Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 08.09.2003
Aktenzeichen: 4 U 33/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 448
ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 529 Abs. 2 S. 1
BGB § 97
BGB § 97 Abs. 2 S. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 33/03

Verkündet am 8. September 2003

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkunq der Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 7. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien änderten mit Urkunde des Notars in vom 18.4.1997 (UR-Nr.) ihre Miteigentumsanteile sowie das jeweils zugeordnete Sondereigentum an den vereinigten Grundstücken Flur-Nr. und Flur-Nr. in. Der Kläger macht einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen den Beklagten mit der Begründung geltend, dieser habe zu Unrecht einen Teil des Mietzinses einbehalten, den er aus der Vermietung einer Wohnung im fraglichen Zeitpunkt an die Mieter und erzielt habe; denn ein Teil dieser Wohnung gehöre nach der Neuregelung zum Sondereigentum des Klägers. Dieser Klage hat das Landgericht mit Endurteil vom 7.1.2003 unter Klageabweisung im übrigen in Höhe von 3.791,-- Euro (nebst Zinsen) stattgegeben.

Der Beklagte hat im Wege der Widerklage vom Kläger verlangt, einzelne Räume in dem genannten Anwesen zu räumen und an den Beklagten herauszugeben, dort zur Abgrenzung von Zwischenbau und Neubau eine Brandmauer zu errichten, im Dachgeschoß die die Grenzwand darstellende Mauer zum Neubau um 30 cm in Richtung Zwischenbau zurückzuversetzen und auf dem Grundstück abgestellte Blumenkästen zu entfernen. Die ersten drei Widerklageanträge hat das Landgericht mit der selben Begründung abgewiesen, mit der es der Klage stattgegeben hat: aus der notariellen Urkunde vom 18.4.1997 samt Aufteilungsplänen ergebe sich eine für die Position des Klägers sprechende Aufteilung der Räume des genannten Anwesens. Den vierten Widerklageantrag hat das Landgericht abgewiesen, weil der Kläger bestritten habe, Eigentümer der zu entfernenden Blumenkästen zu sein, und der Beklagte für seine Version keinen Beweis angeboten habe.

Mit seiner Berufung will der Kläger die Klage insgesamt abgewiesen haben. Er rügt insbesondere, daß das Landgericht zu Unrecht den als Zeugen benannten Amtsrat nicht vernommen und trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 448 ZPO auch keine Parteieinvernahme des Beklagten durchgeführt habe. Darüber hinaus verfolgt der Beklagte seine Widerklage in vollem Umfang weiter.

Dem gegenüber begehrt der Kläger die Zurückweisung der Berufung.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten (§§ 511 ff. ZPO) bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil - zumindest im Ergebnis - zu Recht der Klage in dem von ihm tenorierten Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

1. Klage:

Für das Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes im Rahmen eines auf § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gestützten Anspruchs trifft zwar den Kläger als Bereicherungsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Palandt, BGB, 61. Auflage, Rdz. 106 zu § 812 BGB). Insoweit kann sich der Kläger aber auf die notarielle Urkunde vom 18.4.1997 und die darin in Bezug genommenen Aufteilungspläne stützen. Danach gehören das Wohnzimmer und der Balkon der damals an die Mieter und vermieteten Wohnung nunmehr zum Sondereigentum des Klägers. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Urkunde kann der Beklagte nicht widerlegen.

a) Soweit der Beklagte die unterbliebene Einvernahme des in erster Instanz mit Schriftsatz vom 19.10.2001 benannten Amtsrates als Zeuge beanstandet, bleibt dies ohne Erfolg. Denn auf das betreffende Beweisangebot kommt es nicht an. Amtsrat war an dieser Schriftsatzstelle dazu benannt worden, daß die Skizze B 3, auf welcher sich der Vermerk (= der Beklagte) und ein von diesem Vermerk zu den streitgegenständlichen Räumen des Zwischenbaus zeigender Pfeil befindet, von dem Zeugen als Fotokopie zu den Akten genommen worden sei (vgl. Bl. 17 d.A.). Woraus sich der weitergehende Schluß ergeben soll, zwischen den Parteien sei vereinbart worden, daß dem Beklagten der gesamte Mietzins der streitgegenständlichen Wohnung weiterhin allein zustehen solle, solange das Mietverhältnis mit den Mietern und bestehe, ist nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus hat der Kläger unwidersprochen vom Beklagten (§ 138 Abs. 3 ZPO) vorgetragen, die Anlagen B 2 und B 3 seien Gegenstand im Rahmen von Verhandlungen gewesen, als der angedachte Kaufgegenstand zwischen den Parteien noch ein völlig anderer gewesen sei, nämlich ursprünglich der Aufkauf des gesamten Anwesens, später des hälftigen Miteigentumsanteils des Beklagten für 250.000,-- DM, was sich aber deshalb zerschlagen habe, weil ein eingeschalteter Sachverständiger den Verkehrswert des gesamten Anwesens mit nur 380.000,-- DM ermittelt habe; damit seien sämtliche vom Beklagten zunächst angedachten Zahlungsmodalitäten obsolet geworden (vgl. Bl. 28 d.A.).

