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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 13.08.2008
Aktenzeichen: 15 UF 185/07
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1587 f
FGG § 53 d
"Eine im Scheidungsverbund ergangene Entscheidung, dass der Versorgungsausgleich aufgrund einer entsprechenden ehevertraglichen Regelung nicht stattfindet, erwächst in materielle Rechtskraft und steht einem späteren isolierten Versorgungsausgleichsverfahren entgegen, wenn in der Entscheidung im Scheidungsverbund eine materiellrechtliche Prüfung der Wirksamkeit des Ehevertrages erfolgt ist, auch wenn diese nicht der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entsprechen konnte."
15 UF 185/07

Beschluss

In der Familiensache

betreffend die Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen den geschiedenen Ehegatten

hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### sowie den Richter am Amtsgericht ####### am 13. August 2008 beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Peine vom 21. Juni 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anträge der Antragstellerin als unzulässig abgewiesen werden.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

III. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Antragstellerin hat die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Sie hatten am 3. September 1975 die Ehe geschlossen. Durch notariellen Ehevertrag vom 20. Oktober 1977 - Urkunderolle Nr. ##/1977 des Notars Dr. ## in P. - haben sie bei gleichzeitigem Ausschluss der Zugewinngemeinschaft den Güterstand der Gütertrennung vereinbart (Ziffer 1), den Versorgungsausgleich ausgeschlossen (Ziffer 2) und zu Gunsten der Ehefrau eine Freistellungsvereinbarung bezüglich der Verbindlichkeiten, die auf dem im Alleineigentum des Ehemannes stehenden Hausgrundstück lasteten, getroffen (Ziffer 3).

Auf den am 27. August 1991 zugestellten Scheidungsantrag des Antragsgegners wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts P. vom 29. Oktober 1992 - ## - rechtskräftig geschieden, nachdem die Folgesache Versorgungsausgleich im Hinblick darauf, dass Streit über die Wirksamkeit von dessen Ausschluss bestand, aus dem Scheidungsverbund abgetrennt worden war.

Mit Beschluss vom 4. März 1993 stellte das Amtsgericht fest, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Zur Begründung führte es aus, dass die Eheleute im Ehevertrag ausdrücklich und gemäß § 1408 BGB wirksam den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hätten. Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung sittenwidrig sei, habe die Ehefrau nicht substantiiert vorgetragen. Ihr Hinweis, dass sie bei Abschluss der Vereinbarung deren Tragweite nicht übersehen habe, sei nach entsprechender Belehrung durch den beurkundenden Notar nicht ausreichend. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss wurden damals nicht eingelegt.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass der Ehevertrag bezüglich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs unwirksam sei (Ziffer 1), und eine Regelung des Versorgungsausgleichs dahin, dass Versorgungsanwartschaften "i.H.v. damals 352,84 DM" unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 4. März 1993 auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen werden.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht nach mündlicher Verhandlung die Anträge zurückgewiesen, weil eine Abänderung des Beschlusses vom 4. März 1993 gemäß § 18 Abs. 2 FGG bzw. § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO nicht zulässig sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und die Unwirksamkeit der notariellen Vereinbarung im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen geltend macht.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1.

Die erstinstanzlichen Anträge der Antragstellerin, die sie im Beschwerdeverfahren erkennbar weiterverfolgt, sind in der Sache darauf gerichtet, den Versorgungsausgleich nunmehr durchzuführen, weil die diesen ausschließende ehevertragliche Regelung aus heutiger Sicht unwirksam sei.

2.

Das dahingehend auszulegende Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist nicht zulässig, weil diesem aus der Sicht des Senats die materielle Rechtskraft des Beschlusses vom 4. März 1993 entgegensteht.

Das isolierte Verfahren auf Durchführung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs bestimmt sich gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es handelt sich um ein echtes Streitverfahren (privatrechtliche Streitsache), bei dem über subjektiv private Rechte der Beteiligten entschieden wird. Die gerichtlichen Entscheidungen sind der formellen und materiellen Rechtskraft fähig (BGH FamRZ 1983, 44. 2002, 1553. 2007, 536. Schmidt in: Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 15. Aufl., Rn. 226, 227 zu § 12).

a)

Gemäß § 53 d Satz 1 FGG findet eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nach § 1587 b BGB u.a. insoweit nicht statt, als die Ehegatten den Versorgungsausgleich nach § 1408 Abs. 2 BGB ausgeschlossen haben. Durch diese Vorschrift werden aus der materiellrechtlichen Regelung Folgerungen für das Verfahrensrecht gezogen (Weber in: Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 15. Aufl., Rn. 2 zu § 53 d. Jansen/Wick, FGG 3. Aufl., Rn. 1 zu § 53 d).

