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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 24.10.2002
Aktenzeichen: 11 U 331/01
Rechtsgebiete: BGB, UKlaG


Vorschriften:

BGB § 651 a Abs. 4
BGB § 307
UKlaG § 1
UKlaG § 2
UKlaG § 9
Zur Unzulässigkeit der sog. 'Kerosin-Klausel' in Reisebedingungen, wenn der Verbraucher den neuen Reisepreis nicht errechnen kann.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 331/01

Verkündet am 24. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 16. Oktober 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Damit bleibt es der Beklagten untersagt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, die nachfolgende sowie inhaltsgleiche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Reiseverträge (insbesondere Pauschalreiseverträge) zu verwenden sowie sich auf diese Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger, nach dem 1. April 1997 abgeschlossener Verträge zu berufen, soweit das nicht gegenüber einem Kaufmann im Rahmen eines Handelsgeschäftes erfolgt:

(Leistungs- und Preisänderungen)

6.3

Der Veranstalter behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt,

sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als vier Monate liegen.

Im Fall der nachträglichen Änderung des Reisepreises oder einer nachträglichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung hat der Veranstalter den Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor dem Reiseantritt, davon in Kenntnis zu setzen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des klagenden Verbandes durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der klagende Verband zuvor in nämlicher Höhe seinerseits Sicherheit leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheiten in den gesetzlich zugelassenen Formen gemäß § 108 Abs. 1 ZPO zu erbringen.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, der #######, nimmt die Beklagte, eine große Reiseveranstalterin, auf Unterlassung der Verwendung einer Preiserhöhungsklausel, der sog. Kerosinklausel, unter Nr. 6.3 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch.

Die vollständige Klausel lautet:

'Der Veranstalter behält sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise im Fall der Erhöhung der Beförderungskosten

oder der Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen- oder Flughafengebühren, in dem Umfang zu ändern, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen dem Zugang der Reisebestätigung beim Kunden und dem vereinbarten Reisetermin mehr als 4 Monate liegen.

Im Fall der nachträglichen Änderung des Reisepreises oder einer nachträglichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung hat der Veranstalter den Reisenden unverzüglich, spätestens jedoch 21 Tage vor Reiseantritt, davon in Kenntnis zu setzen. Preiserhöhungen nach diesem Zeitpunkt sind nicht zulässig. Bei Preiserhöhungen um mehr als 5% oder im Fall einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist der Reisende berechtigt, ohne Gebühren vom Reisevertrag zurückzutreten oder die Teilnahme an einer mindestens gleichwertigen anderen Reise zu verlangen, wenn der Veranstalter in der Lage ist, eine solche Reise ohne Mehrpreis für den Reisenden aus seinem Angebot anzubieten.

Der Reisende hat diese Rechte unverzüglich nach der Erklärung des Veranstalters über die Preiserhöhung bzw. Änderung der Reiseleistung diesem gegenüber geltend zu machen. '

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, das Landgericht habe die angegriffene Klausel nicht am Maßstab des § 9 AGB-Gesetz messen dürfen. Dies folge bereits aus der Verweisung, wie sie in § 651 a Abs. 4 Satz 3 enthalten sei. Daraus, dass nur auf § 309 Nr. 1 BGB verwiesen sei, folge, dass § 307 BGB nicht anzuwenden sei.

Die Überprüfung der angegriffenen Klausel am Maßstab des § 651 a Abs. 4 BGB sei in Ermangelung der Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes der von der Klägerin gewählten Verbandsklage nicht zugänglich.

Im Übrigen halte Ziffer 6.3 der Reisebedingungen der Beklagten auch einer etwaigen Inhaltskontrolle nach dem AGBG stand. Das Transparenzgebot, wonach Vertragsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar dargestellt werden müssten, sei eingehalten. Dass es sich bei den Beförderungskosten nur um solche Kosten handeln könne, die dem Reiseveranstalter von einem Leis-tungsträger, der die Beförderung ausführe, in Rechnung gestellt werden, liege auf der Hand. Dass nur außergewöhnliche und das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistungsträger und Reiseveranstalter wesentlich beeinträchtigende Kostensteigerungen den Reiseveranstalter zur Weitergabe an den Kunden berechtigten, sei ebenso deutlich, da gewisse Sicherheitsmargen bereits eingerechnet seien. Einzelheiten spielten insoweit keine Rolle, weil Sinn und Zweck des Transparenzgebots nicht die Offenlegung der Kalkulationsgrundlage oder sonstiger Bemessungsfaktoren des Preises erfordern dürften.

