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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 19.03.2002
Aktenzeichen: 16 U 188/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 649
BGB § 626
Ein auf fortdauernde Werkleistungen gerichteter Rahmenvertrag unterfällt i.d.R. den Kündigungsvorschriften des Dienstvertragsrechts
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

16 U 188/01

Verkündet am 19. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2002 durch den Richter am Oberlandesgericht ####### als Vorsitzenden, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Amtgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter teilweiser Abänderung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.059,32 € (= 93.995,87 DM) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 10. April 2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Das weiter gehende Rechtsmittel der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 88 %, die Klägerin zu 12 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 55.000 € festgesetzt.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 €.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz im Hinblick auf eine am 10. Januar 2001 erfolgte fristlose Kündigung in Anspruch.

Die Beklagte errichtet und vertreibt Typenhäuser; die Klägerin führt u. a. Baugrunduntersuchungen durch und erstellt Baugrundgutachten.

Am 11. November 1998 fand zwischen Vertretern der Parteien eine Vorbesprechung statt, deren genauer Inhalt streitig ist. Mit Schreiben vom 23. November 1998 bestätigte die Klägerin das Gespräch und unterbreitete der Beklagten einen von ihr so genannten "Vertragsvorschlag", in dem sie die Erstellung von Baugrundgutachten anbot. Dabei ging sie ausweislich der mitgeteilten Kalkulation von 1.500 Gutachten pro Jahr und einer Vertragsdauer von einem Jahr beginnend ab dem 1. Februar 1999 sowie einem Kündigungszeitraum von drei Monaten aus. Die Beklagte reagierte auf das Schreiben nicht, erteilte der Klägerin aber ab Ende Dezember 1998 Aufträge zur Erstellung von Baugrundgutachten, die sie entsprechend der von der Klägerin in ihrem "Vertragsvorschlag" kalkulierten und in Rechnung gestellten Preise bezahlte.

Im Jahr 1999 erstellte die Klägerin 1.629 Gutachten, im Jahr 2000 weitere 1.592.

Mit Schreiben vom 10. April 2000 bemängelte der Architekt der Beklagten ein Bodengutachten vom 4. November 1999 hinsichtlich der Steifezifferberechnung.

Im Sommer 2000 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin künftig neben einer anderen Firma auch 3/4 der Aufträge für die zusätzliche Durchführung von Vermessungsleistungen erhalten sollte.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2000 bemängelte der Architekt der Beklagten gegenüber der Klägerin zwei Gutachten, weil in ihnen verschiedene Bodentypen mit gleichen Kennwerten angegeben worden seien und die Bettungszahl fehle.

Am 8. November 2000 übermittelte die Beklagte der Klägerin einen Vermerk ihres Statikers vom 7. November 2000, in dem dieser die fachliche Kompetenz der Klägerin unter Hinweis auf fehlerhafte Angaben zu den Bettungsmoduln in Frage stellte. Die Klägerin nahm hierzu mit Fax vom 16. November 2000 Stellung und regte eine persönliche Besprechung an. Mit Telefonanruf vom 10. Januar 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ihr künftig keine Aufträge mehr erteilen werde.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die fristlose Kündigung sei unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund sowie an einer Abmahnung gefehlt habe und die Zwei-Wochen-Frist analog § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Zwischen den Parteien sei auf der Grundlage ihres Vertragsangebotes vom 23. November 1998 ein Rahmenvertrag zustande gekommen, für den eine dreimonatige Kündigungsfrist gelte.

Aus der fristlosen Kündigung resultiere für sie ein Schaden in Höhe von 106.700,87 DM. Ausgehend von monatlichen Einnahmen aus den Aufträgen der Beklagten im Jahr 2000 in Höhe von 67.014,16 DM ergebe sich für Januar und Februar 2001 ein Einnahmeverlust in Höhe von 134.028,32 DM. Hiervon seien ersparte Aufwendungen in Höhe von insgesamt 27.327,45 DM für Arbeitgeberkosten, Benzinkosten, Telefon und Spesen in Abzug zu bringen.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 106.700,87 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass ein Rahmenvertrag zwischen ihr und der Klägerin nicht zustande gekommen sei. Das Vertragsangebot vom 23. November 1998 sei wegen Nichtannahme erloschen. Die der Klägerin erteilten Aufträge seien jeweils separat vergeben worden. Ihr außerordentliches Kündigungsrecht ergebe sich aus § 627 BGB, da die Bodengutachten unvollständig und fehlerhaft gewesen seien. Ihre Geschäftsleitung sei am 8. Januar 2001 nach Ende des Weihnachtsurlaubs über den Sachverhalt informiert worden.