Nach der in Rechtsprechung und Literatur bisher wohl einhellig vertretenen Auffassung soll eine Feststellung nach § 53 d Satz 1 FGG grundsätzlich nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. BGH FamRZ 1991, 679, 680. Jansen/Wick, FGG 3. Aufl., Rn. 4 zu § 53 d), ihr komme keine konstitutive Wirkung zu (Bergschneider, Verträge in Familiensachen, 3. Aufl., Rn. 827. Borth, Versorgungsausgleich, 4. Aufl., Rn. 912). Eine gerichtliche Entscheidung ist entbehrlich, wird jedoch zur Klarstellung empfohlen (Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rn. 368). Die gleichlautende Entscheidung des Familiengerichts in der Urteilsformel stellt sich in diesen Fällen als ein - an sich nicht erforderlicher - Hinweis auf die kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge des § 53 d Satz 1 FGG dar, die eine Sachentscheidung über den Versorgungsausgleich entbehrlich macht (vgl. BGH FamRZ 2007, 536, 537 m.w.Nw.). Sei der Versorgungsausgleich im Hinblick auf eine ehevertragliche Regelung oder eine Vereinbarung gemäß § 1587o BGB nicht durchgeführt worden und stelle sich später deren Nichtigkeit heraus, sei es den Eheleuten grundsätzlich eröffnet, die Durchführung des Versorgungsausgleichs später geltend zu machen (vgl. BGH FamRZ 2002, 1553. OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 793. OLG Bremen FamRZ 2007, 1180. OLG Hamm FamRZ 2007, 1257, 1258. differenzierend Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rn. 368).

b)

Diese Auffassung wird vom Senat insoweit geteilt, als sie sich auf Fälle bezieht, in denen die Frage, ob ein ehevertraglicher Ausschluss des Versorgungsausgleichs wirksam ist und der durch diesen begünstigte Ehegatte sich hierauf berufen kann, im Ehescheidungsverfahren nicht geprüft worden ist. Darüber hinaus kann die Durchführung des Versorgungsausgleichs in einem späteren isolierten Verfahren auch in Fällen begehrt werden, in denen die Wirksamkeits- und Inhaltskontrolle eines Ehevertrages bzw. die Genehmigung einer Vereinbarung gemäß § 1587o BGB zwar erfolgt, aber deshalb ins Leere gelaufen ist, weil der Ehevertrag bzw. die Scheidungsfolgenvereinbarung aus anderen, von der Prüfung nicht umfassten Gründen nichtig ist, wie dies beispielsweise vom Bundesgerichtshof wegen Formmängeln oder Verstoßes gegen § 1408 Abs. 2 Satz 2 oder § 1587 o Abs. 1 Satz 2 BGB bejaht worden ist (vgl. BGH FamRZ 1991, 679, 680 [für den Fall fehlender anwaltlicher Vertretung eines Ehegatten]. 681, 682 [für den Fall eines Formmangels nach § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB]. 1994, 96, 97 [zur Unwirksamkeit bei Wegfall der Geschäftsgrundlage]. anders FamRZ 2002, 1553, 1554 [bei einer gerichtlichen Regelung des Versorgungsausgleichs auf der Grundlage einer Vereinbarung der Eheleute]).

Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn und soweit das Erstgericht im Rahmen seiner (materiellrechtlichen) Prüfung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs wirksam ist.

