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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 19.11.2001
Aktenzeichen: 4 U 101/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 2084
BGB § 133
BGB § 894
BGB § 2039
BGB § 2212
BGB § 894
BGB § 812
BGB § 133
BGB § 2084
BGB § 2232
BGB § 2224 Abs. 1
BGB § 242
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 ZPO
ZPO § 545 Abs. 2
ZPO §§ 3 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
GOberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 101/01

Verkündet am 19. November 2001

in dem Rechtsstreit

wegen Abgabe einer Löschungsbewilligung.

Der Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht und der Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts vom 3. April 2001 abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, einer Löschung des zu ihren Gunsten im Grundbuch des Amtsgerichts Band eingetragenen Nießbrauchsrechtes zu 1/12 an den Grundstücken der Gemarkung und zuzustimmen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 31.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Beschwer für die Beklagte beträgt 271.683,51 DM.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Abgabe von Löschungsbewilligungen für Nießbrauchsrechte, die zu je 1/12 zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch des Amtsgerichts für die Grundstücke Flur-Nr. und bestehen.

Am 23.9. errichtete der Großvater der Parteien, mit seiner Ehefrau geb. ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in welchem sich die Ehegatten zunächst gegenseitig zu Erben des Überlebenden einsetzten. Für den Tod des Überlebenden bestimmten die Ehegatten in Hinsicht auf ihre beiderseitigen Vermögen folgendes:

"II.

... Erben des beiderseitigen Vermögens sollen nach dem Tod des Überlebenden von uns sein zu gleichen Teilen, das ist also zu je 1/3 Anteil:

1. die Kinder unserer Tochter Frau wohnhaft in

2. die Kinder unserer Tochter wohnhaft in am und

3. die Kinder unserer verstorbenen Tochter Frau wohnhaft in sei ihrem Vater Herrn.

Die Kinder der einzelnen Tochter sollen erben nach gleichen Stammanteilen.

Falls eines unserer Enkelkinder vorversterben sollte, treten an seine Stelle seine ehelichen Abkömmlinge nach Stämmen. Sollten eheliche Abkömmlinge nicht vorhanden sein, seine Geschwister.

III.

Wir treffen noch folgende Bestimmungen, welche nach unserem beiderseitigen Ableben wirksam sind:

1. Der zum Nachlaß gehörende Grundbesitz soll auf die längste zulässige Dauer ungeteiltes Eigentum unserer Abkömmlinge bleiben. Auch darf dieser Grundbesitz, soweit gesetzlich zulässig und für die höchstzulässige Dauer nicht veräußert oder belastet werden ...

In Ansehung der Nutzung des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes bestimmen wir folgendes:

Sie soll zustehen zu je 1/4

1. unserer Tochter Frau bei

2. unserer Tochter Frau

3. unserer Tochter Frau und

4. das weitere Viertel steht entsprechend ihrem Erbe den Kindern unserer verstorbenen Tochter Frau geb. zu.

Die Nutzung tritt ein mit dem Zeitpunkt des Ablebens des länger Lebenden von uns und ist eingeräumt unseren Töchtern auf ihre Lebensdauer, später ergibt sich die Nutzung dann jeweils aus dem Erbe ..."

Als Testamentsvollstrecker wurden die Töchter des Erblassers, Frau und eingesetzt.

Am 22.3. beantragte die Testamentsvollstreckerin "in Erfüllung des letzten Willens ihrer Eltern die Eintragung eines Nießbrauchsrechts" für die Töchter des Erblassers und sowie für die Enkel des Erblassers und die Beklagte an den Grundstücken Flur-Nrn. und Gemäß diesem Antrag wurde die Beklagte als Nießbrauchsberechtigte zu jeweils 1/12 an den genannten Grundstücken im Grundbuch des Amtsgerichts eingetragen. Dementsprechend wurden die Mieteinnahmen aus den zum Nachlaß gehörenden Grundstücken jeweils zu 1/4 auf die Nießbrauchsberechtigten, die drei Töchter des Erblassers sowie die Beklagte und ihre beiden Brüder verteilt.