Der Wirksamkeit der Klausel stehe auch nicht entgegen, dass in ihr nicht angegeben sei, welcher Zeitpunkt für die Kostenerhöhung maßgeblich sein solle. Insoweit habe das Landgericht übersehen, dass die Klausel die Verpflichtung des Reiseveranstalters enthalte, die Reisenden unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen, wenn eine nachträgliche Änderung erforderlich werde. Daraus folge unzweifelhaft, dass entgegen dem landgerichtlichen Urteil solche Kostenfaktoren, die sich zwischen Drucklegung des Kataloges und Abschluss des Reisevertrages erhöht hätten, nicht mehr weitergegeben werden könnten, weil sie schon vor Buchung oder vor Reisebestätigung bekannt gewesen seien. Soweit das Landgericht den Umfang der Erhöhungsmöglichkeit in der angegriffenen Klausel, den die Beklagte mit den Worten: 'wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt' beschrieben habe, für unzureichend angesehen habe, gehe das fehl. Dem Veranstalter werde Unmögliches abverlangt, wenn er für jede jetzt und zukünftig denkbare Konstellation Vorsorge treffen und dafür ins Einzelne gehende konkrete Berechnungsparameter oder Kostenfaktoren würde angeben müssen. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung sei das nicht nur schwierig, sondern schlicht unmöglich.

Schließlich spreche für die Wirksamkeit der Bedingungen, dass diese vom Bundesverband Deutscher Reisebüros und Reiseveranstalter empfohlen, vom Bundeskartellamt freigegeben und sogar im Bundesanzeiger veröffentlich worden seien.

Zu berücksichtigen sei ferner, dass, wenn die Beklagte in der Lage wäre, von vornherein sämtliche Berechnungsfaktoren und Berechnungsgrundlagen für eine spätere Preisänderung in allgemein gültiger Form zu benennen, sich ohnehin jegliche Preisänderung ausschlösse. Denn in diesem Fall wäre die Beklagte verpflichtet, die ihr bekannten Preisänderungsfaktoren in ihrer aktuellen Preiskalkulation tatsächlich zu berücksichtigen oder auch nur Verträge abzuschließen, in denen diese Faktoren bereits berücksichtigt seien.

Die angegriffene Klausel benachteilige die Verbraucher auch nicht i. S. v. § 9 AGBG unangemessen. Insbesondere sei das Klauselwerk nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werde, unvereinbar. Der sachliche und zeitliche Rahmen, für den die Klausel von der Beklagen verwendet werde, sei klar. Er sei lediglich im angegriffenen Teil der Klausel, wie die Klägerin ihn gewählt habe, durch Fortlassen eines Zusatzes nicht ersichtlich. Schließlich sei der Kunde sicher, dass mehr als eine 5 %-ige Preissteigerung auf ihn nicht zukomme, weil ihm andernfalls das gesetzliche Rücktrittsrecht zur Seite stehe.

Schließlich wendet die Beklagte Verjährung ein. Nach § 13 Abs. 4 AGBG verjährten die im Wege der Verbandsklage geltend zu machenden Ansprüche in zwei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Verwendung Kenntnis erlangt habe, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in vier Jahren von der Verwendung an. Die Veröffentlichung der entsprechenden Empfehlung des Deutschen Reisebüroverbandes datiere aus dem Jahre 1994, sodass die 2-Jahres-Frist in jedem Fall abgelaufen sei. Auch die 4-Jahres-Frist sei lange vor Klagerhebung abgelaufen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteil die Klage abzuweisen.

Der klagende Verband beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der klagende Verband erweitert und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er hält das AGB-Gesetz, insbesondere auch § 9 AGBG auf die Klausel für anwendbar, weil § 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB der klauselmäßigen Ausfüllung bedürfe. Er bekräftigt, dass die Angaben der Beklagten zur Berechnung der Erhöhung im Einzelfall in mehrfacher Hinsicht nicht nachvollziehbar seien.

