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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.07.2006
Aktenzeichen: 6 U 63/04
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 1 | |
UWG § 3 | |
UWG § 5 | |
UWG § 4 | |
UWG § 8 IV | |
UWG § 13 V |
2. Zur Frage, wann die Abwerbung von Mitarbeitern als wettbewerbswidrig eingestuft werden kann.
Gründe:
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Die Klägerin hat mit der Berufungsbegründung zunächst die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und den Antrag zu I. 1. um mehrere Hilfsanträge ergänzt (Bl. 523-527 d. A.). Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerin den Hauptantrag zu I. 1. und einen Teil der Hilfsanträge hierzu zurückgenommen.
Auf Hinweis des Senats vom 02.03.2005 (Bl. 696 d. A.) hat die Klägerin eine Sachverhaltszuordnung erstellt, in der dargelegt worden ist, welche Klageanträge mit welchem Tatsachenvortrag begründet werden sollen; wegen der Einzelheiten wird auf die zuletzt eingereichte Anlage BK 62 (Bl. 1079 d. A.) verwiesen.
Mit Schriftsätzen vom 10.05. und 13.05.2005 hat die Klägerin zur Begründung des Klagebegehrens weitere Verletzungshandlungen vorgetragen; auf einen Hinweis des Senats (Beschluss vom 10.04.2006, Bl. 1099 d. A.) hat sie erklärt, sie werde diesen Komplex zum Gegenstand eines weiteren Verfahrens machen.
Im übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:
I.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,
1.
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Handelsvertreter, insbesondere Führungskräfte in der Position eines Teammanagers, Teamleiters, Managers oder Direktors, die zur Klägerin in einem gültigen Vertragsverhältnis stehen, das ein Wettbewerbs- und Abwerbungsverbot enthält, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar abzuwerben und/oder deren Abwerbung vorzubereiten, dergestalt, dass sie
a)
diese unaufgefordert zum Zweck der Abwerbung anspricht und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Besprechungstermin einschleicht,
aa)
indem er einen Handelsvertreter der Klägerin dazu veranlasst, einen anderen Handelsvertreter der Klägerin zum Zwecke der Abwerbung anzusprechen, um mit ihm ein weiteres Gespräch verabreden, das dann entgegen der Verabredung nicht von dem ansprechenden Handelsvertreter, sondern von einem Geschäftsführer oder Vertriebsmitarbeiter der Beklagten wird,
oder
bb)
indem er ihre Mitarbeiter der V oder sonstige Beauftragte veranlasst, bei Handelsvertretern der Klägerin anzurufen und vorzuspiegeln, sich dort bewerben zu wollen, wenn in dem dann anschließenden Bewerbungsgesprächstermin offenbart wird, dass gar kein Interesse an einer Anstellung bei dem Handelsvertreter besteht, sondern vielmehr der Handelsvertreter der Klägerin für die V abgeworben werden soll,
und/oder
b)
diese unaufgefordert zum Zweck der Abwerbung anspricht und dabei und/oder in anschließenden Gesprächen Aussagen tätigt, die die Klägerin herabsetzen, und zwar durch Angaben wie:
aa)
die Klägerin betrüge ihre Mitarbeiter und/oder
bb)
die Klägerin sei eine tickende Zeitbombe und/oder
cc)
die Klägerin sei ein viel zu starres Gefüge und/oder
dd)
der Vertriebschef A halte die Handelsvertreter der Klägerin unter Druck
ee)
die Handelsvertreter der Klägerin würden im Falle ihrer Kündigung durch Detektive kontrolliert und/oder
ff)
die Führungskraft E habe schon vor Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin keine oder wenig Verträge über die Klägerin eingereicht
und/oder
c)
diese unaufgefordert zum Zweck der Abwerbung anspricht und dabei und/oder in anschließenden Gesprächen die Klägerin herabsetzt, und zwar durch falsche Behauptungen wie,
aa)
die Klägerin werde "geschmiert"
bb)
die Klägerin wolle die Abzuwerbenden herabstufen,
und/oder
über die V, O1 falsche Angaben macht, wie
cc)
die V, O1 werde höhere Provisionen zahlen,
und/oder
dd)
bei der V, O1 würde man doppelt so viel verdienen
und/oder
d)
diese unaufgefordert zum Zweck der Abwerbung anspricht und sie dabei und/oder in anschließenden Gesprächen auffordert, ihr Vertragsverhältnis mit der Klägerin fristlos zu kündigen, obwohl tatsächlich kein Kündigungsgrund verliegt,
und/oder
e)
diese unaufgefordert zum Zweck der Abwerbung anspricht und diesen dabei und/oder in anschließenden Gesprächen anbietet, die Kosten für eine eventuelle anlässlich der Kündigung notwendige Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bis zu einer gewissen Höhe zu übernehmen.
und/oder
f)
diese unaufgefordert zum Zweck der Abwerbung anspricht und diese dabei und/oder in anschließenden Gesprächen auffordert, unmittelbar und vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin Geschäfte für die V, O1 zu vermitteln,
2.
