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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 14.03.2002
Aktenzeichen: 11 U 151/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 638
BGB § 242
Zu den Voraussetzungen unter denen dem Hersteller von Spezialfahrzeugen die Berufung auf die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen wegen schwerer Mängel des Fahrzeuggestells gemäß § 242 BGB versagt sein kann.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 151/01

Verkündet am 14. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. #######, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. ####### und den Richter am Amtsgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 23. April 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer des Klägers erreicht nicht 20.000 €.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Parteien streiten um die Ersatzpflicht der Beklagten wegen - im Kern unstreitiger - erheblicher Mängel in der Stabilität der Rahmenkonstruktion eines vom Kläger bei der Beklagten für mehr als 130.000 DM erworbenen Spezialanhängers.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat es dahinstehen lassen, ob der gelieferte Verkaufsanhänger mangelhaft ist, weil etwaige Ansprüche des Klägers im Streitfall jedenfalls verjährt seien.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger rügt im Wesentlichen, das Landgericht sei zu Unrecht zur Annahme der Verjährung gelangt. Es habe insbesondere verkannt, dass nach der Rückgabe des Fahrzeuges nach der letzten Reparatur durch die Beklagte am 21. Mai 1999 die Verjährung noch für 40 Tage gehemmt gewesen sei, nämlich in der Zeit vor dem 24. November 1999. Dementsprechend sei der am 28. Dezember 1999 vom Kläger beim zuständigen Amtsgericht ####### eingereichte Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens noch rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist erhoben worden.

Der Kläger meint weiter, die Beklagte hafte ihm auch aufgrund deliktischer Anspruchsgrundlagen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 34.800 DM nebst 8 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte erweitert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Dem Kläger stehen Gewährleistungsansprüche wegen des in der Rahmenkonstruktion zu schwach ausgelegten für ihn angefertigten Fahrzeuganhängers nicht zu, weil sie verjährt sind.

Die gesetzliche Verjährungsfrist für die von der Beklagten geschuldete Lieferung des nach den Wünschen des Klägers hergestellten Verkaufsanhängers für Geflügelprodukte betrug gemäß § 638 BGB 6 Monate. Diese Frist hatte, obwohl das Fahrzeug bereits am 20. Juli 1998 erstmals dem Kläger übergeben wurde, erst am 21. Mai 1999 zu laufen begonnen, nachdem die Beklagte an diesem Tage letztmals nach einem von ihr durchgeführten Reparaturversuch das Fahrzeug an den Kläger zurückgegeben hatte. Mithin lief die Gewährleistungsfrist hiernach am 21. November 1999 ab. Durch das Schreiben vom 4. Oktober 1999 und eine wohl unstreitige mündliche Beschwerde des Klägers am 11. Oktober 1999 wurde die Verjährungsfrist weder unterbrochen noch gehemmt. Das Schreiben des Klägers vom 4. Oktober 1999 enthält nur das Verlangen nach einer Garantievereinbarung gegenüber der Beklagten. Konkrete Mängelrügen, auf die die Beklagte sich hätte einlassen müssen oder die die Beklagte hätte prüfen können, enthielt das Schreiben vom 4. Oktober 1999 ebenso wenig wie das den Inhalt des ersten Schreibens wiederholende Schreiben vom 19. Oktober 1999. Auch die mündliche Beschwerde, deren Inhalt der Kläger im Einzelnen nicht näher vorträgt, hat die Verjährung nicht gehemmt haben.

Eine zeitweise Hemmung der Verjährung ist demgegenüber durch die Beklagte mit deren Schreiben vom 12. Oktober 1999 ausgelöst worden. Hierin geht die Beklagte auf Beanstandungen des Klägers jedenfalls in der Weise ein, dass sie weitere Überprüfungen - sei es auch zu Unrecht im Kulanzwege - anbietet und den Kläger zu notwendigen Mitwirkungshandlungen auffordert. Die hierdurch eingetretene Verjährungshemmung endete jedoch mit Ablauf des 3. November 1999. Die Beklagte erinnerte nämlich mit Schreiben vom 19. Oktober 1990 und Schreiben vom 28. Oktober 1999 den Beklagten daran, dass er ihr ein von ihm eingeholtes Gutachten vorlegen und das Fahrzeug vorstellen möge. Die Fristsetzung bis zum 3. November 1999 aus dem letzten Erinnerungsschreiben war auch ausreichend, nachdem dem Kläger zu den erforderlichen Mitwirkungshandlungen bereits die Zeit seit dem 12. Oktober 1999 zur Verfügung gestanden hatte. Dementsprechend dauerte die Hemmung vom 12. Oktober 1999 bis 3. November 1999, insgesamt mithin 22 Tage.

Rechnet man diese 22 Tage dem Ablauf der Verjährungsfrist, der regulär am 21. November 1999 eingetreten wäre, hinzu, so ergibt sich, dass die Verjährungsfrist spätestens mit dem 16. Dezember 1999 abgelaufen war. Die vom Kläger eingeleitete nächste Unterbrechungshandlung, die in der Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens zu sehen ist, dessen Antrag am 28. Dezember 1999 bei Gericht einging, war mithin verspätet.

Die Beklage hat sich auf die in der geschilderten Weise eingetretene Verjährung auch mit Erfolg berufen.

Die Beklagte war nicht gemäß § 242 BGB gehindert, sich auf diesen Verjährungseintritt zu berufen. Hieran könnte man deshalb denken, weil in dem Schreiben vom 12. Oktober 1999 die Beklagte zu Unrecht angeführt hat, dass das Fahrzeug des Klägers sich nicht mehr in der Gewährleistungsfrist befinde. Diese Information war unzutreffend. Eine derart unzutreffende Information durch die Beklagte als namhaften Hersteller einzeln angefertigter Fahrzeuge verwundert ebenso, wie ihr gesamter Umgang mit dem Kläger als Kunden. Die zu schwache Auslegung des Fahrzeuggestells, die eine nennenswerte Zuladung von Waren in den Verkaufsanhänger nicht erlaubte, sollte bei einem Spezialhersteller wie der Beklagten nicht vorkommen oder, wenn sie ausnahmsweise einmal vorkommt, von dieser in geeigneter und dauerhafter Weise behoben werden. Dass dies im Streitfall zum Nachteil des Klägers nicht geschehen ist, stellt sich bei einer Gesamtwürdigung als äußerst unschönes und mit dem Verhalten eines redlichen Kaufmanns kaum in Einklang zu bringendes Geschäftsgebaren dar. Allerdings reicht dies allein nicht aus, um der Beklagten die Berufung auf das Verstreichen der gesetzlichen Verjährungsfrist zu versagen. Insoweit fällt ins Gewicht, dass sie in dem Schreiben vom 12. Oktober 1999, das die unzutreffende Information des Ablaufs der Gewährleistungsfrist enthielt, immerhin auf die Belange des Klägers einzugehen bereit war und diesen zu einer Mitwirkung, die von ihm auch ohne weiteres zu verlangen war, aufforderte. Dass der Kläger dem nicht nachgekommen ist, stellt eine doch so gravierende Zuwiderhandlung des Klägers gegen seine eigenen Interessen dar, dass bei einer Gewichtung gegenüber dem Fehlverhalten der Beklagten ihr letztlich ein treuwidriges Handeln nicht vorgeworfen werden kann.

III.

Auch deliktische Ansprüche oder Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz stehen dem Kläger im Streitfall nicht zu.

Der Kläger hat an dem Verkaufsanhänger zu keiner Zeit mangelfreies Eigentum besessen oder erworben; der Verkaufsanhänger war vielmehr mit den vorhandenen Mängeln von Anfang an belastet. Ein sogenannter weiterfressender Mangel, der auf zuvor mangelfreie Teile des Eigentums des Klägers übergegriffen hätte, lag somit nicht vor.

Ebenso wenig kommt ein Anspruch aus dem Produkthaftungsgesetz in Betracht. Sachschäden sind nach dem Produkthaftungsgesetz nur dann erstattungsfähig, wenn die Schäden an einem anderen als dem fehlerhaften Produkt entstanden sind. Da im Streitfall der gesamte Verkaufsanhänger fehlerhaft gewesen ist, macht der Kläger hier mit dem Mangelschaden nur nicht erstattungsfähige Ansprüche geltend.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten, §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Ende der Entscheidung

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