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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Beschluss verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: 1 W 8/05
Rechtsgebiete: InsO, ZUSEG, JVEG


Vorschriften:

InsO § 21 Abs. 1
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2
InsO § 22
InsO § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
InsO § 22 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3
InsO § 22 Abs. 2
ZUSEG § 3 Abs. 2 S. 1 a.F.
JVEG § 4 Abs. 5
JVEG § 9 Abs. 1
JVEG § 9 Abs. 1 S. 1
JVEG § 9 Abs. 1 S. 2
JVEG § 9 Abs. 1 S. 3
JVEG § 9 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1 W 8/05

Beschluss

des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg

vom 24. Februar 2005

in dem Insolvenzverfahren

wegen Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters als Gutachter

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Aschaffenburg wird der Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Aschaffenburg vom 3. November 2004 in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts Aschaffenburg vom 24. November 2004 abgeändert.

Die Vergütung des Rechtsanwalts ... für seine Tätigkeit als Gutachter im vorläufigen Insolvenzverfahren wird auf 1922,99 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 30.6.2004, eingegangen beim Amtsgericht Aschaffenburg am selben Tag, stellte die Schuldnerin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma ... GmbH.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Aschaffenburg vom 2.7.2004 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt gemäß § 22 InsO zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Ein allgemeines Verfügungsverbot wurde der Schuldnerin nicht auferlegt. Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Aschaffenburg ordnete jedoch gemäß § 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 InsO an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind; Rechtsanwalt übte somit die Funktion eines sogenannten schwachen bzw. halbstarken Insolvenzverwalters aus.

Gleichzeitig wurde Rechtsanwalt ... als Sachverständiger beauftragt, ein Gutachten darüber zu erstatten, ob Tatsachen vorliegen, die dem Gericht den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Schuldnerin ermöglichen, sowie ob eine die Verfahrenskosten deckende verfügbare Masse vorhanden ist.

Am 31.8.2004 legte der vorläufige Insolvenzverwalter das von ihm erstellte Gutachten vor. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1.9.2004 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt ... als Insolvenzverwalter bestellt.

Aufgrund einer Abrechnung vom 2.9.2004 beantragte Rechtsanwalt die Festsetzung seiner Vergütung für die Gutachtertätigkeit in Höhe von insgesamt 2.350,74 Euro, wobei er als Zeitaufwand 24,25 Stunden zu je 80,-- Euro (= 1.940 Euro) und zusätzlich Auslagen, Fahrtkosten und Umsatzsteuer in Höhe des Restbetrages geltend machte.

Das Amtsgericht Aschaffenburg hat diesem Antrag mit Beschluss vom 3.11.2004 im Wesentlichen stattgegeben. Es wurde lediglich anstelle geltend gemachter 25 Euro als Auslagenpauschale ein Betrag von 20 Euro (jeweils zuzüglich Umsatzsteuer) anerkannt. Somit belief sich die festgesetzte Vergütung des Rechtsanwaltes auf insgesamt 2.344,94 Euro.

Die Anerkennung eines Stundensatzes in Höhe von 80,-- Euro wurde damit begründet, dass eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG nicht in Betracht käme und eine Zuordnung der Tätigkeit des Sachverständigen in die Honorargruppe 7 angemessen und angebracht sei. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Aschaffenburg vom 11.11.2004. Mit Beschluss vom 12.11.2004 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Aschaffenburg der Beschwerde des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Landgericht Aschaffenburg vorgelegt, das mit Beschluss vom 24.11.2004, den Beteiligten zugegangen kraft Verfügung vom 1.12.2004, die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Aschaffenburg vom 3.11.2004 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen hat.

