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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 13 U 160/06
Rechtsgebiete: BGB, EnWG, AVBGasV


Vorschriften:

BGB § 315
EnWG § 36 Abs. 1
AVBGasV § 4 Abs. 1
1. Die in Ausübung des einseitigen Preisbestimmungsrechts des Gasversorgers vorgenommenen Preiserhöhungen unterliegen der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB. Der Billigkeitskontrolle entzogen sind dagegen diejenigen Preise, die auf einer beidseitig getroffenen Vereinbarung beruhen. Dazu gehören auch die aus einer unbeanstandet gebliebenen Preiserhöhung folgenden Preise.

2. Die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an die Tarifkunden entspricht im Grundsatz der Billigkeit. Durch solche Preiserhöhungen nimmt das Gasversorgungsunternehmen sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Kunden weiter zu geben.

3. Das Gasversorgungsunternehmen trägt auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Steigerung von Gasbezugskosten nicht durch anderweitige Kostensenkungen in der Gassparte kompensiert wurden.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 160/06 (Kart)

Verkündet am 23. April 2009

In der Kartellsache

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht Z.

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Kläger zu 1 bis 8 und 10 gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 29. Juni 2007 (5 O 118/06) werden zurückgewiesen.

Die Klägerin zu 9 hat ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts durch Rücknahme verloren.

Von den Gerichtskosten der in der Berufungsinstanz durchgeführten Beweisaufnahme tragen die Kläger zu 1 bis 8 und 10 je 1/9. Von den übrigen Gerichtskosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin zu 9 1/20. Von den restlichen 19/20 trägt jeder der übrigen Kläger 1/9.

Von den in den Berufungsinstanz angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt jeder Kläger 1/10.

Ihre eigenen in der Berufungsinstanz angefallenen außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger jeweils selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zum 12. Oktober 2006 auf 4.800 EUR und für die Zeit ab dem 13. Oktober 2006 auf 4.200 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beklagte ist Gasversorgerin für die Privathaushalte der Kläger. Den Lieferungen liegen von der Beklagten oder ihren Rechtsvorgängern mit den Klägern zu 1 bis 7 und dem Kläger zu 10 jeweils geschlossene Verträge zu Grunde. Die Klägerin zu 8 ist die Ehefrau des Klägers zu 7. Die Klägerin zu 9 ist Lebensgefährtin des Klägers zu 10 (Bl. 596 d. A.). Gegenstand aller Verträge ist die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV). Alle Kläger sind aufgrund der jährlichen Durchschnittsverbrauchszahlen in den so genannten Vollversorgungstarif eingestuft.

Die Beklagte teilte Ende September 2005 in der örtlichen Presse mit, dass sie die allgemeinen Tarifpreise zum 1. Oktober 2005 anpasse, da die seit Beginn des Jahres entstandenen Bezugskostensteigerungen eine Anhebung des Arbeitspreises um 0,58 ct/kWh einschließlich Mehrwertsteuer (0,50 ct/kWh netto) erforderten. Die Grund und Messpreise blieben unverändert. Nach der Tariferhöhung zum 1. Oktober 2005 betrugen die den Klägern in Rechnung gestellten Arbeitspreise 4,52 ct/kWh (3,90 ct/kWh netto). Zum 1. Januar 2006 machte die Beklagte eine weitere Erhöhung des Arbeitspreises um 0,58 Cent/kWH einschließlich Mehrwertsteuer bekannt, nunmehr auf 5,10 ct/kWh.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, dass die Beklagte mangels einer vertraglichen Regelung nicht berechtigt sei, die Gaspreise anzupassen. Hilfsweise haben sie geltend gemacht, dass die Änderungen der Tarife nicht verbindlich seien, weil die Beklagte nicht dargelegt habe, dass die neuen Tarife der Billigkeit entsprächen (§ 315 Abs. 3 BGB). Die Kläger haben beantragt festzustellen, dass die von der Beklagten in den zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsverträgen zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 vorgenommenen Erhöhungen der Gastarife unbillig und unwirksam seien.

Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, § 315 Abs. 3 BGB sei auf die streitbefangenen Tariferhöhungen nicht anwendbar. Jedenfalls seien die Erhöhungen angemessen. Die Beklagte habe an die Verbraucher nur einen Teil ihrer gestiegenen Beschaffungskosten weitergegeben. Die Angemessenheit der Tariferhöhungen ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte bundesweit zu den günstigsten Gasanbietern gehöre. Zudem habe das Kartellamt die Preise nicht beanstandet.

Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin zu 9 sei nicht aktivlegitimiert. Im Übrigen habe die Beklagte nachgewiesen, dass die Gaspreiserhöhungen zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB entsprächen. Das Gericht habe sich anhand der von der Beklagten vorgelegten Bescheinigung der G., P. und Partner Treuhandgesellschaft mbH vom 31. Oktober 2005 davon überzeugen können, dass die Beklagte lediglich ihre gestiegenen Bezugskosten an die Kunden weitergegeben habe. Aufgrund der Erhöhungen zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 sei der Tarif um 1 ct/kWH netto angestiegen. Demgegenüber hätten sich die Einkaufspreise der Beklagten im Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 1. Oktober 2005 um 1,07301 ct/kWh netto erhöht. Es komme nicht darauf an, ob die bis zum 1. Oktober 2005 geltenden Tarife angemessen gewesen seien. Denn nach den Klageanträgen sei nur über die Billigkeit der Preiserhöhungen zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 zu entscheiden gewesen.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit den Berufungen verfolgen die Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 9, die ihre Berufung zurückgenommen hat, ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie wiederholen und vertiefen im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend machen sie geltend, dass die Unbilligkeit der streitgegenständlichen Gaspreiserhöhungen auch daraus folge, dass die Beklagte für sie nicht die Möglichkeit von Sonderkundenverträgen vorsehe, auf die dann geringere Konzessionsabgaben entfielen, und dass die Beklagte über die von den Tarifkunden gezahlten Gaspreise sowohl die Sonderkunden als auch die Bäder und Busbetriebe im Bereich der Kommunen um Diepholz quersubventioniere.

Die Kläger zu 1 bis 8 und 10 beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die von der Beklagten in den zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsverträgen vorgenommenen Erhöhungen der Gaspreise zum 01. Oktober 2005 und 01. Januar 2006 unbillig und unwirksam sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Senat hat Zeugenbeweis erhoben.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vor dem Senat sowie den gesamten Akteninhalt verwiesen.

B.

Die Berufungen sind unbegründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die von der Beklagten zum 1. Oktober 2005 und 1. Januar 2006 vorgenommenen Gaspreiserhöhungen unbillig und unwirksam sind. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat

die hinreichende Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte ihr insoweit bestehendes Preisanpassungsrecht ordnungsgemäß ausgeübt hat.

Im Einzelnen:

I.

Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht stand der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Gaspreiserhöhungen ein Preisanpassungsrecht zu.

Dies ergibt sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) in Verbindung mit den Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (AVBGasV), welche den zwischen den Klägern und der Beklagten geschlossenen Verträgen zu Grunde liegen.

Nach § 36 Abs. 1 EnWG haben Energieversorgungsunternehmen für Netzgebiete, in denen sie - wie hier die Beklagte - die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, allgemeine Bedingungen und allgemeine Preise für die Versorgung öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen. Nach § 4 Abs. 1 AVBGasV stellt das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Nach Absatz 2 der Vorschrift werden Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

Aus diesen Vorschriften folgen mithin die Verpflichtung der Beklagten, die Versorgungspreise zu bestimmen sowie ihr Recht, die Preise (allgemeinen Tarife) im Bedarfsfall, insbesondere bei geänderten technischen oder wirtschaftlichen Bedingungen, anzupassen.

Das Vorliegen eines insofern einseitigen Preisbestimmungsrechts der Gasversorger in Fällen wie dem vorliegenden hat der Bundesgerichtshof im Übrigen ausdrücklich bestätigt (BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, zit. nach Juris, Rz. 26).

II.

Die in Ausübung des einseitigen Preisbestimmungsrechts der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen unterliegen der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB (BGH, a. a. O.). Der Billigkeitskontrolle entzogen sind dagegen diejenigen Preise, die auf einer beidseitig getroffenen Vereinbarung beruhen, denn diese sind vornehmlich Ausdruck der Vertragsfreiheit der Parteien. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst dann, wenn die Beklagte auf dem hier sachlich und räumlich relevanten Gasversorgungsmarkt eine Monopolstellung inne hätte, weil die umfassende gerichtliche Kontrolle von allgemeinen Tarifen eines Gasversorgungsunternehmens der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe. dieser habe die staatliche Prüfung und Genehmigung der betreffenden Tarife wiederholt abgelehnt (BGH, a. a. O., Rz. 18 bis 23).