Die Klägerin, Tochter der Testamentsvollstreckerin ist der Ansicht, daß der Beklagten, Tochter der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verstorbenen, die eingetragenen Nießbrauchsrechte nicht zustehen. Weil bei der Erbeinsetzung die drei Töchter des Erblassers nicht berücksichtigt worden seien, habe diesen ein Nutzungsrecht zu jeweils 1/4 an den zum Nachlaß gehörenden Grundstücken zugewandt werden sollen. Für die Beklagte und ihre Geschwister sei die Einräumung eines besonderen Nutzungsrechtes an den Grundstücken nicht beabsichtigt gewesen, da diese aufgrund ihrer Erbenstellung ohnehin von Anfang an, an der Nutzung des Grundbesitzes beteiligt waren. Die Einräumung eines Nießbrauchs zugunsten der Beklagten sei deshalb ohne Rechtsgrund erfolgt, weil es sich insoweit um eine unentgeltliche Zuwendung gehandelt habe, die den Testamentsvollstreckerinnen untersagt gewesen sei.

Nachdem die Testamentsvollstreckerinnen mit schriftlicher Erklärung vom 14.9.2000 die Klägerin ermächtigt haben, den Löschungsanspruch hinsichtlich des eingetragenen Nießbrauchsrechts geltend zu machen, hat die Klägerin am 13.11.2000 Klage erhoben.

Sie hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, einer Löschung des zu ihren Gunsten im Grundbuch des Amtsgerichts Band eingetragenen Nießbrauchsrechts, zu 1/12 an den Grundstücken der Gemarkung Flur-Nr. und zuzustimmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, daß aus dem Wortlaut des Testaments eindeutig hervorgehe, daß nicht nur den Töchtern des Erblassers, sondern auch den Nachkommen der zur Zeit der Testamentserrichtung bereits verstorbenen Tochter der Erblasser ein Nutzungsrecht eingeräumt werden sollte. Die Abfassung des Testaments und der Wortlaut seien insoweit eindeutig.

Mit Endurteil vom 3.4.2001 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Testamentsvollstreckerinnen hätten zwar die Klägerin zur gerichtlichen Geltendmachung ermächtigt; ein Löschungsanspruch stehe der Klägerin aber unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Das Gericht lege das streitgegenständliche Testament vom 23.9. gemäß §§ 2084, 133 BGB dahin aus, daß den Kindern der vorverstorbenen im Wege des Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) ein Nießbrauch an den zum Nachlaß gehörenden Grundstücken eingeräumt worden sei. Den Erblassern sei es ersichtlich darum gegangen, ihre Abkömmlinge nach Stämmen gleichmäßig zu bedenken, und zwar sowohl bei der Erbeinsetzung als auch hinsichtlich der Ziehung der Nutzungen der zum Nachlaß gehörenden Grundstücke. Die noch lebenden Töchter der Erblasser hätten die Nutzungen aus dem Grundbesitz erhalten sollen; daß die Tochter bereits zur Zeit der Testamentserrichtung verstorben war, habe deren Kindern keine Nachteile einbringen sollen. Für diesen Willen der Erblasser spreche nicht nur der äußere Aufbau des Testaments, sondern auch die Formulierung: "Die Nutzung des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes soll zustehen zu je 1/4 ...". Im übrigen seien - ohne daß die Kammer hierauf entscheidend abstelle - unter den begünstigten Personen nicht nur seit dem Erbfall die Nutzungen entsprechend dem Testament aufgeteilt, sondern es sei bereits im Jahre 1972 durch die Testamentsvollstreckerinnen für alle Bedachten die Eintragung eines Nießbrauchsrechts im Grundbuch veranlaßt worden.

Gegen dieses der Klägerin am 10.4.2001 von Amts wegen "zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 9.5.2001, per Telefax am selben Tag beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen. Diese Berufung wurde mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 5.6.2001 begründet, der am 6.6.2001 bei Gericht eingegangen ist.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Klägerin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im wesentlichen folgendes vor: Die Eintragung des Nießbrauchsrechts für die Beklagte sei ohne rechtlichen Grund erfolgt. Diese Eintragung stelle eine unentgeltliche Verfügung dar, zu der ein Testamentsvollstrecker nicht berechtigt sei (§ 2205 BGB). Die Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers führe zur Unwirksamkeit sowohl des schuldrechtlichen Geschäfts als auch des dinglichen Vollzugsgeschäfts. Durch die Eintragung dieses Nießbrauchsrechts werde die Klägerin in ihrer Rechtsstellung als Erbin beeinträchtigt.

