Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 28.06.2005
Aktenzeichen: 5 U 23/05
Rechtsgebiete: BGB, StVG


Vorschriften:

BGB § 843 Abs. 1
BGB § 843 Abs. 4
BGB § 844
BGB § 845
StVG § 11 S. 1
StVG § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 23/05

Verkündet am 28. Juni 2005

in dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes u.a..

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und der Richter am Oberlandesgericht ... und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 21. Dezember 2004 abgeändert.

II. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger - über das zuerkannte Schmerzensgeld und den in Ziffer I. der angefochtenen Entscheidung ausgeurteilten Betrag von 69.941,33 EURO nebst Zinsen hinaus - weitere 101.720,19 EURO nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29. März 2004 zu bezahlen.

III. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Insoweit bleibt die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 1/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 2/3 zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben zu tragen

- der Kläger 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten,

- die Beklagten als Gesamtschuldner 9/20 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers

- und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner weitere 6/20 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Kläger kann eine Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kostenbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 151.997,20 EURO festgesetzt.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen einem Verkehrsunfall vom 13.6.1996, durch den er schwer verletzt wurde, auf Schadensersatz in Anspruch.

Die alleinige Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis ist dem Grunde nach unstreitig. Der Schmerzensgeldanspruch des Klägers und weitere Ansprüche auf materiellen Schadensersatz sind vom Landgericht rechtskräftig verbeschieden worden. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Höhe des geltend gemachten Ersatzanspruchs wegen der vom Vater des Klägers seit 1.12.1999 fortlaufend persönlich durchgeführten Intensivfördermaßnahmen (insbesondere tägliche Lese- Schreib- und Rechenübungen, Repetition der schulischen Lerninhalte, Erarbeitung und Fortentwicklung des Förderkonzeptes, Koordination mit den externen Fördermaßnahmen und organisatorische Durchführung). Das Landgericht hat den für die Zeit bis 31.3.2004 in Höhe des Bruttoverdienstausfalls des Vaters (Bruttomonatsgehalt bei Beendigung des Dienstverhältnisses 7.283,29 DM bei jährlich 14 Monatsgehältern) eingeklagten Anspruch nur teilweise, nämlich nur in Höhe der Kosten einer zwei Stunden täglich beschäftigten externen Kraft und begrenzt auf die Zeit bis Ende 2003 für begründet erachtet. Das Landgericht hat den Aufwand für die Förderung durch den Vater mit 147.000,-- DM beziffert (2 Stunden x 50,-- DM x 30 Tage x 49 Monate). Diesen Betrag hat es, vermehrt um weitere nicht mehr streitige materielle Schadenspositionen in Höhe von insgesamt 44.580,01 DM und vermindert um anzurechnende Leistungen der Pflegeversicherung und Vorschussleistungen der Drittbeklagten in Höhe von insgesamt 54.786,66 DM in Höhe verbleibender 136.793,35 DM = 69.941,33 EURO dem Kläger zugesprochen. Im übrigen hat das Landgericht die Klage in diesem Punkt abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers, mit dem er seinen in erster Instanz gestellten Antrag auf gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zum Ersatz des Aufwands für die Förderung durch den Vater in Höhe des in erster Instanz abgewiesenen Differenzbetrags weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt:

Unter Abänderung der Ziffer I. des Urteiles des Landgerichtes Aschaffenburg zu Az: 1 O 288/01 ER vom 21.12.2004 werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 151.997,20 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil, welches nach ihrer Ansicht den zu ersetzenden Schaden bereits überaus großzügig bemessen habe.

Im Kern streiten sich die Parteien um die Frage, ob der Verdienstausfall des Vaters, den dieser infolge der Kündigung seines Angestelltenverhältnisses zum 1.12.1999 seitdem erlitten hat, zur Bemessung des Ersatzanspruchs herangezogen werden kann, oder ob - zumindest für den ein Jahr übersteigenden Zeitraum - lediglich die fiktiven Kosten einer stundenweise eingesetzten externen Ersatzkraft zu erstatten sind. Der Kläger hält die gewählte Art der Förderung durch den Vater zu seiner Rehabilitation nach wie vor für notwendig und auch erfolgreich, zumindest aber für vertretbar und aussichtsreich. Die Beklagten betrachten die Aufgabe des Arbeitsplatzes zur persönlichen Förderung des Klägers als unverhältnismäßig und die Intensivförderung durch den Vater sogar für ungeeignet, zumindest nach Überschreitung einer begrenzten Zeitspanne.

Zur Darstellung des Vorbringens und der Anträge der Parteien in erster Instanz, der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und der Begründung des Landgerichts für die Teilstattgabe und Teilabweisung der Klage nimmt der Senat vorbehaltlich der nachfolgenden Änderungen und Ergänzungen auf das angefochtene Urteil (Bl. 534/540 d.A) Bezug (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 22.3.2005 (Bl. 552/568 d.A.) und auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.5.2005 (Bl. 598/599 d.A.), wegen des Vorbringens der Beklagten im zweiten Rechtszug wird auf die Berufungserwiderung vom 13.5.2005 (Bl. 588/597 d.A.) Bezug genommen. Ferner wird auf daß Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 31.5.2005 verwiesen (Bl. 602/603 d.A.).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers (§§ 511 ff. ZPO n.F.) ist teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf gesamtschuldnerische Schadensersatzzahlung in Höhe von weiteren 101.720,19 EURO zu (§§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 11, 13 Abs. 1 StVG a.F., §§ 823 Abs. 1 und 2, 249 S. 1 und 2, 251 Abs. 1 und 2, 843 Abs. 1 BGB a.F., § 3 Nr. 1 und 2 Pflichtversicherungsgesetz). Wegen des darüberhinausgehenden Anspruchs bleibt das Rechtsmittel hingegen ohne Erfolg.