Die Verjährungseinrede erachtet der klagende Verband als unbegründet, weil die Verjährung, wie sich aus § 13 Abs. 4 AGBG ergebe, nach jeder erneuten Verwendung von Neuem zu laufen beginne.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Klagebefugnis und Aktivlegitimation bestimmen sich für das vorliegende Verfahren, das am 1. Januar 2002 bereits anhängig war, gemäß § 16 des UKlaG nach dessen Vorschriften. Die Übergangsvorschrift des § 16 UKlaG sieht vor, dass am 1. Januar 2002 anhängige Verfahren nach den Vorschriften 'dieses Gesetzes', was der Senat als diejenigen des neuen Gesetzes versteht, abgeschlossen werden. Dies ist im Ergebnis auch sachgerecht, denn das Ergebnis von Unterlassungsklagen können ggf. nur in die Zukunft gerichtete Verwendungsverbote für Vertragsklauseln sein. Für derartige zukunftsgerichtete Verbote drängt es sich auf, den jeweils aktuellen Stand der Gesetze zu verwenden.

Die Klägerin ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG als Einrichtung zum Schutz von Verbraucherinteressen klagebefugt. Sie macht nämlich als eingetragener Verband i. S. v. § 4 UKlaG mit diesem Rechtsstreit geltend, dass die Beklagte in unzulässiger Weise allgemeine Geschäftsbedingungen verwende, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam seien.

Soweit die Beklagte einwendet, im Streitfall fehle es an der Klagebefugnis und der Aktivlegitimation, weil die zu überprüfende allgemeine Geschäftsbedingung vom klagenden Verband nur aus § 307 BGB angegriffen werde, gemäß § 651 a Abs. 4 Satz 3 BGB der Inhalt von Klauseln, die § 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB ausfüllten, jedoch nur der Kontrolle nach § 309 Nr. 1 BGB unterfielen, nicht aber derjenigen nach § 307 BGB, greift diese Argumentation nicht.

§ 651 a Abs. 4 Satz 3 BGB verbietet nämlich ebenso wenig wie seine Vorläuferbestimmung, § 651 a Abs. 3 Satz 3 BGB a. F. eine Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Reiseunternehmern, die die von § 651 a Abs. 4 BGB eröffneten Preisänderungsmöglichkeiten auszugestalten suchen. Die Bedeutung von § 651 a Abs. 4 Satz 3 BGB versteht der Senat allein dahin, dass selbst solche Preiserhöhungen, die in jeder Hinsicht den gesetzlichen Vorgaben von § 651 a Abs. 4 BGB genügen, den Reiseveranstaltern dann verwehrt sind, wenn die 4-Monats-Frist, während derer ein Lieferant oder Leistungserbringer nach § 309 Nr. 1 BGB bzw. § 11 Nr. 1 AGBG a. F. den versprochenen Preis garantieren muss, nicht eingehalten wird. Eine weitere Bedeutung dahin, dass der Verweis auf § 309 Nr. 1 BGB die Anwendung der übrigen Bestimmungen des AGBG ausschließe, erzwingt weder der Wortlaut der Verweisung, noch erscheint dies nach deren Sinn und Zweck geboten.

Wenn die Beklagte insoweit argumentiert, es sei sinnvoll, die Einhaltung der Voraussetzungen für eine Preisänderung i. S. v. § 651 a Abs. 4 BGB im Individualprozess und nicht im Wege der Verbandsklage zu klären, so trifft diese Überlegung nicht zu. Vielmehr erscheint es gerade geboten, eine Klausel wie die vorstehend im Streit stehende sogenannte 'Kerosinklausel' im Rahmen der sogenannten Verbraucherschutzklagen überprüfen lassen zu können. Dies gilt insbesondere, weil der einzelne Reisegast und Verbraucher regelmäßig nicht in der Lage sein wird, vom Reiseveranstalter geltend gemachte Erhöhungsgründe nachzuvollziehen und zu überprüfen. Anders jedoch die Verbraucherverbände, denen mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, sich insoweit Kenntnisse zu verschaffen. Hinzu kommt der Gesichtspunkt, dass der einzelne Reisende mit etwa erforderlichen Berechnungen des Preises vielfach überfordert sein dürfte, während Verbraucherorganisationen hierfür bessere Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich dürfte es sich als wirtschaftlicher erweisen, wenn ein Reiseveranstalter seine AGB, die er vielfach zu verwenden beabsichtigt, einer gerichtlichen Überprüfung im Instanzenzug Landgericht/Oberlandesgericht/BGH unterziehen muss, als wenn die Überprüfung im Verfahren des einzelnen Verbrauchers, der eine Nachforderung gegebenenfalls unter Vorbehalt geleistet hat, mit dessen beschränkten Kenntnissen gegebenenfalls im Verfahren gemäß § 495 a ZPO vor dem Amtsgericht seinen Anfang nimmt.

