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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: 14 U 214/03
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 17
Kommt es bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h zur Kollision mit Wildschweinen, liegt keine Unabwendbarkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG vor.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

14 U 214/03

Verkündet am 29. April 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ####### und der Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. September 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 18.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht in dem ausgeurteilten Umfang stattgegeben. Die Beklagten haften für die der Klägerin entstandenen Folgen des Unfalls, der sich am 13. Januar 2003 gegen 22:00 Uhr auf der B 4 zwischen ####### und ####### hinter der Abzweigung nach ####### ereignete, als Gesamtschuldner gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG n. F. Auch nach der vom Senat gemäß § 141 ZPO nachgeholten Anhörung des Beklagten zu 2, die unter den hier gegebenen Umständen bereits das Landgericht hätte durchführen müssen, lässt sich nicht feststellen, dass es sich bei der Kollision des vom Beklagten zu 2 geführten Fahrzeugs mit den drei Wildschweinen um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte.

Der Beklagte zu 2 hat angegeben, er habe kurz vor dem Unfall einen Streckenbereich passiert, in dem die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt gewesen sei, habe seinen Pkw nach deren Ende beschleunigt und habe zum Unfallzeitpunkt eine Geschwindigkeit von ca. 80 km/h inne gehabt. Er sei mit Abblendlicht gefahren, habe nach vorn geschaut und unmittelbar vor dem Unfallgeschehen von rechts einen Schatten kommen sehen. Als er den Aufprall gespürt habe, habe er zunächst an einen technischen Defekt gedacht. Erst nach dem Unfall habe er bemerkt, dass die Unfallursache die Kollision mit den insgesamt drei Wildschweinen gewesen sei.

Bei Zugrundelegung dieses Sachverhalts - der Senat hat keinerlei Veranlassung, die Richtigkeit der Angaben des Beklagten zu 2 zu bezweifeln - vermögen die Beklagten den ihnen obliegenden Beweis nicht zu erbringen, dass die Kollision des vom Beklagten geführten Pkw mit den Wildschweinen und der anschließende Zusammenstoß mit dem Fahrzeug der Klägerin für diesen unabwendbar war. Auch wenn im Bereich der Unfallstelle auf einen möglichen Wildwechsel nicht ausdrücklich durch das Gefahrzeichen 142 zu § 40 Abs. 6 StVO hingewiesen worden war, wäre der sog. Idealfahrer in diesem Bereich doch deutlich langsamer gefahren. Schließlich war es dunkel, und angesichts des entgegenkommenden Verkehrs bestand die Notwendigkeit, nur mit Abblendlicht zu fahren. Unter diesen Umständen wäre das Unfallgeschehen nur dann als unabwendbar anzusehen, wenn der Beklagte zu 2 innerhalb der überschaubaren Strecke hätte anhalten können. Dass dies nicht der Fall war, zeigt aber gerade der Unfallverlauf. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass beispielsweise das OLG Dresden (NJWRR 2002, 1030) ein Fahren mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 100 km/h mit Abblendlicht auf einer ebenfalls nicht mit dem Zeichen 142 gekennzeichneten Straße, auf der es zu Wildwechsel kommen kann, bereits als leicht fahrlässig bewertet hat.

Da unstreitig ist, dass die Kollision für die Klägerin ein unabwendbares Ereignis darstellte, haften die Beklagten gemäß §§ 17 Abs. 1, 7 Abs. 1 StVG allein für die Folgen des Unfalls. Daher ist zunächst einmal der in dem angefochtenen Urteil enthaltene Feststellungsausspruch nicht zu beanstanden. Dies gilt aber ebenso für das der Klägerin vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld in Höhe von 13.000 EUR, das seine Grundlage in § 11 Satz 2 StVG hat. Die seitens der Beklagten zur Höhe des ausgeurteilten Schmerzensgeldbetrages geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Angesichts der erheblichen gesundheitlichen und körperlichen Beeinträchtigungen, die die Klägerin infolge des Unfalls hinnehmen musste und die das Landgericht in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen wiedergegeben hat, stellt der zuerkannte Schmerzensgeldbetrag von 13.000 EUR auch nach Auffassung des Senats eine angemessene Entschädigung dar. Der Betrag steht insbesondere auch mit der vom Landgericht zitierten sog. Vergleichsrechtsprechung in Einklang.

Da sich die Berufung der Beklagten nach alledem unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt als begründet erweist, war sie zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 ZPO liegen nicht vor.

Den Streitwert für die Berufungsinstanz hat der Senat auf 18.000 EUR festgesetzt. Dabei hat er den Feststellungsantrag ebenso wie das Landgericht in seinem Beschluss vom 17. September 2003 (Bl. 59) mit 5.000 EUR bewertet.

Ende der Entscheidung

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