§ 315 BGB ist daher weder auf den so genannten Sockelbetrag noch auf die bis zum 1. Oktober 2005 erfolgten Gaspreiserhöhungen direkt oder entsprechend anwendbar (BGH, a. a. O., Rz. 15 und 29). Für Letztere gilt dies, weil die betreffenden Preiserhöhungen von den Klägern unbeanstandet geblieben und somit zum Bestandteil des Sockelbetrages geworden sind (BGH, a. a. O., Rz. 16).

Daher waren hier nur die angefochtenen Preiserhöhungen zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 anhand des § 315 Abs. 3 BGB zu prüfen (vgl. auch BGH, Urt. vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, zit. nach Juris, Rz. 11 ).

III.

Die Prüfung hat indes keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die betreffenden Preiserhöhungen - wie von den Klägern behauptet - unbillig gewesen wären.

Die Beklagte, der insofern als Folge ihres Preisbestimmungsrechts die Darlegungs- und Beweislast obliegt (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, a. a. O., Rz. 28), hat hinreichend dargelegt und bewiesen, dass die streitgegenständlichen Gaspreiserhöhungen auf - im Verhältnis noch höher - gestiegenen Bezugspreisen beruhten, die nicht durch anderweitige Kostensenkungen kompensiert wurden.

1. Allerdings war der Beklagten nicht bereits darin zu folgen, ihre Gaspreise gehörten im bundesweiten Vergleich zu anderen Gasanbietern zu den Günstigsten und seien auch vom Kartellamt nicht beanstandet worden.

Denn die Beklagte hat jedenfalls zu den Preisen anderer Gasversorgungsunternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb und zur Struktur der etwaigen Vergleichsgebiete nicht ausreichend vorgetragen (vgl. zu diesen Voraussetzungen: BGH, a. a. O., Rz. 48, 49 und 50, der die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit des Anbietervergleichs im Rahmen der Billigkeitskontrolle offen gelassen hat): Dass das Kartellamt die Preise nicht beanstandet hat, ist ebenfalls kein Nachweis der Billigkeit.

2. Die Preiserhöhung entspricht jedoch wegen gestiegener Kosten der Billigkeit.

a) Die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an die Tarifkunden entspricht im Grundsatz der Billigkeit. Durch solche Preiserhöhungen nimmt das Gasversorgungsunternehmen sein berechtigtes Interesse wahr, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an die Kunden weiterzugeben (BGH, a. a. O., Rz. 30).

b) Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, es sei aufgrund der unstreitig gewordenen Stellungnahme der G., P. und Partner Treuhandgesellschaft mbH vom 31. Oktober 2005 (Bl. 137 d. A.) davon überzeugt, dass die Beklagte lediglich ihre höheren Gasbezugspreise an die Tarifkunden weitergegeben habe, kann dahingestellt bleiben, ob die in der Stellungnahme getroffenen Feststellungen zu den Bezugspreisen in erster Instanz tatsächlich unstreitig waren mit der Folge, dass die Kläger die Bezugskostensteigerung in der Berufungsinstanz nicht mehr wirksam bestreiten könnten, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht gegeben wären.

Nachdem der Senat nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehalten war, im Rahmen der Billigkeitskontrolle die von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweise zu erheben (vgl. BGH, a. a. O., Rz. 37 und 38), steht jedenfalls als Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass entsprechend dem Vorbringen der Beklagten die durchgeführten Erhöhungen der den Endverbrauchern in Rechnung gestellten Arbeitspreise zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 geringer waren als die vorausgehenden Erhöhungen der von der Beklagten zu zahlenden Bezugspreise:

Die von den Kunden zu zahlenden Arbeitspreise - Vollversorgungstarif - betrugen ab dem 1. Oktober 2004 3,40 ct/kWh netto, ab 1. Oktober 2005 3,90 ct/kWh netto und ab 1. Januar 2006 4,40 ct/kWh netto, sodass die Tariferhöhung bezüglich der Arbeitspreise insgesamt 1 ct/kWh netto betrug.