Ausgangspunkt ist die vom Landgericht als Grundlage der rechtskräftigen Teilverurteilung der Beklagten festgestellte Tatsache, dass der Kläger aufgrund der schweren Unfallverletzungen und der darauf beruhenden fortdauernden körperlichen und geistigen Behinderungen in seiner natürlichen Entwicklung massiv gehemmt wurde, weswegen sein Leistungsstand gegenüber dem Status eines gesunden gleichaltrigen Kindes weit zurück lag. Grundlage der Teilverurteilung der Beklagten ist des weiteren die Feststellung des Landgerichts, dass zum Ausgleich dieser Beeinträchtigungen neben dem gleichzeitig erfolgenden Sonderschulbesuch, neben zusätzlichem Nachhilfeunterricht und neben zeitlich begrenzter stationärer Reha-Maßnahmen eine weitere Förderung des Klägers, wie sie hier durch dessen Vater vorgenommen wurde, erforderlich war und dass die Beklagten deshalb hierfür ersatzpflichtig sind.

Zu Recht rügt die Berufung aber, dass das Landgericht den erforderlichen zusätzlichen Förderaufwand auf die Kosten einer zweistündig täglich beschäftigten externen Kraft beschränkt und den Verdienstentgang des Vaters als irrelevant angesehen hat, anstatt die besondere Eignung des Vaters (familiäre Bindung, erhöhte Motivation, zeitliche Flexibilität) zu berücksichtigen, die Vertretbarkeit der Entscheidung zur persönlichen Übernahme der ergänzenden Intensivförderung durch den Vater im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Entscheidung stagnierenden Erfolge der übrigen herkömmlichen Bildungs- und Rehabilitationsmaßnahmen zu bejahen und aufgrund der erzielten Erfolge und der weiter bestehenden Erfolgsaussicht von einer Befristung des Anspruchs bis Ende 2003 abzusehen.

Nach den Grundsätzen des Schadensrechts hat der Kläger einen Anspruch auf eine Förderung, die seine Leistungsfähigkeit soweit als möglich dem Stand annähert, die er ohne den Unfall bei normaler körperlicher und geistiger Entwicklung und normaler schulischer Ausbildung erlangt hätte. Denn der Schädiger hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 S. 1 BGB). Bei Verletzung einer Person kann der Geschädigte vom Schädiger - wie hier - statt der Naturalrestitution den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 S. 2 BGB).

Seine Grenze findet dieser Anspruch allerdings im Recht des Ersatzpflichtigen, den Gläubiger auf eine Entschädigung in Geld zu verweisen, nämlich dann, wenn die Herstellung (nicht oder) nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist (§ 251 Abs. 1 und 2 S. 1 BGB). Das bedeutet, dass auch ein zur Herstellung an sich erforderlicher Aufwand dann nicht zu ersetzen ist, wenn er die Grenze der Unverhältnismäßigkeit übersteigt.

Fördermaßnahmen, wie sie hier vom Vater des Klägers ausgeführt wurden, die dazu dienen, dem Geschädigten soweit als möglich einen altersentsprechenden Leistungsstand insbesondere im Lesen, Schreiben, Rechnen und hinsichtlich des Allgemeinwissens als Grundvoraussetzung für eine Berufsausbildung und eine spätere Erwerbstätigkeit zu verschaffen, sind der Schadensgruppe der sogenannten vermehrten Bedürfnisse im Sinne von § 843 Abs. 1 BGB, §§ 11 S. 1, 13 StVG zuzuordnen, wenn und soweit es sich um einen unfallbedingt erhöhten Aufwand und nicht nur um allgemeine, auch einem Gesunden entstehende Ausbildungskosten beziehungsweise um allgemeine Lebenshaltungskosten handelt (vgl. BGH NJW-RR 1992, 791). Ersteres ist hier der Fall, weil der Kläger allein durch die Unfallfolgen außer Stande ist, ohne zusätzliche intensive Förderung seinen Leistungsstand zu verbessern. Soweit die Fördermaßnahmen des Vaters daneben auch dazu dienten, unfallbedingte Gesundheitsschäden zu beheben, z.B. die Sprachstörungen zu lindern, die visuelle Informationsverarbeitung und die Aufmerksamkeitsleistung zu verbessern oder psychische Beeinträchtigungen auszugleichen, die auf den Unfallfolgen beruhen, kommt auch die Schadensgruppe der Heilungskosten in Betracht. Allerdings liegt das Schwergewicht der Förderung hier eindeutig bei der Befriedigung vermehrter Bedürfnisse.

Der Mehrbedarf des Klägers bemisst sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter bei der von ihm - bzw. hier durch seine gesetzlichen Vertreter - in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung getroffen hätte (BGHZ 54, 82; BGH VersR 70, 129, und 78, 149). Dabei bemisst sich der Anspruch nach dem konkreten Bedarf im jeweiligen Einzelfall (BGH a.a.O.). Kommen zum Ausgleich des Bedarfs verschiedene Möglichkeiten mit unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht (z.B. durch Einstellung einer Fremdkraft, durch Vollzeitunterbringung in einer entsprechenden Einrichtung oder durch persönliche Leistungen eines Familienangehörigen im häuslichen Bereich), so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs wegen vermehrter Bedürfnisse nicht etwa stets nach der aufwendigsten oder nach der kostengünstigsten Möglichkeit, sondern danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten zumutbar gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt. Wählt der Verletzte den Einsatz eines Familienangehörigen, so ist dessen zusätzliche Mühewaltung angemessen auszugleichen (BGH VersR 1978, 396; BGH NJW 99, 2819). Dies gilt beim Einsatz eines Elternteils freilich nur dann, wenn diese Mühewaltung den Bereich der allein den Eltern als engsten Bezugspersonen zugänglichen "unvertretbaren" Zuwendung verlässt und sich so weit aus dem selbstverständlichen originären Aufgabengebiet der Eltern heraushebt, dass nicht nur theoretisch, sondern als praktische Alternative ein vergleichbarer Einsatz fremder Hilfskräfte in Betracht kommt (BGH NJW 99, 2819).