Die Klageabweisung werde vom Landgericht im wesentlichen damit begründet, daß auch den Kindern der vorverstorbenen im Wege eines Vorausvermächtnisses ein - Nießbrauchsrecht vom Erblasser eingeräumt worden sei. Zu dieser Auffassung gelange das Landgericht vor allem aufgrund der Überlegung, daß die Testamentsvollstreckerinnen die Einräumung dieses Nießbrauchsrechts zeitnah zum Tod des Erblassers veranlaßt hätten, wobei davon auszugehen sei, daß die Testamentsvollstreckerinnen am ehesten den Willen des Erblassers gekannt hätten. Dies stelle einen unzulässigen Zirkelschluß dar. Im übrigen werde hierbei übersehen, daß die Eintragung ausschließlich durch Frau als Testamentsvollstreckerin veranlaßt worden sei. Die Mitvollstreckerin Frau hätte der Eintragung eines Nießbrauchsrechts für die Beklagte zu keinem Zeitpunkt zugestimmt. Eine Bevorzugung der Kinder gegenüber den anderen Enkeln sei von dem Erblasser nicht gewollt gewesen. Als Frau die Eintragung eines lebenslangen Nießbrauchsrechts für die Beklagte veranlaßte, sei sie sich nicht bewußt gewesen, daß die Eintragung des Nießbrauchsrechts den Kindern einen zusätzlichen Vermögensvorteil gewähren würde. Sie sei darüber auch nicht durch den amtierenden Notar aufgeklärt worden. Diese Eintragung sei um so unverständlicher, als Frau vor der Eintragung durch das Notariat in Rechtsrat für das vorliegende Testament eingeholt habe und dieses Notariat unter dem 14.1. auch zu dem eingeräumten Nutzungsrecht wie folgt Stellung genommen habe: "... Eine Eintragung ins Grundbuch kommt nicht in Betracht. Ein Nießbrauch im engeren Sinne liegt nicht vor, da Verwaltungs- und Nutzungsbefugnisse auseinanderfallen".

Das angefochtene Urteil bringe zum Ausdruck, daß den Kindern möglicherweise vom Erblasser deswegen ein zusätzlicher Vorteil habe zugewandt werden sollen, weil deren Mutter vorverstorben war. Eine solche Absicht hätten aber die Erblasser nicht gehabt, vielmehr hätten sämtliche Enkel gleich behandelt werden sollen. Aus dem Testament selbst ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, daß den Kindern über den Erbteil hinaus noch im Wege des Vorausvermächtnisses ein lebenslanges Nießbrauchsrecht habe zugewandt werden sollen. Das Testament spreche eindeutig davon, daß "unseren Töchtern" auf ihre Lebensdauer das Nutzungsrecht eingeräumt werden solle, während von einem lebenslangen Nutzungsrecht der Enkel im Testament gerade keine Rede sei. Der hier maßgebende Absatz des Testamentes regele ausschließlich die Nutzungsverteilung für den Zeitraum, in welchem eine der Töchter der Erblasser noch lebe. Dies werde deutlich aus dem letzten Halbsatz dieses Absatzes: "... Später ergibt sich die Nutzung dann jeweils aus dem Erbe ...". Die in dem angefochtenen Urteil zum Ausdruck gebrachte Auffassung führe im Ergebnis dazu, daß der Beklagten die Erträge aus den Nachlaßgrundstücken in einer bestimmten Quote zustehen würden unabhängig davon, ob sie - noch - Miterbin sei oder nicht. Wäre diese Auffassung zutreffend, hätte die Beklagte, ebenso wie die anderen Kinder ein lebenslanges Nutzungsrecht, auch wenn sie bzw. die anderen Kinder die Erbschaft sofort ausgeschlagen hätten. Daß dies dem Willen der Erblasser entsprechen könne, lasse das Testament an keiner Stelle erkennen.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Endurteil des Landgerichts vom 3.4.2001 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, einer Löschung des zu ihren Gunsten im Grundbuch des AG Band Bl. eingetragenen Nießbrauchsrechtes zu 1/12 an den Grundstücken der Gemarkung Flur-Nr. und zuzustimmen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt - ebenfalls unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Argumentation - im wesentlichen folgendes vor:

Die Eintragung des Nießbrauchs sei nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt. Aus der Abfassung des Testaments vom 23.9. werde zweifelsfrei ersichtlich, daß es den Erblassern darum gegangen sei, die Abkömmlinge nach Stämmen gleichmäßig zu bedenken. An die Stelle der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bereits verstorbenen Frau hätten deren Kinder treten sollen, deshalb sei auf Seite 3 des Testaments ausdrücklich verfügt worden, "daß in Ansehung der Nutzung des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes diese Nutzung neben den (noch lebenden) Töchtern zu einem weiteren Viertel den Kindern der verstorbenen Tochter entsprechend ihrem Erbe zustehen soll".

