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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 29.07.2009
Aktenzeichen: 10 WF 222/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115
Eine Prozesspartei, die selbst Prozesskostenhilferaten zu zahlen hat, ist daneben nicht auch noch verpflichtet, dem Prozessgegner einen Prozesskostenvorschuss in Ratenform zu erbringen, weil dieses nicht der Billigkeit entspricht.
10 WF 222/09

Beschluss

In der Familiensache

hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 29. Januar 2009 gegen den Prozesskostenhilfe für die Antragsgegnerin ohne Zahlungsbestimmung bewilligenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 22. Dezember 2008 unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht B., des Richters am Oberlandesgericht H. und des Richters am Amtsgericht M. am 29. Juli 2009 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 der Antragsgegnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) für das vorliegende Scheidungsverfahren bewilligt und ihr Rechtsanwältin P. in N. beigeordnet. Mit Beschluss vom 31. Oktober 2008 hat das Amtsgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung in Höhe von 45 EUR monatlich bewilligt und Rechtsanwältin S. in H. beigeordnet.

Nachdem dem Bezirksrevisor auf seine Anforderung vom 15. Januar 2009 die Akten des Verfahrens am 22. Januar 2009 vorgelegt worden waren, hat dieser mit Schreiben vom 29. Januar 2009 Beschwerde gegen die Bewilligung ratenfreier PKH für die Antragsgegnerin eingelegt. Er macht unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. August 2004 (BGH, FamRZ 2004, 1633 ff.) geltend, der Antragsgegnerin stehe ein Prozesskostenvorschuss gegenüber dem Antragsteller in Höhe von monatlich 30 EUR zu. Denn nach Abzug der mit Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Oktober 2008 festgesetzten PKH-Rate verbleibe auf Seiten des Antragstellers ein einzusetzendes Einkommen von 98 EUR.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13. Juli 2009 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Eine Prozesskostenvorschusspflicht des Antragstellers hielt das Amtsgericht für nicht gegeben, da ihm unter Berücksichtigung der eigenen PKH-Verpflichtung die ratenweise Zahlung eines Prozesskostenvorschusses nicht zumutbar sei.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 3 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde der Landeskasse ist unbegründet.

Zwar kommt eine PKH-Bewilligung mit einer entsprechenden Ratenzahlungsanordnung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB besteht, weil der Unterhaltsschuldner den gesamten Betrag zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber zu Ratenzahlungen nach § 115 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO in der Lage ist. Dabei ist Voraussetzung für das Bestehen eines materiellrechtlichen Anspruchs auf einen Prozesskostenvorschuss, dass der Berechtigte nicht in der Lage ist, die Prozesskosten selbst zu tragen und die Belastung des Unterhaltsschuldners mit den Prozesskosten der Billigkeit entspricht. Letzteres ist nicht der Fall, wenn der Unterhaltsschuldner ohne Gefährdung seines eigenen Selbstbehalts nicht hinreichend leistungsfähig ist (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1633 = JurBüro 2004, 654).

Zwar ergibt sich auf Seiten des Antragstellers unter Berücksichtigung seiner eigenen Ratenzahlungsverpflichtung aus dem Beschluss vom 31. Oktober 2008 ein gemäß § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen von 98 EUR, so dass nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO eine Ratenanordnung von monatlich 30 EUR festzusetzen wäre. Ebenso zutreffend hat das Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss festgestellt, dass der Antragsteller auch in der Lage wäre, ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes einen Prozesskostenvorschuss in Raten von monatlich 30 EUR an die Antragsgegnerin zu zahlen. Denn danach verfügt er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.187 EUR. Nach Abzug von pauschal 5 % für berufsbedingte Aufwendungen (59,35 EUR) sowie der Ratenzahlungsverpflichtung aus dem Beschluss vom 31. Oktober 2008 in Höhe von 45 EUR und der hier ermittelten Vorschusspflicht von 30 EUR verblieben ihm 1.052,65 EUR.

Eine Inanspruchnahme des Antragstellers würde aber zu dem Ergebnis führen, dass er in ein und demselben Verfahren höhere Raten zu zahlen hätte, als gesetzlich in § 115 Abs. 2 ZPO vorgesehen ist. Dieses würde zu einer unzumutbaren Belastung des Antragstellers führen, sodass ein Anspruch der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller auf Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von 30 EUR auf die Prozesskosten nicht besteht (so auch OLG Koblenz, FamRZ, 1986, 284 f.).

Diesem Ergebnis steht der von dem Bezirksrevisor angeführte Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. August 2004 (FamRZ 2004, 1633 ff.) nicht entgegen. Denn in dem vom BGH zu beurteilenden Fall ist eine Prozesskostenvorschusspflicht eines Elternteils bejaht worden, der gerade nicht gleichzeitig auch Partei des Verfahrens mit eigener PKH-Ratenzahlungsverpflichtung gewesen war. Zudem hat auch der BGH in der genannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass es dem unterhaltsrechlichen Maßstab der Billigkeit widersprechen würde, wenn der Unterhaltspflichtige in stärkerem Maße in Anspruch genommen würde, als dieses bei eigener Prozessführung der Fall wäre (BGH, a.a.O.).

III.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit § 574 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtsfrage der Verpflichtung einer Prozesspartei, der selbst Prozesskostenhilfe und Ratenzahlung bewilligt ist, zu einem in Raten zu leistenden Prozesskostenvorschuss für den Gegner des nämlichen Prozesses grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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