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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 15.08.2002
Aktenzeichen: 11 U 104/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652
Zur Aufklärungspflicht eines Immobilienmaklers über Einschränkungen bei der Grundstücksnutzung und rechtswidrige Bebauung.
11 U 104/02

Verkündet am 15. August 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 5. November 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Klägerin erreicht nicht 20.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der allein noch in Anspruch genommenen beklagten Maklerin, der Klägerin, die auf Vermittlung der Beklagten ein Grundstück erworben hatte, Schadensersatz wegen Mängeln des Grundstücks zu leisten.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage sowohl gegenüber der Verkäuferin als auch gegenüber der Maklerin abgewiesen.

Mit ihrer in form- und fristgerechter Weise erhobenen Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil nach Berufungsrücknahme gegenüber der Verkäuferin nur noch insoweit, als die Klage auch gegenüber der Maklerin abgewiesen ist. Sie meint, die Maklerin habe sie darauf hinweisen müssen, dass das vom Sohn der Klägerin in den vorhandenen Gewerberäumen, die zuvor für eine Dreherei benutzt worden seien, beabsichtigte Betreiben eines Kuvertierbetriebes baurechtlich nicht zulässig sei und dass eine Vielzahl der auf dem Grundstück vorhandenen Gebäude ohne baurechtliche Genehmigung erstellt worden seien, weshalb noch immer in Betracht komme, dass diese abgerissen werden müssten.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.750 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach dem DÜG seit dem 12. Juli 2001 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der sich daraus ergibt, dass auf dem mit Kaufvertrag vom 30. Juni 2000 erworbenen Hausgrundstück keine gewerbliche Nutzung zulässig ist und dass nach Maßgabe noch ausstehender ordnungsrechtlicher Verfügungen auf dem Grundstück ein mit § 34 BauGB konformer Zustand möglicherweise nur durch Abriss von Gebäuden bzw. Durchführung weiterer Genehmigungsverfahren hergestellt werden kann.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie erweitert und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der geltend gemachten Schäden nicht zu.

Der Beklagten fällt keine Pflichtverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Maklersuchauftrages zur Last, deretwegen sie der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet wäre.

Die Klägerin sieht eine Pflichtverletzung der Beklagten darin, dass die Beklagte ihr gegenüber den Eindruck erweckt habe, der Kuvertierbetrieb des Sohnes der Klägerin könne in den vom Vorbesitzer als Dreherei genutzten Räumen betrieben werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ihren Vortrag noch insoweit präzisiert, dass die ordnungsrechtlichen Bedenken der Behörden nicht an der Art des Betriebes, sondern nur an der mangelnden Zulässigkeit eines Teiles der Baulichkeiten anknüpften.

1. Eine derartige Pflichtverletzung der Maklerin durch Vermitteln eines falschen Eindrucks hinsichtlich der Benutzbarkeit der Baulichkeiten lässt sich im Streitfall jedoch nicht feststellen. Bedenken gegen die Zulässigkeit des geplanten Betriebes hätten der Klägerin schon aus dem Verhalten der Beklagten, wie sie es schildert, selbst kommen müssen. Die Klägerin selbst behauptet nämlich, auf Nachfrage habe der für die Beklagte tätige Herr ####### erklärt, in der ehemaligen Dreherei sei ein Gewerbe relativ leiser Art, wie das vom Sohn der Klägerin betriebene Gewerbe, zulässig. Daraus ergibt sich schon, dass der Mitarbeiter der Beklagten ####### mögliche Einschränkungen der Benutzbarkeit der Räumlichkeiten dadurch angedeutet hat, dass er gegenüber dem Drehereibetrieb, den der Vorbesitzer auf dem Gelände geführt hatte, abgrenzte. Dementsprechend mussten die Klägerin und ihr Sohn damit rechnen, dass es Bedenken und Einschränkungen geben könnte. Wenn sie sich in dieser Lage dagegen entschied, selbst oder durch ihren Sohn bei den örtlichen Baubehörden bzw. der übergeordneten Bauordnungsbehörde hinsichtlich der Zulässigkeit des von ihrem Sohn auf dem Gelände beabsichtigten Betriebes zu erkundigen, so liegt nicht eine Pflichtverletzung der Beklagten, sondern eine Verletzung eigenüblicher Sorgfaltspflichten der Klägerin gegen sich selbst vor.

Hinzu kam, dass der Klägerin klar war, mit der Beklagten nicht etwa eine zuständige Stelle als Verhandlungspartner gegenüber zu haben, die über die Frage der Nutzbarkeit des Grundstücks definitive Zusagen bzw. Aussagen machen konnte. In dieser Situation wäre es ihre eigene Sache gewesen, die Frage der Zulässigkeit des beabsichtigten Gewerbes bei der zuständigen Behörde zu klären oder aber der Beklagten einen Klärungsauftrag zu erteilen und dessen Ergebnis abzufordern.

2. Auch soweit die Klägerin eine Pflichtverletzung darin sehen möchte, dass die Beklagte ihr nicht mitgeteilt habe, dass Teile der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude ohne Baugenehmigung errichtet waren und insoweit möglicherweise Abrissverfügungen, die bereits bestandskräftig erlassen sind, durchgesetzt werden könnten, hat sie damit keinen Erfolg.