Auch wenn ein Rahmenvertrag vorgelegen haben sollte, habe sie ihn wirksam analog § 626 Abs. 1 BGB gekündigt. Sie habe die Klägerin erfolglos abgemahnt; eine weitere Zusammenarbeit sei wegen der fortlaufend falschen Gutachten nicht mehr zumutbar gewesen.

Die Beklagte hat außerdem eingewandt, dass eine Mindestzahl jährlich zu erteilender Aufträge nicht festgelegt worden sei. Schließlich habe die Klägerin auch nicht vorgetragen, inwieweit sie sich bemüht habe, ihren behaupteten Schaden durch Ausführung anderer Aufträge zu minimieren.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein Rahmenvertrag geschlossen worden sei. Nach Treu und Glauben sei die Beklagte zur Ablehnung des Vertragsangebotes verpflichtet gewesen, wenn sie es nicht habe annehmen wollen. Jedenfalls seien ihre bereits Ende Dezember 1998 erfolgten Auftragserteilungen als neuer Antrag zu verstehen, den wiederum die Klägerin angenommen habe. Die fristlose Kündigung sei unwirksam, da es an der erforderlichen Abmahnung fehle. Das zwischen den Parteien entstandene Dauerschuldverhältnis sei nur dann ohne Abmahnung fristlos kündbar gewesen, wenn eine solche keinen Erfolg versprochen hätte oder das Vertrauensverhältnis schwer wiegend gestört gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt habe nicht vorgelegen. Die Beklagte schulde der Klägerin daher Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung. Die Schadensberechnung der Klägerin sei schlüssig. Insbesondere sei es naheliegend, dass sie nicht in kürzester Zeit Aufträge für sechs Mitarbeiter habe akquirieren können.

Für die Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (Bl. 166 ff.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.

Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass ein Rahmenvertrag weder schriftlich, mündlich noch konkludent zustande gekommen sei. Dies folge bereits daraus, dass ihr Architekt in der Vorbesprechung vom 11. November 1998 ausdrücklich klargestellt habe, dass eine Rahmenvereinbarung nicht gewünscht werde.

Selbst wenn von einem Rahmenvertrag auszugehen sei, habe die Klägerin aufgrund Schlechtleistung keinen Schadensersatzanspruch. Die Gutachten seien zum größten Teil mangelhaft gewesen und hätten dazu geführt, dass sie, die Beklagte, unwirtschaftliche Plattenbemessungen habe anstellen müssen. So seien von 60 Gutachten bei 34 die Steifemoduln zu niedrig angegeben; bei 14 Gutachten widerspreche die angegebene Bodengruppe dem Bodenprofil. Sie sei daher zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft, da der Klägerin aus zahlreichen Gesprächen in den Jahren 1999 und 2000 bekannt gewesen sei, dass Unzufriedenheit mit der Qualität ihrer Gutachten herrsche.

Darüber hinaus habe die Klägerin die durch die Kündigung ersparten Aufwendungen, insbesondere die Benzinkosten für das Jahr 2000, zu niedrig angesetzt sowie Ersparnisse für Wartungs- und Reparaturarbeiten unberücksichtigt gelassen.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet, dass der Architekt der Beklagten am 11. November 1998 erklärt habe, die Beklagte wünsche keine Rahmenvereinbarung. Im Gegenteil sei zwischen den Parteien ausdrücklich besprochen worden, dass die von der Beklagten gewünschten günstigen Konditionen als "Gegenleistung" eine langfristige Bindung erforderten. Für die Beklagte sei aus der Kalkulation mit 1.500 Gutachten pro Jahr auch erkennbar gewesen, dass die Preise im Hinblick auf eine länger dauernde Tätigkeit errechnet worden seien. Dadurch, dass die Beklagte die günstigen Preise in Anspruch genommen habe, habe sie ihr Einverständnis mit dem Vertragsangebot zum Ausdruck gebracht.