Es gehe darum, den von den Erblassern zum Ausdruck gebrachten Willen zugrundezulegen. Insofern sei vom Landgericht zutreffend darauf abgestellt worden, daß zum Zeitpunkt der Eintragung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Beklagten im Jahre 1972 die Testamentsvollstreckerinnen im Vergleich zu heute relativ nahe zum Tode der Erblasser tätig geworden seien und offensichtlich in dem für die Testamentsvollstreckerinnen zum damaligen Zeitpunkt zutreffenden Sinn der Erblasser gehandelt hätten.

Nachdem sämtliche Bedachten und Erben diese Testamentsauslegung offensichtlich über mehr als zweieinhalb Jahrzehnte für richtig gehalten hätten, müsse der Löschungsanspruch der Klägerin als verwirkt angesehen werden. Sowohl das Zeitmoment wie auch das Umstandsmoment ergäben eine Verwirkung.

Daß Frau nicht an der Mitvollstreckung beteiligt gewesen sei, werde mit Nichtwissen bestritten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Beweis ist durch den Senat nicht erhoben worden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 511 ff. ZPO) hat auch in der Sache Erfolg. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Löschung des zugunsten der Beklagten an dem zum Nachlaß von und gehörenden Grundbesitz eingetragenen Nießbrauchsrechts ist nicht nur "zulässig, sondern auch begründet.

1. Das Landgericht hat zu Recht die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin bejaht.

Ebenso wie grundsätzlich ein einzelner Miterbe einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB entsprechend § 2039 BGB geltend machen kann (vgl. Palandt, BG3, 60. Aufl., Rdz. 6 zu § 894 BGB), können die zur Führung von Aktivprozessen für den Nachlaß gemäß § 2212 BGB befugten Testamentsvollstreckerinnen einen Erben zur Prozeßführung ermächtigen (vgl. Palandt, a.a.O., Rdz. 5 zu § 2212 BGB). Eine solche Ermächtigung haben hier die Testamentsvollstreckerinnen der Klägerin unter dem 14.9.2000 (Anl. K 3) erteilt.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hält der Senat den geltend gemachten Löschungsanspruch gemäß § 894 BGB für begründet. Ob er zusätzlich auf § 812 BGB gestützt werden könnte, (vgl. dazu Palandt, a.a.O., Rdz. 15 zu § 894 BGB), kann dahingestellt bleiben.

a) Die Klägerin als Miterbin nach und ist in ihrer Rechtsstellung durch die Eintragung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Beklagten (und weiterer Personen) beeinträchtigt.

b) Die Beklagte als eine der Berechtigten der eingetragenen Nießbrauchsrechte wird von der begehrten Grundbuchberichtigung betroffen.

c) Das im Grundbuch für die Beklagte (und weitere Personen) eingetragene Nießbrauchsrecht (§§ 1030 ff. BGB) steht mit der wirklichen Rechtslage nicht in Einklang.

Dabei stimmt der Senat durchaus hinsichtlich der Auslegung des Testaments vom 23.9. (Anl. K 1) gemäß §§ 133, 2084 BGB im Ansatz mit dem Landgericht überein. Den Erblassern ging es ersichtlich um eine größtmögliche Gleichbehandlung der Stämme ihrer Abkömmlinge. Erben sollten zu gleichen Teilen die in der Enkelgeneration noch vorhandenen Stämme werden; wegen Kinderlosigkeit von (vgl. Bl. 101 d.A.) fiel dieser Stamm bei der Erbeneinsetzung weg. Hinsichtlich der Nutzungen des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes bis zum Tod der letzten zur Zeit des Erbfalls noch lebenden Töchter sollten alle vier Stämme zu gleichen Teilen an diesen Nutzungen partizipieren; insoweit traten an die Stelle der schon verstorbenen Tochter deren Kinder.