Das folgt einmal daraus, dass hinsichtlich der insoweit vergleichbaren Prozessentscheidungen, die eine Klage als unzulässig abweisen, allgemein anerkannt ist, dass diese in materielle Rechtskraft erwachsen (Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 151 Rn. 4, 6. Musielak in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., Rn. 6 zu § 322 ZPO, Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn. 1a zu § 322 ZPO. MünchKommZPO/Gottwald, 2. Aufl., Rn. 26, 161 ff. zu § 322 ZPO). In einem erneuten Verfahren können die in dem Prozessurteil behandelten verfahrensrechtlichen Punkte zur Zulässigkeit der Klage nicht abweichend entschieden werden. Die materielle Rechtskraft des Prozessurteils bewirkt eine Sperre für die Wiederholung einer Klage, die auf denselben Streitgegenstand gerichtet ist und denselben prozessualen Mangel aufweist, der zur Klagabweisung geführt hat (Musielak in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., Rn. 44 zu § 322 ZPO. MünchKommZPO/Gottwald, 2. Aufl., Rn. 161 zu § 322 ZPO. OLG Brandenburg NJWRR 2000, 1735, 1736). Eine neue Klage über denselben Streitgegenstand kann also nur als zulässig behandelt werden, wenn sich die prozessualen Umstände in dem fraglichen Punkt gegenüber dem Vorprozess geändert haben (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn. 1a zu § 322 ZPO).

Außerdem besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2005, 691. krit. Gomille NJW 2008. 274 ff.) bei Vorliegen der Voraussetzungen für diese Klageart die Möglichkeit, über die Wirksamkeit eines ehevertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs eine gerichtliche Entscheidung im Wege der Feststellungs(wider)klage herbeizuführen, die hinsichtlich der zur Entscheidung gestellten Frage materielle Rechtskraft entfaltet (BGH NJW 1982, 2257. Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 135/05 -).

Die materielle Rechtskraft beschränkt sich nach § 322 Abs. 1 ZPO auf den erhobenen Anspruch, über den entschieden wurde. Der unmittelbare Gegenstand des Urteils bzw. die erkannte Rechtsfolge ergeben sich aus dem Entscheidungssatz. Ausgehend von der Urteilsformel kann die materielle Rechtskraft - insbesondere bei klagabweisenden Urteilen - auch aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen zu ermitteln sein (vgl. BGH NJW 1983, 2032. 1985, 2535). In Rechtskraft erwachsen grundsätzlich als Urteilselemente nicht tatsächliche Feststellungen und die Beurteilung eines als vorgreiflich angesehenen Rechtsverhältnisses (vgl. BGH NJW 1995, 2993. MünchKommZPO/Gottwald, 2. Aufl., Rn. 90 ff. zu § 322 ZPO). Aus diesen Gründen ist wie für eine Prozessentscheidung oder ein Feststellungsurteil auch für einen Beschluss nach Maßgabe des § 53 d Satz 1 FGG auf die Gründe der Entscheidung zur Bestimmung der Rechtskraft abzustellen.

c)

Das Familiengericht hat im Rahmen des § 53 d Satz 1 FGG zu prüfen, ob und inwieweit der vertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtswirksam ist (vgl. Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rn. 368). Geht das Familiengericht hiervon aus, findet eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht statt (Weber in: Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 15. Aufl., Rn. 7 zu § 53 d).

Der Beurteilung, ob eine ehevertragliche Regelung i.S.v. § 1408 Abs. 2 BGB rechtlich wirksam ist, kommt sowohl Bedeutung für die materiellrechtliche Rechtsbeziehung zwischen den Eheleuten wie auch prozessuale Wirkung für das Verfahren bezüglich des Versorgungsausgleichs zu. Es handelt sich insoweit um eine quasi doppelrelevante Tatsache (vgl. im Rahmen der Zuständigkeit Heinrich in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., Rn. 20 zu § 1 ZPO. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn. 14 zu § 12 ZPO). Wurde daher die ehevertragliche Regelung einer Wirksamkeits- und Inhaltskontrolle des Gerichts unterzogen und als wirksam anerkannt, so ist diese rechtliche Beurteilung Grundlage dafür, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Die materiellrechtliche Prüfung des Ehevertrages allein bildet den prozessualen "Mangel", der der Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegensteht. Daher bezieht sich die materielle Rechtskraft einer dahingehenden Entscheidung nach Auffassung des Senats auf diesen verfahrensrechtlichen Punkt für die Zulässigkeit eines Verfahrens. Beide Aspekte lassen sich inhaltlich nicht trennen, so dass sich auch hierauf die Rechtskraft der Entscheidung erstreckt.

