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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 1 W 22/07
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 2
SGB XII § 90
1. Ein im Eigentum des um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Antragstellers stehender Pkw gehört grundsätzlich zu dem von ihm einzusetzenden Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

2. Zum geschützten Vermögen gehört ein solcher Pkw nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Nr. 5, Nr. 9 oder Abs. 3 SGB XII erfüllt sind.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Beschluss

Geschäftszeichen: 1 W 22/07

In der Beschwerdesache

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen - 4. Zivilkammer - vom 07.03.07 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Mit Beschluss vom 07.03.07 (Bl. 13 d.A.) hat das Landgericht Bremen - 4. Zivilkammer - den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen den Antragsgegner mangels hinreichenden Nachweises der Bedürftigkeit zurückgewiesen.

Aus den von dem Antragsteller im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass er Eigentümer eines Ende September 2006 zum Kaufpreis von € 9.500,- erworbenen Pkw der Marke VW Polo 1.2, Baujahr 2004, ist.

Der landgerichtliche Beschluss ist dem Antragsteller am 14.03.07 zugestellt worden (Bl. 16 d.A.).

Am 28.03.07 hat der Antragsteller gegen den landgerichtlichen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 18 f. d.A.).

Die zulässige (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, Satz 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller habe seine Bedürftigkeit - trotz entsprechender Nachfragen des Gerichts (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO) - nicht ausreichend dargetan.

Diese Ansicht trifft auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragstellers zu, worauf bereits das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 12.04.07 (Bl. 28 f. d.A.) zutreffend hingewiesen hat.

Nach § 114 Satz 1 ZPO kann einer Partei Prozesskostenhilfe gewährt werden, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Maßgeblich sind insoweit die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschlussfassung, die nach § 115 ZPO zu beurteilen sind. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Einkommen einzusetzen. Die Partei hat auch ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wobei § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend gilt (§ 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO). § 90 Abs. 1 SGB XII zufolge ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nach Absatz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift darf allerdings die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind. Dies gilt auch für kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII).

§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bestimmt schließlich, dass Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden darf, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde; dies ist insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (§ 90 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 SGB XII).

Bei Anlegung dieses rechtlichen Maßstabes kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller seine Bedürftigkeit hinreichend dargetan hat. Der Antragsteller erhält ausweislich des Bescheides der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales vom 03.01.07 für sich, seine Ehefrau und seine beiden Kinder monatlich Zahlungen in Höhe von 1.215,41 € aufgrund der Bestimmungen des SGB II sowie 308,- € Kindergeld. Wie ausgeführt, hat der Antragsteller Ende September 2006 einen VW Polo, Baujahr 2004, erworben, der ausweislich des Darlehensvertrages der Volkswagen Bank vom 21.09.06 € 9.500,- gekostet hat. Unter den vorliegend gegebenen Umständen hat der Antragsteller diesen Vermögensgegenstand nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzen. Nach der zutreffenden Rechtsprechung der Obergerichte sind Personenkraftwagen im Rahmen eines PKH-Antrages grundsätzlich als einzusetzendes Vermögen i.S. des § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO anzusehen (Kammergericht Berlin, MDR 2006, 946 m.w.N.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, MDR 2006, 1174; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, 647; HansOLG Hamburg, FamRZ 1996, 42; OLG Bamberg, JurBüro 1992, 346; OVG Münster, NJW 1997, 540; siehe z.B. auch Zöller-Philippi, Komm. zur ZPO, 26. Aufl. 2007, § 115 Rn. 56).

Ein im Eigentum des Antragstellers stehender Pkw gehört mithin nicht von vornherein zum geschützten Vermögen; er kann dies vielmehr nur nach Maßgabe der Regelungen in § 90 Abs. 2 Nr. 5, Nr. 9, Abs. 3 SGB XII sein.

Dass die Voraussetzungen der letztgenannten Bestimmungen vorliegen, hat der Antragsteller - auch im Beschwerdeverfahren - nicht dargelegt.

Der Antragsteller hat nämlich weder vorgetragen, dass sein Pkw zur Aufnahme oder zur Fortsetzung der Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit unentbehrlich ist (§ 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII), noch hat er dargelegt, dass ihm eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde oder dass es für ihn oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde, wenn er nicht weiter über seinen Pkw verfügen könnte (§ 90 Abs. 3 SGB XII).

Ein Fahrzeug im Wert von gegenwärtig ca. 8.500,- € fällt auch nicht unter § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, wonach kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte dem Antragsteller auf jeden Fall zu belassen sind. Dieses sog. Schonvermögen beläuft sich gegenwärtig auf € 2.600,- zzgl. eines Betrages von 256,- € für jede Person, die von der nachfragenden Person überwiegend unterhalten wird (§ 1 Abs. I 1 Nr. 1 b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII; zitiert nach Zöller-Philippi, a.a.O., § 115 Rn. 57). Setzt man das Schonvermögen, das auf jeden Fall dem Antragsteller verbleiben muss, vorliegend mit 3.368,- € an (2.600,- € für den Antragsteller, 3 x 256,- € für die von ihm unterhaltenen Personen), verbleibt bei einer Verwertung des Pkw durch den Antragsteller ein Betrag von 5.132,- €, der zur Bestreitung der erstinstanzlichen Gerichtskosten (§ 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO) der beabsichtigten Klage sowie der Vergütungsansprüche des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers im ersten Rechtszug (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a), Nr. 3 ZPO) auskömmlich ist.

Ende der Entscheidung

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