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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Beschluss verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: 3 U 252/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 936
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 170
ZPO § 176
ZPO § 187 Satz 1
ZPO § 82
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 U 252/01

Bamberg, 19. Dezember 2001

Beschluß

des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 12. Dezember 2001

in Sachen

wegen Unterlassung,

Tenor:

I. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

II. Der Wert des Streitgegenstandes im Berufungsverfahren beträgt 100.000,-- DM.

Gründe:

I.

Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien ist über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das führt zur Auferlegung der Kosten beider Rechtszüge auf die Verfügungsbeklagte, weil die Berufung der Verfügungsklägerin aller Voraussicht nach erfolgreich gewesen wäre.

1. Das Landgericht Aschaffenburg hat in dem angefochtenen Urteil vom 16.8.2001 seine Beschlußverfügung vom 3.5.2001 aufgehoben mit der Begründung, die Verfügungsklägerin habe diese einstweilige Verfügung der Verfügungsbeklagten nicht innerhalb der am 5.6.2001 abgelaufenen Vollziehungsfrist (§§ 936, 929 Abs. 2 ZPO) wirksam zugestellt. Dem kann nicht gefolgt werden.

a) Wird eine einstweilige Verfügung durch Beschluß erlassen, hat der Gläubiger dem Schuldner innerhalb der Vollziehungsfrist eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses zuzustellen (§§ 936, 929 Abs. 2, 170 ZPO; vgl. Zöller/Vollkommer, ZFO, 22. Aufl., § 929 Rdnr. 12). Eine beglaubigte Abschrift ist eine Zweitschrift - die auch eine Kopie sein kann - der Urschrift (Zöller/Stöber, a.a.O., § 170 Rdnr. 8). Zur Beglaubigung befugt sind bei Zustellungen im Parteibetrieb der die Zustellung bewirkende Rechtsanwalt und der Gerichtsvollzieher. Besteht das zuzustellende Schriftstück aus mehreren zusammengehefteten Blättern, reicht es aus, daß sich der Beglaubigungsvermerk auf der letzten Seite befindet (Zöller/Stöber, a.a.O., Rdnr. 8, 11 und 12).

Die Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung sind vorliegend erfüllt. Die Verfügungsklägerin hat der Verfügungsbeklagten selbst am 3.5.2001 durch den Gerichtsvollzieher Juli eine Abschrift (Kopie) der ihrem Prozeßbevollmächtigten vom Gericht zugestellten Ausfertigung des Beschlusses vom selben Tag zugestellt; das ergibt ein Vergleich der den Parteien jeweils zugestellten und in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 16.8.2001 übergebenen Schriftstücke. Die der Verfügungsbeklagten zugestellte Abschrift der Ausfertigung ist mit einer vom Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsklägerin beglaubigten Abschrift des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vom 2.5.2001 zusammengeheftet. Der vom Gerichtsvollzieher unterschriebene und mit seinem Dienstsiegel versehene Beglaubigungsvermerk befindet sich auf der letzten Seite der miteinander verbundenen Blätter. Bei dieser Sachlage ist ein dem zugestellten Schriftstück anhaftender Mangel entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht feststellbar; es sind vielmehr in zulässiger Weise vom Gerichtsvollzieher beglaubigte. Abschriften der Ausfertigung der Beschlußverfügung und der Antragsschrift zugestellt worden.

b) Die Verfügungsbeklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die an sie selbst gerichtete Zustellung wegen Verstoßes gegen § 176 ZPO wirkungslos sei, weil ihr anwaltschaftlicher Vertreter mit vorprozessualem Schreiben vom 27.4.2001 seine Prozeßbevollmächtigung für ein etwaiges Hauptsacheverfahren angezeigt habe, und eine wirksame Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten nicht stattgefunden habe.

Die Verfügungsklägerin hat dem Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten unstreitig am 9.5.2001 eine von ihrem Prozeßbevollmächtigten beglaubigte Abschrift des Beschlusses vom 3.5.2001, die nicht mit dem Ausfertigungsvermerk des Gerichts versehen ist, zugestellt. Es kann dahinstehen, ob dem zugestellten Schriftstück ein Mangel anhaftet und ob dieser nach § 187 Satz 1 ZPO geheilt ist (vgl. dazu Zöller/Stöber, a.a.O., § 187 Rdnr. 7 und Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 926 Rdnr. 14; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 187 Rdnr. 9), weil die Zustellung an die Verfügungsbeklagte selbst wirksam war. Dem stehen die §§ 82, 176 ZPO nicht entgegen. Nach § 176 ZPO müssen alle Zustellungen im Parteibetrieb und von Amts wegen, die in einem anhängigen Rechtsstreit bewirkt werden sollen, an den für den Rechtszug bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen. Da der anwaltschaftliche Vertreter der Verfügungsbeklagten aber vorprozessual nur mitgeteilt hat, er sei für ein etwaiges Hauptsacheverfahren prozeßbevollmächtigt, und das Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht zum Rechtszug des Hauptsacheverfahrens gehört (vgl. § 178 ZPO), sondern ein selbständiges Verfahren darstellt, ist § 176 ZPO. vorliegend nicht anwendbar. Deshalb konnte die Verfügungsklägerin die Beschlußverfügung wirksam entweder der Verfügungsbeklagten selbst oder - wegen § 82 ZPO - dem für ein etwaiges Hauptsacheverfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt zustellen (ganz herrschende Meinung, der sich der Senat anschließt; vgl. OLG Frankfurt MDR 1984, 58, RGZ 45, 364, 366, Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 178 Rdnr. 4, Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 178 Rdnr. 2, Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 82 Rdnr. 1, MünchKommZPO-von Mettenheim, 2. Aufl., § 82 Rdnr. 3, Musielak/Weth, 2. Aufl., § 82 Rdnr. 3, Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 82 Rdnr. 1, Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 82 Rdnr. 1, § 922 Rdnr. 11 und § 929 Rdnr. 13).

c) Nach alledem hätte die Aufhebung der Beschlußverfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses keinen Bestand haben können.

2. Auch in der Sache wäre die einstweilige Verfügung vom 3.5.2001 unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils in vollem Umfang zu bestätigen gewesen. Insoweit wird auf das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Aschaffenburg im Hauptsacheverfahren 2 HKO 78/01 vom 18.9.2001 Bezug genommen.

II.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beläuft sich entsprechend der Festsetzung des Landgerichts und der unwidersprochen gebliebenen Wertangabe der Verfügungsklägerin auf 100.000,-- DM (§§ 3 ZPO, 12 Abs. 1, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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