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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 22.06.2004
Aktenzeichen: 16 U 18/04
Rechtsgebiete: StrEG, BGB, ZPO


Vorschriften:

StrEG § 7 Abs. 1
BGB § 249
ZPO § 287 Abs. 1
1. Die nach § 7 Abs. 1 StrEG geschuldete Entschädigung geht auf den vollen Ausgleich des erlittenen Vermögensschadens (§ 249 BGB).

2. Ist die Beschlagnahme eines Fahrzeugs entschädigungspflichtig, so richtet sich der Umfang der Entschädigung einschließlich der entgangenen Gebrauchsvorteile (Nutzungsentschädigung) nach den allgemeinen Vorschriften über Schadensersatz.

3. Bei einem (beschlagnahmebedingten) Ausfall eines Pkw von 518 Tagen sind die in der Regulierungspraxis und der Rechtsprechung weithin anerkannten Tabellen von Sanden/Danner als Schätzgrundlage für die Bemessung der Nutzungsentschädigung nach § 287 ZPO in der Regel nicht geeignet.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

16 U 18/04

Verkündet am 22. Juni 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle im schriftlichen Verfahren nach Sachlage am 28. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter ####### und die Richter ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. Dezember 2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg teilweise abgeändert.

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 7.293,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 4/5 dem Kläger und zu 1/5 dem beklagten Land auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können eine Vollstreckung des Gegners durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des 1,2fachen des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit der Gegner nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2fachen des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von dem beklagten Land eine Entschädigung für die Einbuße der Gebrauchsmöglichkeit seines Pkw Daimler Benz SL 320 Cabrio, der erstmals am 19. Oktober 1993 zum Straßenverkehr zugelassen wurde. Dieser war im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger am 13. Juni 2000 wegen des Verdachts auf vorsätzlicher Herbeiführung eines Verkehrsunfalls zum Nachteil des Kfz-Versicherers beschlagnahmt worden. Mit Urteil vom 12. November 2001 sprach das Amtsgericht Hannover den Kläger frei. Am selben Tage wurde das Fahrzeug freigegeben. Das Amtsgericht Hannover erkannte dem Kläger mit Beschluss vom 12. April 2002 für die Dauer der Beschlagnahme (13. Juni 2000 bis 12. November 2001) eine Entschädigung dem Grunde nach zu. Während der Beschlagnahme erlitt das Fahrzeug einen Wertverlust von 3.528 EUR.

Mit Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft vom 20. Mai 2003 hat das beklagte Land die Entschädigung auf 4.593,50 EUR festgesetzt und diese wie folgt errechnet:

Entwertung 3.528,00 EUR Sachverständigenkosten 810,59 EUR Rechtsanwaltskosten 294,91 EUR

Der Kläger hat gemeint, ihm sei für jeden Tag der Beschlagnahme eine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen, die sich nach dem Tabellenwerk von Sanden und Danner unter Berücksichtigung des Alters des Pkw statt auf 90 EUR auf 80 EUR (eine Gruppe tiefer) täglich berechne. Er hat seinen Restanspruch wie folgt berechnet:

518 Tage x 80 EUR/Tag = 41.440,00 EUR abzüglich zuerkannter 3.528,00 EUR abzüglich zuerkannter 810,59 EUR Klageforderung 37.101,41 EUR

