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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 25.05.2007
Aktenzeichen: 2 U 127/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 126
BGB § 127 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 145
BGB § 147 Abs. 1
1. Unterzeichnen Vertragsparteien eine formularmäßig vorbereitete, aber handschriftlich mit "Verhandlungsprotokoll" überschriebene Vereinbarung und bedankt sich am folgenden Tag die eine Seite schriftlich "für den bereits mündlich erteilten Auftrag", so ist der Vertrag mit dem sich aus dem Verhandlungsprotokoll ergebenden Inhalt zustande gekommen.

2. An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn nachträglich ein maschinenschriftlich erstelltes Vertragsformular übersandt wird, dessen Unterzeichnung von dem Auftragnehmer verweigert wird, weil es nicht unerhebliche Abweichungen vom vereinbarten Vertragsinhalt enthalte.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Beschluss

Geschäftszeichen: 2 U 127/06

in Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten nach Maßgabe des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

I.

Mit formularmäßig "Werkvertrag über Montagearbeiten/Werkleistungen/Verglasungen", handschriftlich zusätzlich mit "Verhandlungsprotokoll" überschriebener Vereinbarung, auf die ergänzend die VOB angewendet werden sollte, übertrug die Klägerin dem Beklagten für das Bauvorhaben CC 73 Fassadensanierung C. 73, Bremen am 19. Juli 2005 die Montage und Verglasung von 335 lfdm. Fensteranlage incl. Versiegelung, Abdichtung, Fensterbänke und Nebenarbeiten, 1 Stück Sonnenschutzanlagezu fix und fertiger Montage, sowie 5 Stück Etagentüren komplett. Als Grundlagen des Vertrages wurden die Angebote vom 7. und vom 15. Juli 2005 sowie das Verhandlungsprotokoll vom 19. Juli 2005 bezeichnet (Anlage K 1 = Bl. 8 -18 d.A. nebst Anlagen Bl. 19 - 23 d.A.).Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 (Anlage K 4 = Bl. 27 d.A.) bedankte sich der Beklagte bei der Klägerin "für den bereits mündlich erteilten Auftrag". Unter dem 23. Juli 2005 (Bl. 154 d.A.) übersandte die Klägerin dem Beklagten einen "bereinigten" Vertragstext (Bl. 155- 170 d.A.), der aber vom Beklagten nicht unterzeichnet wurde. Am 27. Juli 2005 erschien der Beklagte zwar vereinbarungsgemäß an der Baustelle, verließ sie aber wieder, ohne eine Tätigkeit entfaltet zu haben. Mit Schreiben vom selben Tage forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Arbeiten unverzüglich, spätestens aber am 28. Juli 2005 (wieder) aufzunehmen (Anlage K 4 = Bl. 28 d.A.). Unter dem 28. Juli 2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit, "das kein Vertrag abgeschlossen wurde und wir somit jede weitere Verantwortung ablehnen" (Anlage K 6 = Bl. 29 d.A.).Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 setzte die Klägerin dem Beklagten eine Frist bis zum 1. August 2005, 7.00 Uhr, für die Ausführung der Montage. Mit Schreiben vom selben Tage teilte der Beklagte der Klägerin wiederum mit, es sei zwischen den Parteien kein Arbeitsbvertrag zustande gekommen; er bäte deshalb darum, "die Arbeiten anderweitig zu vergeben." (Anlage K 8 = Bl. 31 d.A.). Mit Anwaltsschreiben vom 29. Juli 2005 wurde die Fristsetzung wiederholt (Anlage K 9 = Bl. 32/33 d.A.). Mit Schreiben vom 3. August 2005 (Anlage K 10 = Bl. 34 d.A.) kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, erklärte, sie werde die Arbeiten von einem Dritten ausführen lassen und drohte die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an. Diese hat sie in der Klage mit € 37.807,80 bemessen.

Das Landgericht hat die Verteidigung des Beklagten nicht gelten lassen. Diese ging im Wesentlichen dahin, es sei deshalb kein Vertrag zustandegekommen, weil dieser erst nachträglich, nämlich nach dem 19. Juli 2005, schriftlich habe geschlossen werden sollen, wozu es aber nicht gekommen sei, weil das von der Klägerin übermittelte Exemplar in einigen Punkten von der getroffenen Vereinbarung abgewichen sei, wobei dies zur Folge gehabt habe, dass ein erneutes schriftliches Angebot vorgelegen habe, das er nicht angenommen habe. Es hat auch der weiteren Einwendung des Beklagten, er habe am 27. Juli 2005 die Baustelle verlassen, ohne tätig zu werden, weil sie nicht ausreichend gesichert gewesen sei, den Erfolg versagt und den Beklagten durch Zwischenurteil über den Grund zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus dem oben bezeichneten Vertrag verurteilt.

II.

Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hält der Senat aus den nachstehenden Gründen für nicht erfolgversprechend:

1.

