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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 11 U 240/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652
Es gereicht einem Doppelmakler nicht zur Pflichtverletzung gegenüber dem Erwerber einer Immobilie, wenn er zuvor eine Grundstücksbewertung für die Verkäuferseite angefertigt hat, die fälschlich einen Bodenwert enthält, obwohl das Grundstück nur in Erbpacht überlassen ist, wenn er diese fehlerhafte Grundstücksbewertung nicht ungefragt an die Erwerber weiterleitet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erwerber vor dem Beurkundungstermin Kenntnis davon erhalten, dass es um ein Erbpachtgrundstück geht und die fehlerhafte Immobilienbewertung beim Erwerb nicht kannten.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 240/01

Verkündet am 16. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ############## und den Richter am Oberlandesgericht #######

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 5. Juli 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 18.789,98 € (= 36.750 DM)

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die als Maklerin tätig gewesene Beklagte der Klägerin zum Ersatz des vermeintlichen Minderwertes einer erworbenen Immobilie - die nicht auf einem Kauf - sondern auf einem Erbbaugrundstück steht - verpflichtet ist.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die Abweisung des Schadensersatzbetrages in Höhe der Differenz zwischen 54.108 DM und 36.750 DM hinnimmt.

Die Klägerin macht geltend, anders als in der Entscheidung BGHZ 48, 344, in welcher der BGH sich grundsätzlich zu den Pflichten des Doppelmaklers hinsichtlich der Kaufpreisvorstellungen der Parteien geäußert hat, habe sich im Streitfall die Beklagte einer Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin schuldig gemacht. Weil die Verkäuferseite aus einer Erbengemeinschaft aus 14 Personen bestanden habe, die keine eigene Vorstellung über den Preis gehabt habe, sei die Beklagte zu der von ihr gefertigten Immobilienbewertung herangezogen worden. Die Erbengemeinschaft habe nur den marktüblichen Preis erzielen und sich zu dessen Bestimmung der Beklagten bedienen wollen. Dieses Ziel sei aber verfehlt worden, weil die Immobilienbewertung um den Grundstücksanteil von gut 60.000 DM zu hoch gewesen sei. Die Beklagte sei auch gegenüber den Auftraggebern, der Erbengemeinschaft, berechtigt gewesen, die Immobilienbewertung an die Käufer weiterzugeben, wie der federführend für die Erbengemeinschaft tätige Miterbe, Herr ##############, als Zeuge bestätigen könne. Demgemäß sei es der Beklagten auch als Doppelmaklerin nicht verwehrt gewesen, ohne einen unzulässigen Eingriff in die Preisverhandlungen vorzunehmen, die Immobilienbewertung auch der Klägerin und ihrem Ehemann zugänglich zu machen. Dadurch, dass die Mitarbeiter der Beklagten dieser Pflicht nicht nachgekommen seien, seien die Parteien des notariellen Vertrages vom 12. April 2000 beidseitig von einem Irrtum ausgegangen. Die Immobilienbewertung gehe nämlich, was sich aus der Einbeziehung des Grundstückswertes erweise, davon aus, dass es sich um Grundeigentum und nicht um ein Erbbaugrundstück handele.

Dieser Fehler der Immobilienbewertung wäre, so die Klägerin, ihrem Ehemann, hätte er die Immobilienbewertung zu sehen bekommen, auch aufgefallen. Auch die Erbengemeinschaft würde, wäre der offensichtliche Bewertungsfehler aufgefallen, sich nicht auf einen Ausgangswert von 250.000 DM als Preisvorstellung festgelegt haben, sondern würde höchstens den marktüblichen Preis verlangt haben.

Die Klägerin geht im Rahmen ihrer Schadensberechnung davon aus, dass von dem zuviel in den von ihr gezahlten Preis eingeflossenen Grundstückswert von gut 60.000 DM der Nachlass auf die ursprüngliche Kaufpreisvorstellung der Erbengemeinschaft in Höhe von 25.000 DM, den die Klägerin ausgehandelt hat, ihren Schaden mindert und macht deshalb nur noch eine Kaufpreisdifferenz von 36.750 DM geltend. Sie meint, um diesen Betrag würde die Erbengemeinschaft niedriger verkauft haben, wäre die Immobilienbewertung richtig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 36.750 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 15. März 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie erweitert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beruft sich auf ein Sachverständigengutachten dafür, dass die Schätzung des Immobilienwertes auf etwa 250.000 DM trotz der unzutreffenden Berücksichtigung des Bodenwertes zutreffend sei.