Seinen vom Landgericht aberkannten Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden (3.035,62 EUR), die an seinem Fahrzeug während der Beschlagnahme entstanden sind, verfolgt der Kläger mit der Berufung nicht mehr weiter (Bl. 96).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die sich am Wertverlust des Fahrzeugs orientierende Entschädigung sei angemessen. Die für das Schadensersatzrecht im Straßenverkehr entwickelten Grundsätze seien nicht unbeschränkt auf den Entschädigungsanspruch nach dem Gesetz über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen anzuwenden, denn dies gewähre für verschuldensunabhängige und rechtmäßige Eingriffe nur eine Entschädigung und keinen vollen Schadensersatz. Das Tabellenwerk von Sanden/Danner könne nicht als Grundlage für die Berechnung einer 518tägigen Beschlagnahme eines Pkw herangezogen werden. Es sei für den unfallbedingten Ausfall von Kraftfahrzeugen entwickelt worden, bei der auch wesentliche feste Kosten, wie die Kfz-Steuer und die Versicherungen berücksichtigt würden. Außerdem seien die Tabellenwerte, bei denen es sich um bereinigte Mietpreise für gleichwertige Ersatzfahrzeuge handele, nur insoweit als Berechnungsgrundlage geeignet, als es sich um Zeiträume handele, für die üblicherweise Ersatzfahrzeuge angemietet würden. Die begehrte Nutzungsentschädigung in Höhe von 41.440 EUR sei schließlich auch mit Blick auf den Zeitwert des Fahrzeugs von 26.381 EUR und die Entschädigungsregelung in § 7 Abs. 3 StrEG für Nichtvermögensschäden nicht vermittelbar. Im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Er meint, das Landgericht habe die Entschädigung nicht auf den Wertverlust beschränken dürfen, sondern habe ihm für jeden Tag der Beschlagnahme eine Nutzungsentschädigung zahlen müssen. Die Höhe der Nutzungsentschädigung werde auch nicht durch den Wiederbeschaffungswert des beschlagnahmten Fahrzeugs begrenzt.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und das beklagte Land zur Zahlung von 37.104,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 23. Mai 2003 zu verurteilen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung ist zum Teil begründet.

1. Der Kläger hat gegen das beklagte Land einen über den bloßen Wertverlust hinausgehenden Entschädigungsanspruch nach § 7 Abs. 1 StrEG. Dieser Anspruch bemisst sich im Wesentlichen nach den Kriterien, die die Rechtsprechung zu entgangenen Gebrauchvorteilen von eigengenutzten Kraftfahrzeugen im Deliktsrecht entwickelt hat. Für das Deliktsrecht hat der Große Senat für Zivilsachen beim Bundesgerichtshof klargestellt, dass der Gebrauchsverlust von Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebensführung typischerweise angewiesen ist, ein ersatzfähiger Vermögensschaden ist, bei dessen Berechnung es eines ergänzenden Wertansatzes bedürfe (BGHZ 98, 212). Für entgangene Gebrauchvorteile von Kraftfahrzeugen war und ist dies ständige Praxis der Rechtsprechung und der Schadensregulierung.

2. Diese für das Deliktsrecht über Jahrzehnte entwickelte Praxis kann aber bei der nach § 7 Abs. 1 StrEG geschuldeten Entschädigung nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 7 Abs. 1 StrEG, wonach Gegenstand der Entschädigung der durch die Strafverfolgung erlittene Vermögensschaden ist. Jedenfalls seit der Entscheidung des Großen Zivilsenats (a. a. O.) stellt der Verlust von Gebrauchsvorteilen an Kraftfahrzeugen einen Vermögensschaden dar (so auch BGH, Urt. v. 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86, WM 1988, 225 unter 4 a).