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Handelsvertreter, insbesondere Führungskräfte in der Position eines Teammanagers, Teamleiters, Managers oder Direktors, die zur Klägerin in einem gültigen Vertragsverhältnis stehen, das ein Wettbewerbs- und Abwerbungsverbot enthält, zu veranlassen, andere Handelsvertreter der Klägerin, wie die ihnen zugeordneten, zur fristlosen oder firstgerechten Kündigung ihrer Verträge mit der Klägerin aufzufordern oder anzuhalten und für ein vom Beklagten benanntes Konkurrenzunternehmen, insbesondere die V, O1 tätig zu werden;
hilfsweise
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Handelsvertreter, insbesondere Führungskräfte in der Position eines Teammanagers, Teamleiters, Managers oder Direktors, die zur Klägerin in einem gültigen Vertragsverhältnis stehen, das ein Wettbewerbs- und Abwerbungsverbot enthält, zu veranlassen, die ihnen zugeordneten Handelsvertreter der Klägerin zur fristlosen oder fristgerechten Kündigung ihrer Verträge mit der Klägerin aufzufordern oder anzuhalten und für ein vom Beklagten benanntes Konkurrenzunternehmen, insbesondere die V, O1 tätig zu werden und dabei wörtlich oder sinngemäß zu behaupten,
a)
der "..." betrüge seine Mitarbeiter und/oder
b)
der "..." sei eine tickende Zeibombe;
3.
Handelsvertreter, die die Beklagte der Klägerin abgeworben hat, durch Erstellung oder Aushändigung entsprechender Formschreiben oder in anderer Weise anzuhalten, Kunden der Klägerin zu veranlassen, die Betreuung durch die Klägerin zu beenden, sofern die Kunden von den abgeworbenen Handelsvertretern zu einem Zeitpunkt angesprochen werden, in dem das Vertragsverhältnis zwischen dem abgeworbenen Handelsvertreter und der Klägerin noch nicht beendet ist.
II.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang der Beklagte die in vorstehenden Ziff. I. 1. und I. 2. bezeichneten und nachstehend aufgeführten Handlungen begangen hat und zwar unter Angabe von Zeit, Ort, Art und Weise, beteiligten Personen und Anzahl der von ihr betriebenen Abwerbungen beziehungsweise Abwerbungsversuche:
1.
Abwerbung des M gemäß Ziffer I. 1. a) aa); I. 1.. b) aa), bb), cc), dd), ff); I. 1. e);
2.
Abwerbung des N gemäß Ziffer I. 1. a) bb);
3.
Abwerbung des G gemäß Ziffer I. 1. b) bb); I. 1. c) dd);
4.
Abwerbung der H gemäß Ziffer I. 1. b) bb); I. 1. c) dd);
5.
Abwerbung der B gemäß Ziffer I. 1. b) ee); I. 1. c) cc); I. 1. d); I. 1. f)
6.
Abwerbung des C gemäß Ziffer I. 1. b) ee); I. 1. c) cc); I. 1. d); I. 1. f)
7.
Abwerbung des O gemäß Ziffer I. 1. c) aa);
8.
Abwerbung des P gemäß Ziffer I. c) aa);
9.
Abwerbung der D gemäß Ziffer I. 1. c) bb) cc); I. 1. d); I. 1. e); I. 1. f);
10.
Abwerbung des Q gemäß Ziffer I. 1. e);
11.
Veranlassung des E durch die Geschäftsführer der Beklagten, die Handelsvertreter der Klägerin D, C, B, F, G und H abzuwerben;
12.
Veranlassung des K durch die Geschäftsführer der Beklagten, die Handlesvertreter der Klägerin L und M abzuwerben;
13.
Veranlassung des R weitere Namen zu nennen;
14.
Veranlassung des Q durch die Geschäftsführer der Beklagten, den Handelsvertreter der Klägerin S abzuwerben.
III.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle ihr aus den Handlungen nach Ziffer II. bereits entstandenen oder künftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen;
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die nachfolgende Darstellung unter II. Bezug genommen.
Die Parteien haben einer Verwertung der im Parallelverfahren 6 U 61/04 durchgeführten Beweisaufnahme im vorliegenden Verfahren zugestimmt.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
A. Unterlassung (Antrag zu I.)
1.
Die Unterlassungsklage ist zulässig; sie ist insbesondere - was als Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist - nicht rechtsmissbräuchlich (§§ 13 V UWG a.F., 8 IV UWG) erhoben worden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. bereits WRP 2000, 1269, 1272 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung - und nunmehr WRP 06, 354 Rdz. 16 ff. - MEGA SALE) bestehen allerdings Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches, weil von sachfremden Erwägungen getragenes Vorgehen, wenn ein Unterlassungsgläubiger bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß gegen mehrere verantwortliche Unterlassungsschuldner getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl eine streitgenössische Inanspruchnahme auf der Passivseite mit keinerlei Nachteilen verbunden wäre. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Klägerin hat praktisch zeitgleich mit der vorliegenden Klage die vom Beklagten als Geschäftsführer vertretene Gesellschaft wegen desselben Sachverhalts mit identischen Klageanträgen mit einer bei demselben Gericht eingereichten Klage auf Unterlassung in Anspruch genommen (Parallelverfahren 6 U 61/06). Ein sachlicher Grund für dieses Vorgehen ist nicht ersichtlich; insbesondere hat die Klägerin in der Folgezeit in beiden Verfahren im Wesentlichen identische Schriftsätze eingereicht.