Die Gutachten seien mangelfrei gewesen. Außerdem gebe eine Fehlerhaftigkeit lediglich ein Mangelbeseitigungsrecht, nicht dagegen ein Kündigungsrecht.

Die Beklagte habe zudem die erforderliche Abmahnung unterlassen. Soweit sie behaupte, in den Jahren 1999 und 2000 seien mehrfach Gespräche über die Gutachtenqualität geführt worden, sei ihr Vorbringen unsubstantiiert.

Die Beklagte habe zudem die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten, sodass die Kündigung auch aus diesem Grunde unwirksam sei.

Für das weitere Vorbringen der Parteien und den Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung zu, allerdings nur in der im Tenor bezeichneten Höhe.

1. Zwischen den Parteien wurde ein Rahmenvertrag über die Erstellung von rund 1.500 Baugrundgutachten pro Jahr geschlossen.

Die Beklagte hat das entsprechende Vertragsangebot der Klägerin vom 23. November 1998 jedenfalls konkludent angenommen. Zwar hat sie auf das genannte Schreiben unstreitig weder schriftlich noch mündlich reagiert. Doch trägt sie selbst vor, der Klägerin bereits ab Dezember 1998 Aufträge erteilt zu haben - und zwar ohne dass sie zuvor ein abweichendes neues Angebot habe abgeben wollen. Im Schriftverkehr mit der Klägerin hat sie auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Aufträge regelmäßig erteilen wolle und hierfür ein gleichsam "normiertes", automatisiertes Verfahren vorsehe. Die Wortwahl in ihrem Schreiben vom 14. Juli 1999 (Bl. 18 f.) ist insofern unmissverständlich und spricht klar gegen ihr Vorbringen, sie habe jeweils nur einzelne konkrete Aufträge erteilen wollen: "Sie bekommen von uns regelmäßig einmal in der Woche eine Liste mit den Ihnen zugesandten Aufträgen", "Zukünftig wollen wir keine Baudurchsprache mehr durchführen", "die Termine so schnell wie es irgendwie geht, bzw. in dem z. Z. abgesprochenen 14-Tage-Rhythmus abarbeiten".

Die Klägerin konnte das Verhalten der Beklagten, die ihr in den Jahren 1999 und 2000 tatsächlich die dem Vertragsangebot entsprechende Anzahl von Aufträgen zukommen ließ, nur in dem Sinne verstehen, dass diese mit den vorgeschlagenen Vertragsbedingungen einverstanden war. Dies gilt umso mehr, als die Gutachtenerstellungen auch nach den mit dem "Vertragsvorschlag" der Kläger vom 23. November 1998 kalkulierten Preisen abgerechnet und bezahlt worden sind. Die Beklagte selbst hat insofern sogar noch in ihrer Berufungsbegründung erklärt, dass sie die Aufträge "zu den Bedingungen des Schreibens vom 23. November 1998 erteilt" habe (Bl. 190) und damit den Vortrag der Klägerin gestützt, dass die Auftragsvergaben auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung erfolgten.

Daran ändert auch die Behauptung der Beklagten nichts, ihr Architekt habe in der Vorbesprechung vom 11. November 1998 ausdrücklich erklärt, eine Rahmenvereinbarung könne nicht getroffen werden:

Zum einen ist die Behauptung unglaubhaft. Abgesehen davon, dass nicht plausibel gemacht ist, weshalb sich die Beklagte erst in zweiter Instanz auf dieses Vorbringen besinnt, obwohl die Frage der vorvertraglichen Absprachen bereits in erster Instanz eingehend erörtert worden ist, trifft der Einwand der Klägerin zu, dass dann ihr Vertragsvorschlag vom 23. November 1998 wenig nachvollziehbar wäre, weil er - unter Bezugnahme auf die Besprechung vom 11. November 1998 - das Gegenteil von dem beinhaltet hätte, was besprochen worden wäre. Die Klägerin hätte sich insofern keine Hoffnung machen können, dass ihr Vorschlag akzeptiert würde. Vor allem hätte es dann aber auch nahegelegen, dass sich die Beklagte ausdrücklich gegen das nach ihrer Sicht von der Vorbesprechung abweichende Angebot ausgesprochen hätte. Im Gegenteil hat sie aber - wie oben ausgeführt - ohne jede Richtigstellung bereits im Dezember 1998 begonnen, an die Klägerin fortlaufend Aufträge zu vergeben. Eine nachvollziehbare Erklärung für dieses Verhalten gibt die Beklagte nicht.