a) Die Bemessung der Entschädigung für durch Strafverfolgungsmaßnahmen erlittene Vermögensschäden richtet sich daher nach §§ 249 ff. BGB und ist auf den vollständigen Ausgleich des materiellen Schadens gerichtet. Ein sich an Billigkeitsgesichtspunkten orientierender Ausgleich kommt im Bereich von Vermögensschäden grundsätzlich nicht in Betracht. Richtig ist zwar, dass das Gesetz über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen lediglich eine Entschädigung für durch rechtmäßige Strafverfolgungsmaßnahmen erlittene Nachteile bezweckt (Schätzler/Kunz, StrEG, 3. Aufl., § 7 Rn. 6 ff.), während das Schadensersatzrecht an ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten (im Bereich der Gefährdungshaftung an insoweit gleichgestelltes Verhalten) des Ersatzpflichtigen anknüpft, dessen Folgen voll auszugleichen sind. Mögen das Deliktsrecht und die Strafrechtsentschädigung (Sonderopfer) auch einen unterschiedlichen Ursprung haben; im Bereich der Vermögensschäden wird, soweit ersichtlich, eine unterschiedliche Behandlung nicht vertreten. Im Anwendungsbereich des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ist jede Art von Vermögensschaden generell voll zu entschädigen. Für einen nur teilweisen Ausgleich erlittener Vermögensschäden bietet das Gesetz keine Stütze. Im Bereich der entschädigungspflichtigen Tatbestände ist daher der volle Vermögensschaden zu ersetzen (Schätzler/Kunz, StrEG, 3. Aufl., Einl. Rn. 24). Grundsätzlich wird darum eine uneingeschränkte Anwendung der §§ 249 ff. befürwortet (vgl. etwa Meyer, Strafrechtsentschädigung, 5. Aufl., § 7 Rn. 11).

b) Der Senat teilt nicht die Auffassung des Landgerichts Flensburg (JurBüro 2001, 501), das meint, die Rechtsprechung zum Nutzungsausfall im Deliktsrecht sei auch deshalb auf die Entschädigung nach § 7 Abs. 1 StrEG nicht anwendbar, weil sie auch zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Besserstellung des Schadensersatzpflichtigen entwickelt worden sei, der keine Vorteile daraus ziehen solle, dass der Geschädigte keinen Ersatzwagen anmiete. Zwar wurde die Berechtigung einer Nutzungsausfallentschädigung zum Teil auch darauf gestützt (vgl. Vorlagebeschluss 5. Zivilsenat vom 22. November 1985 - V ZR 237/84 = VersR 1986, 189 unter VI 3 b, aa). Auf dieses Argument kommt es seit der Entscheidung des Großen Zivilsenats aber nicht mehr an (Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86 = BGHZ 98, 212). Entgegen der Auffassung des Landgerichts Flensburg handelt es sich bei dem Nutzungsausfall auch nicht um Nichtvermögensschaden, sondern um einen Schaden am Vermögen (s. o.), so dass eine Begrenzung des Anspruchs nach § 7 Abs. 3 StrEG jedenfalls nicht mehr in Betracht kommt.

3. Grundsätzlich steht dem Kläger deshalb eine Nutzungsausfallentschädigung zu, die nach den § 249 ff. BGB zu bemessen ist.

a) Diese Entschädigung ist aber nicht nach den Tabellen von Sanden und Danner (NJW 2000, Beilage zu Heft 6 und NJW 2001, Beilage zu Heft 10) zu bemessen, weder nach der darin ausgewiesenen Nutzungsentschädigung noch nach den Vorhaltekosten. Diese Tabellenwerke, die ohnehin keine unverrückbare Größe im Rechtssystem sind, mögen sie sich auch in Fällen gewöhnlicher Ausfallzeiten als Grundlage für eine schnelle und praktikable Schadensregulierung als brauchbar erwiesen und in Standardfällen ohne Zweifel ihre Berechtigung haben, sie sind als Grundlage für eine auf den Streitfall bezogene sachgerechte Schätzung (§ 287 ZPO), dessen Besonderheit in einem ungewöhnlich langfristigen Ausfall besteht, aber nicht geeignet (vgl. nur OLG Saarbrücken, NZV 1990, 388, 389; OLG Karlsruhe, MDR 1998, 1285; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., StVG § 12 Rn. 44).