Die Zurückweisung der Beschwerde des Bezirksrevisors wurde: durch das Landgericht Aschaffenburg ebenfalls damit begründet, dass § 9 Abs. 2 JVEG die vorliegende Beauftragung des Sachverständigen, der als sogenannter schwacher Insolvenzverwalter tätig war, nicht erfasse und auch eine analoge Anwendung der Norm ausscheide. Somit sei die Tätigkeit des Gutachters nach § 9 Abs. 1 JVEG zu honorieren; eine Vergütung in Höhe von 80,-- Euro/Stunde sei angemessen.

Gegen diesen Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg hat der Bezirksrevisor bei dem. Landgericht Aschaffenburg mit Schriftsatz vom 14.12.2004 weitere Beschwerde gemäß § 4 Abs. 5 JVEG eingelegt. Das Landgericht hat dieser mit Beschluss vom 14.12.2004 nicht abgeholfen (die Datumsangabe im Nichtabhilfebeschluss - 24. November 2004 - beruht auf einem offensichtlichen Versehen, wie sich aus dem zeitlichen Ablauf und der sich an den Beschluss anschließenden Verfügung ergibt) und die Sache dem Oberlandesgericht Bamberg zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 3.11.2004 sowie des Landgerichts Aschaffenburg vom 24.11.2004 verwiesen.

Der vorläufige Insolvenzverwalter hat mit Schrieben vom 26.1.2005 und vom 14.12.2005 zur Beschwerde und zur weiteren Beschwerde des Bezirksrevisors Stellung genommen.

II.

1. Die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors des Landgerichts Aschaffenburg ist zulässig, da das Landgericht Aschaffenburg als Beschwerdegericht entschieden und die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat (§ 4 Abs. 5 S. 1 JVEG).

Der Bezirksrevisor hat die Beschwerde auf eine Verletzung des Rechts gestützt. Er hat diese damit begründet hat, dass § 9 Abs. 2 JVEG nicht richtig angewandt worden sei, da diese Regelung auch die Sachverständigentätigkeit des sogenannten halbstarken Insolvenzverwalters umfassen solle. Ferner sei der allgemeine Grundsatz des § 9 Abs. 1 JVEG nicht beachtet worden, wonach für gleichartige Gutachtertätigkeit eine Entschädigung nach gleichen Stundensätzen und somit in Höhe von 65,-- Euro zu erfolgen habe.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Annahme des Amtsgerichts und Landgerichts Aschaffenburg ist der Senat der Auffassung, dass für den Sachverständigen, der auch als sogenannter schwacher oder halbstarker Insolvenzverwalter tätig ist, gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG ein Honorar in Höhe von 65,-- Euro für jede Stunde seiner Tätigkeit in Ansatz zu bringen ist.

Damit ist er wie folgt zu vergüten:

24,25 Stunden zu je 65,-- Euro (= 1.576,25 Euro) zuzüglich Auslagenpauschale (20,-- Euro), Fahrtkosten (7,20 Euro) und Kopierkosten (46,30 Euro und 8 Euro = 54,30 Euro). Hieraus errechnet sich ein Gesamtbetrag von 1657,75 Euro, der um 265,24 Euro (16 % Umsatzsteuer) zu erhöhen ist. Somit beläuft sich die Gesamtvergütung auf 1922,99 Euro.

a. Der Senat schließt sich der in den Vorinstanzen vertretenen Auffassung insoweit an, als § 9 Abs. 2 JVEG im vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar ist. Ferner kommt eine erweiternde Auslegung dieser Norm ebenso wenig in Betracht wie deren analoge Anwendung.

Rechtsanwalt ... wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass der Schuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde. Das Amtsgericht - Insolvenzgericht -Aschaffenburg ordnete jedoch an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Darüber hinaus wurde Rechtsanwalt ... mit der Erstattung eines Gutachtens zur Ermittlung von Tatsachen zur Frage der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Firma ... GmbH beauftragt.

aa) § 9 Abs. 2 JVEG regelt jedoch ausdrücklich, dass nur das Honorar eines Sachverständigen im Falle des § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO abweichend von Abs. 1 für jede Stunde 65,-- Euro beträgt.