Daher können die Parteien eines Ehescheidungsverfahrens die Durchführung des Versorgungsausgleichs und damit eine Überprüfung des Ehevertrages nur unter solchen Gesichtspunkten begehren, über die das Erstgericht noch nicht entschieden hat (vgl. Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rn. 368 aE).

d)

Nach diesen Grundsätzen ist der Beschluss vom 4. März 1993 hinsichtlich der Beurteilung, ob die Beteiligten den Versorgungsausgleich in ihrem Ehevertrag wirksam ausgeschlossen haben, in materielle Rechtskraft erwachsen. Die Antragstellerin kann daher ein identisches Rechtsschutzbegehren nicht mehr geltend machen.

Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 1992 - ## Amtsgericht P. - wurde der Sachverhalt in der Folgesache Versorgungsausgleich im Hinblick auf die notarielle Urkunde vom 20. Oktober 1977 erörtert, nachdem der Antragsgegner in seinem Scheidungsantrag vom 13. August 1991 noch von der Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgegangen und die ehevertragliche Regelung zu diesem Zeitpunkt übersehen oder vergessen worden war. Erst mit Schriftsatz vom 21. August 1992 wurde der notarielle Vertrag im Verfahren vorgelegt. Vor diesem Hintergrund wird in den Entscheidungsgründen des Scheidungsurteils vom 29. Oktober 1992 die Abtrennung der Folgesache u.a. damit begründet, dass die Parteien erwägen, ob entgegen der notariellen Vereinbarung der Versorgungsausgleich gleichwohl durchgeführt werden soll.

Im Beschluss vom 4. März 1993 hat das Amtsgericht den Ehevertrag einer Überprüfung nach § 138 BGB unterzogen und Gründe für eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung insbesondere im Hinblick auf die Belehrung der Antragstellerin durch den beurkundenden Notar nicht feststellen können. Insoweit habe auch die damalige Antragsgegnerin keinen substantiierten Vortrag geführt. Dass die (damalige) Antragsgegnerin die Reichweite der Regelung nicht übersehen habe, führe nicht zu deren Unwirksamkeit.

Auch wenn der Prüfungsmaßstab des Amtsgerichts der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen (FamRZ 2004, 601 ff.) im Wege der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle nicht entsprechen konnte, führt die Änderung der diesbezüglichen Rechtsprechung nicht zu einer Begrenzung der Rechtskraftwirkungen einer zuvor ergangenen gerichtlichen Entscheidung (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn. 53 Vor § 322 ZPO). Daher haben sich die prozessualen Umstände in dem fraglichen Punkt gegenüber dem Vorverfahren nicht geändert.

3.

Der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs ist auch nicht nach § 10 a Abs. 1 und 9 VAHRG zulässig, die grundsätzlich eine Durchbrechung der Rechtskraft und eine Totalrevision der getroffenen Entscheidung ermöglichen (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 4, 6 zu § 10 a VAHRG).

a)

Nach § 10 a Abs. 1 VAHRG ändert das Familiengericht auf Antrag seine Entscheidung über den Versorgungsausgleich unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen ab. Neben einer inhaltlichen Regelung des Versorgungsausgleichs durch Übertragung oder Begründung von Anrechten können auch Negativentscheidungen erfasst werden, die feststellen, dass ein Ausgleich mangels Erwerbs ausgleichspflichtiger Anwartschaften ausscheidet (vgl. BGH FamRZ 1996, 282, 283. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 9 zu § 10 a VAHRG). Dies ist unproblematisch, wenn der Entscheidung Feststellungen über die von den Eheleuten erworbenen Anwartschaften zugrunde liegen (vgl. Staudinger/Rehme, 2004, Rn. 28. MünchKomm/Dörr, 4. Aufl., Rn. 6, Soergel/Hohloch, 13. Aufl., Rn. 12 jeweils zu § 10 a VAHRG). Eine abänderbare Entscheidung i.S.v. § 10 a Abs. 1 VAHRG liegt jedoch nicht vor, wenn eine Ausgleichspflicht ohne Ermittlung eines Wertunterschieds und Erstellung einer Ausgleichsbilanz bereits dem Grunde nach ausgeschlossen wurde (vgl. BGH FamRZ 1996, 282, 283. OLG Hamburg FamRZ 1989, 73, 74. Staudinger/Rehme, 2004, Rn. 28 zu § 10 a VAHRG) bzw. in der Entscheidung allein ein Hinweis auf § 53 d FGG erfolgt, weil in diesem Fall mangels Rechtskraft der Entscheidung bei Nichtigkeit der Vereinbarung das Erstverfahren fortzusetzen ist (vgl. MünchKomm/Dörr, 4. Aufl., Rn. 6 zu § 10 a VAHRG, wohl a.A. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 9 zu § 10 a VAHRG).