Sie hat ferner behauptet, schon auf dem Originalangebot, welches sie der Klägerin zugesandt habe, sei handschriftlich der Zusatz 'Erbbau' angebracht gewesen. Nachdem die Klägerin das ihr übersandte Exposé zu den Gerichtsakten im Original eingereicht hat, hält die Beklagte an diesem Vorbringen nicht mehr fest.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Beklagte schuldet der Klägerin keinen Schadensersatz.

Voraussetzung für eine Verpflichtung zum Schadensersatz wäre eine Pflichtverletzung, die die Beklagte gegenüber der Klägerin begangen haben müsste und die sich kausal auf den von der Klägerin vorgenommenen Vertragsabschluss hinsichtlich der Immobilie ausgewirkt haben müsste.

An einer derartigen Pflichtverletzung fehlt es gegenüber der Klägerin jedoch.

1. Ein fehlerhaftes und bei einer vielfach mit Immobilenbewertungen befassten Partei wie der Beklagten äußerst verwunderliches Handeln der Mitarbeiter der Beklagten liegt zwar in der Erstellung der Immobilienbewertung unter Berücksichtigung eines Bodenwertes für das Grundstück in Höhe von gut 60.000 DM. Da es sich tatsächlich bei dem Grundstück um ein Erbpachtgrundstück handelt, war ein derartiger Bodenwert bei der Immobilienbewertung keinesfalls anzurechnen. Die fehlerhafte Erstellung des Gutachtens hat sich gegenüber der Klägerin jedoch nicht kausal schädigend ausgewirkt, da die Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrages wusste, dass sie ein Erbbaurecht und nicht Grundeigentum kaufte, während sie das Gutachten nicht kannte und auch nicht wusste, dass ein derartiges Gutachten der Bildung der Kaufpreisvorstellung der Verkäufer für die Immobilie zugrunde gelegen hatte.

2. Eine kausale Pflichtverletzung der Beklagten liegt auch nicht darin, dass sie die von ihr erstellte - unzutreffende - Immobilienbewertung der Klägerin und ihrem Ehemann im Vorfeld des Kaufes nicht zugänglich gemacht hat.

Einen Auftrag zur Weitergabe der Immobilienbewertung hatten die Mitglieder der verkaufenden Erbengemeinschaft der Beklagten nicht erteilt; das behauptet keine der Parteien des Rechtsstreits. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten nach einer derartigen Wertschätzung auch nicht gefragt.

3. Auch eine Pflicht der Beklagten, die Immobilienbewertung von sich aus - ungefragt - der Klägerin und ihrem Ehemann zugänglich zu machen oder die Klägerin und ihren Ehemann zumindest darauf hinzuweisen, dass sie von dritter Seite Rat über den Wert des Grundstücks ihrerseits einholen sollten, ist nicht zu bejahen. Dergleichen hätte möglicherweise nahe gelegen, wenn die Klägerin und ihr Ehemann von der Tatsache, dass das Haus auf einem Erbpachtgrundstück stand, erst unmittelbar in der notariellen Verhandlung, in der es zur Beurkundung kommen sollte, erfahren hätten. Eine derartige Überrumpelungssituation wäre die Beklagte möglicherweise im Interesse der Klägerin zu vermeiden verpflichtet gewesen. So lag es im Streitfall jedoch nicht. Der Grundstückserwerb erfolgte am 12. April 2000. Bereits am 30. März 2000, also etwa 14 Tage vorher, unterzeichnete die Klägerin ein Datenblatt, das der Vorbereitung des notariellen Vertrages dienen sollte. Auf diesem Datenblatt ist bereits verzeichnet, dass es sich um ein Erbbaugrundstück handele. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Klägerin und ihr Ehemann etwa 14 Tage vor der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages Kenntnis davon hatten, dass sie Eigentum am Grundstück nicht erwerben würden. Dementsprechend hatten sie Anlass und Gelegenheit, sich zu fragen und selbst zu überlegen, ob der mit 225.000 DM zu diesem Zeitpunkt bereits ausgehandelte Kaufpreis für den Erwerb eines Erbpachtanwesens angemessen war und sie bereit waren, ihn zu zahlen. Nachdem die Klägerin und ihr Ehemann bezüglich der Angemessenheit des Preises keinerlei weitere Erkundigungen eingeholt haben, kann und muss davon ausgegangen werden, dass sie den geforderten Preis gerade auch in Ansehung des ihnen bekannten Umstandes, dass es sich beim Grundstück nur um Erbpacht handelte, als angemessen ansahen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO und hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen. Auch die Parteien haben insoweit nichts vorgetragen, was zu anderer Beurteilung Anlass gäbe.

Ende der Entscheidung

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