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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 13.05.2004
Aktenzeichen: 2 U 9/04
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 467
HGB § 475 Satz 1
1. §§ 467 ff. HGB in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) sind in Ermangelung von Übergangsvorschriften auch auf Lagerverträge anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1998 abgeschlossen, aber erst nach diesem Termin beendet worden sind.

2. Übergibt der Einlagerer dem Lagerhalter in Kartons verpackte Gegenstände, ohne auf außen auf den Kartons angebrachten Listen kenntlich zu machen, was der jeweilige Karton enthält, und erteilt der Lagerhalter auch kein Empfangsbekenntnis über deren Inhalt, so muss der Einlagerer auch dann den Nachweis über den Inhalt der Behältnisse führen, wenn der Lagerhalter ihm andere als die eingelagerten Kartons zurückgibt, weil ein Umpacken des eingelagerten Gutes während der Lagerzeit notwendig geworden ist.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 2 U 9/04

Verkündet am: 13. Mai 2004

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen - 2. Zivilsenat - auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2004 durch die Richter

Dr. Schomburg, Friedrich und Dr. Schnelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von € abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe von Gegenständen in Anspruch, die die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1., deren Inhaber der Beklagte zu 2. war, eingelagert haben will.

Die Klägerin übergab der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. am 14. Oktober 1991 verschiedene Gegenstände zur Einlagerung, darunter einen Orion Fernsehapparat, ein Sofa und 56 Kartons. In jedem dieser Kartons befand sich eine Packliste, die Aufschluss über den Inhalt gab. Ergänzend wird auf das Lagerverzeichnis - Anlage zum Lagervertrag 25-10 - (Anlage 1 zur Klage = Bl. 14 d.A.) Bezug genommen. 55 der Kartons waren lediglich durch Ineinanderstecken der Pappen verschlossen. Die Klägerin zahlte das bis zum Ablauf des Monats Dezember 1993 zu entrichtende Entgelt sowie im Jahre 2001 weitere Abschläge von insgesamt DM 6.000,--.

Am 8. Juni 2002 verlangten die Zeugen Sonja R. und Walter S. namens und in Vollmacht der Klägerin von der Beklagten zu 1. die Rückgabe der eingelagerten Sachen. Dabei stellten die Zeugen fest, dass der Orion Fernsehapparat fehlte und das bereits erwähnte Sofa beschädigt war. Ferner ergab sich, dass - ausgenommen nur drei oder vier Exemplare - die zurückgegebenen Kartons nicht mit denen übereinstimmten, die die Klägerin gepackt und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. zur Aufbewahrung übergeben hatte.

Die Klägerin hat behauptet, es habe ein Karton gefehlt, in dem sich ihre, der Klägerin, persönlichen Papiere, insbesondere das Stammbuch und Rentenversicherungsunterlagen befunden hätten. Außerdem hätten die zurückgegebenen Kartons nicht diejenigen Gegenstände enthalten, die sie, die Klägerin, verpackt und in Verwahrung gegeben habe. Unter diesen hätten sich u.a. wertvolle Bilder, Spiegel, Bücher und Langspielschallplatten, ein fünfzehnteiliges Meißner Porzellan-Geschirr, ein 72 -teiliges WMF-Besteck, ein 24-teiliges AMC-Geschirr, eine sechzehnteilige Uhrensammlung sowie drei Tiffany-Lampen befunden. Wegen der Zusammenstellung der nach Darstellung der Klägerin eingelagerten Sachen, ihre Anschaffungs- und Wiederbeschaffungspreise, der sich nach Abzug eine von der Beklagten zu 1. gewährten Nachlasses von € 1.000,-- auf € 70.850,-- belaufe, wird auf Seite 5 des Schriftsatzes der Klägerin vom 8. April 2003 (Bl. 12 d.A.) verwiesen. Sie hat als Belege für Teile der von ihr nach ihrer Darstellung eingelagerten Gegenstände und deren Anschaffungspreise Prospekte vorgelegt (Bl. 111 - 116 d.A.), auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird. Ihr gesamter Hausrat sei im Zeitpunkt der Auflösung, also Mitte Oktober 1991, mit DM 500.000,-- bei der Vereinte Versicherung AG versichert gewesen. Die Klägerin hat ferner behauptet, sie habe lediglich wertlose, in der Anlage zum Schriftsatz vom 10. September 2003 (Bl. 75 d.A.) zusammengestellte Sachen in den von der Beklagten zu 1. zurückgegebenen Kartons vorgefunden, die sie im Einvernehmen mit dieser Beklagten inzwischen entsorgt, d.h. vernichtet habe.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe dieses Betrages in Anspruch und hat beantragt,