Demgegenüber waren die Einkaufspreise - die für die Belieferung eines Industriekunden aufgrund gesonderter Konditionen bezogenen Gasmengen ausgenommen allein im Zeitraum vom 1. Oktober 2004 bis zum 1. Oktober 2005 von 2,19299 ct/kWh auf 3,266 ct/kWh gestiegen, also um 1,07301 ct/kWh (Bl. 147 d. A.).

Dies haben die Zeugen M. und K. bestätigt:

Der Zeuge M. hat erläutert, dass er bzw. sein von der Beklagten beauftragtes Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die G., P. und Partner Treuhandgesellschaft mbH, anhand der Beschaffungsverträge der Beklagten geprüft habe, ob und welche Veränderungen es in den Bezugskonditionen gegeben habe. Hierzu habe in einem ersten Schritt aus den sechs Verträgen mit drei Lieferanten und unterschiedlichen Preisen ein Durchschnittspreis gebildet werden müssen. Dieser sei durch Gewichtung der gelieferten Gesamtmengen und der auf die einzelnen Verträge entfallenden Teilmengen entsprechend der Anlage II des Gutachtens (Bl. 147 d. A.) ermittelt worden. Aus der Differenz dieser Durchschnittspreise zu dem zum entsprechenden Zeitpunkt geltenden Verkaufspreis für Tarifkunden im Vollversorgungstarif habe er dann die Aussage abgeleitet, dass die Preisanpassung zum 1. Oktober 2005 in Höhe von 0,5 ct/ kWh angemessen gewesen sei.

Der Senat hat keinen Anlass, diese Feststellung in Zweifel zu ziehen und der Aussage keinen Glauben zu schenken. Der Zeuge M. ist nicht bei der Beklagten selbst, sondern bei einem von dieser unabhängigen Unternehmen tätig. Er hat die Grundlagen seiner gutachterlichen Feststellungen nachvollziehbar und widerspruchsfrei erläutert, ohne dass er den Eindruck erweckte, "Interessenvertreter" der Beklagten zu sein.

Der Zeuge K. hat zunächst die von der Beklagten und dem Zeugen M. erläuterten Preisanpassungsmechanismen mit eigenen Worten erläutert und bestätigt sowie ausgeführt, dass die Berechtigung der streitgegenständlichen Preiserhöhungen durch die Gutachten der beiden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften festgestellt worden sei. Die Abweichungen in den Zahlenwerken der Gutachten der G., P. und Partner Treuhandgesellschaft mbH und der W. AG hat er - nachvollziehbar und insofern ebenfalls im Einklang mit der Aussage des Zeugen M. - als marginal beschrieben.

Der Senat sieht auch im Hinblick auf den Zeugen K. keinen Grund, der Aussage nicht zu folgen. Der Zeuge hat das Unternehmen der Beklagten verlassen und steht daher nicht mehr in einem Anstellungs- und/oder Abhängigkeitsverhältnis zu ihr. Aus dem persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von dem Zeugen gewonnen hat, haben sich Anhaltspunkte, die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit rechtfertigen könnten, genauso wenig wie im Hinblick auf den Zeugen M. ergeben.

3. Der Zeuge K. hat zudem das Vorbringen der Beklagten bestätigt, dass die Steigerung der Gasbezugskosten nicht durch anderweitige Kostensenkungen kompensiert worden ist.

Zu den weiteren Kostenpositionen, die sich regelmäßig neben den Beschaffungskosten auf den Verkaufspreis auswirken, hat der Zeuge K. ausgeführt, dass es insoweit vier große Kostenbereiche gebe: den Personalaufwand, Abschreibungen, sonstige betriebliche Aufwendungen und die Konzessionsabgabe. Diese Kosten hätten sich im Wirtschaftsjahr 2004/2005 im Vergleich zum Vorjahr um rund 44.000 EUR, mithin um 1,35 % erhöht, auch wenn die Kosten für die Konzessionsabgabe um rund 148.000 EUR gesunken seien.

Nach dieser Aussage, gegen deren Glaubhaftigkeit ebenfalls keine greifbaren Bedenken bestehen, steht mithin fest, dass die Steigerung der Beschaffungskosten nicht - wie von den Klägern gemutmaßt - durch sinkende Kosten in den anderen preisbildenden Bereichen kompensiert worden ist.