Dabei darf zwar nicht außer Acht gelassen werden, dass Schadensersatzansprüche Dritter vom Gesetz nur in den - hier nicht gegebenen - Fällen der §§ 844, 845 BGB in Betracht kämen, weswegen Gegenstand der Prüfung hier nicht ein unfallbedingter Verdienstausfallschaden des tätig werdenden Angehörigen, hier des Vaters, ist, sondern allein der Anspruch des Verletzten selbst, hier des Klägers, auf Ausgleich seiner vermehrten Bedürfnisse. Allerdings kann der Verdienstausfall, den ein naher Angehöriger wegen dem Verletzten unentgeltlich erbrachter, Betreuungsleistungen erleidet, als geldwerter "Verlustposten", in welchem sich der Mehraufwand in der Vermögens Sphäre konkret niedergeschlagen hat, eine entsprechende Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Verletzten begründen, da eine solche Hilfeleistung naher Angehöriger entsprechend dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht dem Schädiger zugute kommen darf (BGH NJW 1999, 2819 w.m.N.). Die Ersatzpflicht für einen Verdienstausfall Dritter ist dementsprechend sogar für den Bereich der Heilungskosten wegen notwendiger Krankenbesuche bejaht worden (vgl. BGHZ 106, 28 = BGH NJW 89, 766; BGH NJW 91, 2340).

In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall gelangt der Senat - in Abweichung vom angefochtenen Urteil, aber in Einklang mit der nach Beweisaufnahme erfolgten Wertung des Landgerichts in der Begründung seines Vergleichsvorschlags vom 20.7.2004 (Bl. 467/469 d.A.) - zur Ersatzpflichtigkeit des Mehraufwands des Vaters in Höhe des Verdienstausfalls des Vaters, allerdings vermindert um den Lohnsteuerabzugsbetrag. Dabei ist vorab darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Fall aufgrund seiner Besonderheiten nicht verallgemeinerungsfähig erscheint. Ein vergleichbarer Fall - Aufgabe der Erwerbstätigkeit des Vaters zum Zwecke der persönlichen intensiven Förderung des verletzten Sohnes - ist dem Senat in seiner bisherigen Praxis nicht begegnet. Maßgebend für das gewonnene Ergebnis sind im wesentlichen die nachfolgenden Gründe:

Die durch seine gesetzlichen Vertreter getroffene Auswahlentscheidung des Klägers, seinen Mehrbedarf durch ergänzende intensive Förderung durch seinen Vater anstatt ambulant durch eine externe Fachkraft oder stationär im Wege einer Vollzeitbetreuung in einer entsprechenden Einrichtung auszugleichen, hält sich auch in Ansehung der damit verbundenen Einstellung der Erwerbstätigkeit des Vaters im Rahmen der oben beschriebenen Dispositionsfreiheit des Verletzten.

Denn dieser Entscheidung ging seit dem Unfall vom 13.6.1996 nach der bis 16.7.1996 andauernden stationären Behandlung in der Universitätsklinik Würzburg und der anschließenden stationären Weiterbehandlung im Neurologischen Rehabilitationszentrum Jugendwerk Gailingen e.V., aus dem der Kläger am 13.8.1997 entlassen wurde, ein über mehr als zwei Jahre dauernder letztlich erfolgloser Versuch voraus, auf "konventionellem" Weg, nämlich durch Besuch der Privaten Volksschule für körperbehinderte in Aschaffenburg-Schweinheim ab September 1997, zunächst mit Besuch der Tagesstätte, durch einen erneuten zwischenzeitlichen stationären Aufenthalt in der neuropädiatrischen Rehabilitationsbehandlung, wiederum im Rehabilitationszentrum Jugendwerk Gailingen e.V. vom 12.8.1998 bis 23.9.1998, und anschließend wiederum durch Besuch der Körperbehinderten-Schule, Fortschritte beim Ausgleich der unfallbedingten erheblichen Leistungseinschränkungen des Klägers zu erzielen. Zusätzlich erhielt der Kläger ab Januar/Februar 1999 ca. ein bis zwei Stunden pro Woche Nachhilfeunterricht und eine Stunde pro Woche logopädische Therapie. Das Ergebnis dieser Bemühungen war jedoch ernüchternd, unstreitig stagnierte die Entwicklung des Klägers. Das aufgrund erneuter Untersuchung im Neurologischen Rehabilitationszentrum Jugendwerk Gailingen e.V. durch den ärztlichen Direktor am ... 21.8.1999 erstattete neurologische Gutachten mit neuropsychologischem Zusatzgutachten (Bl. 83 bis 132 d.A.), welches von den Beklagten inhaltlich unstreitig gestellt wurde, bescheinigte eine diskontinuierliche Entwicklung mit Stagnation und Rückschritten in wesentlichen Leistungsbereichen, insbesondere beim Lesen und Rechnen, mit der Folge eines Rückzugs aus der innerfamiliären Kommunikation. Das Gutachten äußerte die Befürchtung, dass der - damals neunjährige - Kläger seine bisherigen Leistungsstand, der erhebliche Defizite aufweise, nicht einmal werde halten können; dies werde - so das Gutachten - langfristig zu einem kontinuierlichen weiteren Verlust an sozialer Kompetenz führen. Das Gutachten schlug deshalb die Durchführung einer weiteren intensiven stationären Rehabilitationsbehandlung über einen längeren Zeitraum vor, für die allerdings Einsicht des Klägers in den Sinn einer weiteren Trennung von den Eltern Voraussetzung sei. Das Ergebnis dieses Gutachtens deckte sich mit der Einschätzung der Leitung der Körperbehinderten-Schule, die davon ausging, dass der Kläger nie in der Lage sein würde, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen.

