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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 25.05.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 69/04 (StrVollz)
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 19
StVollzG § 50 Abs. 1
Eine Beteiligung von Strafgefangenen an Stromkosten für im Haftraum benutzte über den Grundbedarf hinausgehende Elektrogeräte nach Maßgabe von Nr. 2 der NAV zu § 19 StVollzG verstößt nicht gegen § 50 Abs. 1 StVollzG, wonach Haftkosten nicht erhoben werden. Eine Kostenbeteiligung von Gefangenen, die über keine Arbeitseinkünfte verfügen, ist hierbei mit Art. 3 GG vereinbar.
Oberlandesgericht Celle Beschluss

1 Ws 69/04 (StrVollz)

In der Strafvollzugssache

wegen Kostenbeteiligung

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Beteiligung des Zentralen juristischen Dienstes für den niedersächsischen Justizvollzug am 25. Mai 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Landgericht ####### beschlossen:

Tenor:

1. Prozesskostenhilfe wird mangels Erfolgsaussicht abgelehnt (§§ 120 Abs. 2 StVollzG, 114 ZPO).

2. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts O############## vom 16.1.2004 wird als unbegründet verworfen.

3. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 63,- € festgesetzt (§§ 48 a, 13 GKG).

Gründe:

1. Der Antragsteller, der derzeit Freiheitsstrafe in der antragsgegnerischen Justizvollzugsanstalt M####### verbüßt, richtet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, mit welcher sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.9.2003 zurückgewiesen worden war. Mit diesem Bescheid war festgelegt worden, dass der Antragsteller für von ihm in seinem Haftraum benutzte Elektrogeräte (Radio/Stereoanlage, Tauchsieder/Heißwasserbereiter und eine Spielkonsole) an den hierdurch entstehenden Stromkosten beteiligt werden sollte, und zwar in einer Gesamthöhe von 1,75 € monatlich. Die Benutzung eines Fernsehers, einer Kaffeemaschine, einer Tischlampe, einer Schreibmaschine und eines elektrischen Rasierapparates in dem Haftraum des Antragstellers blieb demgegenüber als zum Grundbedarf gehörend kostenfrei.

Die Strafvollstreckungskammer hat den gegen den Kostenbescheid gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, der Antragsteller werde durch die Beteiligung an den Stromkosten nicht in seinen Rechten verletzt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Die von der Antragsgegenrein vorgenommene Kostenbeteiligung sei inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Grundbedarf an Elektrogeräten sei kostenfrei, ein berechtigtes Interesse des Antragstellers, neben einem - weiteren - Heißwassergerät und einem Radio-/Stereogerät auch eine Spielkonsole ohne Beteiligung an den Stromkosten zu betreiben, sei nicht zu erkennen.

Der Antragsteller rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und trägt hierzu vor, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen § 50 StVollzG, wonach Haftkosten nicht erhoben werden, sowie gegen Art. 3 GG, weil der Antragsteller keine Einkünfte erziele, er aber ebenso an den Kosten beteiligt werde wie Gefangene, die über Arbeitseinkünfte verfügen. Hierdurch werde er in seinen Rechten verletzt.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus nachfolgenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat.

3. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig, da es geboten ist, die angefochtene Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu überprüfen, § 116 Abs. 1 StVollzG.

4. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet. Die allein zulässig ausgeführte Sachrüge lässt Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung nicht erkennen. Die Strafvollstreckungskammer hat aus grundsätzlich zutreffenden tatsächlichen wie rechtlichen Erwägungen den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Ergänzend bemerkt der Senat:

Die an Nr. 2 der NAV zu § 19 StVollzG für den Betrieb von Elektrogeräten ausgerichtete Kostenbeteiligung von Strafgefangenen ist weder dem Grunde nach noch inhaltlich zu beanstanden.