Die Regelung in § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO wiederum bezieht sich auf den Fall, dass der vorläufige Insolvenzverwalter, dem aufgrund eines dem Schuldner auferlegten allgemeinen Verfügungsverbotes die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners zusteht, zu prüfen hat, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird. Zusätzlich kann das Gericht ihn beauftragen, als Sachverständiger zu begutachten, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen.

Somit kommt eine unmittelbare Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG nur dann in Betracht, wenn ein Gutachter als sogenannter "starker" Insolvenzverwalter bestellt ist.

bb) Dieser klare Wortlaut des § 9 Abs. 2 JVEG schließt nach Auffassung des Senats auch eine erweiternde Auslegung der Regelung sowie deren analoge Anwendung aus (a.A. AG Hamburg NZI 2004, 677; Keller, NZI 2004, 465, 466).

Der Gesetzgeber hatte ursprünglich die Regelung des § 9 Abs. 2 JVEG in der nunmehr geltenden Fassung nicht vorgesehen (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1971 S. 67). Diese Bestimmung wurde erstmals in der Beschlussempfehlung, des Rechtsausschlusses vom 11.2.2004 eingefügt. Aus deren Begründung (Bundestagsdrucksache 15/2487 S. 139) lässt sich entnehmen, dass der Vorschlag des Rechtsausschusses sich auf die Sachverständigentätigkeit im (bereits laufenden) Insolvenzverfahren bezog und hierfür ausdrücklich ein besonderes Honorar vorgesehen werden sollte. Der Rechtsausschuss nimmt ausdrücklich Bezug auf § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO und stellt heraus, dass das Gericht den vorläufigen Insolvenzverwalter mit der bereits angesprochenen Gutachtenserstellung beauftragen kann. Weiter wird ausgeführt, dass es sich dabei um eine Sachverständigenleistung eigener Art handelt, die ausschließlich im Insolvenzverfahren erbracht wird und nicht einem bestimmten Sachgebiet i.S. des § 9 Abs. 1 JVEG zuordenbar ist.

Auch wenn diesen Erwägungen und den sonstigen Begründungen zur Beschlussempfehlung im maßgeblichen Zusammenhang nicht expressis verbis entnommen werden kann, dass der Rechtsausschuss den isoliert tätigen Gutachter vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder den "schwachen" bzw. "halbstarken" Insolvenzverwalter vom Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 JVEG ausschließen wollte, kann nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Möglichkeiten der Beauftragung von Sachverständigen im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren übersehen hätte. Denn zum einen wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in der Literatur darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit des Sachverständigen im Insolvenzeröffnungsverfahren (generell) nicht aufgeführt ist, obwohl es sich insoweit quantitativ um die häufigste Tätigkeit von Sachverständigen in einem Gerichtsverfahren handele (Schmerbach, ZInsO 2003, 882 ff.). Die Annahme, dass dies dem Gesetzgeber verborgen geblieben wäre, ist wohl nicht gerechtfertigt.

Erst recht kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 22 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 InsO übersehen worden wäre, dass die benachbarte Regelung in § 22 Abs. 2 InsO, die den sogenannten "schwachen" oder "halbstarken" vorläufigen Insolvenzverwalter betrifft und dessen Beauftragung mit der Erstellung eines Gutachtens im Insolvenzverfahren ebenfalls zulässt, bei der Schaffung des § 9 Abs. 2 JVEG nur versehentlich nicht in Bezug genommen worden wäre (so jedoch, AG Hamburg NZI 2004, 677, das ein gesetzgeberisches Versehen annimmt).

