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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 22.11.2004
Aktenzeichen: 11 W 97/04
Rechtsgebiete: ArbGG, HGB


Vorschriften:

ArbGG § 5 Abs. 3
HGB § 91a
Zum Rechtsweg bei der Inanspruchnahme aus einem Handelsvertretervertrag.
11 W 97/04

Beschluss

In der Beschwerdesache

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 22. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Stade vom 13. September 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 1.500 Euro.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Beschwerde richtet sich - entgegen der Bezeichnung im Eingang der Beschwerdeschrift - erkennbar gegen den Beschluss vom 13. September 2004, mit dem das Landgericht den Zivilrechtsweg als eröffnet angesehen hat. Sie ist als solche zulässig; insb. ist sie fristgerecht (im Hinblick auf die Zustellung des Beschlusses am 14. Oktober 2004) erhoben.

II.

Für die Frage, in welchem Rechtsweg über einen Rechtsstreit zu entscheiden ist, kommt es allein auf den Klägervortrag ggfs. unter Hinzunahme des unstreitigen Parteivortrages an (vgl. BGHZ 133, 240 ff.; ferner BGH v. 3. April 1998, NJW 1998, 2057 f.).

1. Für Rechtsstreitigkeiten, die der Unternehmer gegen seinen früheren Handelsvertreter führen will, führt dies zur Zuweisung des Rechtsstreits zu den Arbeitsgerichten nur, wenn entweder die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG gegeben sind oder aus dem Vortrag der klagenden Partei folgt, dass der Inanspruchgenommene Arbeitnehmerstatus hatte, d. h. nicht selbständig war und mithin nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen konnte (§§ 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG, 84 Abs. 2 HGB, vgl. insoweit die ständige Rechtsprechung des Senats zuletzt Beschluss v. 12. März 2003, 11 W 14/03, OLG Rep 2004, S. 160).

2. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, abhängig und insb. weisungsgebunden tätig geworden zu sein, ergibt sich dies aus dem Vortrag der klagenden Unternehmerin nicht und findet auch in dem unstreitig abgeschossenen Handelsvertretervertrag keine Stütze. Auf die streitigen Behauptungen der Beklagten hierzu kommt es für die Zuständigkeitsbestimmung nicht an. Dies gilt im Streitfall um so mehr, als Weisungen und Hinweise in einer Zeit der Ausbildung und des Anlernens, auf die die Beklagte sich nach eigenem Bekunden eingelassen hatte, ohnehin ein anderes, nämlich geringeres Gewicht haben müssen, als im Rahmen der Tätigkeitsausübung selbst.

3. Für den vorliegenden Rechtsstreit sind auch nicht aufgrund von § 5 Abs. 3 ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig, worauf die Beklagte ihre Beschwerde wohl insoweit stützen will, als sie zu ihrem Entgelt und ihrer faktischen Arbeitszeit vorträgt.

Gem. § 5 Abs. 3 ArbGG gelten Handelsvertreter nur dann unabhängig von ihrer materiellen Arbeitnehmereigenschaft als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie unter die Bestimmung des § 92a HGB fallen und ein bestimmtes Mindesteinkommen in den letzten sechs Monaten nicht überschritten haben.

Die Beklagte fällt nicht unter die Bestimmung des § 92a HGB. So genannter "Einfirmenvertreter" im Sinne des § 92a HGB ist nämlich nur, wer überhaupt nicht für weitere Unternehmer tätig werden darf oder kann; eine Wettbewerbsabrede genügt nicht.

Der Beklagten war es nach Ziffer 7.2 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages verboten, für Wettbewerbsunternehmen tätig zu werden. Jedoch durfte sie weiterhin für andere, nicht im Wettbewerb mit der Klägerin stehende Unternehmen tätig werden. Anhaltspunkte dafür, dass ihr dies nach dem Umfang der gegenüber der Klägerin übernommenen Pflichten tatsächlich unmöglich war, gibt es nach deren Behauptungen und dem unstreitigen Vorbringen der Parteien nicht, zumal der Handelsvertretervertrag die Beklagte als Handelsvertreterin im Nebenberuf bezeichnet.

Dem ist die Beklagte auch in der Beschwerdebegründung nicht mit unstreitigem Gegenvortrag von einlassungsfähiger Substanz entgegen getreten. Wie sich ihre zeitliche Inanspruchnahme durch die Klägerin - jenseits der Vermittlung der notwendigen Kenntnisse, für deren Verschaffung ein Handelsvertreter grundsätzlich selbst verantwortlich ist - dargestellt haben soll, ist aus dem pauschalen Vorbringen, 40 Wochenstunden seien erreicht worden, von Bl. 4 und 5 der Beschwerdebegründung nicht erkennbar; insoweit bedurfte es auch keines Abwartens einer Stellungnahme der Klägerin zu diesem Punkt.

Zudem steht nicht einmal fest, dass die Beklagte die Einkommensgrenzen des § 92a HGB nicht erreicht hat. Zwar sind in den letzten 6 Monaten der äußerst kurzen vertraglichen Zusammenarbeit ausweislich der Abrechnungen 1.000 Euro in keinem Fall erreicht; vielfach wurden keinerlei Provisionseinnahmen erzielt. Auffällig ist aber, dass die Beklagte in früheren Monaten der kurzen Zusammenarbeit eine Monatsprovision von 1.000 Euro mehrfach übertroffen hatte.

Insoweit ist zu bemerken, dass es dem Handelsvertreter nicht freisteht, die gesetzlichen Voraussetzungen durch Untätigkeit herbeizuführen (§ 242 BGB). Die Beklagte will nach eigenem Bekunden in den letzten 6 Monaten vor ihrer eigenen Vertragskündigung 3 Verträge vermittelt haben, wozu sie Einzelheiten, um welche es sich gehandelt haben mag und warum weitere Abschlüsse nicht erzielt wurden, nicht vorträgt. Dies würde den Senat, der als Fachsenat für Handelsvertretersachen beurteilen kann, dass ein solches Ergebnis bei ordnungsgemäßem Bemühen (nach Darstellung der Beklagten von 40 Wochenstunden) nicht eintreten dürfte, nicht zur Berücksichtigung der letzten 6 Monate der formalen Vertragsdauer veranlasst haben. Der Senat würde in diese Wertung mit einbeziehen, dass die Beklagte nicht angegeben hat, welche Tätigkeit sie im Hauptberuf bei Abschluss der Verträge mit der Klägerin anstrebte oder innehatte und dass die Beklagte zwar Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt hat, insoweit aber zu keinem Zeitpunkt eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht hat.

III.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, nachdem die Entscheidung nicht im Gegensatz zu höchstrichterlichen Entscheidungen aus jüngerer Zeit steht.

Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdeverfahrens erfolgte in Anlehnung an BGH NJW 1998, 2057 f. auf etwa 1/5 des Streitwerts der Hauptsache.

Ende der Entscheidung

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