auf 33.333 DM festgesetzt. Den Nachlasswert hat die Beteiligte zu 1 in ihrem Erbscheinsantrag mit 300.000 DM angegeben (Bl. 11 d. A.). Das Interesse der Beteiligten zu 1 ist darauf gerichtet, aufgrund gesetzlicher Erbfolge als Miterbe zu 1/6 an diesem Nachlass beteiligt zu sein. Dieser Wert war wegen der eingeschränkten Funktion des Erbscheins (nur Legitimationswirkung) um ein weiteres Drittel zu mindern. Dementsprechend war auch die Festsetzung durch das Landgericht für den Wert der Beschwerde von Amts wegen abzuändern.
Ende der Entscheidung
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