In dieser Situation war es - auch unter dem Blickwinkel der Disposition eines im objektiven Sinn "verständigen" Geschädigten - angezeigt und jedenfalls vertretbar, einen völlig anderen, ganz "unkonventionellen" Weg einzuschlagen und eine intensive Förderung durch den eigenen Vater im Rahmen eines unter Zuziehung von Fachleuten entwickelten Gesamtkonzepts zu beginnen, wobei der Vater neben seiner Übungs- und Repetitionstätigkeit und deren Vorbereitung auch koordinierend und begleitend - nicht etwa nur durch Beförderung des Klägers mit dem Kraftfahrzeug zu externen Unterrichts- und Behandlungsmaßnahmen - an den von Dritten geleisteten Maßnahmen mitwirkte. Die Zeugen Dipl.-Psychologe und Psychotherapeut ..., Lehrerin ... Sonderschullehrer ... sowie Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut haben dieses Konzept, seine Erarbeitung und Durchführung und die wesentliche Rolle des Vaters plastisch geschildert. So war der Vater - dem Konzept entsprechend, z.B. auch bei den Therapie- und Nachhilfestunden anwesend, die der Kläger bei Dritten erhielt, um auftretende Fragen sofort besprechen, die eigenen Maßnahmen darauf abstimmen und neue Erkenntnisse aus den Behandlungen umsetzen zu können. Auf die Vernehmungsniederschriften des Landgerichts vom 4.6.2002 wird zur näheren Darstellung Bezug genommen (Bl. 243/248 d.A.). Dieser Weg bot in der gegebenen Situation am ehesten die begründete Chance auf eine Anhebung des Leistungsstandes des Klägers. Dieser Weg vermied die bei einer weiteren stationären Intensivbehandlung erforderliche längerfristige Trennung des Klägers vom Elternhaus. Der Sachverständige Prof. ... hat bereits in seinem Gutachten vom 28.10.2002 (Bl. 270 ff., 277/278 d.A.), auf das sich auch das Landgericht, gestützt hat, nachvollziehbar dargelegt, dass Kinder mit besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen möglichst im. familiären Umfeld aufwachsen sollten, da sie dort in der Regel die besten Möglichkeiten haben, ihr volles Potential zu erreichen. Der eingeschlagene Weg nutzte außerdem den besonderen Vorteil der Einbeziehung von Familienmitgliedern in die Rehabilitation. Denn diese sind, wie ebenfalls der Sachverständige Prof. Dr. ... im o.g. Gutachten überzeugend ausgeführt und wissenschaftlich belegt hat (vgl. Bl. 270 ff., 278 d.A.), die im Hinblick auf Motivation, Geduld, Ausdauer, Einfühlungsvermögen und Engagement für die Erzielung eines Rehabilitationserfolgs am besten geeigneten Personen. Zudem ist eine persönliche Förderung durch Familienangehörige nicht an die aus personellen und organisatorischen Gründen zwangsläufig begrenzten Möglichkeiten einer Schule, sei es auch einer Spezialschule, die sich stets einer Vielzahl gleichermaßen besonders förderungsbedürftiger Schüler widmen muß, oder der einer einzelnen externen Fachkraft, die ihre Arbeitszeit auch nach einem bestimmten Stundenplan auf die verschiedenen Probanden aufteilen und ohne Rücksicht auf die Verfassung des Betroffenen zur festgesetzten Stunde zwingend einen Erfolg nur in der dann vorgegebenen begrenzten Zeit erzielen kann, gebunden. Dem gegenüber kann sich der Familienangehörige individuell an die jeweilige Aufnahmebereitschaft des Kindes anpassen, Pausen einlegen oder erst zu anderer Zeit neu beginnen.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die gewählte Art der intensiven persönlichen Förderung vom Vater, einem Diplomingenieur für Maschinenbau, nicht neben seiner Erwerbstätigkeit bei der Firma ... Deutschland GmbH hätte erbracht werden können. Der Kläger hat nachvollziehbar dargestellt, dass eine Doppelbelastung seines Vaters aus der intensiven, Förderung des Sohnes einerseits, von der zeitlich lediglich der vormittägliche Schulbesuch ausgenommen war, und aus der beruflichen Tätigkeit, z.B. der verantwortlichen Bearbeitung und Abwicklung von Projekten, selbst bei Inanspruchnahme von Erleichterungen wie Teizlzeitarbeit nicht tragbar gewesen wäre. Die persönliche intensive Förderung eines behinderten Kindes ist eine Aufgabe, die nicht nur entsprechenden zeitlichen Aufwand, sondern volle Konzentration auf diese besondere Aufgabe verlangt. Dies wird durch die umfangreiche fortlaufende Dokumentation der Fördermaßnahmen in insgesamt 22 als Schriftsatzanlagen sukzessive zu den Akten gereichten Leitz-Ordnern (mit Stundenplänen, Terminkalendern, Lehrmaterialien, Arbeitsergebnissen, Zeugnissen etc.) anschaulich gemacht und ist durch die Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen bestätigt worden. Ergänzend wird zur Darstellung auf die Zusammenfassung in der Tabelle 1 "Zeitlicher Ablauf von B Entwicklung (1996 bis 2005) - Nachhilfe und Intensivförderung durch den Vater ab Dezember 1999" im Anlagenband zur Berufungsbegründung vom 22.3.2005 verwiesen (Anlagen zu Bl. 552 ff. d.A.). Der Senat hat keinen Zweifel, dass eine derart intensive Fördertätigkeit neben einer Erwerbstätigkeit, die ebenfalls volle Konzentration erfordert, nicht möglich wäre. Im Übrigen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass neben dem Kläger drei weitere Geschwister, darunter eine jüngere Schwester, der elterlichen Fürsorge bedurften und dass der früher zur Betreuung noch zur Verfügung stehende Großvater mütterlicherseits im Dezember 1998 verstorben war.