Gleichwohl kann wegen der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts eine missbräuchliche Mehrfachverfolgung nicht angenommen werden. Die vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass - wie meist im Wettbewerbsrecht - ein Wettbewerbsverhalten beanstandet wurde, das eine unbestimmte Vielzahl von Konkurrenten im Wettbewerb beeinträchtigen konnte; unter dieser Voraussetzung ist die Annahme, dem ohne erkennbaren Grund in getrennten Verfahren vorgehenden Gläubiger gehe es in Wahrheit nicht um die Unterbindung diese Wettbewerbsverhaltens, sondern um die Verfolgung anderer Ziele, besonders naheliegend. Im vorliegenden Fall richteten sich die beanstandeten Abwerbemaßnahmen richteten sich dagegen gezielt und ausschließlich gegen die Klägerin. Unter diesen Umständen erscheint der Schluss, die mit der Verfolgung in getrennten Verfahren verbundene Verursachung vermeidbarer Mehrkosten sei das alleinige oder auch nur überwiegende Motiv für die gerichtliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche gewesen (vgl. hierzu BGH a.a.O. - MEGA SALE), nicht gerechtfertigt. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass das Hauptinteresse der Klägerin ungeachtet dieser Verfahrensweise dem Ziel galt, gerichtlichen Rechtsschutz gegen die beanstandeten Abwerbemaßnahmen zu erlangen.
1.
Der Klägerin stehen die mit dem zuletzt gestellten Klageantrag zu I. geltend gemachten Unterlassungsansprüche in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang zu, weil die im Antrag bezeichneten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Abwerbung von Mitarbeitern als wettbewerbswidrig einzustufen sind und nach der im Parallelverfahren 6 U 61/04 durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen ist, dass der Beklagten sich - jedenfalls als Mittäter (§ 840 BGB) - gegenüber Handelsvertretern der Klägerin in entsprechender Weise verhalten hat.
Soweit die nachfolgend dargestellten Abwerbemaßnahmen durch den Zeugen ZE, der Mitte 2001 aus seiner leitenden Stellung bei der Klägerin zur Fa. W gewechselt ist, ergriffen worden sind, ist davon auszugehen, dass dem eine die Haftung des Beklagten nach § 840 BGB begründende Beteiligung des Beklagte zugrunde lag. Der Zeuge ZE hat bekundet, in einem am 13.8.2001 geführten Gespräch mit den Vorstandsmitgliedern T und U der Beklagten die weiteren Modalitäten hinsichtlich der von ihm durchzuführenden Abwerbeaktivitäten zu Gunsten der Beklagten abgesprochen und sich hierüber mit den Herren T und U einig geworden zu sein; aus den vereinbarten Rahmenbedingungen habe sich für ihn ergeben, dass er auf jeden Fall versuchen musste, seine Mitarbeiter zu einem Wechsel zur Beklagten zu veranlassen. Nach dem persönlichen Eindruck, den der Zeuge ZE bei seiner Vernehmung vermittelt hat, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Damit sind die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten nach § 840 BGB erfüllt, soweit es nicht nur um einzelne anlässlich eines Abwerbegespräches gefallene Äußerungen des Zeugen ZE geht, sondern um die Grundzüge des gemeinsam abgesprochenen Vorgehens des Zeugen.
Antrag zu I. 1. b) cc)
Die zu Abwerbezwecken aufgestellte Behauptung, die Klägerin sei ein "viel zu starres Gefüge", setzt die Klägerin pauschal herab und daher unlauter (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 7 UWG); dies gilt unabhängig davon, ob die darin liegende Wertung auf Grund bestimmter Tatsachen berechtigt erscheinen mag oder nicht.
Der Zeuge ZM hat nach Vorhalt einer von ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 25.10.2001 bekundet, dass der Beklagte im Rahmen eines Abwerbegesprächs mit ihm erklärt habe, die Klägerin sei ein viel zu starres Gefüge. An der Richtigkeit dieser Darstellung hat der Senat keine Zweifel.
Antrag zu I. 1. b) dd)
Die in einem Abwerbegespräch aufgestellte Behauptung, der Vertriebschef der Klägerin "halte einen unter Druck", enthält ebenfalls eine pauschale Herabsetzung der Klägerin (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 7 UWG).
Der Zeuge ZM hat bestätigt, dass der Beklagte sich auch dieser Formulierung bedient hat.
Antrag zu I. 1. c) aa)
Die in einem Abwerbegespräch aufgestellte Behauptung, die Klägerin werde "geschmiert", stellt ebenfalls eine pauschale Herabsetzung dar (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 7 UWG).
Nach der Aussage des Zeugen ZP, an deren Richtigkeit nach dem vom Zeugen vermittelten persönlichen Eindruck keine Zweifel bestehen, hat der Beklagte in einem Abwerbegespräch mit dem Zeugen erklärt, dass im Zusammenhang mit der Produktprüfung Gelder an die Klägerin gezahlt würden, die praktisch Schmiergelder darstellten; er - der Zeuge - könne sich erinnern, dass in diesem Zusammenhang das Wort "Schmieren" gefallen sei. Diese Aussage rechtfertigt eine Verurteilung der Beklagten nach dem gestellten Klageantrag.
Antrag zu I. 1. d)
Unter der im Antrag genannten Voraussetzung stellt die Aufforderung zur fristlosen Kündigung eine Aufforderung zum Vertragsbruch dar und ist daher unlauter (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 10 UWG).
Die Zeugen ZE, ZC, ZB und ZD haben übereinstimmend bestätigt, dass der Zeuge ZE die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin zur Voraussetzung für einen Wechsel zur Fa. W gemacht hat. Dabei war allen Beteiligten klar, dass ein Grund für eine solche fristlose Kündigung tatsächlich nicht bestand. Der Zeuge ZE hat weiter bekundet, dass er sein Vorgehen insoweit zuvor mit dem Beklagten abgestimmt hat.