Zum anderen kommt es auf den Inhalt der Vorbesprechung nicht entscheidend an. Selbst wenn die Klägerin nämlich am 23. November 1998 ein von der Besprechung abweichendes Vertragsangebot gemacht hätte, hätte die Beklagte durch die umgehenden und widerspruchslosen Auftragserteilungen (zu den Angebotspreisen!) hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Vorbesprechung, sondern das spätere Angebot der Klägerin Vertragsgrundlage sein sollte.

Nicht zuletzt sprechen für das Zustandekommen der Rahmenvereinbarung auch allgemeine wirtschaftliche Erfahrungssätze. Da die Klägerin im Hinblick auf die Anzahl der zu erwartenden Aufträge unstreitig ihre personellen Kapazitäten erweitern musste, benötigte sie Planungssicherheit. Aber auch die Beklagte musste an einer längerfristigen Bindung der Klägerin interessiert sein, weil sie zum einen dadurch günstigere Konditionen erhielt, die ihr zumindest die Klägerin sonst nicht eingeräumt hätte, und sie zum anderen sicherstellen konnte, den bauwilligen Käufern zeitnah die erforderlichen Baugrundgutachten anbieten zu können.

2. Die fristlose Kündigung des Rahmenvertrages war unwirksam.

a) Die von der Beklagten in der Berufung geäußerte Auffassung, das Vertragsverhältnis - so es denn bestehe - unterliege dem Werkvertragsrecht mit der Folge, dass es gemäß § 649 BGB jederzeit habe gekündigt werden können, trifft so nicht zu.

Zwar war die von der Klägerin geforderte Arbeitsleistung auf die Herstellung individuell gefertigter Werke (Gutachten) gerichtet. Doch ließe die Anwendung des Werkvertragsrechts hier unberücksichtigt, dass es sich bei der Verbindung der Parteien um ein Dauerschuldverhältnis handelte, das neben der Verpflichtung zur Erbringung fortlaufender Werkleistungen auch dienstvertragliche Elemente beinhaltete, die es rechtfertigen, hier die Kündigungsvorschriften des Dienstvertragsrechts anzuwenden.

Hierfür sprechen vor allem der für beide Seiten erhebliche Umfang der beauftragten und erbrachten Leistungen sowie die kurze und auf Regelmäßigkeit gerichtete zeitliche Abfolge, in der die Gutachtenaufträge erteilt und erledigt wurden. Die Beklagte hat dementsprechend in ihrem Schreiben vom 14. Juli 1999 - wie oben zitiert - Wert darauf gelegt, dass die Liste der Aufträge "in dem z. Z. abgesprochenen 14-Tage-Rhythmus" abzuarbeiten sei.

Im Hinblick auf das vereinbarte Gutachtenvolumen von rund 1.500 Stück pro Jahr stellten die darauf erfolgten Zahlungen zudem ein regelmäßiges Einkommen für die Klägerin dar.

Der dauerschuldrechtliche Vertragscharakter erforderte es auch, langfristige Vorkehrungen (wie Kapazitätserweiterungen) zu treffen. Es wäre insofern unbillig, allein den "dauerwerkleistenden" Vertragspartner mit dem Risiko seiner wirtschaftlichen Expansion zu belasten, ihm im Gegenzug aber die relative Sicherheit einer längerfristigen Bindung zu versagen. Darauf aber liefe es hinaus, wenn man die auf Fortdauer angelegte Vereinbarung der Parteien isoliert nach dem Gegenstand der Einzelleistung beurteilen und sie den werkvertraglichen Kündigungsvorschriften unterwerfen wollte.