2. Der vom klagenden Verband verfolgte Unterlassungsanspruch ist auch materiell begründet.

a) Dem vom klagenden Verband geltend gemachten Unterlassungsanspruch steht nicht dessen Verjährung entgegen.

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Frage der Verjährung - wie auch die Frage des materiellen Anspruchs im Übrigen - nach dem aktuellen Gesetzesstand zu beurteilen ist. Dies folgt daraus, dass in die Zukunft gerichtete Unterlassungsansprüche, wie der klagende Verband ihn auch im Streitfall verfolgt, stets nach der aktuellen Rechtslage beurteilt werden müssen, damit das in die Zukunft gerichtete Verbot greifen kann (vgl. BGH Kartellsenat, Urteil vom 29. September 1998, KZR 3/97 m. w. N.).

Dementsprechend war die Verjährungsregelung des § 13 Abs. 4 AGBG, auf die die Parteien sich noch bezogen haben, im Streitfall nicht mehr anzuwenden. Auch unter ihrer Anwendung wäre der Senat aber dazu gelangt, dass Verjährung nicht eingetreten ist. Für die Regelung des § 13 AGBG war nämlich unstreitig, dass jede neue Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen einen neuen Unterlassungsanspruch zur Entstehung brachte (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 13 AGBG Rn. 22). Nichts anderes ergibt sich nach der geltenden Fassung des bürgerlichen Gesetzbuches. Danach dürfte die regelmäßige Verjährungsfrist für Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Verwendung unwirksamer AGB gemäß § 195 BGB drei Jahre betragen. Eine besondere AGB-rechtliche Verjährungsfrist besteht nicht mehr. Unzweifelhaft dürfte aber weiterhin davon auszugehen sein, dass jede neue Verwendung der AGB, die die Beklagte aktuell in ihren Katalogen noch genauso verwendet, einen neuen Unterlassungsanspruch auslöst, sodass auch nach geltendem Recht Verjährung nicht eingetreten sein kann.

b) Der geltend gemachte Anspruch steht dem klagenden Verband materiell zu.

Die in den AGB der Beklagten enthaltene Preisänderungsklausel ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dies folgt daraus, dass die Klausel nicht im Einklang mit § 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB steht. Auf die Frage, ob die Klausel noch aufgrund anderer Gesichtspunkte unwirksam ist, kam es danach nicht mehr an.

§ 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB erlaubt dem Reiseveranstalter, abweichend von dem zivilrechtlichen Grundsatz, wonach Verträge in der geschlossenen Form hinsichtlich der Hauptleistungspflicht uneingeschränkt zu erfüllen sind, unter bestimmten im Gesetzestext näher beschriebenen Umständen für die Reise einen höheren als den vertraglich vereinbarten Preis zu verlangen. Im Ausgleich für diese ausnahmsweise zugelassene Abweichung vom geschlossenen Vertrag hat der Gesetzgeber jedoch die dem Veranstalter eingeräumte Erhöhungsmöglichkeit bezüglich des Reisepreises an enge Vorgaben geknüpft. Zu den Bedingungen gehört, dass die Reisepreiserhöhung nur erfolgen darf, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist und damit einer Erhöhung der Beförderungskosten ... Rechnung getragen wird.

Den Grundgedanken dieser engen gesetzlichen Vorgaben genügt die von der Beklagten verwendete Klausel nicht. Die verwendete Klausel enthält keine genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises, weshalb solche Angaben auch nicht über sie Eingang in den Reisevertrag finden. Die Klausel enthält vielmehr nur die Angabe, dass beispielsweise die Beförderungskosten in dem Umfang geändert werden können, wie sich deren Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt. Die von der Beklagten hiermit angesprochenen Anknüpfungen erlauben dem Reisenden aber nicht durch einen Blick in den Reisevertrag und einen weiteren Blick in das Erhöhungsverlangen des Reiseveranstalters festzustellen oder zu errechnen, ob der neue Preis richtig bestimmt ist. Ein derartiges Nachvollziehen der Ermittlung des neuen Preises soll aber mit den Anforderungen aus § 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB nach Auffassung des Senats durch den Gesetzgeber gerade ermöglicht werden.