Antrag zu I. 1. f)
Die Aufforderung, noch vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin Geschäfte für die Fa. W zu vermitteln, stellt eine Aufforderung zum Vertragsbruch dar und ist daher als Mittel der Abwerbung unlauter (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 10 UWG), soweit - wogegen sich der Klageantrag richtet - die Aufforderung vor dem Ausspruch der Kündigung erfolgt ist.
Nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen ZE, ZB und ZD hat sich der Zeuge ZE jedenfalls gegenüber den Zeuginnen ZB und ZD entsprechend geäußert.
Die Haftung des Beklagten für das Verhalten des Zeugen ZE ergibt sich aus den oben unter 1. dargestellten Erwägungen.
Antrag zu I. 2.
Dem Beklagten soll untersagt werden, Mitarbeiter der Klägerin, die in einem gültigen Vertragsverhältnis mit der Klägerin stehen und einem vertraglichen Abwerbeverbot unterliegen, zu Abwerbeversuchen gegenüber Kollegen zu veranlassen.
Die Verträge der Klägerin mit ihren Mitarbeitern enthalten ein solches Abwerbeverbot (vgl. Mustervertrag Ziffer 10. 6, Bl. 42. d.A.). Gegen die Wirksamkeit dieses vertraglichen Abwerbeverbots während des laufenden Vertragsverhältnisses bestehen keine Bedenken; es handelt sich insoweit lediglich um die Konkretisierung der allgemeinen Treuepflicht, mit der es unvereinbar wäre, andere Beschäftigte des eigenen Arbeitgebers bzw. Geschäftsherrn zu einem Wechsel zur Konkurrenz zu veranlassen. Ob das Abwerbeverbot auch wirksam ist, soweit es für die Zeit nach Vertragsbeendigung vereinbart ist (dagegen mit guten Gründen die Entscheidung des OLG Celle vom 13.6.2002 - 11 U 63/02), kann dahinstehen, da der Antrag nur die Veranlassung solcher Mitarbeiter zur Abwerbung erfasst, die noch in einem Vertragsverhältnis mit der Klägerin stehen.
Das Bestehen des vertraglichen Abwerbeverbots war dem Beklagten auch bekannt, da dieser früher selbst bei der Klägerin beschäftigt war. Daher stellt der Versuch, Mitarbeiter der Klägerin zu einer Abwerbetätigkeit zu veranlassen, eine Aufforderung zum Vertragsbruch dar, die gegen §§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 10 UWG n.F. verstößt.
Nach den Aussagen der Zeugen ZE, ZC, ZB und ZD steht fest, dass der Zeuge ZE die genannten Mitarbeiter aufgefordert hat, noch vor der (wirksamen) Beendigung ihres Vertragsverhältnisses mit der Klägerin weitere Mitarbeiter der Klägerin abzuwerben. Insbesondere war allen Zeugen klar, dass die von ihnen ausgesprochenen fristlosen Kündigungen unwirksam waren, da es an den dafür erforderlichen besonderen Gründen fehlte.
Zur Haftung des Beklagten für das Verhalten des Zeugen ZE wird wiederum auf die obigen Ausführungen unter 1. verwiesen.
Antrag zu I. 3.
Die an abgeworbene Mitarbeiter der Klägerin, deren Vertragsverhältnis mit der Klägerin noch nicht beendet ist, gerichtete Aufforderung, noch vor Beendigung dieses Vertragsverhältnisses Kunden der Klägerin zur Beklagten abzuwerben, stellt ein unlauteres (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 10 UWG) Verleiten zum Vertragsbruch dar.
Nach der Aussage des Zeugen ZM ist davon auszugehen, dass der der Beklagte an den Zeugen ZM eine Aufforderung im Sinne des Klageantrags gerichtet hat. Der Zeuge hat bei seiner ersten Vernehmung durch das Landgericht bekundet (Sitzungsprotokoll vom 21.2.2003, Bl. 457 ff. d.A. der Akten des Verfahrens 6 U 61/04), dass der Beklagte in dem zweiten mit dem Zeugen geführten Abwerbegespräch auch die sogenannte Umdeckung von Kunden angesprochen habe. Zugleich hat er ausgesagt, dass er vom Beklagten bei dieser Gelegenheit unter anderem das Formular "Änderung des Betreuungsverhältnisses/Maklerauftrag" erhalten habe, welches sich als Kopie als Bl. 121 bei den Akten des Parallelverfahrens 6 U 61/04 befindet. Da dieses Formular der Durchführung des "Umdeckens" auf die Beklagte dient, konnte der Zeuge ZM den Äußerungen des Beklagten nur entnehmen, das er mit dem Umdecken sofort, jedenfalls noch vor wirksamer Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin beginne sollte. Dies rechtfertigt eine Verurteilung des Beklagten nach dem gestellten Klagantrag.
2.
Im übrigen war die Berufung hinsichtlich des Klageantrags zu I. zurückzuweisen, da der Klägerin die insoweit geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zustehen.
Antrag zu I. 1. a) aa)
Dem Beklagte soll untersagt werden, sich bei einem abzuwerbenden Mitarbeiter der Klägerin einen "Besprechungstermin" mit dem Geschäftsführer oder Vertriebsleiter der Beklagten zu erschleichen, indem der Beklagte einen bei der Fa. W beschäftigten Handelsvertreter veranlasst, mit dem Abzuwerbenden ein Abwerbegespräch mit diesem Handelsvertreter zu vereinbaren, das sodann vom Beklagten selbst wahrgenommen wird.