Auf etwaige sinkende Kosten in anderen Unternehmensbereichen der Beklagten kommt es insofern nicht an, weil die Beklagte nicht zur Quersubventionierung ihrer Gassparte verpflichtet ist (BGH, a. a. O., Leitsatz Nr. 3 und Rz. 40).

4. Der Senat folgt im Übrigen dem Landgericht in seiner Auffassung, dass der bewiesene - Anstieg der Gasbeschaffungskosten eine Erhöhung um 1 ct/kWh bereits zum 1.Oktober 2005 gerechtfertigt hätte, sodass es einer separaten gutachterlichen Bestätigung der Berechtigung der eine solche Erhöhung faktisch erst "komplettierenden" Erhöhung um die zweiten 0,5 ct/kWh zum 1. Januar 2006 letztlich nicht bedurfte.

Die Beweisaufnahme hat im Übrigen ergeben, dass auch hinsichtlich dieser Verkaufspreiserhöhung keine Kompensation durch anderweitig sinkende Kosten gegeben war. Dies hat der Zeuge K. unter Hinweis auf das vom 1. Oktober bis 30. September laufende Wirtschaftsjahr, das für beide streitgegenständlichen Preiserhöhungen Bezugspunkt war, bestätigt.

5. Richtig ist auch die Annahme des Landgerichts, dass es im Rahmen der Billigkeitskontrolle unerheblich ist, ob in den Verträgen zwischen den Vorlieferanten und der Beklagten eine Preiskoppelung an den Preis für leichtes Heizöl vereinbart ist. Die nur für das Vertragsverhältnis zwischen der die Leistungen bestimmenden und der dieser Bestimmung unterworfenen Partei geltende Regelung des § 315 BGB kann nicht herangezogen werden, um auch die auf einer vorgelagerten Stufe der Lieferkette vereinbarten Preise einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (BGH, Urt. v. 13. Juni 2007, a. a. O., Rz. 27).

6. Soweit die Kläger - nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist - behauptet haben, die Beklagte subventioniere über die Tarifkundenpreise die ihren Sonderkunden in Rechnung gestellten Preise sowie die Bäder und Busbetriebe im Bereich der Kommunen um D., handelt es sich - abgesehen von Verspätungsfragen - um Behauptungen "ins Blaue" ohne hinreichende Anhaltspunkte. Dasselbe gilt für die wohl ebenfalls verspätete - Behauptung, die Beklagte wäre, um nicht gegen die Grundsätze der Billigkeit zu verstoßen, verpflichtet gewesen, ihren Tarifkunden Sonderkundenverträge anzubieten. da sie dies nicht tue, ergäben sich für sie, die Kläger als Tarifkunden, höhere Konzessionsabgaben, die bei funktionierendem Wettbewerb nicht anfielen.

Das gesamte Vorbringen bezieht sich im Übrigen auf die Vertragsgrundlagen im Ganzen und damit auf den der Billigkeitskontrolle nicht unterliegenden "Sockel" und ist für den hier zu entscheidenden Streit daher ohne Bedeutung.

C.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 sowie - hinsichtlich der Klägerin zu 9 - aus § 516 Abs. 3 ZPO.

II.

Bei der Festsetzung des Streitwerts gemäß § 3 ZPO hat der Senat berücksichtigt, dass Ziel der Klagen die Feststellung der Unwirksamkeit der zum 1. Oktober 2005 und zum 1. Januar 2006 vorgenommenen Preiserhöhungen von 3,94 ct/kWh auf 5,10 ct/kWh ist. Streitgegenständlich sind mithin Erhöhungen um ca. 30 %. Bei der Schätzung ist der Senat davon ausgegangen, dass die Kläger vor den Erhöhungen je Haushalt etwa 2.000 EUR jährlich für den Gasbezug zahlten (Bl. 6, 236, 292, 529 d. A.). 30 % hiervon sind rund 600 EUR.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsbegründung Anfang Oktober 2006 maßgeblich (§ 40 GKG). Der Streitwert je Haushalt ist folglich auf 600 EUR, für die Klagen der 10 Kläger, betreffend 8 Haushalte, auf 4.800 EUR zu schätzen. Für die Zeit ab Rücknahme der von der Klägerin zu 9 eingelegten Berufung (13. Oktober 2006, Bl. 840 d. A.) beträgt der Streitwert demnach nur noch 4.200 EUR.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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