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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 16.03.2000
Aktenzeichen: 13 U 126/99
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, ZPO


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 426
VVG § 67
VOB/B § 4 Nr. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 126/99 6 O 430/98 LG Hannover

Verkündet am 16. März 2000

Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung der Richter #######, ####### und ############## auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 3. März 1999 - 6 O 430/98 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheitsleistung durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Streitwert und Beschwer: bis 160.000 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin macht einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch aus abgetretenem Recht geltend.

Die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer des Fachplaners für Heizung lind Lüftung #######. Der Fachingenieur ####### plante 1988 im Auftrag des Landkreises ###########, die vorhandene Wäscherei des Kreiskrankenhauses ############## zu erweitern. Nach den Planungen des Fachingenieurs ####### war es erforderlich, eine neue Heizungs- und Dampfkesselanlage für die anzuschließenden Endverbraucher zu installieren. Nach öffentlicher Ausschreibung aufgrund der Planungen des Fachingenieurs ####### erhielt die Beklagte, ein auf den Heizungsbau spezialisiertes Fachunternehmen den Auftrag, die Heizungs- und Dampfkesselanlage nebst Schaltschrank etc. zu installieren. Entsprechend der Leistungsbeschreibung des Fachingenieurs ####### wurde die Anlage gebaut.

Nach Fertigstellung der gesamten Baumaßnahme traten Anfang 1989 Probleme beim Betrieb dann auf, wenn die Dampferzeugungsanlage unter Volllast gefahren wurde. Zur Ursachenerforschung und Schadensbeseitigung holten der Landkreis ########### und die Klägerin insgesamt drei Sachverständigengutachten ein. Als Grund für die auftretenden Probleme wurde dabei festgestellt, dass infolge eines Planungsfehlers des Fachingenieurs ####### der benötigte Spitzenbedarf an Dampf durch die von der Beklagten installierte Anlage nicht produziert werden konnte. Denn bei den Berechnungen für die von der Anlage zu produzierende Dampfmenge hatte der Fachingenieur ####### fälschlicherweise für die angeschlossenen Geräte nicht die maximale Anschlusswerte, sondern ihren durchschnittlichen Stundenverbrauch herangezogen und diesen auf einen Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,9 reduziert.

Da die Verantwortlichkeit des Fachingenieurs ####### für den Planungsfehler und damit für die unzureichende Dampferzeugung außer Frage stand, zahlte die Klägerin an den Landkreis ############# im Wege des Vergleiches 320.000 DM als Schadensersatz.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe die fehlerhafte Planung des Fachingenieurs ####### bei Beachtung der ihr obliegenden sorgfältigen Prüfung der Planung des Fachingenieurs ####### erkennen können. Die Beklagte sei ein auf Heizungs- und Lüftungsbau hoch spezialisiertes Unternehmen, das entsprechende Fachkenntnisse aufweise. Anhand der in der technischen Beschreibung zugrunde gelegten Dampf- und Verbrauchswerte hätte die Beklagte den Leistungsbedarf, die Kesselgröße und die Ruhrquerschnitte überprüfen müssen, bevor mit Lieferung und Montage der Anlage begonnen wurde. Bei fachgerechter Prüfung hätte die Beklagte Bedenken gegen die Vorleistung des Fachingenieurs ####### anmelden müssen.

Insgesamt ergebe sich ein Haftungsanteil von 40 %, sodass die Beklagte von der Vergleichssumme 128.000 DM und von den Gutachterkosten 4.937,64 DM, insgesamt mithin 132.937,64 DM, zu tragen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 132.937,64 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. September 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, den Fachingenieur ####### treffe die alleinige Verantwortung für seine fehlerhafte Berechnung. Ihr sei durch das Leistungsverzeichnis bis ins Einzelne vorgegeben gewesen, wie die Anlage zu erstellen gewesen sei. Für sie habe kein Anlass bestanden, an der fachgerechten Planung des Fachingenieurs zu zweifeln.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte überhaupt eine Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht treffe.