Das Unterlassungsbegehren ist nur dann schlüssig, wenn - wofür der Wortlaut spricht - unter einem "Besprechungstermin" im Sinne des Antrags ein persönliches Gespräch unter Anwesenden zu verstehen ist; unter dieser Voraussetzung ist es unlauter (§§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 10 UWG), sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen solchen besonders intensiven Kontakt zu verschaffen, bei dem der Abzuwerbende gut zu beeinflussen ist. Wenn dagegen durch den Handelsvertreter der Fa. W nur eine weiteres Telefongespräch - wenn auch unter Hervorrufung falscher Vorstellungen über den zu erwartenden Anrufer - vorbereitet werden soll, das vom Beklagten geführt wird, kann hierin keine unlautere Behinderung der Klägerin gesehen werden. Denn der Abzuwerbenden befindet sich dann in keiner wesentlich anderen Situation, als wenn der Beklagte ihn sogleich angerufen hätte. Insbesondere ist ein solches Telefongespräch seitens des Angerufenen leichter zu beenden als eine Besprechung unter Anwesenden.
Die Klägerin hat keinen Verletzungsfall vorgetragen, der unter diesen Voraussetzungen eine Verurteilung rechtfertigt. Im Fall M, auf den die Klägerin sich beruft, hat nach Darstellung der Klägerin der Handelsvertreter K der Fa. W gegenüber Herrn M lediglich ein weiteres Telefongespräch vorbereitet, das sodann der Geschäftsführer T der Beklagten geführt haben soll.
Antrag zu I. 1. a) bb)
Der Zeuge ZN hat zwar bestätigt, dass zwei Personen sich unter der im Klageantrag genannten Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Termin bei ihm verschafft haben, in dem sie den Zeugen zur Beklagten abzuwerben versucht haben. Da der Zeuge jedoch zur Identität dieser Personen keine Angaben machen konnte, bestehen für eine Mithaftung des Beklagten nach § 840 BGB keinerlei Anhaltspunkte.
Antrag zu I. 1. b) aa)
Die Klägerin hat nicht beweisen können, dass im Fall M der Beklagte geäußert hat, die Klägerin betrüge ihre Mitarbeiter. Der Zeuge ZM hat nicht mit der erforderlichen Sicherheit bestätigt, dass der Beklagte diese Formulierung benutzt hat. Er hat zunächst bekundet, das Wort "Betrug" sei in diesem Zusammenhang nicht gefallen. Auch nach Vorhalt seiner insoweit anders lautenden eidesstattlichen Versicherung vom 9.11.2001 konnte er aus seiner heutigen Erinnerung nicht mehr angeben, dass der Beklagte das Wort "Betrug" gebraucht habe. Danach verbleiben jedenfalls Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung der Klägerin, die einer Verurteilung entgegenstehen.
Antrag zu I. 1. b) bb)
Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf den Fall G/H stützt, haben die Zeugen ZE, ZG und ZD zwar bestätigt, dass der Zeuge ZE in einem Abwerbegespräch die Klägerin als "tickende Zeitbombe" bezeichnet hat, was gegen §§ 1 UWG a.F., 3, 4 Nr. 7 UWG verstößt. Im vorliegenden Fall kann jedoch eine Mithaftung des Beklagten nach § 840 BGB für diese Äußerung nicht angenommen werden, weil nicht davon auszugehen ist, dass der Beklagte auch für die Benutzung einer solchen Formulierung durch den Zeugen ZE einen eigenen Tatbeitrag geleistet hat; insbesondere ergeben sich für einen solchen Schluss auch aus der Aussage des Zeugen ZE keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf den Fall M stützt, findet sich die streitgegenständliche Behauptung in dem in Anlage BK 62 in Bezug genommenen klägerischen Vortrag nicht.
Antrag zu I. 1. b) ee)
Die Klägerin hat nicht beweisen können, dass der Beklagte am 7.11.2001 in einem Abwerbegespräch mit den Zeugen ZC und ZB, bei dem auch die Zeugen ZE und ZD anwesend waren, erklärt hat, die Klägerin werde nach einer Kündigung ihre bisherigen Mitarbeiter durch Detektive überprüfen lassen. Die Zeugen ZE, ZC und ZD konnten sich an eine solche Äußerung nicht erinnern. Demgegenüber hat die Zeugin ZB zwar bekundet, es sei auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass die Klägerin die abgeworbenen Mitarbeiter durch Detektive überprüfen könne. Zum einen ist jedoch kaum erklärlich, warum die anderen Zeugen diese Äußerung nicht mitbekommen haben. Zum andern hat die Zeugin ZB die fragliche Aussage jedenfalls auch dem Zeugen ZE selbst zugeschrieben, der - obwohl er ansonsten seine Abwerbeaktivitäten sehr freimütig dargestellt hat - seinerseits eine solche Außerung nicht bestätigt hat. Unter diesen Umständen ist nicht auszuschließen, dass die Zeugin ZB bei ihrer Aussage einem Irrtum unterlegen sein könnte, zumal zum Zeitpunkt ihrer Aussage seit den in Rede stehenden Vorgängen etwa fünf Jahre vergangen waren.
Antrag zu I. 1. b) ff)
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nach ihrem eigenen Tatsachenvorbringen nicht zu.