Nach beiden Auffassungen ist vorliegend mangels inhaltlicher Regelung bzw. Beurteilung der Versorgungsanwartschaften der Beteiligten eine Abänderung des Beschlusses vom 4. März 1993 gemäß § 10 a Abs. 1 VAHRG nicht eröffnet.

b)

Nach § 10 a Abs. 9 VAHRG sind die vorstehenden Vorschriften auch auf Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich entsprechend anwendbar, wenn die Ehegatten die Abänderung nicht ausgeschlossen haben. Ob von dieser Regelung allein - familiengerichtlich genehmigte - Vereinbarungen nach § 1587 o BGB erfasst werden (so MünchKomm/Dörr, 4. Aufl., Rn. 7 zu § 10 a VAHRG. Soergel/ Hohloch, 13. Aufl., Rn. 41 zu § 10 a VAHRG) oder auch Vereinbarungen gemäß § 1408 Abs. 2 BGB (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 9, 52 VAHRG. Soergel/Gaul, 12. Aufl., Rn. 43 a zu § 1408 BGB), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn nach der Übergangsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VAHRG besteht die Abänderungsmöglichkeit nach § 10 a VAHRG uneingeschränkt nur für nach dem 1. Januar 1987 geschlossene Vereinbarungen.

§ 10 a Abs. 9 VAHRG gilt - aus Gründen des Vertrauensschutzes - für vor dem 1. Januar 1987 geschlossene Vereinbarungen jedoch mit der Maßgabe, dass sie nur abgeändert werden können, soweit die Bindung an die Vereinbarung auch unter besonderer Berücksichtigung des Vertrauens des Antragsgegners in die getroffene Vereinbarung für den Antragsteller unzumutbar ist. Dies ist deswegen gerechtfertigt, weil die Eheleute in ihrer Vereinbarung eine spätere Abänderungsmöglichkeit nicht - wie es in § 10 a Abs. 9 HS 2 VAHRG vorgesehen ist - ausdrücklich ausschließen konnten (vgl. Soegel/Hohloch, 13. Aufl., Rn. 41 zu § 10 a VAHRG. MünchKomm/Dörr, 4. Aufl., Rn. 112 zu § 10 a VAHRG).

Vorliegend haben die Beteiligten neben der Regelung zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs Vereinbarungen über den Güterstand und die Hauslasten getroffen. Im Fall einer Globalvereinbarung (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 52 zu § 10 a VAHRG) findet nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 3 HS VAHRG eine Abänderung der Vereinbarung grundsätzlich nicht statt, es sei denn, dass die Regelung im Übrigen auch ohne den Versorgungsausgleich getroffen worden wäre. Dies kann der Senat nicht feststellen, weil die Beteiligten im Ehevertrag nach ihrem unstreitigen Vorbringen aufgrund der durch das 1.EheRG eingetretenen gesetzlichen Veränderungen die vermögensrechtlichen Beziehungen möglichst weitgehend ausschließen wollten.

4. Im angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Nach den voranstehenden Ausführungen sind die Anträge auf die Beschwerde hin als unzulässig abzuweisen.

III.

Der Senat lässt gemäß §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde zu, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Reichweite der materiellen Rechtskraft einer Entscheidung nach § 53 d Satz 1 FGG grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der Bundesgerichtshof hat im Beschluss vom 17. Januar 2007 ausgeführt, dass sich die Rechtskraft einer Prozessentscheidung nicht auf die Beurteilung von Vorfragen des materiellen Rechts erstreckt (FamRZ 2007, 536, 537), während der Senat die unter II. 2 b der Gründe dargestellte Differenzierung für erforderlich hält.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 21 GKG. Der festgesetzte Beschwerdewert ergibt sich aus § 49 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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