b) Die Anwendbarkeit des Dienstvertragsrechts führt hier indes nicht zur Geltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist, auch wenn § 621 BGB bei fortlaufenden Werkleistungen grundsätzlich analog anwendbar ist (vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl., § 649 Rn. 1). Die Parteien haben die Vorschrift durch die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von drei Monaten nämlich wirksam abbedungen (vgl. Palandt, a. a. O., § 621 Rn. 2).

c) Auch ein außerordentliches Kündigungsrecht entsprechend § 627 Abs. 1 BGB kann die Beklagte nicht für sich in Anspruch nehmen. Bei den von der Klägerin zu erbringenden Leistungen handelte es sich nicht um Dienste höherer Art im Sinne dieser Vorschrift. Ähnlich wie bei Architektenleistungen käme hier eine Anwendbarkeit des § 627 BGB nur in Betracht, wenn die Klägerin z. B. neben reinen Untersuchungs- und Vermessungsleistungen auch in erheblichem Umfang Beratungsaufgaben übernommen hätte, die regelmäßig ein besonderes Vertrauen des Auftraggebers in den Auftragnehmer voraussetzen (vgl. hierzu die Beispiele bei Palandt, a. a. O., § 627 Rn. 2 i. V. m. Einführung vor § 611 Rn. 17). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; die in den Gutachten enthaltenen Angaben zur Notwendigkeit von Fundamentplatten, Abdichtungen oder Dränagen stellen offensichtlich lediglich Empfehlungen und unverbindliche Schlussfolgerungen aus den durchgeführten Bodenuntersuchungen dar, sind dagegen nicht hauptsächlicher Leistungsinhalt. Dies ergibt sich bereits aus dem Vertragsvorschlag der Klägerin vom 11. November 1998, in dem als Leistungsgegenstand lediglich "Angaben zur Baugrundzusammensetzung, zulässigen Bodenpressung ... ggf. zur Wasserhaltung, Dränage, Isolierung WU-Bauweise etc." genannt werden. Die Beklagte trägt im Übrigen auch keine Umstände vor, die zu einer anderen Beurteilung Anlass gäben.

d) Der Beklagten stand somit allenfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht entsprechend § 626 Abs. 1 BGB zu. Unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen "wichtiger Grund" und "Unzumutbarkeit" gegeben waren, fehlte es jedoch in jedem Fall an der Fristgemäßheit der Kündigung, sodass sie bereits aus diesem Grunde unwirksam ist.

Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsberechtigten von dem wichtigen Grund erklärt werden. Obwohl die Klägerin die Rechtzeitigkeit der Kündigung in Abrede gestellt hat, hat die Beklagte nur vage vorgetragen, dass die Kenntnis "der Geschäftsleitung" erst "nach dem Weihnachtsurlaub, endend am 8. Januar 2001" vorgelegen habe (Bl. 52). Durch wen wann welche Informationen an welche Person weitergegeben worden ist, trägt sie dagegen nicht vor. Außerdem war - wie sie selbst ausführt - spätestens der Vermerk ihres Statikers vom 7. November 2000 (Bl. 26) Anlass für sie, die Zusammenarbeit mit der Klägerin zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der "Weihnachtsurlaub" der Geschäftsleitung zweifellos noch nicht begonnen, sodass eine Information bereits Anfang November offensichtlich nicht ausgeschlossen war. Soweit die Beklagte behauptet, dass sie sich im Hinblick auf das von ihrem Statiker bemängelte Gutachten zunächst mit einem Sachverständigen der ####### in Verbindung gesetzt habe, fehlt es an jedwedem substantiierten Vortrag zu Zeitpunkt und Form dieser Nachfrage sowie ihrer Beantwortung (Bl. 52).

Die Kündigung ist daher nicht wirksam erfolgt, der Schadensersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach berechtigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer eventuellen Mangelhaftigkeit einzelner Gutachten; diese würde allenfalls zu Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüchen der Beklagten führen, die sie indes nicht geltend macht.

e) Schließlich würde die Wirksamkeit der Kündigung auch bei Zugrundelegung der werkvertraglichen Vorschriften nicht zu bejahen sein, und zwar auch dann nicht, wenn zugunsten der Beklagten vom Vorliegen eines wichtigen Grundes auszugehen wäre.