Soweit der Beklagte rügt, das Landgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass der am 19. Juli 2005 von den Parteien unterzeichnete Text die handschriftlich gefertigte Überschrift "Verhandlungsprotokoll" trage, woraus eindeutig abzuleiten sei, dass in dieser Urkunde gerade kein Vertrag gefunden werden könne, greift dieser Einwand nicht durch. Zum einen kann selbstverständlich in der Niederschrift über ein Verhandlungsergebnis zugleich die Vereinbarung seines Inhalts als vertragliche Abrede gefunden werden, zum anderen hat der Beklagte sich mit seinem Schreiben vom 20. Juli 2005, also bereits am folgenden Tag, selbst ausdrücklich "für den bereits mündlich erteilten Auftrag für obige Arbeiten" bedankt. Diesem Schreiben würden seine Bedeutung und sein Sinn genommen, sollte in der am Vortage unterzeichneten Urkunde lediglich ein unverbindliches Protokoll gesehen werden. Vielmehr ist schon dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dieser Niederschrift und dem Schreiben des Beklagten vom folgenden Tage zu entnehmen, dass der Beklagte das Zustandekommen des Vertrages zwischen den Parteien mit dem sich aus dem Verhandlungsprotokoll ergebenden Inhalt bestätigt hat. Im Ergebnis Entsprechendes gilt für die von dem Beklagten erhobene Rüge, das Landgericht habe seinen Vortrag nicht berücksichtigt, wonach der Verhandlungsführer der Klägerin ausdrücklich erklärt habe, dass der Auftrag erst nach der Verhandlung mit einem weiteren Mitbewerber vergeben werde. Soweit der Beklagte diese Behauptung in seinem Schriftsatz vom 8. November 2006 (dort S. 1 = Bl. 190 d.A.) erstinstanzlich aufgestellt hat, steht sie in Gegensatz zu der zuvor von der Klägerin aufgestellten Behauptung, es sei abgesprochen gewesen, dass der Auftrag mündlich habe erteilt werden können, da sämtliche vertragswesentlichen Regelungen ausreichend schriftlich dokumentiert gewesen seien (Schriftsatz vom 4. September 2006, dort S. 2 = Bl. 175 d.A.). Da diese Behauptungen inhaltlich miteinander nicht vereinbar sind, bedarf es des Beweises. Die Beweislast liegt bei dem Beklagten (Palandt/Heinrichs, 66. Auflage 2007, § 127 Rdnr. 7). Der Beklagte hat aber insoweit weder erst- noch zweitinstanzlich Beweis angetreten.

Soweit der Beklagte rügt, das Landgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen (auch) der Klägerin nicht berücksichtigt, indem es übersehen habe, dass die Klägerin selbst in dem bereits benannten Schriftsatz vorgetragen habe, der Auftrag sei durch den Mitarbeiter N. der Klägerin "noch am 19.07.2005 telefonisch gegenüber dem Beklagten persönlich" erteilt worden, greift auch dieser Einwand nicht durch. Es kann durchaus sein, dass es nach der Unterzeichnung des "Verhandlungsprotokolls" noch zusätzlich zu diesem Anruf - dessen Zeitpunkt der Beklagte auf den 20. Juli 2005 festlegt - gekommen ist. Damit vereinbar ist auch durchaus das schon erwähnte Fax-Schreiben des Beklagten vom 20. Juli 2005, das um 7.30 Uhr gesendet worden ist.

Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass der Bauzeitenplan dem Verhandlungsprotokoll nicht beigelegen habe, sondern ihm erst zusammen mit dem Schreiben vom 23. Juli 2005 zugegangen sei, so dass darin ein neues Angebot gesehen werden müsse, das er, der Beklagte, nicht angenommen habe, kann auch diesem Einwand nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass in dem vom Beklagten für bedeutsam erklärten Bauzeitenplan allenfalls eine dem wesentlichen Vertragsinhalt nicht zuzurechnende Nebenabrede zu sehen ist, ist nämlich auf der Grundlage der Darstellung des Beklagten nicht einsichtig, weshalb er trotz der von ihm vertretenen Rechtsauffassung, eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und der Klägerin sei nicht zustande gekommen, am 27. Juli 2005 an der Baustelle erschienen ist. Auf den vom Beklagten als auf einem Denkfehler des Landgerichts beruhenden Hinweis im angefochtenen Urteil, der mit dem Schreiben vom 23. Juli 2005 übersandte schriftliche Bauvertrag habe lediglich der Klarstellung gedient, kommt es mithin nicht an.

2.

Der Beklagte macht ferner geltend, das Landgericht habe zu Unrecht zu seinen Lasten hinsichtlich des Schreibens der Klägerin vom 23. Juli 2005 und des Inhalts von dessen Anlage die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens angewandt. Irrig sei es davon ausgegangen, dass der Beklagte ein kaufmännisch geführtes Unternehmen betreibe, indem es ausgeführt habe, dass er, der Beklagte, im größeren Umfang am Rechtsverkehr teilnehme. Er, der Beklagte, unterhalte als Schlossermeister einen Gewerbebetrieb und beschäftige lediglich einen gewerblichen Arbeitnehmer, wobei er alle anfallenden Arbeiten einschließlich der Büro- und Buchhaltungsarbeiten selbst erledige. Selbst wenn aber die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens anzuwenden sein sollten, habe er, der Beklagte, dessen Inhalt mit seinem Schreiben vom 28. Juli 2005 rechtzeitig, nämlich unverzüglich, widersprochen. Indessen kommt es auf die Richtigkeit der vom Beklagten in diesem Punkte vorgetragenen Rechtsauffassung nicht an, weil ersichtlich die vom Landgericht insoweit niedergelegte Ansicht die von ihm getroffene Entscheidung nicht getragen hat, denn die entsprechenden Erwägungen sind lediglich als hilfsweise angestellt anzusehen. Das Landgericht hat nämlich den entsprechenden Absatz mit den Worten "Selbst wenn man dies anders sehen wollte," eingeleitet.

Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, bis zum Ablauf des 15. Juni 2007 Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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