Somit drängt sich die Annahme auf, dass der Gesetzgeber durch § 9 Abs. 2 JVEG bewusst ausschließlich den in § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO angesprochenen Sachverhalt regeln wollte. Demzufolge scheitert - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - eine ausweitende Auslegung der gesetzlichen Regelung, da eine Norm nicht weiter greifen kann, als durch die gesetzgeberische Wertentscheidung tatbestandlich erfasst werden sollte (vgl. MünchKomm-Säcker, BGB, 4. Aufl., Einl. Rdnr. 83). Eine rechtsfortbildende Überschreitung der durch den Wortsinn gezogenen Grenze käme nur dann in Betracht, wenn sich der normative Wille des Gesetzgebers nicht im Rahmen des Wortlauts der Regelung verwirklichen ließe (a.a.O., Rdnr. 100 m.w.N.).

Eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG scheidet aus, da - wie soeben festgestellt - eine hierfür erforderliche bewusste oder unbewusste planwidrige Regelungslücke fehlt (so bereits AG Göttingen, NZI 2004, 676 mit Hinweis auf Schmerbach, Insbüro 2004, 82, 84 und Ley, ZIP 2004, 1391, 1392).

b. Demzufolge ist bei der Bemessung des Honorars des schwachen oder halbstarken Insolvenzverwalters, der mit der Erstellung des maßgeblichen Sachverständigengutachtens betraut ist, auf § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG abzustellen. Dies bedeutet, dass die Leistung, die auf einem Sachgebiet erbracht wird, das in keiner Honorargruppe genannt wird, nach billigem Ermessen einer Honorargruppe zuzuordnen ist. Hierbei sind- nach dem Wortlaut der Regelung die allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze zu berücksichtigen.

aa) Die Tätigkeit des halbstarken Insolvenzverwalters als Sachverständiger zu Fragen der Zahlungsunfähigkeit, drohenden Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung der Schuldnerin sowie zur verfügbaren Masse ist in keiner Honorargruppe der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 S. 2 JVEG benannt.

bb) Der vom Gesetzgeber vorgegebene Ansatz vermag bei der Bestimmung des Honorars nicht so recht weiter zu helfen, da Leistungen der maßgeblichen Art ausschließlich durch die Gerichte in Auftrag gegeben werden und somit außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarte Stundensätze nicht existieren. Dies deckt sich mit der Situation des Sachverständigen im Sinne des § 9 Abs. 2 JVEG. Dann ist es nach Auffassung des Senats trotz der Ablehnung einer erweiternden Auslegung und einer analogen Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG gerechtfertigt, bei der Bemessung des Honorars nach Billigkeitsgesichtspunkten ebenfalls zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die gutachterliche Tätigkeit des schwachen oder halbstarken Insolvenzverwalters mit 65,-- Euro/Stunde zu honorieren ist.

(11) Mangels außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarter Stundensätze ist auf die von gerichtlicher Seite bislang geleisteten Vergütungen abzustellen. Bei Anerkennung eines Honorars in Höhe von 65,-- Euro/ Stunde wird dem ebenso Rechnung getragen wie der Intention des Gesetzgebers, mit der Schaffung der neuen Vergütungsregelung nach dem JVEG dem Leitbild des selbstständigen und hauptberuflich in dieser Eigenschaft tätigen Sachverständigen gerecht zu werden. Denn genau hierauf wird durch den Gesetzgeber im Rahmen der bei § 9 Abs. 2 JVEG vorgenommenen Festsetzung des Stundensatzes auf 65,-- Euro hingewiesen, wenn ausgeführt wird, dass die Tätigkeit des Sachverständigen im Insolvenzverfahren regelmäßig mit dem nach § 3 Abs. 2 S. 1 ZUSEG a.F. vorgesehenen Höchststundensatz von 52,-- Euro entschädigt wurde und ein Berufssachverständigenzuschlag dabei nicht in Betracht kam. Dies war der Anlass, den bis zum Inkrafttreten des JVEG regelmäßig angesetzten Stundensatz in dem Maße anzuheben, in dem nach dem JVEG die Sachverständigenvergütung durchschnittlich steigen sollte. Hieraus resultierte sodann der für § 9 Abs. 2 JVEG festgesetzte Stundensatz von 65,-- Euro (vgl. BT-Drs. 15/2487 S. 139).