Jedenfalls überwiege die Verantwortlichkeit des Fachingenieurs ####### derart, dass im Rahmen der entsprechend § 254 BGB gebotenen Abwägung der Verursachungsbeiträge eine Haftung der Beklagten im Innenverhältnis nicht in Betracht komme.

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt aus, die Fehlerhaftigkeit der Planungsvorgaben des Fachingenieurs ####### hätten sich der Beklagten bei einer Prüfung des Leistungsverzeichnisses ohne weiteres aufdrängen müssen. Die Beklagte habe prüfen und erkennen müssen, dass die im Leistungsverzeichnis angesetzte durchschnittliche Dampfmenge für den Betrieb der Endverbraucher des Kreiskrankenhauses ######## nicht hinreichend sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an sie 132.937,64 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. September 1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt den erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

Der Klägerin steht ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch aus übergegangenem Recht gemäß §§ 426 BGB, 67 VVG nicht zu. Die Beklagte ist dem Versicherungsnehmer der Klägerin ####### nicht ausgleichspflichtig, weil nicht festgestellt werden kann, dass sie durch die Verletzung der ihr gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B obliegenden Prüfungs- und Hinweispflicht zu der unzureichenden Dimensionierung der Dampferzeugungsanlage und damit zur fehlerhaften Erweiterung der Wäscherei im Kreiskrankenhaus ############ beigetragen hat.

Der Landkreis ########### als Auftraggeber hat in dem mit der Beklagten geschlossenen Werkvertrag zur Herstellung der Heizungs- und Dampferzeugungstechnik wirksam die VOB/B einbezogen, sodass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B die Vorleistungen anderer mit dem Bauvorhaben Beschäftigter zu überprüfen hatte. Der Umfang der die Beklagte treffende Prüfungspflicht hängt nicht nur von den von ihr zu erwartenden Fachkenntnissen, sondern auch von dem auf Seiten des Auftraggeber eingesetzten Fachpersonals ab. Denn wirkt für den Auftraggeber ein besonders Fachkundiger mit, mindert sich die Prüfungspflicht des mit Teilen des gesamten Bauvorhabens betrauten Werkunternehmers, ohne jedoch vollständig zu entfallen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 8. Aufl., Rn. 1520 m. w. N.; Ingenstau-Korbion, VOB Kommentar, § 9 Rdn. 189 f, 195).

Eine Verletzung der Prüfungspflicht bezüglich der Tauglichkeit des von ihr konkret ausgeführten Gewerkes trifft die Beklagte nicht. Die Beklagte schuldete die Herstellung der Dampf- und Heizungsanlage nebst Schaltungen mit konkret. vorgegebenen Leistungsmerkmalen. Die Anlage ist ohne weiteres in der Lage, die durch Leistungsverzeichnis geforderten 2,5 t Dampf pro Stunde zu erzeugen und an die Abnahmestelle zu bringen. Sämtliche Leistungsmerkmale der Anlage werden erreicht, sodass das Gewerk der Klägerin grundsätzlich vollkommen mangelfrei ist.

Neben der Prüfung der von ihr herzustellenden Anlage hatte die Beklagte grundsätzlich die ihr bekannte Planung des Fachingenieurs R im Hinblick auf die Frage zu untersuchen, ob die von ihr zu installierende Technik in der Lage sein würde, den Leistungserfolg - Betreiben der in der Ausschreibung genannten Dampfentnahmestellen - herbeiführen kann. Wie bereits ausgeführt, beschränkte sich die Prüfungspflicht der Beklagten aber angesichts des vom Landkreis ########## für die Durchführung der Gesamtmaßnahme eingesetzten Fachingenieurs ####### aber darauf, die Planungsunterlagen lediglich auf offenkundige Fehler hin zu überprüfen. Die Erkenntnisse des Sonderfachmannes, der über noch überlegenere Kenntnisse im Vergleich zu einem Bauhandwerker verfügt und gerade für die Planung der Maßnahme ein gesondertes Honorar erhält, im Einzelnen nachzuvollziehen, ist nicht Aufgabe des Unternehmers eines Teilgewerks. Eine derartige Überprüfung wird von seiner Vergütung nicht umfasst (vgl. Werner/Pastor, Rn. 1522 m. w, N.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 17, 18).