Der Umstand, dass die hier gewählte Form der Förderung innerhalb des Familienverbands absolut unüblich ist, weil sie für die übrigen Familienmitglieder, insbesondere für den seine Erwerbstätigkeit zugunsten der intensiven Förderung seines Kindes aufgebenden Elternteil, mit erheblichen Einschränkungen und Belastungen verbunden ist, darf nicht den Blick dafür verstellen, dass dieser Weg jedenfalls unter den hier gegebenen besonderen Umständen der objektiv geeignetste und aussichtsreichste war, um dem vermehrten Bedarf des Klägers gerecht zu werden. Auf eine solche - den besten Erfolg versprechende - Förderung hat der Kläger Anspruch, auch wenn diese nur um den Preis zu erreichen ist, dass infolge der dazu notwendigen Aufgabe der Arbeitsstelle des Vaters ein Vermögensnachteil in Höhe des entgangenen Verdienstes eintritt. Denn eine gleichwertige Alternative, welche den Vater bei der Förderung des Klägers ersetzen konnte, stand - wie dargelegt - nicht zur Verfügung.

Auch der Umstand, dass die Entscheidung zur persönlichen Förderung des Klägers durch den Vater unter Aufgabe der Erwerbstätigkeit aus dem Blickwinkel der eigenen beruflichen, wirtschaftlichen und auch gesundheitlichen Interessen des Vaters, sowie aus Sicht der übrigen Familienmitglieder, insbesondere im Interesse der drei Geschwister des Klägers, die ebenfalls der Fürsorge und Zuwendung bedurften, mit erheblichen Risiken behaftet ist und daher durchaus auch kritisch diskutiert werden kann, wie es offenbar auch seitens des ärztlichen Direktors Dr. vom Jugendwerk Gailingen ausweislich seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 9.5.2004 (Bl. 420/424 d.A.) getan wurde, darf bei der Beurteilung keine Rolle spielen. Denn der Schädiger kann sich nicht auf etwa widerstreitende Interessen Dritter berufen. Ob der Angehörige bei seiner freiwilligen Entscheidung zur übernähme der Förderung diese Interessen angemessen berücksichtigt hat, wirkt sich auf das Verhältnis des Schädigers zum Verletzten nicht aus. Wenn sich aufgrund der Bereitschaft des Angehörigen diese Möglichkeit ergibt, dann darf der Verletzte diese auch wahrnehmen. Für bei den Angehörigen etwa eintretende "Folgeschäden", z.B. aus einer nach Wegfall des Mehrbedarfs des Verletzten weiterbestehenden Arbeitslosigkeit, aus den Folgen einer bei einem Geschwister des Klägers etwa eintretenden Entwicklungsstörung, haftet der Schädiger nicht, da es sich um Schäden Dritter, nicht des Verletzten, handeln würde.

Die Eignung des vom Kläger gewählten Förderkonzepts und damit auch die Richtigkeit, jedenfalls aber die Vertretbarkeit seiner Auswahlentscheidung ist durch den nachgewiesenen Erfolg bestätigt worden. (wird ausgeführt) Bereits anlässlich eines erneuten stationären Aufenthalts vom 29.3.2000 bis 21.6.2000 in Gailingen (nunmehr ...-Jugendwerk GmbH, Neurologisches Krankenhaus und Rehabilitationszentrum) wurde vom ärztlichen Direktor ... im - ebenfalls inhaltlich unstreitig gestellten - Bericht vom 26.7.2000 (Bl. 133 bis 138 d.A.) eine gute Verbesserung vor allem im sprachlichen Bereich und beim Lesen - und Schreiben konstatiert und zur weiteren Verbesserung die Fortführung des durchgeführten Privatunterrichts für sinnvoll erachtet. Im ärztlicher), Bericht des Dr. ... vom 5.1.2004 (Bl. 375/381 d.A.) wird erneut bestätigt, dass die intensive Förderung durch den Vater wesentlich zu den erzielten Fortschritten beigetragen hat. Der Sachverständige Prof. ... hat ebenfalls festgestellt, dass die Fördermaßnahmen entgegen der zuvor schlechten Prognose erfreulicherweise zu einer Verbesserung des Entwicklungsstandes des Klägers geführt haben und dass von einem positiven Einfluss gerade auch der persönlichen Förderung durch den Vater auszugehen ist (Gutachten vom 28.10.2002, Bl. 270 ff., 274/275 sowie 277/278 d.A.). Von diesem Erfolg ist der Senat im übrigen auch aufgrund des persönlichen Eindrucks überzeugt, welchen er von dem in der Verhandlung anwesenden Kläger im Gespräch gewonnen hat.

Die Inanspruchnahme des Vaters zur persönlichen Förderung stellt sich im vorliegenden Fall auch nicht als unverhältnismäßig dar. Durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Förderung entstand ein effektiver vermögenswerter Nachteil von 5.827,79 DM pro Monat (Bruttoverdienst 7.283,29 DM, vgl. Bl., 502 und 504 d.A., abzüglich Lohnsteuer 1.455,50 DM), bei anteiliger Hinzurechnung des 13. und 14. Monatsgehalts also ein solcher von 6.799,08 DM pro Monat (5.827,79 DM x 14 Monate = 81.589,06 DM : 12 Monate = 6.799,08 DM). Eine langfristige stationäre Förderung in einer Rehabilitationseinrichtung, wie sie 1999 vom Jugendwerk Gailingen empfohlen worden war, hätte nach dem insoweit unwidersprochenen Vortrag des Klägers, der sich mit den Erfahrungen des Senats hinsichtlich der Kosten stationärer Maßnahmen deckt, monatlich mindestens ähnlich hohe Kosten verursacht, selbst wenn man dem Verdienstausfall des Vaters noch die Kosten der ergänzenden ambulanten Nachhilfestunden und Therapiemaßnahmen hinzurechnet. Die Beklagten behaupten auch nicht, dass ein solcher Kostenvergleich zu einem Kostenvorteil einer stationären Maßnahme geführt hätte. Die Beklagten stellen - wie auch die angefochtene Entscheidung - vielmehr nur auf einen Vergleich mit den Kosten einer anstelle des Vaters stundenweise beschäftigten Hilfskraft ab.

