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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 11 U 139/01
Rechtsgebiete: SGB X, BGB


Vorschriften:

SGB X § 116
BGB § 651 a
BGB § 651 g
1. Wenn der Reisende am Urlaubsort am Schalter eines anderen Reiseveranstalters einen Tagesausflug einschließlich Beförderung, Besichtigungsprogramm und fachkundiger Führung bucht, so kommt zwischen dem Reisenden und dem Ausflugsveranstalter ein eigener Reisevertrag über die Ausflugsleistung zustande, sofern der Ausflugsveranstalter nicht zu erkennen gibt, den Ausflug nur zu vermitteln.

2. Nimmt ein Sozialversicherungsträger den Reiseveranstalter aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs auf reisevertraglichen Schadensersatz in Anspruch, so hat der Sozialversicherungsträger die in § 651 g BGB geregelten Fristen selbst zu wahren. Die Ausschlussfrist beginnt erst zu laufen, wenn der Sozialversicherungsträger Kenntnis von dem anspruchsbegründenden Vorgang und der Person des Reiseveranstalters erlangt hat.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 139/01

Verkündet am 21. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. #######, den Richter am Oberlandesgericht Dr. ####### und den Richter am Amtsgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Februar 2001 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000 Euro oder durch Hinterlegung eines entsprechenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheit kann auch durch eine unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer inländischen öffentlichen Sparkasse oder eines anderen Kreditinstituts erbracht werden, das einer für die Anlage von Mündelgeld ausreichenden Sicherungseinrichtung angehört.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Unfall geltend, der sich am 1. März 1994 in ####### ereignete.

Bei der Beklagten handelt es sich um einen gewerblichen Reiseveranstalter. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Krankenkasse, bei der Frau ####### ####### (im Folgenden: Versicherte) krankenversichert ist. Die Versicherte buchte bei dem Reiseveranstalter '####### ', einer Tochtergesellschaft der Beklagten, für die Zeit vom 25. Februar bis 11. März 1994 eine Pauschalreise nach ####### . Als Reiseleiter vor Ort fungierten Mitarbeiter der Beklagten. Die Versicherte buchte vor Ort bei einer Reiseleiterin der Beklagten an einem Stand mit der Aufschrift '####### ' einen Tagesausflug in die Wüste. Das Ausflugsprogramm beinhaltete die Beförderung der Ausflugsteilnehmer in einem Jeep, die Besichtigung von Goldminen und Ruinen einer antiken Stätte unter deutschsprachiger Führung. Infolge der nicht angepassten Fahrweise des ####### Fahrers und der damit einhergehenden Erschütterungen des Fahrzeuges stieß die im Fahrgastraum sitzende Versicherte mehrfach mit dem Kopf gegen das Autodach. Die Versicherte erlitt hierdurch einen Kompressionsbruch eines Rückenwirbels mit Beteiligung des Rückenmarks und eine dadurch verursachte partielle Querschnittslähmung beider Beine. Die Versicherte trat am 4. März 1994 den Rückflug nach ####### an und befand sich seit dem 5. März 1994 für längere Zeit in stationärer Heilbehandlung und in Anschlussheilbehandlung.

Mit einem bei der Beklagten am 13. April 1994 eingegangenem Schreiben und einem weiteren an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 19. Mai 1994 meldete die Klägerin ihre Ansprüche an. Mit Schreiben vom 5. Juli 1994 wies die Haftpflichtversicherung der Beklagten die Ansprüche der Klägerin voll umfänglich zurück, da diese verfristet seien und es sich überdies bei dem Tagesausflug nicht um eine Leistung der Beklagten, sondern um eine Fremdleistung gehandelt habe. Mit Schreiben vom 16. März 1999 meldete die Klägerin erneut Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung der Beklagten an, welche mit Schreiben der Haftpflichtversicherung vom 5. Mai 1999 erneut zurückgewiesen wurden.

Die am 26. Juli 1999 bei dem Landgericht Hannover eingegangene Klage der Klägerin wurde der Beklagten am 15. November 1999 zugestellt.