sie als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, € 70.850,- nebst 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 28. Februar 2003 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben in Abrede genommen, dass die von der Klägerin der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. übergebenen Kartons den von ihr behaupteten Inhalt gehabt hätten. Richtig sei zwar die von der Klägerin getroffene Feststellung, dass nicht die von ihr gepackten und zur Verwahrung übergebenen Kartons an ihre Beauftragten zurückgegeben worden seien. Dies sei deshalb unmöglich gewesen, weil die Kartons während der Lagerzeit hätten umgepackt werden müssen, da sie beschädigt worden seien. Diese Beschädigung sei auf "Mäusefraß" zurückzuführen, weil die Klägerin entgegen der Vereinbarung im Lagervertrag, die sich den Allgemeinen Bedingungen zu diesem ergäben, verderbliche Nahrungsmittel mit eingelagert habe. Zum Beleg für dieses Vorbringen hat die Beklagte zu 1. eine Durchschrift des Lagervertrags 25-10 vom 14. Oktober 1991 (Bl. 51-54 d.A.) vorgelegt, den die Klägerin unterzeichnet habe. Diesem sind die Allgemeinen Lagerbedingungen des Deutschen Möbeltransports zu entnehmen.

Die Klägerin hat bestritten, einen schriftlichen Lagervertrag abgeschlossen zu haben. Sie ist ferner der Behauptung der Beklagten zu 1. entgegengetreten, verderbliche Lebensmittel in die Kartons gepackt zu haben.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von drei von der Klägerin benannten Zeugen mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand (Bl. 126/127 d.A.) und Entscheidungs-gründe (Bl. 127/128 d.A.) Bezug genommen wird, die Klage mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Zwar hätten die vernommenen Zeugen bestätigt, dass sich die von der Klägerin als nicht zurückgegeben bezeichneten Sachen in ihrem Besitz befunden hätten und dass sie diese auch verpackt habe. Die Zeugen seien aber nicht dabei gewesen, als die gepackten Kartons der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. übergeben worden seien, so dass sie nicht hätten bestätigen können, dass die Kartons mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt eingelagert worden seien. Im Übrigen hätten die Zeugen auch keine näheren Angaben zu den einzelnen von der Klägerin als eingelagert, aber nicht zurückgegeben behaupteten Sachen machen können. Schließlich seien die angeblich fehlenden Gegenstände auch nicht in einer Weise von der Klägerin oder den Zeugen beschrieben worden, dass ihr Wert, notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen, geschätzt werden könne.

Gegen dieses ihr am 22. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Januar 2004 Berufung eingelegt und diese am 5. Februar 2004 unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen wie folgt begründet:

Abgesehen davon, dass das Landgericht in der seinem Urteil zugrunde liegenden mündlichen Verhandlung nicht habe erkennen lassen, dass und aus welchem Grunde es die Klage abweisen werde, so dass eine Überraschungsentscheidung vorliege, habe das Landgericht die Beweislast verkannt. Unstreitig habe die Klägerin der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. 56 gepackte Kartons in Obhut gegeben, von denen sie - ebenfalls unstreitig - zumindest 40 nicht zurückerhalten habe. Da unstreitig also 40 Kartons - welchen Inhalts auch immer -, die eingelagert worden seien, von der Beklagten nicht zurückgegeben worden seien, müsse diese sich nach der gesetzlichen Regelung des § 475 HGB entlasten. Diesen Entlastungsbeweis hätten die Beklagten nicht geführt. Nicht die Klägerin habe demzufolge den Beweis zu führen, dass die eingelagerten Kartons den behaupteten Inhalt gehabt hätten, sondern die Beklagten hätten zu beweisen gehabt, dass sie diesen nicht gehabt hätten, da sie jedenfalls 40 der unstreitig in den Verantwortungsbereich der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. gelangten Kartons nicht hätten zurückgeben können. Ferner sei dem Landgericht eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorzuhalten. Die vernommenen Zeugen hätten bekundet, dass sie dabei gewesen seien, als die Kartons von der Klägerin eingepackt worden seien. Nichts spreche für die vom Landgericht angesprochene Möglichkeit, dass die Klägerin die eingepackten Sachen den Kartons wieder entnommen haben und über sie anderweitig disponiert haben könnte. Die Klägerin habe auswandern wollen und deshalb schon aus Kostengründen nicht mehr als das Handgepäck an den Zielort auf Mallorca mitnehmen wollen und können. Keine vernünftige Person wende die von der Klägerin bezahlten Lagerkosten auf, wenn es sich bei dem eingelagerten Gut um wertlose Gegenstände handele. Im Übrigen beziehe sie, die Klägerin, zum Beweis für die Behauptung, die von ihr in Gegenwart der erstinstanzlich vernommenen Zeugen eingepackten Sachen seien nicht wieder ausgepackt worden, auf das Zeugnis der Frau Birgit K. , H. weg 9, 22. . . Hamburg. Schließlich habe das Landgericht versäumt, sie, die Klägerin, darauf hinzuweisen, dass es zur Feststellung des geltend gemachten Schadens weitere Erkenntnisse benötige. Entgegen der Auffassung des Gerichts sei sie, die Klägerin, allerdings der Auffassung, zur Schadenshöhe jedenfalls so hinreichend vorgetragen zu haben, dass zumindest eine Schätzung durch das Gericht nach Maßgabe des § 287 ZPO möglich gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin € 70.850,-- nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Februar 2003 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil, das sie für zutreffend halten, und machen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Darstellung liege keine Überraschungsentschei-dung vor, denn das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass es die von den Zeugen gemachten Angaben nicht für ausreichend halte, den von der Klägerin behaupteten Schaden nach Grund und Höhe zu beweisen. Es werde nach wie vor bestritten, dass sich die von Klägerin behaupteten wertvollen Gegenstände in den der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. in Obhut gegebenen Kartons befunden hätten. Umgepackt worden seien auch nicht 40, sondern allenfalls weit weniger als die Hälfte der 56 eingelagerten Kartons. Umgepackt worden sei der Weise, dass neben dem durch den Mäusebefall beschädigten Karton ein neuer, gleich großer Karton gestellt und mit dem Inhalt des beschädigten Behältnisses gefüllt worden sei. Im Übrigen habe die Klägerin das von ihr mit der Klagebegründung vorgelegte Lagerverzeichnis erst bei der Abholung der eingelagerten Sachen durch ihre Beauftragten erhalten. Bestritten werde, dass die Beklagten fernmündlich ihr Einverständnis zur Entsorgung der angeblich nicht der Klägerin gehörenden Gegenstände erklärt hätten. Schließlich sei der gesamte Tatsachenvortrag der Klägerin schon mit Rücksicht auf den Zeitablauf unrichtig, unglaubwürdig und lebensfremd. Dies führen die Beklagten des Näheren aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 142 - 148 d.A) und die Berufungserwiderung (Bl. 159-161 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 520 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO) und somit zulässig. Sie ist aber nicht begründet und war daher zurückzuweisen, weil das Landgericht die Klage mit Recht abgewiesen hat. Der Klägerin steht kein gegen die Beklagten gerichteter Anspruch auf Schadensersatz wegen des Verlustes der nach ihrer Darstellung eingelagerten Gegenstände zu.

1.

Die Klägerin hat mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. am 14. Oktober 1991 einen Lagervertrag abgeschlossen, durch den der Lagerhalter verpflichtet wird, das Gut zu lagern und aufzubewahren (§ 467 Abs. 1 HGB), und der Einlagerer, die vereinbarte Vergütung zu zahlen (§ 467 Abs. 2 HGB). Da das Gesetz die Wahrung einer bestimmten Form nicht vorschreibt, ist unerheblich, ob der von der Beklagten zu 1. vorgelegte Lagervertrag von der Klägerin unterzeichnet worden ist oder nicht. Nach § 475 Satz 1 HGB haftet der Lagerhalter für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Lagerung bis zur Auslieferung entsteht, es sei denn, dass der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnte. Diese genannten Vorschriften des Handelsgesetzbuchs sind anzuwenden, obwohl sie ihre Fassung erst durch Art. 1 Nr. 3 des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) erhalten haben, denn dieses am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz enthält keine Übergangsvorschriften, so dass es auch für den hier am 14. Oktober 1991 abgeschlossenen Lagervertrag gilt.

2.

Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass die von ihr vermissten Gegenstände in die Obhut der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. gelangt sind. Deshalb kann sie von den Beklagten keinen Schadensersatz für den Verlust der von ihr aufgelisteten Gegenstände, die nach ihrem Vortrag in 55 der von ihr zur Einlagerung übergebenen Kartons verpackt waren, verlangen. Dies hat das Landgericht zutreffend entschieden. Zur Begründung ist Folgendes auszuführen:

a)

Die Beklagten haben nicht in Abrede genommen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. am 14. Oktober 1991 von der Klägerin 56 Kartons zur Aufbewahrung übernommen habe. Sie haben auch nicht bestritten, dass zumindest ein nicht unwesentlicher Teil derjenigen Kartons, die von der Klägerin eingeliefert worden waren, durch andere ersetzt und an die Beauftragten der Klägerin zurückgegeben worden ist. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht ist damit jedoch nicht bewiesen, dass auch der von der Klägerin behauptete Inhalt der Kartons in die Obhut des Lagerhalters gelangt ist.