Aber selbst dieser Vergleich führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Intensivförderung durch den Vater. Denn die Betrachtung darf nicht auf die Dauer der effektiven Übungs- und Repititionstätigkeit, also der reinen Lernzeit ähnlich der eines konzentriert durchgeführten Nachhilfeunterrichts beschränkt werden, welche das Landgericht aufgrund der Aussagen der Zeugen Dr. ..., ... und ... mit zwei bis drei Stunden täglich angenommen hat. Denn bei diesem Vergleichsansatz würden gerade die Vorzüge der Förderung im Familienverband, z.B. die zeitliche Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die konkrete Aufnahmebereitschaft des Klägers, die Möglichkeit jederzeitigen Unterbrechung, die besondere Eignung des Familienangehörigen hinsichtlich Motivation und Einfühlungsvermögen, außer Acht gelassen werden. Zudem erschöpft sich die Tätigkeit des Vaters - wie ausgeführt - eben nicht in den persönlich durchgeführten Übungs- und Repititionsstunden, sondern er koordiniert und begleitet darüber hinaus die übrigen, in das von ihm miterarbeitete Gesamtkonzept eingebundenen Fördermaßnahmen, er stimmt seine Maßnahmen darauf ab, er transportiert den Kläger zu den außerhäuslichen Fördermaßnahmen und nimmt auch teilweise daran teil, wie die vom Landgericht vernommenen Zeugen bestätigt haben. Die Übungs- und Repetitionstätigkeit kostet außerdem Zeit zur Vorbereitung, wie sie auch ein Pädagoge zur Vorbereitung seines Unterrichts aufwenden müsste. Ferner ist ein zusätzlicher Zeitaufwand zur Dokumentation der Fördermaßnahmen zu berücksichtigen, wie sie hier ausweislich der vorgelegten Anlagenbände auch erfolgt ist. An der Dokumentation hat der Kläger ein berechtigtes Interesse schon deshalb, weil er seine Ersatzansprüche darlegen und belegen muss.

Zum Vergleich kann daher nicht auf die Kosten von zwei zusammenhängenden Nachhilfestunden eines externen Lehrers pro Tag abgestellt werden. Es mag sein, dass ein konzentrierter Nachhilfeunterricht dieser Dauer - worauf das Landgericht abstellt - die Erschöpfungs- und Sättigungsgrenze des Klägers erreichen würde. Dies macht aber gerade einen der Vorteile der Förderung durch den Vater aus, dass wegen der ihm möglichen Flexibilität eine derartige zeitliche und organisatorische Konzentration des Unterrichts unterbleibt. Selbst der ärztliche Direktor des ...-Jugendwerks Gailingen, Dr. ..., hat in seiner Erklärung vom 9.5.2004 ausgeführt, dass ein Ersatz der Übungs- und Repititionstätigkeit des Vaters durch externen Stützunterricht die Möglichkeit vorausgesetzt hätte, ein solch dichtes Lernprogramm mit entsprechend ausgebildeten Pädagogen zu organisieren, wobei aus Sicht des sachverständigen Zeugen Dr. ... derartige Fördermaßnahmen an organisatorischen Schwierigkeiten wie z.B. dem Fehlen von Fachkräften vor Ort, scheitern dürften (Bl. 420/424, insbesondere 423 d.A.). Ginge man aber gleichwohl von der Möglichkeit des Ersatzes durch den Einsatz entsprechend ausgebildeter Pädagogen aus, so ist zur Erzielung eines gleichen Effekts wie beim Einsatz des Vaters eine deutlich höhere tägliche Stundenzahl zu veranschlagen. Selbst wenn man lediglich vier Stunden pro Tag (anstatt zwei Stunden wie im angefochtenen Urteil) zugrunde legt, ergibt sich bereits eine Verdoppelung des vom Landgericht errechneten Aufwands auf 6.000,-- DM pro Monat (vier Stunden x 50,-- DM x 30 Tage) und somit ein dem bereinigten Nettoverdienstsausfalls des Vaters von 5.827,79 DM und - bei anteiliger Hinzurechnung des 13. und 14. Monatsgehalts in vollen Jahren - von 6.799,08 DM (vgl. oben) durchaus vergleichbarer Betrag. Die Kritik der Beklagten an dem vom Landgericht in Ansatz gebrachten Stundenvergütungssatz von 50,-- DM kann jedenfalls bei einer solchen Vergleichsbetrachtung nicht gefolgt werden. Der organisierte und abgestimmte Einsatz stundenweise tätiger Pädagogen zur Ausführung eines gleichermaßen dichten Lernprogramms wie vom Vater durchgeführt (vgl. Dr. ..., Bl. 423 d.A.) würde kaum zu einem Stundensatz von 50,-- DM zu verwirklichen sein, wobei etwaige Fahrtkosten entweder der Pädagogen oder des Klägers noch hinzuzusetzen wären. Der organisierte Einsatz qualifizierter Pädagogen kann nicht mit dem Aufwand für eine Haushaltshilfe verglichen werden.

