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Gericht: Oberlandesgericht Braunschweig
Beschluss verkündet am 22.12.2003
Aktenzeichen: 3 U 209/02
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 19 Abs. 1 S. 3
1. Wird neben einem Einlagenrückgewähranspruch hilfsweise ein Anspruch auf Auseinandersetzung der Gesellschaft verfolgt, weil die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zweifelhaft ist, sind die Streitwerte von Haupt- und Hilfsantrag auch dann nicht zu addieren, wenn über beide Anträge entschieden wird.

2. Der Anspruch auf Einlagenrückgewähr und der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Auseinandersetzung einer fehlerhaften Gesellschaft betreffen stets denselben Gegenstand i.S. des § 19 Abs. 1 S. 3 GKG.

3. Die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft haben zur Folge, dass bei einer Abwicklung einer fehlerhaften Gesellschaft an Stelle eines Einlagenrückforderungsanspruches nur ein Anspruch auf Auseinandersetzung der Gesellschaft geltend gemacht werden kann.


Tenor:

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 25.636,48 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger verfolgt mit seiner Klage die Rückzahlung geleisteter Einlagen in Höhe von 25.636,48 € als atypisch stiller Gesellschafter und hilfsweise bei Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft im Wege einer Stufenklage einen Auseinandersetzungsanspruch.

II.

Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten gem. §§ 25 Abs. 2 S. 2, 14 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2 GKG den Streitwert für beide Rechtszüge festgesetzt. Hierbei war ausschließlich der bezifferte Zahlungsantrag auf Einlagenrückgewähr des Klägers in Höhe von 25.636,48 Euro zu berücksichtigen. Die Zug um Zug beabsichtigte Rückübertragung der Beteiligung bei Einlagenrückgewähr führt nicht zu einer maßgeblichen Verringerung des Streitwertes (Herget, in: Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rn. 16, Stichwort: "Zug-um-Zug-Leistungen").

Dass mit dem klagabweisenden Urteil zugleich auch über die hilfsweise geltend gemachten Anträge des Klägers auf Auskunftserteilung über ein etwaiges Auseinandersetzungsguthaben und dessen Auszahlung (Antrag zu Ziffer 2) bzw. auf Rückzahlung der Einlagen abzüglich eines zu ermittelnden Auseinandersetzungsguthabens entschieden worden ist, wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus. Dieses ergibt sich aus § 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG.

Zwar findet grundsätzlich eine Zusammenrechnung von Haupt- und Hilfsanspruch statt, soweit auch über den Hilfsantrag - wie hier - eine Entscheidung ergeht (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GKG), jedoch hat dieses nach § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG zu unterbleiben, wenn Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen. Dann ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Abzustellen war deshalb - wie geschehen - allein auf den Streitwert des Einlagenrückzahlungsanspruches, weil der Streitwert des vom Kläger ebenfalls erfolglos verfolgten Hilfsantrages gemäß § 3 ZPO nur 1/3 dieses Anspruches ausmacht und die vom Kläger geltend gemachten Haupt- und Hilfsanträge wirtschaftlich denselben Gegenstand betreffen.

Dabei war zu beachten, dass Haupt- und Hilfsanträge nicht bereits deshalb denselben Gegenstand betreffen, weil sie auf demselben Anspruchsgrund beruhen. Entscheidend für die Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG ist vielmehr, ob die Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - III ZR 115/02 = NJW-RR 2003, 713; Beschluss v. 16.12.1964 - VIII ZR 47/63 = BGHZ 43, 31, 33 zu § 16 Abs. 1 Satz 2 GKG a. F.; KG Berlin, Beschluss vom 13. Dezember 2001 - 8 W 372/01 = KGR Berlin 2002, 119-120; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Januar 2000 - Az: 9 U 212/99 = MDR 2000, 543/544; Anders/Gehle/Kunze, Streitwert-Lexikon, 4. Aufl. 2002, Echte Hilfsanträge Rn. 7).

Der Einlagenrückzahlungsanspruch (Hauptantrag) und die Hilfsanträge des Klägers gerichtet auf die Erlangung eines Auseinandersetzungsguthabens betreffen aber wirtschaftlich denselben Gegenstand. Beide Ansprüche können nicht zugleich zugesprochen werden, sondern stehen in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander. Dass sie wirtschaftlich auf dasselbe abzielen, wird auch deutlich, wenn man den rechtlichen Hintergrund dieser Antragskonstellation mit in Betracht zieht. Sie beruht nämlich auf der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft. Diese Grundsätze besagen aber nichts anderes, als dass dem Gesellschafter an Stelle eines Einlagenrückzahlungsanspruches ein Anspruch auf Auseinandersetzung und Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens zusteht (BGH, Urt. v. 29.11.1952 - II ZR 15/52 = BGHZ 8, 157, 167; Urt. v. 24.05.1993 - II ZR 136/92 = NJW 1993, 2107, 2107; ferner OLG Hamm, Urt. v. 02.03.1999 - 27 U 257/98 = NJW-RR 1999, 1415, 1416 und aus neuerer Zeit OLG Stuttgart, Urt. v. 06.11.2002 - 14 U 21/02 = ZIP 2003, 763, 764 sowie OLG Thüringen, Urt. v. 26.02.2003 - 4 U 786/02 = DB 2003, 766, 766;. Ensthaler/Fahse, GK HGB 6. Aufl., § 230 Rn. 12; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 230 Rn. 11). Tritt der eine Anspruch aber gleichsam als wirtschaftlicher Ersatz an die Stelle des anderen, beschreiben beide denknotwendig denselben wirtschaftlichen Gegenstand.

Soweit der Senat bisher aufgrund eines anderen rechtlichen Ansatzes (exemplarisch Beschluss v. 03.06.2003 - 3 U 185/02) eine andere Sichtweise vertreten hat, gibt er diese hiermit auf.

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