b) Die Anwendung der Tabelle würde im Streitfall offensichtlich auch zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Klägers führen und das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot verletzen. Denn unstreitig hat das Fahrzeug während der Beschlagnahme von 518 Tagen einen Wertverlust von 3.528 EUR erlitten. Dies entspricht einer durchschnittlichen täglichen Entwertung von 6,81 EUR. Dieser Betrag ist ein Rechnungsposten für die Bemessung der Nutzungsentschädigung, denn die gebrauchsunabhängige Entwertung der Sache beruht allein auf dem Alterungsprozess, der von der Beschlagnahme unbeeinflusst ist und auch ohne diese eingetreten wäre. Ein Ausgleich wird nur deshalb gewährt, weil der Geschädigte die sich ihm ansonsten bietenden Vorteile der Sache, die er gewissermaßen durch den Wertverfall erkaufen muss, nicht nutzen kann. Setzt man die Entwertung des Fahrzeugs pro Tag von dem verlangten Tagessatz von 80 EUR ab, so verbleiben allein 73,19 EUR für die Abdeckung des verbleibenden Schadens, der in dieser Höhe aber offensichtlich nicht entstanden ist. Welchen Restschaden der Kläger mit diesem Betrag ausgeglichen haben will, ist nicht ersichtlich.

c) Aus den genannten Gründen hält es der Senat auch nicht für gerechtfertigt, auf die Vorhaltekosten nach den Tabellen von Sanden/Danner abzustellen (zur Berechnungsweise NJW 2003, 803), die für den betreffenden Fahrzeugtyp 67,87 DM = 34,70 EUR [2000] und 65,89 DM = 33,69 EUR [2001] pro Tag ausweisen. Die Verfasser weisen selbst darauf hin, dass die altersbedingte Entwertung auf dem Anschaffungspreis eines Neuwagens beruht und es bei älteren Fahrzeugen wegen der Degression einer deutlichen Abwertung bedarf (NJW 1993, 803). Bei dem im Oktober 1993 zugelassenen Fahrzeug des Klägers geht es aber um den Wertverlust zwischen dem 7. und 8. Jahr, der zudem unstreitig ist.

Schließlich hat der Kläger in der Berufungsinstanz die Kosten, die er für die Bereithaltung des Fahrzeugs zum Betrieb im Straßenverkehr für den Zeitraum der Beschlagnahme aufgewendet hat, mit nur 1.110,82 EUR selbst beziffert (Bl. 98 ff.). Das sind 2,14 EUR/Tag. Ist der auszugleichende Schaden weitgehend beziffert, besteht auch kein vernünftiger Grund, auf die abstrakt berechneten Entschädigungssätze nach den Tabellen von Sanden und Danner zurückzugreifen (Vorrang der konkreten Schadensberechnung, Palandt, BGB, 62. Aufl., vorb. v. § 249 Rn. 50).

d) Der Nutzungsausfallschaden des Klägers ist daher wir folgt zu berechnen:

Wertverlust: 3.528,00 EUR

Steuern

2000

13,20 DM/100 cm² und Jahr

bis 3.200 cm² = 422,40 DM

davon 202/365 = 233,76 DM 119,52 EUR

2001

21,20 DM/100 cm³ und Jahr

bis 3.200 cm³ = 678,40 DM

davon 316/365 = 587,33 DM 300,30 EUR

Versicherungsbeiträge 655,42 EUR

Zw.Summe 4.603,24 EUR

pro Tag 1/518 8,89 EUR

Dem ist ein Ausgleich für den bloßen Entzug der Gebrauchsmöglichkeit hinzuzusetzen. Der Senat hält hier einen fahrzeugabhängigen Aufschlag von etwa 12 EUR pro Tag für angemessen, den er nach § 287 ZPO mit 15 % aus der Nutzungsausfallpauschale nach Sanden und Danner bemisst (Gruppe J = ca. 80 EUR).