Die Klägerin vermag nicht mit hinreichender Substanz vorzutragen, dass die Beklagte das Fehlen von Baugenehmigungen gekannt hat. Der Vortrag, das ganze Dorf habe gewusst, dass Schwarzbauten vorgelegen hätten, ist ohne ausreichende Substanz. Zudem erklärt die Klägerin nicht, warum aus der Kenntnis der Dorfbewohner auch eine Kenntnis der Beklagten (die wohl bei deren Vorstandsmitgliedern hätte vorliegen müssen) folgen würde. Ferner spricht gegen eine Kenntnis der Beklagten von der bauordnungswidrigen Errichtung einzelner Gebäudeteile, dass, da nicht einmal die Eigentümerin Kenntnis vom Vorhandensein der Schwarzbauten hatte, was die Klägerin durch die Hinnahme des klagabweisenden landgerichtlichen Urteils gegen die Verkäuferin akzeptiert, es auch fern liegt, dass die Maklerin von der Auftraggeberin für den Verkauf Kenntnis gehabt haben könnte oder müsste. Wenn aber der Makler keine Kenntnis von der Baurechtswidrigkeit von Gebäudeteilen hat, kann er derartiges auch nicht in einem Exposè oder einer von ihm überlassenen Liegenschaftskarte kenntlich machen.

Eine Pflicht des Maklers, insoweit eigene Erkundigungen einzuziehen, besteht

- entgegen der Auffassung der Klägerin - weder grundsätzlich noch aufgrund etwaiger Angaben der Beklagten vor dem Kauf.

3. Wenn die Klägerin aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000, NJW 2000, 3642 f, herauslesen will, die Beklagte habe zu Gunsten der Klägerin eine Unterrichtungspflicht getroffen, so ist dem für den Streitfall nicht zu folgen. Der BGH hat unter II 1 der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass es Pflicht des Maklers gegenüber dem Interessenten sei, dessen Interessen sachgemäß wahrzunehmen. Die sachgemäße Interessenwahrnehmung gebiete regelmäßig, den Auftraggeber nicht nur über das aufzuklären, was unerlässlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt werde, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können. Wie weit die Unterrichtungspflicht im Einzelnen zu ziehen sei, hänge aber von den Umständen des konkreten Falles ab.

Für den Streitfall ist eine Unterrichtungs- oder Warnpflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin zu verneinen. Anders als im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, geht es im Streitfall nicht um die Nutzbarkeit von Räumen als Wohnräume, über die möglicherweise ein Makler aus seiner täglichen Arbeit bessere Fachkenntnis hat, als Personen, die im Ankauf von Gebäuden nicht versiert sind. Vielmehr ging es im Streitfall um den Erwerb einer Immobilie auch zu Gewerbezwecken. Wendet sich der Interessent in einem solchen Fall nicht an einen Fachmakler, so kann er nicht davon ausgehen, dass der Makler, hier die Beklagte, einzuschätzen und zutreffende Aussagen darüber zu treffen vermag, ob der gewünschte Gewerbebetrieb im Einzelnen und in den Räumen zulässig sein würde. Ein Makler, der sich nicht als branchenspezifischer Betrieb hervortut, wird in der Regel nicht einschätzen können, welche Anforderungen ein Betrieb stellt und welche Immissionen von einem einzelnen Gewerbe ausgehen werden. In einem solchen Fall obliegt es dem mit den Besonderheiten seines Berufes vertrauten Gewerbetreibenden, die erforderlichen Erkundigungen bei den zuständigen Fachbehörden selbst einzuholen oder einholen zu lassen. Wenn die Klägerin oder ihr Sohn derartige Vorkehrungen nicht getroffen haben, gereicht dies nicht der Beklagten zur Pflichtverletzung. Die Beklagte hätte derartige, selbstverständliche Warnungen nicht aussprechen müssen. Sie durfte vielmehr damit rechnen, dass ein vernünftiger Erwerbsinteressent solchermaßen selbst vorgeht.

Zu einer anderen Beurteilung gelangt der Senat im Streitfall auch nicht deshalb, weil die Beklagte aufgrund des Alters der Klägerin eine erhöhte Sorgfaltspflicht getroffen hätte. Derartige Pflichtensteigerungen zu Lasten des Maklers setzen voraus, dass er einen erhöhten Betreuungsbedarf des Maklerkunden erkennen kann und muss. So lag es jedoch im Streitfall nicht. Die Klägerin war beim Immobilienerwerb nicht auf sich allein gestellt. Vielmehr war bei Besichtigungen der Sohn der Klägerin, der den Gewerbebetrieb betreiben wollte, zugegen. Aufgrund dieses Umstandes durfte die Beklagte damit rechnen, dass die Klägerin, unabhängig davon, wie sie und ihr Sohn den Erwerb im Einzelnen ausgestalteten, nicht mehr Rat und Hilfe benötigte, als Maklerkunden üblicherweise.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten und auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Die Zulassung der Revision erschien dem Senat nicht geboten, nachdem der Rechtsstreit Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, über die der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden hätte, nicht aufwirft. Die Parteienvertreter haben auch keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die dem Senat diesbezüglich zu anderer Entscheidung Anlass gegeben hätten.

Ende der Entscheidung

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