Anders als das Landgericht vermag aber der Senat in der Nutzungsregelung hinsichtlich des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes bis zum Tod der längstlebenden Tochter keine Anordnung eines Nießbrauchsrechts (§§ 1030 ff. BGB) zu erkennen. Vielmehr handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine im Wege des Vermächtnisses (§ 2147 BGB) zugunsten der überlebenden Töchter der Erblasser bzw. des Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) zugunsten der Beklagten und ihrer Geschwister angeordnete rein schuldrechtliche Regelung hinsichtlich der Nutzungen (§ 100 BGB) der beiden zum Nachlaß gehörenden Grundstücke. Bei einem durch einen Notar beurkundeten Testament gemäß § 2232 BGB wäre nach Auffassung des Senats die Verwendung des Begriffs Nießbrauch zu erwarten gewesen, zumindest aber eine Andeutung dahingehend, daß es sich um ein dingliches, ins Grundbuch einzutragendes Recht handeln soll. Dem Testament vom 23.9. kann nicht einmal eine Andeutung in dieser Richtung entnommen werden. Nur bei Verneinung eines Nießbrauchsrechts hinsichtlich der von den Erblassern getroffenen Nutzungsregelung für den Grundbesitz wird auch die von diesen eindeutig angestrebte Gleichbehandlung ihrer Abkömmlinge nach Stämmen erreicht. Im Falle eines Nießbrauchsrechts würden tatsächlich die Abkömmlinge von gegenüber den übrigen Stämmen bevorzugt. Denn dann könnten sie, wie es die Beklagte anstrebt, im Falle ihres Ausscheidens aus der Erbengemeinschaft nicht nur eine Ablösung ihrer Erbenstellung, sondern auch die ihrer Stellung als Nießbrauchsberechtigte verlangen. Damit wäre der Stamm in der Enkelgeneration aber besser gestellt als die übrigen Stämme, die nach Wegfall der Töchtergeneration nur ein Erbrecht ohne Nießbrauchsberechtigung hätten. Ein solches Ergebnis würde dem zum Ausdruck gebrachten Willen der Erblasser widersprechen. Die von den Erblassern angestrebte Gleichbehandlung der Stämme ihrer Abkömmlinge wird nur dann erreicht, wenn die Regelung über die Nutzungen des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes rein schuldrechtlich verstanden werden. An dieser rein schuldrechtlichen Verteilung der Nutzungen aus den Nachlaßgrundstücken sind die Enkel der Erblasser aus dem Stamme nur bis zum etwaigen Wegfall ihrer Erbenstellung vor dem Tod der längstlebenden Tochter der Erblasser beteiligt. Dies entnimmt der Senat der Formulierung im Testament: "Die Nutzung ... ist eingeräumt unseren Töchtern auf ihre Lebensdauer, später ergibt sich die Nutzung dann jeweils aus dem Erbe" (Unterstreichung durch den Senat). Daraus ergibt sich, daß die Regelung über die Verteilung der Nutzungen aus den Nachlaßgrundstücken hinsichtlich der Enkel des Stammes an deren Erbenstellung geknüpft ist und nicht etwa auch nach Wegfall dieser Erbenstellung weiter gelten soll. Nur ein solches Verständnis der Nutzungsregelung wird dem Willen der Erblasser (aber auch der tatsächlichen Übung unter den Beteiligten nach Eintritt des Erbfalls) gerecht.

Bei diesem Ergebnis kommt es nicht darauf an, welche Rechtsfolge daraus herzuleiten ist, daß allein den Antrag auf Eintragung eines Nießbrauchsrechts (Anl. K 2) unterschrieben hat, obwohl im Testament gemeinsame Testamentsvollstreckung durch und angeordnet worden ist und mehrere Testamentsvollstrecker grundsätzlich gemäß § 2224 Abs. 1 BGB das Amt einvernehmlich ausüben müssen.

3. Eine Verwirkung des geltend gemachten Löschungsanspruchs gemäß § 242 BGB kommt nicht in Betracht. Wenn auch seit Eintragung des Nießbrauchsrechts im Grundbuch inzwischen nahezu drei Jahrzehnte vergangen sind, fehlt es doch an dem neben diesem Zeitmoment für die Annahme dar Verwirkung erforderlichen sogenannten Umstandsmoment: Der Verpflichtete muß sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und wegen des so geschaffenen Vertrauenstatbestandes muß die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Karte erscheinen (vgl. Palandt, a.a.O., Rdz. 95 zu § 242 BGB). Irgendwelchen Tatsachenvortrag insoweit hat die Beklagte nicht gebracht.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer wird nach §§ 545 Abs. 2, 3 ff. ZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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