Soweit der Zeuge an anderer Stelle zum Beweis dafür angeboten worden ist, daß dem Beklagten der Mietzins an der streitgegenständlichen Wohnung und bis zur Beendigung des Mietverhältnisses vereinbarungsgemäß zustehen sollte (vgl. Bl. 53 d.A.), ist das Unterlassen dieser Beweiserhebung nicht gemäß § 513 Abs. 1 ZPO gerügt worden; die bloße Bezugnahme auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten (Bl. 169 d.A.) genügt dafür nicht. Ein nicht von Amts Wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel wie hier unterliegt aber gemäß § 529 Abs. 2 S. 1 ZPO der Prüfung des Berufungsgerichts nur dann, wenn er nach § 520 Abs. 3 ZPO geltend gemacht worden ist.

b) Ebensowenig mußte der Beklagte vom Landgericht gemäß § 448 ZPO von Amts wegen als Partei vernommen werden. Das Landgericht hat zu Recht die dafür erforderliche gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 25. Auflage, Rdz. 2 zu § 448 ZPO) verneint.

Hinsichtlich der Anlagen B 2 und B 3 gilt insoweit das vorstehend Ausgeführte. Soweit es im sogenannten "F Fax" vom 1.11.1996 heißt: " behält den Nießbrauch der Wohnzimmer im Zwischenbau und der Terrasse über dem Bootslager" (vgl. Bl. 170 d.A.), ist dieses Schriftstück in der notariellen Vereinbarung vom 18.4.1997 nicht in Bezug genommen worden. Der Beklagte kann also eine gewisse Wahrscheinlichkeit für seine Behauptung nicht dartun.

2. Widerklage:

a) Die ersten drei Widerklageanträge sind bereits als unzulässig abzuweisen.

Sie genügen nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Diese Vorschrift ist in jeder Instanz von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O., Rdz. 10 vor § 253 ZPO). Auch wenn es auf Seite 4 des notariellen Vertrags vom 18.4.1997 ausdrücklich heißt:

"Die Vertragsteile sind sich weiter darüber einig, daß es sich bei den neu zu bildenden Einheiten 1 und 2 um den gesamten An- und Zwischenbau handelt, während die übrigen Einheiten den Neubau darstellen",

streiten die Parteien gerade darüber, wo in sämtlichen drei Geschossen genau die Grenze zwischen An- und Zwischenbau einerseits und dem Neubau andererseits verläuft. Der Formulierung des Widerklageantrags zu 1. läßt sich nicht entnehmen, welche nach der Darstellung des Beklagten jenseits dieser Grenze liegenden Räume herausgegeben werden sollen. Ebensowenig gibt der Widerklageantrag zu 2. Auskunft darüber, wo in natura die Brandmauer als räumliche Trennung von Zwischen- und Neubau errichtet werden soll. Ebensowenig ergibt der Widerklageantrag zu 3., welcher Teil der im Dachgeschoß vorhandenen Mauer als Grenzwand von Zwischenbau und Neubau um 30 cm in Richtung Zwischenbau zurückversetzt werden soll. Auf diese mangelnde Bestimmtheit der Widerklageanträge hat bereits das Erstgericht im Termin vom 12.12.2002 hingewiesen (vgl. Bl. 115 d.A.), freilich ohne daraus in seinem Urteil Folgerungen zu ziehen. Ein erneuter Hinweis durch den Senat gemäß § 139 ZPO ist daher nicht erforderlich. Auf den Hinweis des Landgerichts hat der Beklagte nur mit der Bemerkung reagiert, nach nochmaliger Prüfung der Anträge aus dem Schriftsatz vom 16.4.2002 würden diese als konkret und vollstreckungsfähig beurteilt (vgl. Bl. 118 d.A.), was aber nach der Auffassung des Senats nicht der Fall ist.

b) Soweit der Beklagte mit seinem Widerklageantrag zu 4. die Entfernung von auf einem bestimmten Grundstücksteil aufgestellten Blumenkästen verlangt, welche das Parken von Fahrzeugen dort behindern sollen, hat der Kläger zuletzt sein Eigentum an diesen Blumenkästen bestritten. Soweit er abweichend davon früher diese Blumenkästen als sein Eigentum bezeichnet hat, hat er dies später richtiggestellt. Er hat nämlich vorgetragen, die fraglichen Blumenkästen hätten ursprünglich seiner Großmutter gehört, die von seinem Vater und seinem Onkel (dem Beklagten) zu gleichen Teilen beerbt worden seien (vgl. Bl. 81 d.A.). Beweis für die Eigentümerstellung des Klägers hat der Beklagte nicht angeboten, obwohl bereits das Ersturteil auf Seite 10 den insoweit fehlenden Beweisantritt auf Seiten des Beklagten zum Anlaß für die Abweisung der Widerklage in diesem Punkt genommen hat. Die fraglichen Blumenkästen können auch nicht gemäß § 97 BGB als Zubehör des Flachdachbaus, der im Sondereigentum des Klägers steht, angesehen werden; denn es fehlt jedenfalls an der nach § 97 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen dauerhaften Zuordnung der Benutzung dieser Blumenkästen für den wirtschaftlichen Zweck des Flachdachbaus.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück