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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 11 U 221/00
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 87 a
Zur Rückforderung von Provisionsvorschüssen durch den Prinzipal bei Stornierung vermittelter Versicherungsverträge.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 221/00

Verkündet am 28. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts vom 31. Juli 2000 hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage und im Kostenpunkt abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 15.740,72 DM nebst 5 % Zinsen auf 10.162,39 DM ab 19. Februar 1998 sowie auf weitere 5.578,33 DM ab dem 8. Februar 1999 zu zahlen. Die weitergehende Widerklageforderung wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin aus diesem Urteil erreicht 30.000 DM nicht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten zur Widerklage hat im Wesentlichen Erfolg.

Die gegen den Widerklagebetrag im Wege der Anschlussberufung von der Klägerin zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bestehen demgegenüber nicht.

I.

Die Beklagte dringt mit den von ihr geltend gemachten Provisionsrückzahlungsansprüchen in Höhe von 15.740,72 DM im Wesentlichen durch.

Soweit die Klägerin zunächst grundsätzliche Einwände gegen die Abrechnungsweise der Beklagten erhoben hatte (Seite 1 f des Schriftsatzes vom 15. Mai 2001), verfangen diese nicht. Die Klägerin hat diese Einwände in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich fallen gelassen. Insoweit wäre von Seiten des Senats den Erläuterungen, welche die Beklagte im Schriftsatz vom 29. Mai 2001 zu der Nr. 253 des Buchauszuges gegeben hat, nichts hinzuzufügen gewesen.

II.

Mithin war die Widerklage in vollem Umfang begründet, wenn die Beklagte im Einzelnen darlegte, Stornos in Höhe der erhobenen Forderung von 15.740,72 DM erlitten zu haben bzw. Gegenforderungen in dieser Höhe gegen die Klägerin zu haben, sodass die Klägerin, die nicht in Abrede nimmt, die ihr von der Beklagten gezahlten Vorschüsse erhalten zu haben, überzahlt war.

Im Einzelnen ergibt sich die Berechtigung der Widerklageforderung sowohl aus Stornos hinsichtlich Kleinprovisionen (im Folgenden unter 1.), aus Stornos hinsichtlich einzelner Verträge (im Folgenden unter 2. und 3.) sowie aus einem nach dem Stand des Parteivortrages dem Streitfall begründeten Verlangen nach einer Vertragsstrafe (im Folgenden unter 4.).

1. In Höhe von 1.025,99 DM kann die Beklagte die Rückforderung geringfügiger Provisionen von Verträgen, die ins Storno gelaufen sind, ohne weiteren Vortrag und ohne weitere Nachweise verlangen. Dies trifft für die Verträge der Nummern 251, 261, 236, 238, 254, 240, 242, 243, 244, 246, 247, 268, 248, 249, 250, 260, 273, 274, 262, 263, 67, 8, 73, 74 und 158 des Buchauszuges zu. Bei diesen Stornos handelt es sich um Provisionsbeträge bis 100 DM. Insoweit bedurfte es näherer Darlegung der Beklagten hinsichtlich der Stornogründe nicht, weil ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter auch im Zuge einer laufenden Geschäftsbeziehung, eine Nachbearbeitung wegen einer etwa auftretenden Stornogefahr bei derartigen Kleinverträgen vernünftigerweise nicht vorgenommen haben würde. Der Aufwand, den es bedeuten würde, in einer solchen Konstellation etwa Stornogefahrmitteilungen zu versenden und Hausbesuche mit dem Kunden zu vereinbaren, steht in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg. Der Handelsvertreter kann in der für eine solche Vorgehensweise benötigten Zeit mit bedeutend höherer Erfolgsaussicht versuchen, Neugeschäft zu vermitteln, als die Rettung eines in Stornogefahr geratenen Kleingeschäftes zu versuchen.

Die Grenze für die Geschäfte, deretwegen die Beklagte insoweit nicht näher vorzutragen brauchte, setzt der Senat, wenn wie im Streitfall ein Missbrauch weder auf der Hand liegt noch sonst ersichtlich ist, derzeit bei 100 DM an. Demgemäß konnte die Beklagte die von ihr geltend gemachten Kleinstornos bis auf diejenigen aus den Verträgen Nr. 264, 265, 258 und 94 erhalten. Die letzt erwähnten Teilstornos überschritten die Grenze von 100 DM, weshalb sie nicht ohne überprüfbaren Sachvortrag zu Lasten des Handelsvertreters gebucht und verrechnet bzw. zurückgefordert werden konnten.

2. Der Beklagten steht in Höhe von 7.827,43 DM ein Rückzahlungsanspruch wegen Stornos aufgrund nicht zustande gekommener Verträge zu.

(1) So kann die Beklagte wegen des Vertrages Nr. 237 des Buchauszuges einen Stornobetrag in Höhe von 798,32 DM zurück verlangen. Laut Auskunft des Partnerunternehmens vom 14. April 1999 hat die Kundin keine Beiträge gezahlt. Sie hat vielmehr den Vertrag offensichtlich von Anfang an widerrufen. Macht ein Kunde von dem im VVG vorgesehenen Widerrufsrecht, welches ihm § 8 Abs. 4 VVG einräumt, Gebrauch, so hat dieser Kunde Anspruch darauf, vom Unternehmen nicht behelligt zu werden. Demgemäß hatte weder die Beklagte noch der als Produktpartner in diesem Fall eine Nachbearbeitung zu veranlassen.

(2) Die Beklagte hat auch Anspruch auf die Stornosumme aus dem Vertrag Nr. 239 des Buchauszuges in Höhe von 1.622,01 DM. Auch insoweit hat die Beklagte durch Vorlage einer Partnerauskunft belegt, dass ohne ihr Verschulden ein Vertrag nicht zustande gekommen ist. Aus der Partnerauskunft ergibt sich, dass das Unternehmen den Kunden angeschrieben hatte und offenbar auf seine Rückfrage vor Annahme des Krankenversicherungsantrages keine Antwort erhalten hatte. Demgemäß ist ein Vertrag nicht zustande gekommen.

(3) Soweit die Beklagte die Klägerin wegen des Vertrages Nr. 253 in Höhe von 480 DM in Anspruch nehmen will, mag dieser Stornobetrag zwar rechnerisch richtig sein. Es mag auch zutreffen, dass ein Vertrag insoweit nicht zustande gekommen ist. Aus der zur näheren Darlegung eingereichten Partnerauskunft Anlage 47 geht jedoch nicht hervor, dass der Versicherungskunde etwa widerrufen hätte. Demgemäß ist von einer schlichten Nichtaufnahme der Beitragszahlung auszugehen. In einem solchen Fall trifft den Prinzipal, hier mithin die Beklagte, eine Verpflichtung, wenn nicht Indizien vorliegen, die einen Erfolg ausgeschlossen erscheinen lassen, die Nacharbeit eines Vertrages zu veranlassen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dergleichen veranlasst zu haben. Dem entsprechend ist hier davon auszugehen, dass es ihr zum Verschulden gereicht, dass der Vertrag nicht zustande gekommen ist.

(4) Den Betrag von 2.287,29 DM wegen des Vertrages Nr. 241 des Buchauszuges kann die Beklagte als Storno zurück verlangen. Laut Auskunft des Partnerunternehmens, dem die Klägerin nicht entgegen getreten ist (Anlage 48), hat das Partnerunternehmen den Versicherungsantrag der Kundin nicht unverändert angenommen, sondern vielmehr selbst ein Angebot vom 30. April 1996 unterbreitet. Dieses - offenbar abgeänderte - Angebot hat die Kundin laut Auskunft des Partnerunternehmens nicht angenommen, sondern hat hierauf vielmehr nicht reagiert. In einem solchen Fall trifft den Prinzipal an der Nichtausführung des Vertrages kein Verschulden. Der Prinzipal ist in einer solchen Konstellation - solange nicht der Verdacht eines Missbrauchs im Raum steht - auch nicht gehalten, eine Nachbearbeitung in die Wege zu leiten. Dies würde bedeuten, dass der Kunde in einem datenschutzrechtlich kaum noch zumutbaren Maß gezwungen würde, mit einem Laien, dem Handelsvertreter, seine persönlichen Gesundheits- bzw. Krankheitsverhältnisse zu erörtern. Dass derartiger Schriftwechsel zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Kunden direkt ohne Einschaltung des Handelsvertreters trotz nachteiliger Provisionsfolgen für denselben geführt wird, muss der Handelsvertreter gerade beim Krankenversicherungsgeschäft hinnehmen. Hinzu kommt, dass im konkreten Fall die Klägerin sogar Gelegenheit zur Nachbearbeitung hatte. Sie hat selbst dem Partnerunternehmen mitgeteilt, dass die Kundin, die Leistungsausschlüsse wegen einer bestehenden Schwangerschaft hinnehmen sollte, den Vertrag unter den ihr angebotenen veränderten Bedingungen nicht annehme (vgl. Anlage 49). Unter diesen Umständen stellt es sich als gänzlich unverständlich dar, dass die Klägerin das Storno nicht hinzunehmen bereit ist, obwohl ihr die Nichtausführung des Vertrages und deren Gründe bekannt sind.

(5) Wegen des Vertrages Nr. 269 des Buchauszuges, bei dem es sich ebenfalls um eine Krankenversicherung handelte, kann die Beklagte den Provisionsvorschuss in Höhe von 2.229,92 DM zurück verlangen. Insoweit ergibt sich aus einem von der Beklagten eingereichten, aber von der Klägerin selbst verfassten Schreiben (Anlage 52) an das Versicherungspartnerunternehmen, dass die Klägerin vom Mandanten Kenntnis davon hatte, dass dieser die Durchführung des Vertrages nicht wünschte und dass die Klägerin selbst im Interesse einer solchen Nichtdurchführung für den Mandanten tätig geworden ist, die ihr ermöglichte Nacharbeit also erfolglos war.

(6) Auch wegen des Geschäftes Nr. 245 des Buchauszuges kann die Beklagte den Provisionsvorschuss in Höhe von 889,89 DM zurück verlangen. Insoweit steht ebenfalls fest, dass der Vertrag ohne Verschulden des Prinzipals, d. h. hier ohne Verschulden der Beklagten und des Partnerunternehmens, nicht zustande gekommen ist. Insoweit hat die Klägerin selbst auf einem prozessual ihr zur Kenntnis übergebenen Partnerauskunftsschreiben unter dem 3. August 1998 vermerkt, dass der Antrag nicht zustande gekommen sei, weil der Kunde eine notwendige Erklärung nicht abgegeben habe. Bei dieser Sachlage steht fest, dass den Prinzipal ein Verschulden am Nichtzustandekommen des Vertrages nicht getroffen hat.

3. Auch die von der Beklagten hinsichtlich später stornierter (Lebens)Versicherungen geltend gemachten Rückforderungsansprüche wegen nicht verdienter Provisionen sind überwiegend, nämlich in Höhe von 5.882,45 DM, begründet:

(1) Wegen des Vertrages Nr. 271 begehrt die Beklagte zu Recht einen Betrag von 1.431,59 DM zurück. Ausweislich der Auskunft des Partnerunternehmens kündigte der Versicherungsnehmer den Vertrag nach 8-monatiger Laufzeit. An die Klägerin hat die Beklagte insoweit eine Nachbearbeitungsaufforderung ergehen lassen. Die Klägerin hat nicht bestritten, diese erhalten zu haben. Sie hat vielmehr nur geltend gemacht, derartige Aufforderungen viel zu spät erhalten zu haben; im hier relevanten Fall erst im April, nachdem der Versicherungsnehmer im Februar bereits gekündigt gehabt habe. Mit diesem Argument dringt die Klägerin jedoch nicht durch. Sie muss zeitliche Verzögerungen, die sich daraus ergeben, dass sie in einem Strukturvertrieb wie demjenigen der Beklagten freiwillig tätig geworden ist, hinnehmen; solche Verzögerungen ergeben sich daraus, dass beim Versicherer eingehende Schriftstücke des Versicherungsnehmers dort erst sachgerecht bearbeitet und umgesetzt werden müssen. Solange nicht ein Verdacht darauf besteht, dass Schriftstücke den Handelsvertretern und Untervermittlern wie der Klägerin absichtlich vorenthalten werden, müssen systembedingte zeitliche Verzögerungen in vertretbaren Grenzen hingenommen werden.

(2) Ebenfalls berechtigt ist das Rückforderungsverlangen in Höhe von 482,14 DM wegen des Vertragsfalles Nr. 272 des Buchauszuges. Insoweit ist der Versicherungsnehmer in Beitragsrückstand geraten. Wegen dieses Vorganges ist der Klägerin ausweislich der Anlage 82 Mitteilung gemacht worden, ohne dass sie in der Lage gewesen wäre, im Rahmen der Nachbearbeitung diesen Vertrag zu retten. Den Prinzipal trifft an der weiteren Nichtdurchführung dieses Vertrages ein Verschulden jedenfalls nicht.

(3) Auch soweit die Beklagte wegen des Vertrages Nr. 264 des Buchauszuges ein Rückzahlungsverlangen in Höhe von 360 DM erhebt, erfolgt dies zu Recht. Bei dem Geschäft handelte es sich um eine Lebensversicherung. Ausweislich ihrer eigenen Bemerkungen im Rahmen der Nacharbeit wusste die Klägerin, dass der Vertrag von Seiten des Versicherten aus krankheitsbedingten Gründen gefährdet war. Dementsprechend besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass etwa den Prinzipal oder das Partnerunternehmen am Nichtzustandekommen bzw. an der Nichtweiterführung des Vertrages ein Verschulden treffen könnte.

(4) Soweit die Beklagte wegen des Geschäftes Nr. 141 eine Provision in Höhe von 316,79 DM zurück verlangt und hierfür zur Begründung nur anführt, das Geschäft sei von ihrem Handelsvertreter vermittelt worden, so stellt dies keinen Grund dar, der ein Storno rechtfertigen könnte. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Verträge, von denen es eine große Anzahl gibt, überhaupt im der Klägerin erteilten Buchauszug auftauchen, und - soweit ersichtlich - der Klägerin auch verprovisioniert worden sind, wenn es sich bei dem Handelsvertreter nicht um einen Untervertreter der Klägerin gehandelt hätte. Insoweit hätte die Beklagte näher erläutern müssen, warum sie zu der Auffassung gelangt ist, in diesem Einzelfall nur dem Handelsvertreter nicht aber der Klägerin Provision zu schulden. In Ermangelung einer näheren Erläuterung insofern hat der Klägerin die ihr gezahlte Provision zu verbleiben.

(5) Soweit die Beklagte wegen des Geschäfts Nr. 255 des Buchauszuges die gezahlte Provision in Höhe von insgesamt 443,52 DM zurück verlangt, geschieht dies zu Recht. Die Beklagte hat (GA 102 f) zutreffend dargestellt, dass es sich bei Nr. 255 des Buchauszuges um eine Doppelbuchung im Verhältnis zu Nr. 66 des Buchauszuges handelt. Die Klägerin ist dem nicht substantiiert entgegen getreten. Es erscheint ganz unwahrscheinlich, dass der gleiche Kunde am gleichen Tage zwei Lebensversicherungen über die identische Antragssumme von 23.100 DM abgeschlossen haben könnte. Angesichts dieser irrtümlichen Doppelbuchung ist das Rückforderungsverlangen begründet.

(6) Auch den Betrag von 463,20 DM, den die Beklagte wegen Nichtausführung des Vertrages Nr. 256 des Buchauszuges geltend macht, kann die Beklagte verlangen. Ausweislich der von der Beklagten eingereichten Anlage 58 wünschte der Versicherungsnehmer die Nichtdurchführung des Lebensversicherungsvertrages, weil der abzusichernde Immobilienkauf nicht zustande gekommen war. Die Klägerin erhielt von diesem nicht in die Risikosphäre des Prinzipals fallenden Nichtausführungsgrund Kenntnis und erklärte sich mit der Vertragsaufhebung ausweislich ihres Vermerks auf Anlage 58 ausdrücklich einverstanden. Demgemäß bestand auch kein Nacharbeitsdefizit.

(7) Den Blatt 334 GA, Bl. 10 unten der Berufungsbegründung unter Nr. 269 des Buchauszuges geltend gemachten Stornofall in Höhe 2.225,96 DM kann die Beklagte nicht mit Erfolg erhalten. Dieser Betrag ist bereits Bl. 7 unten Bl. 8 oben der Berufungsbegründung berücksichtigt und lautet hier jedoch um einige DM anders, nämlich 2.229,92 DM.

(8) Die Beklagte kann den aus dem Vertrage mit der Kundin geleisteten Provisionsvorschuss in Höhe von 476,92 DM zurück verlangen. Die Versicherungsnehmerin war ausweislich der Anlagen 92 und 93 zum Bezahlen der Raten aufgrund einer unvorhersehbaren finanziellen Entwicklung nicht in der Lage. Die Klägerin hatte von der Beklagten Gelegenheit zur Nacharbeit erhalten und ausweislich der Anlage 93 selbst eine Vertragsaufhebung nach Nacharbeit befürwortet. In diesem Fall liegt kein Storno vor, welches in die Gefahrensphäre des Prinzipals fiele.

(9) Die Beklagte kann auch den Stornobetrag in Höhe von 380,16 DM aus dem Vorgang Nr. 257 des Buchauszuges mit Erfolg geltend machen. Ausweislich der von der Beklagten eingereichten Anlage 70 ist hier eine Nachbearbeitung durch die Klägerin ermöglicht worden, war aber erfolglos. In einem solchen Fall muss der Handelsvertreter das Nichtzustandekommen des Geschäftes zu seinen Lasten hinnehmen.

(10) Auch die Stornierung des Vorschusses in Höhe von 354,81 DM wegen des Vertrages Nr. 267 des Buchauszuges hat die Beklagte zu Recht vorgenommen. Der Versicherungsnehmer hatte auf einem Vordruck der Lebensversicherungsgesellschaft ausweislich Anlage 72 erklärt, arbeitslos zu sein und deswegen nicht mehr zahlen zu können. Auch diese Vertragsstornierung fällt mithin nicht in die Risikosphäre der Prinzipalin, und hier ist auch davon auszugehen, dass eine Nacharbeit an den veränderten Fakten, dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, den die Klägerin nicht in Abrede nimmt, nichts geändert hätte.

(11) Auch die Rückforderung aus dem Vertrage Nr. 270 des Buchauszuges in Höhe von 269,34 DM macht die Beklagte zu Recht geltend. Sie hat mit den Anlagen 73 bis 75 mit ausreichender Substanz dargelegt, dass der Versicherungsnehmer im Februar 1997 gekündigt hat und dass die Beklagte ihrerseits eine Nacharbeitsaufforderung an die Klägerin hat gelangen lassen. Dass dies mit einer zeitlichen Verzögerung von 8 Wochen geschah, ist, wie oben bereits ausgeführt, von der Klägerin hinzunehmen.

(12) Soweit die Beklagte wegen Ziffer 24 der Berufungsbegründung, Bl. 12 des Berufungsbegründungsschriftsatzes Mitte, wegen der laufenden Nr. 64 des Buchauszuges einen Stornobetrag von 346,16 DM geltend macht, so ergibt sich aus der laufenden Nummer 64 des Buchauszuges nicht, dass insofern ein Stornofall gegeben wäre. Weitere Anlagen legt die Beklagte insoweit ebenfalls nicht vor. Den begehrten Betrag kann die Beklagte mithin nicht erhalten.

(13) Soweit die Beklagte wegen des Vertrages Nr. 141 des Buchauszuges einen Stornobetrag von 316,79 DM geltend macht, ist dieser nur teilweise, nämlich in Höhe eines gemäß § 287 ZPO geschätzten Betrages von 100 DM berechtigt. Die Beklagte trägt hierzu vor, es sei eine Nachbearbeitung erforderlich geworden, welche der Abschlussvermittler vorgenommen habe, nachdem die Klägerin bei der Beklagten bereits ausgeschieden gewesen sei. Dieser Vortrag, den die Klägerin nicht mit Substanz in Abrede nimmt, ist hier als zutreffend zugrunde zu legen. Er berechtigt die Beklagte jedoch nicht, den Nacharbeitserfolg vollständig, wie dem Vortrag zufolge geschehen, dem nacharbeitenden Handelsvertreter zuzurechnen. Vielmehr ist die Beklagte gesetzlich verpflichtet, den Nachfolger der Klägerin zur Nacharbeit nach ihrem Ausscheiden zu entsenden. Der Erfolg der Nacharbeit hat gleichwohl der Klägerin überwiegend zu verbleiben. Insoweit war lediglich eine Teilung vorzunehmen, weil demjenigen, der die Nacharbeit erfolgreich durchgeführt hat, auch eine Erfolgsprämie verbleiben muss. Der Senat hat den geretteten Stornobetrag, den die Beklagte selbst mit 316 DM dem Handelsvertreter gutgeschrieben haben will, der die Nacharbeit ausführte, im Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 zugunsten der Klägerin geteilt.

(14) Berechtigt ist sodann der Stornobetrag, welchen die Beklagte mit 1.120,77 DM aus der laufenden Nummer 128 des Buchauszuges geltend macht.

Hier war eine Lebensversicherung der Klägerin selbst verprovisioniert worden. Die Klägerin hat nach dem Vortrag der Beklagten, ohne dass sie widersprochen hätte, auf die Versicherung nicht einmal den Erstbeitrag gezahlt. Eine Nacharbeit erübrigt sich bei Verträgen der Klägerin selbst zu dem.

Mit den vorstehend aufgearbeiteten Stornos ist ein Betrag von 14.735,87 DM, der die in die Berufung geratene Widerklagesumme der Klägerin noch nicht ganz ausfüllt, begründet.

4. Demgemäß war darauf einzugehen, ob von der Beklagten der in Höhe von insgesamt 3.000 DM der Klägerin ins Soll gestellte Vertragsstrafenbetrag mit Recht gefordert wurde. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Klägerin im Laufe des Verfahrens zunächst nicht in Abrede genommen hat, nach ihrem Ausscheiden Geschäft, welches sie für die Beklagte geschlossen hatte, zugunsten des neuen Versicherungsunternehmens, für das die Klägerin sodann tätig war, "gedreht" zu haben.

Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 25. Mai 2001 unter 1. erstmals angibt, es sei nicht so gewesen, dass sie "Geschäft gedreht" habe, sondern dass Kunden zu ihr gekommen seien, die der Meinung waren, sie hätten ungünstige Verträge abgeschlossen, so reicht dieses erstmalige Bestreiten nicht aus. Die Beklagte hatte zuvor mit Schriftsatz vom 10. Mai 2001 ausgeführt, dass es sich konkret bei den Vorgängen, die sie als "gedrehtes Geschäft" ansieht, um die Vorgänge der Kunden und handelte; insofern hatte die Beklagte auch die Vertragsnummern, um welche es geht, und die genauen Anschriften der Versicherungsnehmer mitgeteilt. Unter diesem Gesichtspunkt hätte es der Klägerin oblegen, konkret Vortrag dazu zu halten, ob es sich um die Versicherungsnehmer und handelte, von denen sie behaupten will, sie seien mit dem Wunsch nach einem Wechsel der Versicherungsgesellschaft wegen eines zu hohen Abschlusses an die Klägerin herangetreten. Derartig präzisen Vortrag zu den von der Beklagten konkret benannten Geschäftsvorfällen hält die Klägerin jedoch nicht. Demgemäß war auf ihr Vorbringen mangels Substanz nicht weiter einzugehen.

Ein Vertragsstrafeversprechen für den Fall des von der Beklagten hinreichend präzise vorgetragenen "Drehens von Geschäft" findet sich auch unter Ziffer 10.7 des zwischen den Parteien geschlossenen Mitarbeitervertrages. Argumente dafür, dass diese Vertragsstrafe nicht wirksam vereinbart sein sollte, bringt die Klägerin nicht vor. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Insbesondere fällt hier ins Gewicht, dass beide Parteien Kaufleute waren und insoweit § 348 HGB sie in der Verabredung einer Vertragsstrafe freier stellt, als dies im übrigen Zivilrechtsverkehr der Fall gewesen wäre. Die Vertragsstrafe erscheint mit 3.000 DM auch nicht unangemessen hoch, stellt man in Rechnung, dass derartige Vorfälle schwierig zu bemerken sind, dass es sich um Schädigungen des alten Prinzipals handelt und dass die Vertragsstrafe nicht außer Verhältnis zur erzielbaren Provisionseinnahme steht, wenn man bedenkt, dass durchaus Provisionen im Bereich zwischen 1.000 DM und 2.500 DM für Lebens- und Krankenversicherungen verdient wurden.

Mithin ergibt sich ein berechtigter Forderungsbetrag in Höhe von 17.735,87 DM, wenn man die berechtigten Stornos und die Vertragsstrafe zusammen nimmt. Hieraus kann die Beklagte den mit 15.740,72 DM geltend gemachten (Wider-) Klagebetrag verlangen.

III.

Die von der Klägerin hiergegen im Wege der Anschlussberufung geltend gemachten Hilfsaufrechnungen greifen demgegenüber nicht durch.

Soweit die Klägerin geltend macht, bereits ab Dezember 1995 bzw. spätestens ab Juni 1996 Anspruch auf Bürokostenzuschuss zu haben, musste der Senat dem nicht nachgehen.

Die Klägerin hat nicht zureichend dargetan, worauf sie den von ihr behaupteten über die gezahlten Beträge hinaus geltend gemachten Anspruch auf Bürokostenzuschuss überhaupt stützt.

Hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angehört, hat die Klägerin lediglich anzugeben vermocht, sie habe im Rahmen eines von der Beklagten abgehaltenen Motivationsseminars für Führungskräfte im Oktober 1995 erfahren, dass der Geschäftsführer der Beklagten angekündigt habe, es werde einen erhöhten Bürokostenzuschuss geben. Ferner hätten ihr ihre Führungskraft und noch andere Führungsmitarbeiter erklärt, auch sie hätten einfach ein Büro eröffnet und sodann von der Beklagten auch Bürokostenzuschuss erhalten. Aus alledem ergibt sich eine vertragliche Grundlage, aufgrund derer die Klägerin Bürokostenzuschuss ab einem früheren Zeitpunkt als der tatsächlich von der Beklagten vorgenommenen Zahlung zu erhalten hatte, nicht. Aus der von dem Geschäftsführer gehaltenen Motivationsrede ergibt sich ein Angebot auf Abschluss eines Vertragszusatzes, aufgrund dessen Bürokostenzuschuss geschuldet wurde, nicht. Aus einer derartigen Motivationsrede kann keinesfalls jeder der Zuhörer ein Angebot darauf ableiten, dass ihm ein solcher Zuschuss gezahlt werde. Ebenso wenig kann ein solcher Anspruch aus mündlichen Mitteilungen der für die Klägerin zuständigen Führungskraft abgeleitet werden. Wollte die Klägerin sicher gehen und insoweit Klarheit erlangen, hätte es ihr oblegen, bei der Beklagten ggf. schriftlich um die Bedingungen nachzusuchen, unter welchen ein Bürokostenzuschuss gezahlt wurde. Die Klägerin konnte nach Treu und Glauben weder davon ausgehen, dass ein solcher Zuschuss von der Beklagten ohne weitere Anforderungen gezahlt werden würde unabhängig davon, welcher geschäftliche Erfolg in einem Büro erzielt wurde. Da die Klägerin es versäumt hat, sich eine derartige nachvollziehbare Zusage durch die Beklagte zu verschaffen, fehlt es für den geltend gemachten Bürokostenzuschuss bereits an der vertraglichen Grundlage.

Die weiteren Streitpunkte zwischen den Parteien, insbesondere die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, ihr Antrag auf Bürokostenzuschuss sei bereits im Dezember 1995 bei ihrem Führungsmitarbeiter eingegangen, sind mithin für den Rechtsstreit ohne Bedeutung. Einer Beweiserhebung über diese Streitfrage bedurfte es nicht. Die Aufrechnung mit den aus diesem Rechtsgrund geltend gemachten 9.660 DM geht mithin insgesamt ins Leere.

Ebenso erfolglos bleibt die Aufrechnung der Klägerin mit einem Betrag in Höhe von 3.275 DM, welchen sie nach ihrer Vorstellung aus dem so genannten Sommerwettbewerb mehr hätte erhalten müssen. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Landgerichts, gegen welche die Klägerin inhaltliche Argumente nicht vorbringt, zu Eigen.

IV.

Die Schriftsätze vom 5. Juni 2001 der Klägerin und vom 7. Juni 2001 der Beklagten haben dem Senat keinen Anlass gegeben, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

V.

Soweit die Beklagte Verzinsung der ihr zustehenden Rückzahlungsbeträge verlangt, war dieser Zinsanspruch nur teilweise, nämlich in Höhe von 5 % als kaufmännischer Zinssatz begründet. Die weiter gehende Zinsforderung war unbegründet.

Die Höhe des darüber hinaus geforderten Zinssatzes hat die Klägerin nicht in ausreichendem Maße belegt. Sie hat hierzu im Streitfall eine Zinsbescheinigung der Bank vom 4. Februar 1999 als Anlage zum Schriftsatz vom 29. März 1999 (Anlage 41) zu den Akten gelangen lassen. Der Senat hat zu vergleichbarem Vortrag bereits in seinem Urteil vom 1. Juli 1999 zum Aktenzeichen 11 U 278/98 wie folgt erkannt:

"Zwar wird die Ansicht vertreten, dass ein Schuldner mit dem Einwand, die Außenstände des Gläubigers seien insgesamt viel höher als der aufgenommene Kredit, nicht gehört werden könne, weil ein Fall der alternativen Kausalität vorliege (OLG Hamburg MDR 1974, 930; Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Aufl., § 288 Rn. 41). Die Argumentation wird jedoch den Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits nicht gerecht. Ausweislich der von der Klägerin überreichten Zinsbescheinigung beläuft sich der Kredit lediglich auf 50.000 DM. Bei der wirtschaftlichen Größe der Klägerin und der Vielzahl der Rechtsstreitigkeiten, die dem Senat bekannt sind, ist nicht auszuschließen, dass ein Vielfaches der tatsächlich aufzuwendenden Kreditzinsen als 'Erstattung' verlangt wird. Ein derartiges Vorgehen wäre rechtsmissbräuchlich. Unter diesen Umständen hätte der Klägerin eine genauere Darlegung oblegen."

Diese Ausführungen macht der Senat sich auch für die im Streitfall von der Beklagten geltend gemachte Zinsforderung zu Eigen und hält an ihnen fest.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 91 ZPO hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits sowie auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Ende der Entscheidung

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