Der Senat stimmt allerdings mit dem Landgericht darin überein, dass der Mehrbedarf des Klägers, welcher die Intensivförderung durch den Vater rechtfertigt, nicht zeitlich unbegrenzt bestehen wird. Auf diesen Punkt weisen die Beklagten auch in der Berufungsinstanz zu Recht hin. Der Sachverständige Prof. Dr. ... hat in seinem Gutachten vom 28.10.2002 (Bl. 270 ff., 277/278 d.A.) und bei der mündlichen Erläuterung dieses Gutachtens im Termin vom 1.7.2003 (Bl. 349/350 d.A.) bereits angedeutet und im sodann gerade zu diesem Punkt erstatteten Ergänzungsgutachten vom 20.1.2004 (Bl. 387 ff., 390 d.A.) sowie bei seiner erneuten Vernehmung im Termin vom 12.11.2004 (Bl. 523/525 d.A.) ausgeführt, dass beim Kläger zwischenzeitlich eine "Sättigungsgrenze" erreicht worden sei, die kognitiv keine wesentlichen Verbesserungen mehr erwarten lasse. Die Grundsituation könne daher nicht mehr entscheidend verbessert werden. Vielmehr sei das mit dieser Art der Förderung verbundene enge Verhältnis des Klägers zum Vater im Blick auf das Ziel der Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit des Klägers zunehmend kritisch zu sehen. Die Fördermaßnahmen des Vaters seien daher aus ärztlich-rehabilitationsmedizinischer Sicht nicht mehr gerechtfertigt. Das Landgericht hat deshalb die Intensivfördermaßnahmen des Vaters nur für, die Zeit bis 31.12.2003 als erforderlich und die Beklagten insoweit für ersatzpflichtig gehalten.

Der vom Landgericht gewählten Befristung vermag der Senat allerdings nicht zuzustimmen. Denn der Mehrbedarf des Klägers entfällt erst dann, wenn der Kläger seine - wie dargelegt - vertretbar getroffene Auswahlentscheidung hinsichtlich der Maßnahmen zum Ausgleich seiner unfallbedingten Defizite als nicht mehr aussichtsreich für die Zukunft revidieren muss. Diesen Punkt vermag der Senat - selbst wenn man dem Sachverständigen in seiner Einschätzung folgt - jedenfalls innerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums, der vom 1.12.1999 bis zum 31.3.2004 reicht, schon deshalb nicht zu erkennen, weil erst aufgrund der erneuten stationären Aufnahme und Untersuchung des Klägers im ...-Jugendwerk Gailingen, mit Bericht des ärztlichen Direktors Dr. ... vom 5.1.2004 (Bl. 375/384 d.A.) eine Fortsetzung der Förderung durch den Vater "mit Zurückhaltung" gesehen und erst durch das darauf fußende Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. ... vom 20.1.2004 (Bl. 387/391 d.A.) festgestellt wurde, dass die Fortführung der Förderung durch den Vater nicht mehr erfolgversprechend und aus ärztlich-rehabilitationsmedizinischer Sicht nicht mehr gerechtfertigt sei. Erst im letztgenannten Gutachten wurde als adäquate Maßnahme stattdessen die Beschulung in einer Sonderschule für Körperbehinderte in einem bestimmten Zweig, bzw. die Betreuung in einer Schule für individuelle Lebensbewältigung mit überwiegend heilpädagogischer Ausrichtung empfohlen. Dieses Ergänzungsgutachten vom 20.1.2004 war gerade deshalb eingeholt worden (vgl. Beweisbeschluss vom 1.7.2003, Bl. 350 R. d.A.) weil für eine abschließende Beurteilung der weiteren Erfolgsaussichten der Intensivfördermaßnahmen des Vaters noch keine ausreichenden Erkenntnisse vorlagen, weswegen der Sachverständige Prof. Dr. ... vor Durchführung einer ausführlichen neuropsychologischen Untersuchung keine abschließende Beurteilung vornehmen konnte (vgl. Bl. 350 d.A.). Damit bestand aber jedenfalls bis zum Vorliegen des Ergänzungsgutachtens vom 20.1.2004 auch aus ärztlicher Sicht keine Gewissheit, dass die Fördermaßnahmen nicht mehr aussichtsreich geworden waren. Eine entsprechende Anpassung der Art der Förderung und der Lebensgestaltung des Klägers war dann aber nicht "rückwirkend" zum 31.12.2003 veranlasst, sondern erst nach Feststellung des Änderungsbedarfs und einer angemessenen Übergangszeit, die jedenfalls nicht vor dem 31.3.2004, dem Ablauf des streitgegenständlichen Abrechnungszeitraums, geendet hat. Deshalb kann der Senat letztlich dahingestellt lassen, ob dieser Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. ... mit dem Landgericht zu folgen ist und zu welchem konkreten Zeitpunkt nach dem 31.3.2004 die Ersatzfähigkeit der Intensivförderung durch den Vater enden würde. Der Senat braucht sich daher mangels Entscheidungserheblichkeit auch nicht mit den vom Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragenen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit seinem Antrag auf Erholung eines weiteren Gutachtens auseinanderzusetzen.

Nach alledem hat der Kläger Anspruch auf Ersatz des Mehraufwands für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.12.1999 bis 31.3.2004. Zur Bemessung des Anspruchs ist der Wert der Leistung des Vaters in Höhe der damit einhergehenden Vermögenseinbuße zu bemessen. Dabei kann entgegen der Ansicht des Klägers allerdings nicht der entgangene Bruttoverdienst in Höhe von 7.283,29 DM angesetzt werden. Die darin enthaltene und ohne Einkommensbezug nicht anfallende Lohnsteuer (1.455,50 DM) hätte auch ohne die Aufgabe der Arbeitsstelle effektiv nicht zur Verfügung gestanden. Einen etwaigen Einkommenssteuererstattungsanspruch des Vaters in dieser oder geringerer Höhe trägt der Kläger nicht vor. Hingegen sind die Sozialversicherungsbeiträge als Aufwand zu berücksichtigen, da zur Erzielung eines gleichwertigen Versicherungsschutzes auch ohne Einkommen ein entsprechender Beitragsaufwand entsteht (vgl. BGHZ 140, 39, hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge im Falle der innerfamiliären Pflege durch nichterwerbstätige Familienangehörige).