Auch der Einwand der Beklagten, ihr werde hinsichtlich der Berechenbarkeit der Erhöhung in unzumutbarer Weise auferlegt, ihre internen Kalkulationen aufzudecken, greift nicht. Zum einen eröffnet das Gesetz dem Reiseveranstalter nur eine Möglichkeit zur ausnahmsweisen Preiserhöhung, von der die Beklagte im Interesse des Schutzes ihrer Geschäftsgeheimnisse nicht Gebrauch machen muss. Zum anderen verkennt der Senat nicht, dass interne Kalkulationsüberlegungen zu den schützenswerten Geschäftsgeheimnissen gehören. Der Senat vermag jedoch nicht zu erkennen, dass die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen der einzige Weg sein könnte, mit dem die Beklagte in nachvollziehbarer Weise Kostenerhöhungen betreffend die Beförderungsleistungen angeben könnte. Es obliegt dem erkennenden Gericht bei der Beurteilung einer unwirksamen Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht, dem Klauselverwender aufzuzeigen, wie er im Einzelnen den gesetzlichen Unterlassungsgeboten gerecht wird. Im Ansatz muss die Beklagte sich aber entgegenhalten lassen, dass die von ihr verwendete Klausel in jedem Fall ungenügend ist. Die Beklagte versucht dem Reisenden auch nicht näherungsweise zu verdeutlichen, in welchen Fällen und in welchem Umfang er mit Erhöhungsverlangen rechnen muss. Das könnte sie aber tun. Insbesondere könnte die Beklagte angeben, zu welchem Prozentsatz bei den einzelnen Grobzielen, (wie z. B. Mittelmeerbereich, Karibik, Süd-Afrika und angrenzende Staaten u. a. mehr) in etwa die Flugkosten in den Preis einfließen. Sie könnte ferner angeben, wie hoch der Kerosinpreis pro Barrel zur Zeit der Drucklegung des jeweiligen Kataloges lag und könnte ferner angeben, bei einer Kerosinpreissteigerung um wie viel Prozent sie frühestens von der Erhöhungsmöglichkeit aus der angegriffenen Klausel Gebrauch machen würde. Der Senat vermag sich auch vorzustellen, dass unter Berücksichtigung dieser Komponenten eine näherungsweise für den Reisekunden nachvollziehbare Berechnungsformel gefunden werden könnte. Mit der von ihr bisher verwendeten Formulierung und Klausel ist die Beklagte den möglichen Annäherungen an die Erfordernisse des Gesetzestextes, die jenseits des Aufdeckens von Geschäftsgeheimnissen durchaus bestehen dürften, nicht annähernd nachgekommen.

Ohne Erfolg sucht die Beklagte sich auch darauf zu berufen, dass die Klausel einer Empfehlung des deutschen Reisebüroverbandes entspreche und vom Bundeskartellamt genehmigt sei. Die Aufgabe des Bundeskartellamtes geht nicht dahin, ihm zur Genehmigung vorgelegte Klauseln auf die Vereinbarkeit mit Verbraucherschutzbestimmungen zu prüfen. Auch die Empfehlung der Klausel durch den Dachverband der Reiseveranstalter und Reisebüros entlastet die Beklagte nicht. Sie muss selbst festlegen und ermitteln, inwieweit die von ihr verwendeten Klauseln gesetzeskonform sind. Ein Verschulden der Beklagten, auf dass dieser Einwand allein von Einfluss sein könnte, ist nicht Voraussetzung des vom klagenden Verband verfolgten Unterlassungsanspruches.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit und auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten.

Die Fassung des Tenors, in dem der Senat das landgerichtliche Verbot nochmals ausgesprochen hat, gründet sich auf § 9 UKlaG Nr. 1 - 3.

Der Senat hat die Revision angesichts der grundsätzlichen Bedeutung, die das Verfahren sowohl für die Beklagte und andere Reiseveranstalter als auch für den klagenden Verbraucherverband im Interesse der Reisenden hat, zugelassen.

Ende der Entscheidung

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