Die Versicherte hat die Beklagte in zwei Vorprozessen bereits auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Mit Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 13. November 1996 (Aktenzeichen: 553 C 11550/94) sowie mit Schlussurteil des Landgerichts Hannover vom 16. Februar 1998 (Aktenzeichen: 20 O 92/96) wurde die Beklagte jeweils zum Ersatz materieller Schäden verurteilt, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind, wohingegen das Landgericht Hannover in dem letztgenannten Verfahren mit Teilurteil vom 13. Januar 1997 die Klage abgewiesen hat, soweit die Versicherte immateriellen Schadensersatz beansprucht hat.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe aufgrund des Unfalls vom 1. März 1997 Heil- und Behandlungskosten in Höhe von 100.510,80 DM erbracht.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei passivlegitimiert, da der Ausflug vor Ort bei einer Reiseleiterin der Beklagten an einem Stand mit der Aufschrift '####### ' gebucht wurde. Hinweise auf andere Veranstalter seien nicht gegeben worden. Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe mit der Versicherten einen Werkvertrag über eine Ausflugsleistung geschlossen. Die Beklagte, die sich das Verschulden des ####### Fahrers zurechnen lassen müsse, habe ihre Nebenpflicht zur sicheren Beförderung der Ausflugsgäste verletzt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100.510,80 DM nebst 4 % Zinsen aus 99.297,67 DM seit Rechtshängigkeit der Klage und aus weiteren 1.213,13 DM seit Zustellung des Schriftsatzes vom 13. September 2000 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihrer Versicherten ####### am 1. März 1994 in ####### noch entstehen werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei nicht passivlegitimiert. Der Ausflug sei lediglich eine unselbständige Ergänzung des Pauschalreisevertrages zwischen der Versicherten und der Firma ####### GmbH gewesen. Im Übrigen sei die Beklagte auch nicht passivlegitimiert, weil sie den Ausflug lediglich zwischen der Versicherten und der ausführenden ####### Firma ####### vermittelt habe.

Für den Fall, dass die Beklagte doch passivlegitimiert sei, hat sie die Ansicht vertreten, dass Reisevertragsrecht Anwendung finden müsse und Ansprüche gemäß § 651 g BGB ausgeschlossen seien.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat dem Leistungsantrag der Klägerin in der Hauptsache stattgegeben und über den Feststellungsantrag nicht entschieden.

Es hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei passivlegitimiert. Zwischen der Versicherten und der Beklagten sei ein Werkvertrag zustande gekommen. Die Körperschäden der Versicherten stellten Mangelfolgeschäden dar, die nicht der kurzen Verjährung des § 638 BGB unterlägen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der zulässigen Berufung.

Beide Parteien haben beantragt, dass der Senat nicht nur über die Berufung, sondern auch über den in erster Instanz übergangenen und damit dort noch anhängigen Feststellungsantrag entscheiden möge.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz.

Die Beklagte behauptet nunmehr, die Klägerin habe erst mit Schreiben vom 19. Mai 1994 ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten angemeldet.

Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihre in erster Instanz vorgebrachten Rechtsansichten und wiederholt die Einrede der Verjährung.

Die Beklagte beantragt,

wie erkannt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und gemäß ihrem Feststellungsantrag zu entscheiden.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei passivlegitimiert. Zwischen der Versicherten und der Beklagten sei ein Werkvertrag abgeschlossen worden. Aber auch falls Reisevertragsrecht anwendbar sei, so böte das reisevertragliche Gewährleistungsrecht keine Anspruchsgrundlage für Schadensersatz für Körperschäden, sodass auch im Rahmen eines Reisevertrages für die hier in Rede stehenden Körperschäden die Grundsätze über die positive Vertragsverletzung Anwendung fänden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten 20 O 92/96 (Landgericht Hannover) waren zu Informationszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten keinen Schadensersatz aufgrund des Unfallereignisses vom 1. März 1994 beanspruchen, denn Schadensersatzansprüche sind gemäß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Sie wären darüber hinaus auch gemäß §§ 651 g Abs. 2, 852 BGB verjährt.

1. Die Beklagte ist passivlegitimiert, denn zwischen ihr und der Versicherten ist ein Reisevertrag im eigentlichen Sinne (§ 651 a Abs. 1 BGB) zustande gekommen.

a) Der von der Versicherten vor Ort gebuchte Tagesausflug stellt sich als Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) im Sinne von § 651 a Abs. 1 BGB dar. Es genügen für die Annahme einer Gesamtheit von Reiseleistungen bereits zwei zu einer Gesamtleistung zusammengefasste Leistungen, wenn nicht die eine nur ganz untergeordnete Bedeutung hat (vgl. Palandt-Sprau, 61. Aufl., vor § 651 a, Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unstreitig umfasste das Ausflugsprogramm die Beförderung der Ausflugsteilnehmer sowie ein Besichtigungsprogramm unter deutschsprachiger Führung. Der Zweck eines solchen Ausflugsprogramms ist erkennbar darauf gerichtet, dem Teilnehmer durch die Gestaltung des Ausflugs Urlaubsfreude zu vermitteln. Ein derart gestalteter Tagesausflug ist vergleichbar mit Omnibustagesreisen mit eingeschlossener Mahlzeit oder so genannten Kaffeefahrten, die als Reiseleistungen zu behandeln sind (vgl. Führich, Reiserecht, 3. Aufl., S. 79; Tonner, Der Reisevertrag, 4. Aufl., § 651 a Rn. 4). Aufgrund der Spezialität des Reisevertragsrechts ist für die Anwendung von Werkvertragsrecht kein Raum.

b) Bei dem Tagesausflug handelte es sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht um eine Zusatzleistung der Firma ####### GmbH. Zwar hatte die Versicherte die Pauschalreise nach ####### dort gebucht. Auch war in dem Reisekatalog der Firma ####### GmbH darauf hingewiesen worden, dass die Reisenden in den Feriengebieten von Reiseleitern des '#######' betreut würden und der Reiseveranstalter, also die Fa. ####### GmbH, am Urlaubsort Ausflüge vermittele. Gleichwohl muss sich die Beklagte den Tagesausflug als eigene Reiseleistung zurechnen lassen. Unstreitig konnte der Tagesausflug nur bei der Reiseleitung der Beklagten an deren Auskunftsschalter gebucht werden. Die Beklagte trägt nicht vor, die Ausflugsteilnehmer darauf hingewiesen zu haben, dass ihre Reiseleiter damit etwa eine Zusatzleistung der Firma ####### GmbH vermittelten. Der Senat vermag der Argumentation der Beklagten nicht zu folgen, ihre Reiseleiter seien als Untervertreter für die Firma ####### GmbH tätig gewesen. Im Hinblick auf § 164 Abs. 2 BGB hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (vgl. Palandt-Heinrichs, § 164, Rn. 18) nicht vorgetragen, aufgrund welcher Tatsachen für die Ausflugsteilnehmer vor Ort hätte erkennbar sein müssen, dass die vor Ort präsente Beklagte nicht selbst Veranstalterin des Tagesausfluges sei.

c) Die Beklagte trägt weiterhin nicht hinreichend substantiiert vor, den Tagesausflug ihrerseits lediglich für die ####### Firma ####### vermittelt zu haben. Dem erstinstanzlichen und in der Berufung nicht ausdrücklich wieder aufgegriffenen Vorbringen zu diesem Punkt lässt sich eine nähere Darstellung der zu Grunde liegenden Tatsachen nicht entnehmen. Es fehlt auch jeglicher Vortrag dazu, ob und ggf. in welcher Weise die Ausflugsteilnehmer auf eine etwaige bloße Vermittlungstätigkeit der Beklagten hingewiesen worden sein sollen.

2. Gemäß § 116 SGB X i. V. m. § 651 f Abs. 1 BGB sind Schadensersatzansprüche der Versicherten auf die Klägerin übergegangen, soweit die Klägerin Sozialversicherungsleistungen aufgrund der unfallbedingten Körperschäden zu erbringen hatte. Der in § 116 SGB X geregelte gesetzliche Forderungsübergang erfasst nicht nur deliktische, sondern auch vertragliche Schadensersatzansprüche (vgl. Kasseler Kommentar zum SGB X - Kater, § 116, Rn. 61). Der Anspruch geht dabei grundsätzlich im Unfallzeitpunkt auf den Sozialversicherungsträger über, und zwar unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt Leistungen zu erbringen waren oder beantragt wurden (vgl. Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, § 116 SGB X, Rdnr. 9, S. 8).

a) Der Tagesausflug war mangelhaft im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB. Mit der Durchführung des Tagesausfluges hat die Beklagte auch die Verpflichtung zur sicheren Beförderung der Teilnehmer übernommen. Die Beförderung war jedoch nicht sicher, denn unstreitig hat der ####### Fahrer, dessen Verschulden sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, seine Fahrweise nicht den örtlichen Gegebenheiten angepasst, sodass die Versicherte aufgrund der Erschütterungen mehrfach mit dem Kopf gegen das Fahrzeugdach stieß und sich dabei schwer wiegende Verletzungen zuzog.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgen Schadensersatzansprüche wegen reisemangelbedingter Körperverletzungen nicht aus den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, sondern aus § 651 f Abs. 1 BGB (vgl. Führich, § 11, Rn. 341; Tonner, § 651 f, Rn. 6; Staudinger-Eckert, 2001, § 651 f., Rn. 33, jeweils m. N.). Das reisevertragliche Gewährleistungsrecht schließt das allgemeine zivilrechtliche Leistungsstörungsrecht aus, soweit es um vertraglich begründete Ansprüche gegen den Reiseveranstalter wegen einer Beeinträchtigung der Reise durch einen Mangel aus dem Gefahrenbereich des Veranstalters geht (vgl. Palandt-Sprau, vor §§ 651 c bis g, Rn. 9). Demnach erfasst § 651 f Abs. 1 den durch den Mangel verursachten Nichterfüllungsschaden einschließlich des Mangelfolgeschadens. Hierzu gehören auch Körperschäden und sich die daraus ergebenden Vermögensnachteile.

3. Die Klägerin ist jedoch gemäß § 651 g Abs. 1 BGB mit ihren Ansprüchen ausgeschlossen, denn sie hat entgegen der ihr obliegenden Darlegungspflicht (vgl. Palandt/Sprau, § 651 g, Rn. 7) nicht dargelegt, ihre Ansprüche rechtzeitig bei der Beklagten angemeldet zu haben.

a) § 651 g Abs. 1 BGB erlegt nicht nur dem Reisenden, sondern auch dem Sozialversicherungsträger die Obliegenheit auf, die Ausschlussfrist selbst zu wahren (so auch LG Frankfurt/Main in NJW 1990, 520; Führich, § 12, Rn. 363; Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, a. a. O.). Sofern die Versicherte, was von beiden Parteien nicht vorgetragen wird, ihrerseits die Ausschlussfrist gewahrt haben sollte, wirkt dies nicht zugunsten der Klägerin. Wie ausgeführt, geht der Anspruch auf den Sozialversicherungsträger im Unfallzeitpunkt auf diesen über. Der Gesamtanspruch auf Schadensersatz zerfällt also ab Rechtsübergang in zwei Teile. Bezüglich des nach § 116 SGB X übergegangenen Anspruchsteils ist allein der Sozialversicherungsträger verfügungsberechtigt, während der übrige Anspruchsteil beim Verletzten verbleibt (vgl. Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, a. a. O.; BGH in VersR 1967, 1076). Dies führt dazu, dass die Wahrung gesetzlicher Ausschluss- und Verjährungsfristen für beide Anspruchsteile unterschiedlich zu beurteilen ist.

b) Dies führt allerdings nicht in jedem Fall dazu, dass die Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB auch für den Sozialversicherungsträger im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise beginnt. Maßgebend für den Beginn der Ausschlussfrist ist vielmehr der Zeitpunkt, zu welchem der Sozialversicherungsträger Kenntnis von dem anspruchsbegründenden Vorgang und der Person des Reiseveranstalters erlangt hat (LG Frankfurt/Main a. a. O.; Führich, § 12 Rn. 363; Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, § 116 SGB X, Rn. 9 S. 9).

c) Die Klägerin trägt nicht vor, mit ihrem nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten dort am 13. April 1994 eingegangenen Anspruchsschreiben die Ausschlussfrist gewahrt zu haben. Sie trägt insbesondere nicht vor, wann sie hinreichend gesicherte Kenntnisse von dem anspruchsbegründenden Vorgang und der Beklagten als Reiseveranstalterin erlangt hat. Die hier maßgebliche Reise, der Tagesausflug, war am 1. März 1994 beendet. Am 4. März 1994 trat die Versicherte den Rückflug nach ####### an und befand sich seit dem 5. März 1994 in stationärer Heilbehandlung, deren Kosten die Klägerin zu tragen hatte. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat ohne jegliche Darlegung, wann die Klägerin gesicherte Erkenntnisse der vorgenannten Art erlangt hat, nicht festzustellen, dass die gesetzliche Ausschlussfrist gewahrt ist.

4. Aber auch wenn die Klägerin die gesetzliche Ausschlussfrist gewahrt haben sollte, so stünde der Beklagten gemäß §§ 222 Abs. 1, 651 g Abs. 2 BGB ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zu, weil die Ansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt sind. Die Beklagte kann sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen.

Wie ausgeführt, unterliegt der Sozialversicherungsträger im Umfange des auf ihn übergegangenen Anspruchs den gesetzlichen Ausschluss- und Verjährungsfristen. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Kenntnis von dem anspruchsbegründenden Vorgang und der Person des Reiseveranstalters, sofern dieser nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise liegen sollte. Aus der unstreitigen Tatsache, dass ein erstes anspruchsbegründendes Schreiben der Klägerin am 13. April 1994 bei der Beklagten eingegangen ist, folgert der Senat, dass die Klägerin jedenfalls am 12. April 1994 Kenntnis im vorbezeichneten Sinne hatte. An diesem Tag begann der Lauf der 6-monatigen Verjährungsfrist. Die Verjährung war sodann gemäß § 651 g Abs. 2 Satz 3 BGB vom 13. April 1994 bis zum Zugang des Schreibens der Haftpflichtversicherung der Beklagten vom 5. Juli 1994 gehemmt. Mit diesem Schreiben hat die Haftpflichtversicherung der Beklagten Ansprüche der Klägerin endgültig und ernsthaft abgelehnt. Das weitere Anspruchsschreiben der Klägerin vom 16. März 1999 konnte keine verjährungshemmende Wirkung mehr entfalten, da die 6-monatige Verjährungsfrist zu jenem Zeitpunkt längst abgelaufen war. Dementsprechend konnte auch die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs im Jahre 1999 keine verjährungsunterbrechende Wirkung mehr entfalten.

Die Erhebung der auf Schadensersatz gerichteten Klagen der Versicherten in den Verfahren 553 C 11550/94 (AG Hannover) und 20 O 92/96 (LG Hannover) hat nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung für die Ansprüche der Klägerin geführt. Die Versicherte war nicht Inhaberin der in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche, da, wie ausgeführt, diese im Unfallzeitpunkt auf die Klägerin übergegangen waren.

5. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass etwaige deliktische Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 852 Abs. 1 BGB ebenfalls verjährt wären.

6. Die Berufung der Beklagten erweist sich deshalb als begründet. Darüber hinaus erweist sich aus denselben Gründen auch der Feststellungsantrag der Klägerin als unbegründet. Zwar hat das Landgericht Hannover den Feststellungsantrag der Klägerin übergangen, jedoch konnte der Senat darüber durch die in der Berufungsinstanz erfolgte Prorogation entscheiden.

7. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

8. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 543 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 26 Ziffer 7 EGZPO).

Ende der Entscheidung

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