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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 1 U 71/04 b
Rechtsgebiete: VOB/A, VergabeG für das Land Bremen


Vorschriften:

VOB/A § 8 Abs. 2 Nr. 1
VergabeG für das Land Bremen § 7 Abs. 1
1. Es fehlt an der Vergleichbarkeit der eingereichten Angebote, wenn eines von diesen auf der Basis der Lohnnebenkosten eines Landschafts- und Gartenbauunternehmens als Nachunternehmer kalkuliert worden ist, während die übrigen Bewerber entsprechend dem in der Ausschreibung enthaltenen Verlangen der Vergabestelle den Nachweis erbracht haben, in vollständigem Umfang die Beiträge an die zuständige Sozialversicherung des Baugewerbes geleistet zu haben.

2. Werden reine Pflasterarbeiten öffentlich ausgeschrieben, so ist nicht zu beanstanden, wenn in der Ausschreibung der Nachweis verlangt wird, dass die Bewerber die Beiträge an die Sozialversicherung im Baugewerbe vollständig geleistet haben, auch wenn dadurch Unternehmen aus dem Bereich des Garten- und Landschaftsbaus mittelbar von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 1 U 71/04 b

Verkündet am : 23. März 2005

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02. März 2005 unter Mitwirkung der Richter Neumann, Lang und Boehme

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 8. Zivilkammer - vom 31.08.2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 104-108 d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich gestellten Antrag weiter, hilfsweise beantragt sie den Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse). Der Berufungsvortrag der Klägerin im Einzelnen ergibt sich aus ihrer Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 04.11.04 ( Bl. 123-126 d.A.) sowie aus ihren Schriftsätzen vom 25.02.05 (Bl. 148-154 d.A.) und vom 03.03.05 (Bl. 165-175 d.A.).

Die Beklagte beantragt, Zurückweisung der Berufung.

Wegen des Vortrags der Beklagten wird auf das Vorbringen in ihrem Schriftsatz vom 09.12.04 (Bl. 132-137 d.A.) sowie in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.05 (Bl. 156 d.A.) Bezug genommen.

II. Die statthafte (§ 511 ZPO) auch im Übrigen zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.05 im Einzelnen erläutert hat, trifft das Urteil des Landgerichts Bremen zu.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Sämtliche Berufungsangriffe der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil sind unbegründet, da der Klägerin der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht.

Der Senat nimmt insoweit auf die - auch unter Berücksichtigung des gesamten Berufungsvorbringens der Klägerin - zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug und verweist hinsichtlich des bei der hier angegriffenen Vergabeentscheidung von der Beklagten zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerfrei angewandten Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren nur zu erreichen ist, "wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden" (BGH NZ Bau 2003, 293, 295).

Daran fehlte es im vorliegenden Fall, da das Angebot der Klägerin unstreitig auf der Basis der Lohnnebenkosten eines Landschafts- und Gartenbauunternehmens als Nachunternehmer kalkuliert worden ist, das nicht - wie die übrigen Mitbewerber und wie in den entsprechenden Vorschriften des Bremischen Vergaberechts gefordert - einen aktuellen Nachweis darüber erbracht hat, dass es in vollständigem Umfang die Beiträge an die zuständige Sozialversicherung des Baugewerbes geleistet hat. Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht substantiiert dargetan und einen aktuellen Nachweis darüber erbracht, dass ihre Nachunternehmerin tatsächlich gleich hohe Beträge in eine entsprechende Sozialkasse für den Garten- und Landschaftsbau gezahlt hat.

Im Übrigen gilt für die einzelnen Berufungsangriffe der Klägerin folgendes:

1. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Beklagte habe gegen § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A verstoßen, indem sie einen Nachweis der vollständigen Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialkasse des Baugewerbes fordere, vermag ihr der Senat nicht zu folgen; denn die genannte Bestimmung besagt lediglich, an welche Bewerber die Unterlagen abzugeben sind. Ein Verstoß hiergegen ist weder dargetan noch im Übrigen ersichtlich. Vielmehr ist unstreitig, dass die Klägerin alle erforderlichen Unterlagen für das Bauvorhaben "Realisierung Schüsselkorb-Straßenbau", insbesondere auch den Hinweis auf das Erfordernis eines aktuellen Nachweises der zuständigen Sozialkasse des Baugewerbes über die vollständige Entrichtung von Beiträgen (Bl. 15, 17, 19 d.A.) erhalten hat.

2. Auch der weitere Berufungsangriff der Klägerin, dass durch die Regelungen der Beklagten in ihren Bewerbungsbedingungen sämtliche Garten- und Landschaftsbaubetriebe von der Vergabe grundsätzlich ausgeschlossen seien, überzeugt nicht; denn er verkennt, dass es sich vorliegend um reine Pflasterarbeiten mit den entsprechenden Bewerbungsbedingungen für ein solches Gewerk handelt und nicht um (damit im Zusammenhang stehende) Leistungen aus dem Bereich Garten- und Landschaftsbau, für die - möglicherweise - andere Bedingungen zugrunde zu legen gewesen wären.

3. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung unter Hinweis auf ihren Schriftsatz vom 03.08.04 vorträgt, dass ihre Nachunternehmerin nicht weniger Beiträge in die Gartenbau-Berufsgenossenschaft zahle als ein vergleichbares Bauunternehmen in die zuständige Sozialkasse des Baugewerbes, ist dieses Vorbringen nach wie vor unsubstantiiert. Im Übrigen wäre es auch gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da ein Ausnahmetatbestand i.S. von Ziffer 1-3 dieser Vorschrift weder dargetan noch ersichtlich ist.

Die Klägerin hat die im Schriftsatz der Beklagten vom 20.10.03 erstmals aufgestellte Behauptung, dass die Lohnnebenkosten von Unternehmen, die dem Bundesverband Garten-Landschafts- und Sportplatzbau unterfallen, rd. 20 % niedriger seien als diejenigen von Unternehmen mit Einzahlungen in die Sozialkasse des Baugewerbes, weder in ihren Schriftsätzen vom 14.06.04 und vom 29.07.04, noch in der mündlichen Verhandlung vom 03.08.04 bestritten; vielmehr hat sie erst mit ihren nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 09.08.04 vorgetragen, ihre Nachunternehmerin bezahle Beiträge in gleicher Höhe.

Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die von ihr auszugsweise vorgelegte Satzung der Gartenbau-Berufsgenossenschaft bezieht, namentlich auf § 37 Ziff. II Nr. 3 (Bl. 101 d.A.) verkennt sie, dass es sich hierbei um Beiträge der Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) handelt, während es vorliegend um Beiträge zur Sozialkasse des Baugewerbes geht. Da die Klägerin auch keine weiteren Angaben über die Höhe der gezahlten Beiträge gemacht hat, insbesondere auch keinen aktuellen Nachweis über derartige Zahlungen vorgelegt hat, ist ihr Vorbringen, ihre Nachunternehmerin zahle nicht weniger Beiträge als ein vergleichbares Bauunternehmen in die zuständige Sozialkasse des Baugewerbes - wie bereits ausgeführt - unsubstantiiert.

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin stand der Beklagten nach dem klaren Wortlaut von § 7 Abs. 1 des Vergabegesetzes für das Land Bremen ( "... ist von der Wertung auszuschließen ...") bei der Ausschließung des Angebots der Klägerin von der Wertung auch kein Ermessensspielraum zu.

5. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

Ende der Entscheidung

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