Die Klägerin hat stets vorgetragen, sie habe die von ihr gefertigten Packlisten, aus denen sich der Inhalt der einzelnen Kartons ergebe, in den jeweiligen Karton gelegt. Daraus folgt unmittelbar, dass der Lagerhalter ohne Öffnung des Kartons nicht erkennen konnte, was dieser nach Darstellung der Klägerin enthielt. Die Klägerin hat auch selbst weder behauptet, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. durch einen ihrer Mitarbeiter die einzelnen Packlisten gesehen geschweige denn auf ihre Übereinstimmung mit dem Inhalt des Kartons überprüft und gegebenenfalls diese Übereinstimmung mündlich erklärt oder gar schriftlich festgehalten habe, noch dargelegt, dass sie ein derartiges Verlangen an den Lagerhalter gerichtet habe. Damit kann nicht festgestellt werden, was in Bezug auf den Inhalt der 56 übergebenen Kartons Gegenstand der den Lagerhalter nach § 467 Abs. 1 HGB treffenden Pflicht zur Lagerung und Aufbewahrung geworden ist.

b)

Diesen ihr obliegenden Beweis konnte die Klägerin auch nicht mit Hilfe der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme erbringen. Selbst wenn sich die Zeugen in genauerer Weise als geschehen auf die Umstände und die Gegenstände des Verpackungsvorgangs zu besinnen vermocht hätten, wäre damit noch nicht der erforderliche Beweis erbracht gewesen. Zwar mag es der Lebenserfahrung widersprechen, dass jemand, der wie die Klägerin Deutschland längerfristig zu verlassen gedenkt und deshalb seinen Haushalt auflöst, die verpackten Gegenstände, die er - aus welchen Gründen auch immer - nicht mitnehmen kann oder will, diesen Verpackungsvorgang wieder rückgängig macht. Ausgeschlossen werden kann dies aber nicht. Ebenso wenig kann auch ausgeschlossen werden, dass diese auswanderungswillige Person sich hinsichtlich einzelner oder aller Gegenstände, die objektiv oder jedenfalls für sie von besonderem Wert erscheinen, anders als ursprünglich beabsichtigt entscheidet und sie entweder doch mitnimmt oder anderweitig als zunächst ins Auge gefasst unterbringt. Es mag zwar sein, dass diese Möglichkeit gerade im Falle der Klägerin wenig wahrscheinlich ist, gänzlich zu vernachlässigen ist sie indessen nicht. Ist dem aber so, dann braucht auch dem zweitinstanzlich angebrachten Beweisantritt der Klägerin nicht nachgegangen zu werden, denn die von ihr benannte Zeugin K. soll lediglich bekunden können, dass die Klägerin die von ihr verpackten Gegenstände, vor allem die besonders wertvollen unter ihnen, nicht wieder ausgepackt habe. Mit einer entsprechenden Aussage kann aber nicht bewiesen werden, dass die nicht wieder ausgepackten Gegenstände als Kartoninhalt in die Obhut der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. gelangt sind.

c)

Der von der Klägerin in der Berufungsinstanz in den Vordergrund ihrer Überlegungen gerückte Umstand, den Beauftragten der Klägerin sei unstreitig eine erhebliche Anzahl derjenigen Kartons nicht zurückgegeben worden, die die Klägerin eingelagert habe, vermag ihrem Begehren ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar trifft es zu, dass in diesem Umfang ein Verlust, zumindest aber eine Beschädigung im Sinne des § 475 Satz 1 HGB innerhalb des in dieser Vorschrift genannten Zeitraums eingetreten ist, so dass eine Haftung des Lagerhalters dem Grundsatz des Gesetzes entspricht. Diese Haftung bezieht sich aber allenfalls auf die Kartons selbst, die wegen Verlustes oder wegen Beschädigung nicht zurückgegeben werden können, nicht dagegen auf deren Inhalt. Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob diese Kartons überhaupt im Eigentum der Klägerin standen - die Lebenserfahrung spricht eher dagegen - entspräche ein Schadensersatz in Höhe des wirtschaftlichen Werts dieser Kartons nicht dem Interesse der Klägerin. Deshalb war es nur folgerichtig, dass ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung die Erörterung dieses Gesichtspunkts nicht zum Anlass genommen hat, den schriftsätzlich angekündigten Berufungsantrag umzustellen oder ihn wenigstens im Wege eines Hilfsantrags zu ergänzen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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