Die im Antrag wiedergegebene Behauptung über das Verhalten des Zeugen ZE soll der Beklagte gegenüber dem Zeugen ZM im Rahmen eines Abwerbegesprächs am 10.11.2001 aufgestellt haben. Der Umstand, dass der Mitarbeiter E der Klägerin faktisch seine Tätigkeit für die Klägerin bereits eingestellt habe, sollte dabei als Argument für einen Wechsel auch von M dienen. Diese Äußerung beinhaltet jedoch - was der Antrag zu 1. b) verlangt - keine Herabsetzung der Klägerin. Herabgesetzt wird allenfalls der Zeuge ZE (als ungetreuer Mitarbeiter) oder die Fa. W (als Ausnutzerin des ungetreuen Verhaltens des Zeuge), nicht aber die Klägerin, die in diesem Zusammenhang lediglich in der Rolle des "Opfers" erscheint.
Antrag zu I. 1. c) bb)
Die beanstandete Äußerung war nur dann unlauter, wenn sie unzutreffend war. Nach den Aussagen der Zeugen ZE und ZD muss aber davon ausgegangen werden, dass eine Herabstufung der Zeugin ZD tatsächlich beabsichtigt war.
Die Frage einer Mithaftung des Beklagten nach § 840 BGB kann daher dahinstehen.
Antrag zu 1. c) cc)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge ZE in den Fällen D sowie C und B den Abzuwerbenden unzutreffenderweise versprochen hat, bei der Fa. W höhere Provisionen zu erhalten.
Die Zeugin ZD hat lediglich bekundet, der Zeuge ZE habe ihr vor Ausspruch der Kündigung Versprechen hinsichtlich der Gewinnbeteiligung gegeben; von einer Zusage höherer Provisionen haben weder die Zeugin ZD noch der Zeuge ZE berichtet.
Im Fall C und B haben die Zeugen ZE, ZC und ZB zwar übereinstimmend ausgesagt, dass der Zeuge ZE den beiden anderen Zeugen bei einem Wechsel zur Beklagten höhere Provisionen in Aussicht gestellt hat. Die Zusage war aber zutreffend. Der Zeuge ZC hat bekundet, dass nach dem Wechsel jedenfalls "unter dem Strich zu Anfang mehr herauskam" als bei der Klägerin. Die Zeugin ZB hat erklärt, dass sie jedenfalls an Bestandsprovisionen mehr erhalten habe als zuvor bei der Klägerin. Der Zeuge ZE hat ebenfalls ausgesagt, dass die von ihm gegebene Zusage höherer Provisionen auch eingehalten worden sei.
Die Frage einer Mithaftung des Beklagten nach § 840 BGB kann daher auch hier dahinstehen.
Antrag zu I. 1. c) dd)
Zwar ist nach den Aussagen der Zeugen ZE und ZG davon auszugehen, dass der Zeuge ZE dem Zeugen ZG zu Abwerbezwecken die unzutreffende und daher unlautere (§§ 3, 5 UWG) Zusage gemacht hat, bei der Fa. W doppelt so viel verdienen zu können wie bei der Klägerin. Auch insoweit kann jedoch eine Mithaftung des Beklagten nach § 840 BGB nicht angenommen werden; insoweit gelten die oben zum Antrag zu I. 1. b) bb) genannten Erwägungen auch hier.
Antrag zu I. 1. e)
Soweit die Klägerin entsprechend der Anlage BK 62 ihr Unterlassungsbegehren mit den Fällen D, M und Q begründet, rechtfertigt ihr Sachvortag eine Verurteilung nach dem Klageantrag nicht.
Hinsichtlich der Fälle D und Q kann dem schriftsätzlichen Vorbringen, auf das die Klägerin sich insoweit in Anlage BK 62 bezogen hat, nicht entnommen werden, dass die Übernahme von Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Kündigung versprochen worden sein soll.
Im Fall M hat der Zeuge ZM bereits bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, Herr T habe nichts davon gesagt, dass er auch die Kosten für den Rechtsbeistand übernehmen wolle (Sitzungsprotokoll vom 21.2.2003 in der Parallelsache 6 U 61/04, S.4).
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.6.2006 - in der Form der Bezugnahme auf den im Parallelverfahren 6 U 61/04 eingereichten Schriftsatz vom 12.6.2006 - ihr Unterlassungsbegehren auch auf den - in der Anlage BK 62 nicht enthaltenen - Fall R stützt, liegt hierin ein neues Angriffsmittel, das als verspätet (§§ 525 i.V.m. 296 II ZPO) zurückzuweisen ist.
Dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin in der Berufungserwiderung war nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, welcher der unter II. 6. a) bis r) (Seiten 12 bis 48) der Berufungsbegründung dargestellten Vorfälle zur Begründung welcher der mit den Anträgen zu I. geltend gemachten Unterlassungsansprüche herangezogen werden sollte. Es war und ist nicht Aufgabe des erkennenden Senats, die Vielzahl der vorgetragenen Vorgänge darauf zu untersuchen, ob und in welcher Hinsicht sie geeignet sein könnten, die Vielzahl der unterschiedlichen Unterlassungsanträge zu rechtfertigen. Der Senat hat die Klägerin hierauf mit Verfügung vom 2.3.2005 hingewiesen, was die Klägerin veranlasst hat, die als Anlage BK 62 eingereichte Sachverhaltszuordnung vorzunehmen. Erst diese Zuordnung hat die erforderliche prozessuale Grundlage für die Prüfung des Streitstoffs und die Durchführung der Beweisaufnahme durch den Senat bereitet.
Unter diesen Umständen stellt der Umstand, dass die Klägerin nunmehr den Klageantrag zu I. 1. e) auch auf den - in der Anlage BK 62 nicht enthaltenen - Fall R stützt, ein neues Angriffsmittel dar. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass der entsprechende Sachvortrag bereits in den zuvor eingereichten Schriftsätzen, insbesondere der Berufungsbegründung (S. 43 erster Absatz), enthalten war. Denn aus den soeben dargelegten Gründen wurde diese Berufungsbegründung den Anforderungen an eine geordneten Sachvortrag nicht gerecht.