a) Einer derartigen Beteiligung steht insbesondere nicht die Vorschrift des § 50 StVollzG entgegen, wonach Haftkosten nicht erhoben werden. Haftkosten im Sinne von § 50 StVollzG sind auf die Kosten für Unterkunft und Verpflegung beschränkt (Callies/Müller-Dietz, 8. Aufl., Rn. 1). Bereits hiernach sind die vom Antragsteller erhobenen Kosten für das Benutzen seiner Elektrogeräte keine Haftkosten im Sinne dieser Vorschrift. Dies gilt umso mehr, als nach dem der Kostenbeteiligung zugrunde gelegten Bescheid das Benutzen eines Fernsehers, eines Radios (soweit nicht Teil einer Stereoanlage) sowie eines Heißwassergeräts bzw. einer Kaffeemaschine als zum Grundbedarf eines Strafgefangenen gehörend kostenfrei bleiben. Durch das Benutzen derartiger Geräte werden die entsprechenden Grundbedürfnisse des Antragstellers hinreichend befriedigt. Andere Elektrogeräte wie etwa CD-Player, DVD-Player oder eine Spielkonsole dienen offenkundig allein der Freizeitgestaltung und gehen über den hiernach kostenfrei gestellten Grundbedarf hinaus. Der Umstand, dass der Antragsteller meint, das Benutzen einer - nach dem Bescheid kostenpflichtigen - Spielkonsole sei für ihn die einzige Möglichkeit der Freizeitgestaltung, macht diesen Gegenstand nicht zum Teil des Grundbedarfs. Aus der ärztlichen Stellungnahme vom 1.12.2003 geht zudem hinreichend deutlich hervor, dass der Antragsteller neben einer Kaffeemaschine auf ein - weiteres - Heißwassergerät aus gesundheitlichen Gründen nicht angewiesen ist.

Die vom Antragsteller angefochtene Kostenbeteiligung ist dem Strafvollzug überdies nicht fremd. Nach § 20 StVollzG haben Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel von privater Kleidung auf eigene Kosten zu sorgen. Auch § 63 StVollzG sieht - in Grenzen - eine Beteiligung an den Kosten einer ärztlichen Behandlung zum Zwecke der sozialen Eingliederung vor. In der VV zu § 69 StVollzG ist schließlich bestimmt, dass der Gefangene die Kosten für die Beschaffung, die Überprüfung, die Reparatur und den Betrieb eines Hörfunkgeräts selbst zu bestreiten hat. Hiernach erscheint sogar zulässig, Gefangene, die eine Kostenpauschale für ein in dem Haftraum vorhandenes Fernsehgerät nicht zahlen wollen, auf das Benutzen eines Anstaltsfernsehers zu verweisen (so im Falle der Untersuchungshaft OLG Frankfurt am Main vom 8.1.2004, 3 VAs 46/03).

b) Der angefochtene Bescheid verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten aus Art. 3 GG. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller aus Krankheitsgründen über keine Arbeitseinkünfte verfügt. Nach § 46 StVollzG wird dem Gefangenen in derartigen Fällen ein Taschengeld gewährt, falls er bedürftig ist. Die Vorschrift entstammt dem Sozialhilferecht (Callies/Müller-Dietz, 8. Aufl. § 46 Rn 1) und trägt hiermit den Grundbedürfnissen schuldlos mittelloser Gefangener Rechnung. Der Antragsteller wird von Angehörigen finanziell unterstützt, Taschengeld hat er nicht beantragt. Auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Grundbedarf des Antragstellers am Benutzen elektrischer Geräte kostenfrei bleibt. Ein hierüber hinaus gehender Anspruch auf kostenfreie Benutzung von Elektrogeräten ist nicht ersichtlich.

c) Die angefochtene Entscheidung lässt im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der dem Bescheid zugrundeliegenden Regelung der Antragsgegnerin Ermessensfehler nicht erkennen. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung lassen (noch) hinreichend eine nachvollziehbare Unterscheidung zwischen Geräten, die dem Grundbedarf dienen, sowie Geräten, die offensichtlich allein der Freizeitgestaltung dienen, erkennen. Dass die Antragsgegnerin sich bei dieser Einstufung von unzutreffenden oder sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, ist nicht ersichtlich. Dies gilt schließlich auch, soweit die Antragsgegnerin für das Benutzen der einzelnen Geräte eine monatliche Pauschale erhebt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG.

Ende der Entscheidung

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