Insgesamt beträgt der Anspruch des Klägers 10.821,02 EUR (= 20,89 EUR x 518), von dem - insoweit irrt der Kläger - allerdings nur die gezahlten 3.528 EUR für den erlittenen Wertverlust abzusetzen sind. Die gezahlten 810,67 EUR auf aufgewendete Sachverständigenkosten betreffen hingegen einen weitergehenden Vermögensschaden. Der Restanspruch des Klägers beträgt 7.293,02 EUR.

e) Der Senat war auch nicht gehindert, die Angaben des Klägers in seinem Schriftsatz vom 11. Mai 2000 (Bl. 108 ff.) zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Zwar hat das beklagte Land zunächst den Vortrag des Klägers bestritten, aber nur, weil die Schriftsatzanlagen zunächst nicht vorgelegt wurden (Bl. 114). Auf die sodann übermittelten Unterlagen (Bl. 106 R) hat das beklagte Land nicht mehr entgegnet, insbesondere hat es keine Zweifel an der Richtigkeit der überreichten Belege des Finanzamtes und des Versicherers geäußert. Allerdings hat der Senat bei der wegen einer Änderung des Kfz-Jahressteuersatzes von 13,20 DM/100 cm³ auf 21,20 DM/100 cm³ zum 1. Januar 2001 eine vom Kläger abweichende Berechnung vorgenommen. Zwar ist der Aufwand von 389,16 EUR für die Zeit vom 31. Oktober 2000 bis 8. Januar 2001 unter Berücksichtigung des Hubraums und der genannten Steuersätze offensichtlich zutreffend berechnet, jedoch war es ohne weiteres möglich, nicht mit einem durchschnittlichen Steuersatz, sondern genau abzurechnen.

f) Ob der Kläger oder dessen Vater die Beträge entrichtet hat oder ob sie überhaupt bezahlt worden sind, ist für die Bemessung der Nutzungsentschädigung unerheblich. Sie entfällt nicht, nur weil der Geschädigte die geschuldeten Aufwendungen nicht bestreitet.

g) Dem Ersatz dieser Kosten steht auch § 254 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Der Kläger war nicht verpflichtet, das Fahrzeug nach der Beschlagnahme vorübergehend stillzulegen, schon weil nach dem Beklagtenvortrag und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass der Kläger mit einer alsbaldigen Freigabe hätte rechnen können.

Keinem Zweifel unterliegt, dass der Kläger auch den Willen hatte, das Fahrzeug zu nutzen. Es war zum Zeitpunkt der Beschlagnahme zugelassen, versichert und in Benutzung. Es besteht nicht geringste Anhalt dafür, dass der Kläger seinen bis zur Beschlagnahme ausgeübten Willen zur Fahrzeugbenutzung mit der Beschlagnahme am 13. Juni 2000 aufgegeben hat. Nicht ersichtlich ist, wodurch sich die Willenslage des Klägers geändert haben sollte. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung ist folglich zu vermuten, dass der Kläger das Fahrzeug weiterhin benutzt hätte, wenn man es ihm belassen hätte (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. Oktober 1982 - 1 U 90/82 mit Nachweisen). Verneinte man einen Nutzungswillen, hätte das beklagte dem Land dem Kläger nicht einmal den nicht beschlagnahmebedingten Wertverlust ersetzen dürfen.

4. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 BGB.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 ZPO, die über die Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

2. Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO. Einer höchstrichterlichen Klärung bedarf nach Auffassung des Senats die Frage, ob der Umfang des Ersatzes für den Verlust von Gebrauchsvorteilen im Bereich der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen uneingeschränkt dem § 249 BGB unterliegt, so der erkennende Senat, oder ob der Anspruch wegen seiner Natur als Aufopferungsanspruch nur auf eine den Schaden womöglich nicht vollständig kompensierende Entschädigung geht. Die Beantwortung der Frage dürfte womöglich auch davon abhängen, ob man in dem Verlust von Gebrauchsvorteilen überhaupt einen reinen Vermögensschaden sieht. Sofern uneingeschränkt Ersatz nach § 249 ff. BGB zu leisten ist, erhebt sich die Frage, ob in Fällen eines ungewöhnlich langen Ausfalls eines Kraftfahrzeugs die Höhe der Nutzungsentschädigung den in der Praxis anerkannten Tabellen von Sanden/Danner und Küppersbusch/Seifert/Splitter entnommen werden kann oder gar zwingend zu entnehmen ist.

Ende der Entscheidung

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