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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 20.02.2003
Aktenzeichen: 2 U 81/02
Rechtsgebiete: UWG, PersBefG


Vorschriften:

UWG § 1
PersBefG § 47
Ein Zusammenschluss selbständiger Taxiunternehmer handelt nicht wettbewerbswidrig, wenn er seine Mitglieder veranlasst, mit ihren Taxen Botenfahrten übernehmen, weil weder die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes noch sonstige Rechtsvorschriften die für den Verkehr mit Taxen eingeräumten Vergünstigungen davon abhängig machen, dass Personen befördert werden.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftsnummer: 2 U 81/2002

Verkündet am: 20. Februar 2003

in Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2003 durch die Richter Dr. Schomburg, Friedrich und Jordan für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - vom 19. September 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt jedoch nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

Die Klägerin betreibt ein Frachtvermittlungsunternehmen in Bremen. Der Beklagte ist ein Zusammenschluss selbständiger Taxiunternehmer in Bremen.

Der Beklagte bietet seit einiger Zeit die Durchführung von Botenfahrten an, die mit den bei ihm angeschlossenen Taxen durchgeführt werden. Hierfür wirbt er u. a. im B. Telefonbuch unter dem Namen "Taxi-Ruf-B. ".

Die Klägerin hat die Meinung vertreten, sowohl die Werbung als auch die Durchführung von Botenfahrten mit als solchen erkennbaren Taxen sei wettbewerbswidrig. Der Beklagte verstoße damit gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Er nutze die ihm als Taxiunternehmer gewährten Vorteile, wie z. B. das allein den Taxen vorbehaltene Erscheinungsbild und die Möglichkeit, spezielle Spuren im Straßenverkehr zu nutzen aus. Diese Privilegien seien den Taxen jedoch nur für die Durchführung der Personenbeförderung als öffentliche Aufgabe gewährt worden. Sofern der Beklagte Botenfahrten durchführe, dürfe er sich deshalb - wie andere Unternehmer auch - das äußere Erscheinungsbild von Taxen nicht zu Eigen machen. Der Beklagte unterbiete mit seinen Preisen zudem systematisch alle anderen Transportunternehmer in Bremen.

Die Klägerin hat beantragt,

es dem Beklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft an den Vorstandsmitgliedern F. B., W. V. und R. K. zu vollstrecken ist) zu verbieten,

1. unter dem Namen Taxi-Ruf-B. für Botenfahrten zu werben;

2. Botenfahrten mit Taxen zu unternehmen, ohne die Taxen durch Entfernung/Abdeckung des Taxidachkennzeichens, der Ordnungsnummer und der Taxifarbe als Taxen unkenntlich gemacht zu haben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat in Abrede genommen, dass in der Durchführung von Botenfahrten durch als solche gekennzeichnete Taxen ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften liege. Es gebe keine Norm, die den Taxiunternehmer verpflichte, bei Leerfahrten, Privatfahrten oder auch bei Botenfahrten das Taxidachkennzeichen und die Ordnungsnummer zu entfernen. Die Taxifarbe sei zudem nicht allein den Taxen vorbehalten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da weder ein Verstoß gegen § 1 UWG, noch gegen § 3 UWG vorliege. Das Personenbeförderungsgesetz enthalte keine Verbotsnormen in Bezug auf die Güterbeförderung durch Taxen, sondern nur die Pflicht zur Fahrgastbeförderung. Im übrigen sei die Ausstattung der Taxen durch Dachkennzeichen, Ordnungsnummer und Farbe im Personenbeförderungsgesetz vorgeschrieben; diese besondere Kennzeichnung müsse bei Leerfahrten, Privatfahrten oder eben Botenfahrten nicht entfernt werden. Der Vorteil des Beklagten gegenüber der Klägerin sei auch nicht in der besonderen Ausstattung der Taxen zu sehen, sondern in ihrer Vielzahl und der Verteilung über das ganze Stadtgebiet.

Ein Verstoß gegen § 3 UWG liege ohnehin nicht vor, weil in der Durchführung von Botenfahrten durch Taxen keine Irreführung des Publikums zu sehen sei.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihr am 24. September 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Oktober 2002 Berufung eingelegt und diese am 22. November 2002 begründet.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag, räumt ein, dass der Sachverhalt unstreitig sei, rügt aber die "fehlerhafte Rechtsanwendung" durch das Landgericht. Es habe nämlich verkannt, dass die Vergünstigungen der Taxen ausschließlich aus ihrer Personenbeförderungspflicht abgeleitet würden. Der besondere Schutz der Taxen gehe sogar so weit, dass ein Funkmietwagenunternehmer sich nicht unter "T" im amtlichen Telefonbuch eintragen lassen durfte, weil das Publikum unter diesem Buchstaben nach Taxen suche. Wenn der besondere Schutz, den Taxen genießen, aber nur darauf beruhe, dass sie in die öffentliche Personenbeförderung eingebunden seien, dürften sie diese Vorteile nicht für Botenfahrten nutzen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bremen vom 19. September 2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft an den Vorstandsmitgliedern F. B., W. V. und R. K. zu vollstrecken ist) zu verbieten,

1. unter dem Namen Taxi-Ruf-B. für Botenfahrten zu werben;

2. Botenfahrten mit Taxen zu unternehmen, ohne die Taxen durch Entfernung/Abdeckung des Taxidachkennzeichens, der Ordnungsnummer und der Taxifarbe als Taxen unkenntlich gemacht zu haben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er sieht sich in seiner Rechtsansicht durch das landgerichtliche Urteil voll bestätigt.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 22. November 2002 und die Berufungserwiderung vom 10. Dezember 2002 Bezug genommen.