Wirksamkeitsvoraussetzung wäre auch dann jedenfalls eine vorausgegangene Abmahnung (vgl. Palandt, a. a. O., Einleitung vor § 241 Rn. 19, § 276 Rn. 127), die hier nicht gegeben ist. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung sind die von ihr gegenüber der Klägerin geäußerten Zweifel an der Gutachtenqualität in den Jahren 1999 und 2000 "immer wieder zerstreut worden" (Bl. 195). Die von ihr - im Wesentlichen unsubstantiiert - vorgetragenen "zahlreichen Gespräche" haben daher offenbar durchweg zumindest zur Beschwichtigung der Beklagten geführt; eine Abmahnung ist darin gerade nicht zu erkennen.

Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Vorliegen des Vermerks ihres Statikers vom 7. November 2000 ihr Vertrauensverhältnis zur Klägerin derart gestört gewesen wäre, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Gerade das Zuwarten mit der Kündigung bis zum 10. Januar 2001 und die Einholung von fachlichen Beurteilungen der ####### zeigen, dass die Beklagte durchaus noch unentschieden war, wie sie weiter vorgehen sollte.

Gegen einen unzumutbaren "Leidensdruck" der Beklagten spricht auch, dass sie der Klägerin trotz jahrelanger Zweifel an einzelnen Gutachten immer wieder Aufträge erteilt und sie im Sommer 2000 sogar zusätzlich mit der Durchführung von Vermessungsleistungen beauftragt hat.

3. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch jedoch nicht in der vollen geltend gemachten Höhe zu. Insofern weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Klägerin die durch die Kündigung ersparten Aufwendungen zu niedrig bemessen hat.

a) Allerdings greift der Einwand der Beklagten nicht hinsichtlich der für Personalkosten dargelegten Einsparungen. Die Klägerin beziffert insofern ihre ersparten Aufwendungen mit 15.658,03 DM (Bl. 12) und legt als Berechnungsgrundlage eine durch ihren Steuerberater erstellte Auflistung der Lohnkosten für fünf im Januar bis Februar 2001 gekündigte Arbeitnehmer (Bl. 39) sowie eine ergänzende Berechnung vor (Bl. 47). Diese Darlegungen sind nachvollziehbar und von der Beklagten nicht substantiiert bestritten. Da die betreffenden Arbeitnehmer unstreitig ausschließlich zur Bearbeitung der Gutachtenaufträge der Beklagten beschäftigt worden waren, besteht auch kein Anlass, an ihrer fehlenden anderweitigen Verwendbarkeit zu zweifeln.

Soweit die Klägerin zunächst vorgetragen hatte, ein sechster Arbeitnehmer habe in ihrem Büro anderweitig eingesetzt werden können (Bl. 11), hat sie dieses Vorbringen in der Berufungsverhandlung korrigiert und abweichend behauptet, die betreffende Mitarbeiterin ####### habe im Januar und Februar 2001 noch die bis zur Kündigung erteilten Aufträge abzuarbeiten gehabt. Dem ist die Beklagte zwar entgegen getreten; indes reicht insofern ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht aus. Für Art und Umfang der streitigen Ersparnis oder eines streitigen anderweitigen Erwerbs trägt grundsätzlich der Auftraggeber die volle Beweislast (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Auflage, Rn. 1294). Die Beklagte hätte ihrerseits darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen, dass die Mitarbeiterin mit anderweitigen Aufgaben betraut worden ist. An die Substantiierungslast sind insofern zwar keine all zu hohen Anforderungen zu stellen; ein Bestreiten mit Nichtwissen reicht jedoch nicht.