(22) Nicht gefolgt wird somit der Auffassung, die eine Einordnung des schwachen oder halbstarken Insolvenzverwalters als Gutachter unterhalb der Honorargruppe 7 (80,-- Euro) unter Hinweis auf den Umstand, dass die von den Insolvenzgerichten beauftragten Sachverständigen regelmäßig über einen Hochschulabschluss, die Befähigung zum Richteramt und meist noch über zusätzliche Qualifikationen verfügen, nur im Ausnahmefall zulassen will (Ley, ZIP 2004, 1391, 1392; dagegen AG Hamburg NZI 2004, 677).

(33) Bei Festlegung des Honorars auf 65,-- Euro/Stunde wird darüber hinaus dem Motiv des Gesetzgebers Rechnung getragen, mit Hilfe der Neufassung des JVEG zu einer Vereinfachung der Rechtsanwendung zu gelangen (vgl. BT-Drs. 15/1971 S. 142).

(44) Es würde eine in der Praxis nicht nur selten vorkommende Ungleichbehandlung darstellen, wenn ein vorläufiger starker Insolvenzverwalter nur nach § 9 Abs. 2 JVEG vergütet würde, wenn das Gericht ihm zusätzlich den Auftrag erteilte, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners besteht, während der schwache oder halbstarke Insolvenzverwalter regelmäßig eine höhere Abrechnung vornehmen könnte. Dies würde dem ebenfalls erklärten Motiv des Gesetzgebers zuwiderlaufen, zu einer Vereinheitlichung der Vergütungspraxis beizutragen (vgl. BT-Drs. 15/1971 S. 142).

(55) Die Entscheidung des Senats kann auch nicht durch die Erwägung entscheidend beeinflusst werden, dass wohl Motiv der Schaffung des § 9 Abs. 2 JVEG gewesen sei, dass der vorläufige (starke) Insolvenzverwalter zusätzlich eine Vergütung nach der InsVV nach dem Wert der verwalteten Masse erhält und deshalb 65,-- Euro pro Stunde ausreichen sollten (Ley, ZIP 2004, 1391, 1392). Denn eine solche zusätzliche Vergütung erhält auch der schwache oder halbstarke Insolvenzverwalter.

(66) Ebenso widerspricht der vom Sachverständigen im Beschwerdeverfahren vorgetragene Umstand, dass der Gutachtensauftrag, der dem schwachen oder halbstarken Insolvenzverwalter erteilt wird, regelmäßig auch die Prüfung zum Inhalt hat, ob Verfahrenskostendeckung gegeben ist, während dies durch den starken Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO stets von Amts wegen zu erledigen ist, der hier vorgenommenen Auslegung nicht. Diese zusätzliche Tätigkeit erfordert nicht einen generell höheren Stundensatz des schwachen oder halbstarken Insolvenzverwalters, sondern bewirkt einen zusätzlichen Aufwand an Arbeitszeit und schlägt sich demzufolge in der abrechenbaren Stundenzahl nieder.

cc) Schließlich ist der Senat der Auffassung, dass wegen der angesprochenen Vereinheitlichungsbestrebung des Gesetzgebers auch im Falle des Einsatzes von Fachkenntnissen auf ganz speziellen Gebieten eine höhere Vergütung nicht in Betracht zu ziehen ist (so AG Göttingen in NZI 2004, 676 zum isolierten Sachverständigen). Die "Nähe" gerade des halbstarken Insolvenzverwalters zum starken Insolvenzverwalter spricht dagegen, aus diesem Grund eine Differenzierung zuzulassen.

Deshalb spielt es keine Rolle, dass der Sachverständige darauf hingewiesen hat, dass er sich im vorliegenden Fall mit der Prüfung von Fortführungsaussichten mit Fragen aus dem Bereich der Unternehmensbewertung zu beschäftigen hatte, die als reine Gutachtertätigkeit eine Einordnung in die Honorargruppe 10 des § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG rechtfertigen würde.

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