Ein offensichtlicher Fehler in der Planung des Fachingenieurs ####### liegt. nicht vor. Zwar hat ####### aufgrund eines Denkfehlers die Leistungsanforderungen an die Dampferzeugungsanlage reduziert, weil er fälschlich die Großverbraucher in der Wäscherei auf einen zu geringen durchschnittlichen Stundenverbrauch reduziert hat. Dass sich dieser Denkfehler des Fachingenieurs aber einem Heizungsbauunternehmen aufdrängen musste, ist nicht erkennbar. Allein aus dem Umstand, dass z. B. für die Waschstraße ein Anschlusswert. von maximal 900 kg pro Stunde vorhanden war, aber bei der Planung nur ein mittlerer Verbrauch von 260 kg pro Stunden angenommen wurde, muss nicht offenkundig falsch sein. Um zu der Annahme der Falschplanung zu kommen, war es z. B. nach dem Gutachten des Sachverständigen ############## zwingend erforderlich zu wissen, in welcher Weise die Großverbraucher tatsächlich betrieben werden. Erst wenn die Erkenntnis vorhanden ist, dass Waschstraße und Mangel als Großverbraucher gleichzeitig in Betrieb sind und darüber hinaus bekannt ist, dass die Betriebsparameter der Wäschereimaschinen durch die sog. Taktzeiten mit diskontinuierlicher Dampfentnahme der einzelnen Anlage vorgegeben werden, die aufgrund hygienischer Anforderungen nicht variabel sind, könnte sich die Erkenntnis aufdrängen, dass die von der Anlage maximal zu liefernde Dampfmenge zu gering dimensioniert wurde, um den gesamten Erfordernissen im Kreiskrankenhaus ######### gerecht zu werden.

Die Betriebsparameter, deren falsche Würdigung erst zur Fehlerhaftigkeit der Planung des Fachingenieurs führten, ergeben sich für die Beklagte nicht aus den Planungsunterlagen #######. In den Planungsunterlagen heißt es vielmehr lediglich, dass die Ergebnisse aus vorangegangenen Planungsgesprächen und die wiedergegebenen Anschluss- und Verbrauchswerte berücksichtigt worden seien. Aus den dargestellten Anschluss- und Verbrauchswerten musste sich auch für ein spezialisiertes Handwerksunternehmen keinesfalls die Unzulänglichkeit der Planung aufdrängen. Ungeachtet der erforderlichen zusätzlichen Kenntnis der Parameter war ersichtlich auch bei deren Kenntnis ein Planungsfehler nicht offenkundig, wie die Gutachten der Sachverständigen ########## und ############# zeigen, die erst nach umfassenden Untersuchungen und Analysen der Gegebenheiten vor Ort zu dem Ergebnis gelangt sind, dass die erzeugte Dampfmenge zu gering ist, um die hygienischen Voraussetzungen z. B. für die Sterilisation im Kreiskrankenhaus ####### zu gewährleisten, wenn alle Verbraucher gleichzeitig im Betrieb sind. Wäre der Planungsfehler des Fachingenieurs ####### offenkundig gewesen, hätte ein Blick des Fachingenieurs ####### genügen müssen, um die Fehlerhaftigkeit der Planung festzustellen. Stattdessen hat dieser Fachingenieur im Jahre 1989 mehrfach Untersuchungen angestellt und ist erst aufgrund dieser zu dem Ergebnis der unzureichenden Dampfmenge mit der Folge unzulässigen Wassermitrisses gekommen.

Im Ergebnis ist mithin eine Verletzung der Pflicht zur dargestellt eingeschränkten Prüfung der Vorplanungen des Fachingenieurs ####### durch die Beklagte nicht festzustellen. Einen besonderen Anlass, den Vorplanungen des Fachingenieurs zu misstrauen und dementsprechend in konkretere Prüfungen einzutreten, hatte die Beklagte nicht.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer richtet sich nach § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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