Somit vermindert sich der geltend gemachte Betrag - wie oben bereits angesprochen - auf 5.827,79 DM pro Monat (7.283,29 DM - 1.455,50 DM). Bei der Schadensberechnung sind für volle Kalenderjahre, wie geltend gemacht, jeweils 14 Monatsgehälter, die der Vater des Klägers sonst unstreitig erzielt hätte, in Ansatz zu bringen. Denn die Förderung durch den Vater, auf die der Kläger - wie dargelegt - Anspruch hatte, war nur um diesen "Preis" zu erlangen. Den Vater als Förderkraft gab es nur für die Hinnahme des Verlustes der 14 Monatsgehälter. Auch beim Einsatz einer externen (Vollzeit-) Kraft würde selbstverständlich die volle Tarifvergütung einschließlich der tariflichen Zusatzleistungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld zu berücksichtigen sein, wie dies etwa bei Ersatz, von Haushaltsführungsschaden selbst ohne Einstellung einer entgeltlich tätigen Ersatzkraft zuzusprechen wäre. Für den Dezember 1999 und die Monate Januar bis März 2004 hat der Kläger in seiner Schadensberechnung von einer (anteiligen Hinzurechnung des 13. und 14. Monatsgehalts abgesehen, und nur für die vollen Jahre 2000 bis 2003 14 Monatsgehälter geltend gemacht. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob und in welcher Höhe für die Jahre 1999 und 2004 eine anteilige Berücksichtigung gerechtfertigt wäre.

Für die vorzunehmende Schadensschätzung erscheint es vertretbar, auch für die Zeit ab 1.1.2002 die Einzelbeträge in DM anzusetzen und erst den Endbetrag in EURO umzurechnen. Auch der Kläger nimmt seine Schadensberechnung in dieser Weise vor.

Gegenüber der Anspruchsberechnung des Landgerichts im angefochtenen Urteil sind über die vom Landgericht bereits vorgenommenen Abzüge zusätzlich die vom Landgericht folgerichtig noch nicht berücksichtigten Leistungen der Pflegeversicherung für Januar bis März 2004 mit 1.200,-- DM (3 x 400,-- DM) abzusetzen. Ferner ist der im Termin vom 31.5.2005 vom Vater des Klägers eingeräumte viermalige Monatsverdienst auf 630-DM-Basis im Jahr 2001, also ein Betrag von insgesamt 2.520,-- DM, in Abzug zu bringen.

Der Anspruch des Klägers errechnet sich somit wie folgt:

Dezember 1999 5.827,79 DM Januar bis Dezember 2000 (14 x 5.827,79 DM =) 81.589,06 DM Januar bis Dezember 2001 81.589,06 DM Januar bis Dezember 2002 81.589,06 DM Januar bis Dezember 2003 81.589,06 DM Januar bis März 2004 (3 X 5.827,79 DM =) 17.483,37 DM Summe 1. Dezember 1999 bis 31. März 2004 (60 Monatsgehälter) 349.667,40 DM.

Zuzüglich der weiteren rechtskräftig zuerkannten materiellen Schadensersatzansprüche für Telefonkosten, schulischen Mehraufwand und sonstige Auslagen + 44.580,01 DM materieller Schaden insgesamt 394.247,41 DM abzüglich anzurechnender Leistungen aus Vorschüssen der Drittbeklagten 25.000,-- DM Leistungen der Pflegeversicherung bis 31. März 2001 16.586,66 DM Leistungen der Pflegeversicherung vom 1. April 2001 bis 31. Dezember 2003 13.200,-- DM Summe der vom Landgericht bereits vorgenommenen Abzüge 54.786,66 DM weiter vorzunehmende Abzüge: Leistungen Pflegeversicherung für Januar bis März 2004 (3 x 400,-- DM =) 1.200,-- DM Einkünfte aus Tätigkeit des Vaters aus geringfügiger Beschäftigung (4 Monate in 2001 à 630,-- DM) 2.520,-- DM Summe der weiteren Abzüge 3.720,-- DM

Zusammenstellung:

materieller Schaden insgesamt 394.247,41 DM vom Landgericht bereits berücksichtigte Abzüge - 54.786,66 DM weitere Abzüge - 3.720,-- DM Gesamtanspruch = 335.740,75 DM vom Landgericht bereits zugesprochen - 136.793,35 DM offener Restbetrag = 198.947,40 DM = 101.720,19 EURO.

Zu verzinsen ist der noch offene Betrag von 101.720,19 EURO - wie beantragt - erst ab Rechtshängigkeit, die mit Zustellung der Klageerweiterung vom 19.3.2004 am 29.3.2004 eingetreten ist (vgl. Bl. 407 und 408 ff. d.A. nebst Zustellungsurkunde).

Mit der Klage vom 8.1.2001 war lediglich der Schaden bis zum 31.3.2001 rechtshängig gemacht worden, der den vom Landgericht bereits rechtskräftig zugesprochenen und ab 22.6.2001 für verzinslich erklärten Betrag unterschreitet.

Hinsichtlich der Nebenentscheidungen gilt folgendes:

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Bei der nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens erforderlichen Abänderung der Kostenentscheidung für die erste Instanz entsprechend den veränderten Erfolgsquoten war zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 2) als Fahrzeughalter nur im Umfang des materiellen Schadens am Streitwert der ersten Instanz beteiligt ist, weswegen er in geringerem Umfang als die Beklagten zu 1) und 3) gesamt Schuldnerisch zur Kostentragung heranzuziehen ist (§ 100 Abs. 2 und 4 ZPO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO gestützt.

Der Streitwert ergibt sich aus dem bezifferten Berufungsantrag des Klägers (§§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen des Schadensrechts ab. Im Übrigen betrifft der vorliegende Rechtsstreit einen Ausnahmefall, der sich kaum wiederholen wird. Die Sache hat daher auch keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

Zurück