Das verspätete Vorbringen des neuen Angriffsmittels beruht auf grober Nachlässigkeit. Nach dem Hinweis des Senats vom 2.3.2005 war die Klägerin gehalten, die fehlende Sachverhaltszuordnung vollständig und gewissenhaft nachzuholen, wozu ihr in der Folgezeit auch ausreichend Zeit blieb. Die Zulassung des Angriffsmittels würde den Rechtsstreit verzögern. Nachdem der Beklagte die Behauptung der Klägerin, er habe dem Zeugen ZR die Übernahme der bei einer Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin entstehenden Anwaltskosten zugesagt, in der mündlichen Verhandlung vom 27.6.2006 bestritten hat, müsste der von der Klägerin hierzu benannte Zeuge zu diesem Punkt vernommen werden; ohne eine Zulassung des Angriffsmittels ist die Sache dagegen entscheidungsreif. Bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen der Zulassungsentscheidung nach § 296 II ZPO hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Zeuge ZR bereits zu anderen Beweisthemen vernommen worden ist und daher bei rechtzeitiger Einführung des Angriffsmittels auch hierzu hätte gehört werden können.
B. Auskunft (Antrag zu II.)
Hinsichtlich des Auskunftsantrages hat die Berufung in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen bleibt es bei der vom Landgericht ausgesprochenen Klageabweisung.
1.
Die Anträge sind dahin zu verstehen, daß die Klägerin Auskunft und Schadensersatz jeweils hinsichtlich der namentlich und - durch Bezugnahme auf die einzelnen Unterlassungsanträge - sachlich konkretisierten Einzelfälle begehrt. Wie die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.6.2006 - in Form der Bezugnahme auf den in der Parallelsache 6 U 61/04 eingereichten Schriftsatz vom 12.6.2006 klargestellt hat, werden die Anträge zu 11., 12., 13. und 14. - auch wenn es an einer ausdrücklichen Bezugnahme fehlt - sachlich durch den Unterlassungsantrag zu I. 2. eingegrenzt.
2.
Soweit es nach den Ausführungen unter A. 2. mangels Verletzungshandlung bereits an einem Unterlassungsanspruch fehlt - Anträge zu I. 1. a) aa); 1. a) bb); 1. b) aa); 1. bb) 1. b) ee); 1. b) ff); 1. c) bb); 1. c) cc); 1. c) dd) 1. e) -, kann auch der Auskunftsantrag keinen Erfolg haben.
Im übrigen sind die Auskunftsansprüche nur gegeben, wenn eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit besteht. Diese ist nur zu bejahen, wenn mehr als die nur theoretische Möglichkeit dafür bejaht werden kann, dass das konkret zu beanstandende Verhalten jedenfalls mitursächlich für die Entscheidung des abgeworbenen Mitarbeiters war, das Vertragsverhältnis mit der Klägerin zu beenden.
3.
Daraus folgt für die einzelnen Anträge folgendes:
Antrag zu 1. (M)
Der Auskunftsantrag ist insgesamt abzuweisen.
Hinsichtlich Ziffern I. 1. a) aa), b) aa), b) bb), b) ff), e) des Antrags fehlt es an einer Verletzungshandlung (s.o. 2.).
Zu Ziffer I. 1. d) ist der Zeuge ZM bereits vom Landgericht vernommen worden. Seine Aussage rechtfertigt eine Verurteilung nach dem Klageantrag jedoch nicht. Der Zeuge hat zunächst bekundet, der Beklagte habe ihm erklärt, neben einer ordentlichen Kündigung könne ein wichtiger Grund für eine Kündigung möglicherweise dann bestehen, wenn die Klägerin, die in diesen Dingen sehr lax verfahre, mit Provisionszahlungen im Rückstand sei. Dies entspricht nicht der mit dem Klageantrag angegriffenen Aufforderung zu einer grundlosen fristlosen Kündigung. Soweit der Zeuge ZM im weiteren Verlauf seiner Vernehmung die Richtigkeit seiner eidesstattlichen Versicherung vom 10.11.2001 bestätigt hat, ergibt sich daraus nichts anderes. Danach soll der Beklagte zwar gesagt haben "Kündigen Sie fristlos, der "..." wird das in eine fristgemäße Kündigung umwandeln" und sich erst anschließend beim Zeugen nach dem Bestehen von Gründen zur fristlosen Kündigung erkundigt haben. Nachdem der Zeuge bei seiner gerichtlichen Vernehmung jedoch zunächst die oben dargestellte Variante des Gesprächsinhalts geliefert hat, ist zumindest denkbar, dass diese und nicht diejenige aus der eidesstattlichen Versicherung zutrifft.
Hinsichtlich Ziffern I. 1. b) cc) und b) dd) fehlt es an der Schadenswahrscheinlichkeit (s.o. 2.), da die in Rede stehenden Äußerungen nach der Lebenserfahrung nicht ausschlaggebend für die Kündigung gewesen sein dürften.
Antrag zu 2. (N)
Der Auskunftsantrag ist abzuweisen, da es hinsichtlich Ziffer I. 1. a) bb) an einer Verletzungshandlung fehlt.
Antrag zu 3. und 4. (G/H)
Sowohl hinsichtlich Ziffer I. 1. b) bb) als auch hinsichtlich I. 1. c) dd) fehlt es bereits an einer Verletzungshandlung des Beklagten (s.o. 2.).