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im übrigen zulässig (§ 511 Abs. 1 und 2, §§ 517, 519, 520 ZPO). Sie ist jedoch nicht begründet.

Die Werbung des Beklagten für Botenfahrten unter dem Namen Taxi-Ruf-B. ist nicht wettbewerbswidrig, da es sich insoweit um den Namen des Beklagten handelt. Es ist nicht erkennbar, unter welcher anderen Bezeichnung der Beklagte für Botenfahrten werben könnte.

Auch in der Durchführung von Botenfahrten durch den Beklagten ist kein Wettbewerbsverstoß zu sehen. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, verstößt der Beklagte insbesondere gegen keine Verbotsnorm des Personenbeförderungsgesetzes. Weder ist es Taxiunternehmern dort untersagt, Botenfahrten durchzuführen, noch sind die besonderen Vergünstigungen der Taxen auf reine Personenbeförderungen beschränkt (vgl. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 2. Aufl. Ziff. 4 zu § 47 PBefG). Auch bei Leer- und Privatfahrten sind Taxiunternehmer nicht verpflichtet, das Dachschild, die Ordnungsnummer oder gar die besondere Elfenbeinfarbe abzudecken. Entsprechendes gilt mithin auch für Botenfahrten. Das Personenbeförderungsgesetz hat insoweit auch bewusst auf eine Differenzierung

dieser unterschiedlichen Einsätze der Taxen verzichtet, weil eine klare Abgrenzung nicht möglich ist und weil eine Überprüfung der Einsätze der einzelnen Taxe in der Praxis auf kaum überwindliche Schwierigkeiten stößt. In diesem Zusammenhang sei nur darauf verwiesen, dass ggf. bei einer Leerfahrt oder auch Privatfahrt unterwegs Passagiere aufgenommen oder zusätzlich zur Personenbeförderung Pakete im Kofferraum transportiert werden. Dass die Wahrnehmung der Personenbeförderungspflicht des Beklagten durch die Ausführung von Botenfahrten beeinträchtigt werden könnte, ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Auch ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten durch Verdrängung bzw. Vernichtung von Mitbewerbern scheidet aus. Zwar hat der Beklagte beim Einsatz der Taxen für Botenfahrten gegenüber der Klägerin einen Wettbewerbsvorteil, da er Sonderfahrstreifen nutzt, insbesondere aber mit zahlreichen Fahrzeugen ständig im gesamten Stadtgebiet an dafür freigehaltenen öffentlichen Verkehrsflächen präsent ist, so dass er schneller und preisgünstiger Kundenaufträge ausführen kann. Dieser Wettbewerbsvorteil des Beklagten führt jedoch nach einer Interessenabwägung der Parteien unter Einschluss der Verbraucher nicht zu einer sittenwidrigen Behinderung oder gar Verdrängung der Klägerin. Zwar geht das Interesse der Klägerin dahin, zu gleichen Wettbewerbschancen gegen den Beklagten antreten zu können. Demgegenüber steht jedoch das Interesse des Beklagten, Standzeiten und Leerfahrten für Gütertransporte zu nutzen, um auf diese Weise den Betrieb der Fahrzeuge und der gesamten Taxiorganisation wirtschaftlich günstiger zu gestalten. Dieses Vorgehen des Beklagten kommt dem Verbraucher in zweifacher Hinsicht zugute: Einerseits wird auf diese Weise die Kostenstruktur der Personenbeförderung niedriger gehalten als das ohne Gütertransporte möglich wäre; andererseits steht dem Verbraucher ein leistungsfähiges und preisgünstiges Netz von Fahrzeugen für die schnelle Abwicklung kleinerer Gütertransporte zur Verfügung. Das ist ein Vorteil, den die Klägerin in dieser Form nicht zu bieten hat. Sie ist davon auch nur in einem relativ kleinen Ausschnitt ihres Tätigkeitsbereichs betroffen.

Dass der Beklagte nicht gegen § 3 UWG verstößt, hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt. Diese Rechtsfrage scheint aber auch für die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr offen zu sein, wie sich in der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2003 ergeben hat. Weitere Anspruchsgrundlagen für den Klagantrag sind nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und für die Fortbildung des Rechts nicht als geeignet erscheint.

Ende der Entscheidung

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