Antrag zu 5. (B)
Hinsichtlich Ziffern I. 1. d) und f) hat der Auskunftsantrag Erfolg, da alle Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt sind. Die in Rede stehenden Abwerbemaßnahmen gegenüber der Zeugin ZB sind nach der Aussage des Zeugen ZE in Absprache mit dem Beklagte ergriffen worden; damit ist eine Haftung des Beklagten jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung (§ 840 II BGB) gegeben. Eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit ist in diesem Fall ebenfalls zu bejahen.
Hinsichtlich Ziffern I. 1. b) ee) und cc) ist der Auskunftsantrag dagegen abzuweisen, da es an einer Verletzungshandlung fehlt (s.o. 2.).
Antrag zu 6. (C)
Der Auskunftsantrag hat hinsichtlich der Ziffer I. 1. d) Erfolg, da die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt sind. Insoweit gelten die obigen Ausführungen unter 5. (B) hier entsprechend.
Im übrigen ist der Auskunftsantrag abzuweisen.
Hinsichtlich Ziffern I. 1. b) ee) und cc) fehlt es an einer Verletzungshandlung (s.o. 2.).
Hinsichtlich Ziffer 1. f) fehlt ist die erforderliche Schadenswahrscheinlichkeit (s.o. 2.) zu verneinen, weil der Zeuge ZC sich an eine entsprechende Äußerung des Zeugen ZE vor der Kündigung nicht erinnern konnte, so dass die erforderliche Kausalität zwischen der beanstandeten Äußerung und dem späteren Verhalten des Zeugen nicht angenommen werden kann.
Antrag zu 7. und 8. (O/P)
Der Auskunftsantrag hat keinen Erfolg, da es an der erforderlichen Schadenswahrscheinlichkeit fehlt, nachdem der Abwerbeversuch gegenüber dem Zeugen ZP und Herrn O erfolglos blieb.
Antrag zu 9. (D)
Hinsichtlich Ziffern I. 1. d) und f) hat der Auskunftsantrag Erfolg, da die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt sind; insoweit kann ebenfalls auf die obigen Ausführungen unter 5. (B) verwiesen werden.
Hinsichtlich Ziffern I. 1. c) bb), cc) und e) ist der Auskunftsantrag mangels Verletzungshandlung abzuweisen (s.o. 2.).
Antrag zu 10. (Q)
Der Auskunftsantrag besteht nicht, da es hinsichtlich Ziffer I. 1. e) an einer Verletzungshandlung fehlt (s.o. 2.).
Anträge zu 11. und 12.
Die - wie oben unter 1. dargestellt auszulegenden - Auskunftsanträge haben Erfolg. Nach den obigen Ausführungen zum Unterlassungsanspruch zu I. 2. sind auch die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt.
Antrag zu 13.
Der Auskunftsantrag hat keinen Erfolg, da er nicht hinreichend bestimmt ist. Für den Beklagte als Auskunftsschuldner ist nicht erkennbar, worin die verlangten weiteren Angaben über die "Veranlassung des R, weitere Namen zu nennen", bestehen sollen. Soweit die Klägerin klargestellt hat, auch dieser Auskunftsantrag beziehe sich auf die Verletzungshandlung gemäß Unterlassungsantrag zu I. 2., ergibt sich hieraus keine abweichende Beurteilung, da der Klageantrag zu I. 2. eine Verpflichtung, Handelsvertreter der Klägerin nicht zur Nennung von Namen zu veranlassen, nicht enthält.
Der Senat hat die Klägerin mit Beschluss vom 10.4.2006 auf die genannten Bedenken gegen die Bestimmtheit ihres Antrages hingewiesen. Da sie gleichwohl an diesem Antrag festgehalten hat, war die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen.
Antrag zu 14.
Der Auskunftsantrag hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat sich zur Begründung des Unterlassungsantrages zu I. 2. zwar auch auf den Fall Q/S berufen (Anlage BK 62). In den insoweit in Bezug genommenen Schriftsätzen ist jedoch weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass die Geschäftsführer der Beklagten Herrn Q aufgefordert haben sollen, noch während des Bestehens seines Vertragsverhältnisses mit der Klägerin Herrn S abzuwerben.
C. Schadensersatzfeststellung (Antrag zu III.)
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzfeststellungsanspruch in dem gleichen Umfang zu wie der Auskunftsanspruch; wegen des weitergehenden Schadensersatzfeststellungsanspruchs war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 269 III, 2 ZPO. Die festgesetzte Kostenquote trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klage zum weit überwiegenden Teil zurückgenommen worden ist bzw. in der Sache keinen Erfolg hatte. Insbesondere war der ursprünglich gestellte Hauptantrag zu I. 1. der Sache nach darauf gerichtet, dem Beklagten die Abwerbung von Führungskräften der Klägerin, die einem vertraglichen Wettbewerbs- und Abwerbeverbot unterliegen, generell - d.h. ohne Rücksicht auf weitere Modalitäten - zu untersagen. Diese weite Fassung des Hauptantrages zu I. 1. beruhte auch nicht auf einem Versehen der Klägerin; vielmehr zeigen die in der Berufungsbegründung zunächst gestellten Hilfsanträge zu diesem Hauptantrag, dass es der Klägerin in der Tat darum ging, ein derart weit gehendes Verbot zu erwirken. Hinter diesem Verbotsziel bleibt der Umfang des nunmehr ausgesprochenen Verbots weit zurück.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 II, 1 ZPO) liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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