b) Auch hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Benzinkosten besteht kein Anlass zu weiteren Abzügen. Soweit die Beklagte ausführt, dass auf der Grundlage von 336.098 gefahrenen Kilometern im Jahr 2000 die von der Klägerin veranschlagten Benzinkosten in Höhe von 23.282,16 DM zu niedrig seien, ist ihre mit Schreiben vom 11. Februar 2002 aufgestellte Gegenrechnung nicht überzeugend. Ihre Kilometerberechnung (Bl. 231 ff.) erscheint bereits deswegen überhöht, weil sie als Fahrtbeginn durchweg den Firmensitz der Klägerin zugrunde legt, auch wenn am selben Tag mehrere Baugrunduntersuchungen im selben Gebiet stattgefunden haben. Auch ist weder dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten noch der genannten Aufstellung der Kostenrahmen zu entnehmen, den die Beklagte für angemessen hält.

c) Dagegen hat sich die Klägerin kündigungsbedingt auch ersparte Reparatur- und Wartungskosten anzurechnen lassen, da nach ihrem eigenen Vorbringen die beiden Fahrzeuge GT 17 und GT 86 (Bl. 12) ausschließlich für die Bearbeitung der Gutachtenaufträge der Beklagten genutzt worden sind.

Der Einwand wurde in der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2002 erörtert. Gegen die Ankündigung des Senats, insoweit einen Abzugsbetrag zu schätzen, haben die Parteien keine Einwendungen erhoben.

Der Senat hält diesbezüglich einen abzusetzenden Betrag in Höhe von 780 DM für angemessen. Anknüpfungspunkte sind dabei die von der Klägerin mit 3.880,36 DM angegebenen ersparten Benzinkosten und ein sich daran orientierender, vom Senat als realistisch angesehener Ansatz von rund 20 % für anfallende Reparaturen und Wartungen.

d) Die Klägerin muss sich darüber hinaus einen weiteren Abzug für ersparte Sachkosten (Bohrmaterial, Untersuchungsmaterial etc.) anrechnen lassen.

Auch dieser Punkt wurde in der mündlichen Verhandlung erörtert und der Schätzung durch den Senat überlassen.

Der Senat hält es in diesem Rahmen für sachgerecht, auf die Kalkulationsregeln zurückzugreifen, die im Bereich des VOB-Vertrages Anwendung finden; grundlegende Unterschiede, die eine Vergleichbarkeit hindern würden, sind nämlich nicht ersichtlich. Im Gegenteil hat die Klägerin in ihrem Vertragsvorschlag vom 23. November 1998 gleichsam Einheitspreise für die von ihr zu erstellenden Gutachten angeboten (Bl. 17), in die nach allgemeiner Erfahrung neben den Lohnkosten auch die sonstigen Kosten (Gebrauchs-, Verbrauchsstoffe) eingeflossen sind. Diese betragen üblicherweise 10 bis 20 % der Differenz zwischen der Angebotssumme und der Summe der Einzelkosten; die restlichen 80 bis 90 % werden folglich zu den Lohnkosten gerechnet (vgl. Heyermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 8. Auflage, B § 2.2 Rn. 68 m. w. N.). Zwar sind von den Einzelkosten hier nur die Lohnkosten und gerade nicht die sonstigen Kosten bekannt, sodass eine entsprechende unmittelbare Berechnung der für Sachkosten ersparten Aufwendungen vorliegend nicht in Betracht kommt. Jedoch ist der genannten üblichen Kalkulation zu entnehmen, dass das Verhältnis von Lohn- und sonstigen Kosten in der Regel im Schnitt rund 90 : 10 bis 80 : 20 beträgt. Für die Gutachtenerstellungen durch die Klägerin gilt hier nichts anderes. Einen besonders hohen Materialaufwand hat sie - wie sich aus den beispielhaft zur Akte gegebenen Gutachtenexemplaren ergibt (Bl. 58 bis 98) - offenbar nicht gehabt. Sie hat lediglich Mittel benötigt, um per Bohrung eine Bodenprobe zu entnehmen und diese auf ihre Konsistenz, Feuchtigkeit, Wasserdurchlässigkeit und Belastbarkeit zu prüfen. Dass hierfür ungewöhnlich verbrauchsintensives Gerät oder besonders umfangreiche und materialintensive Laboruntersuchungen nötig gewesen wären, behauptet selbst die Beklagte nicht.

Ausgehend von einem durchschnittlichen Gutachtenpreis von 450 DM (vgl. den Vertragsvorschlag vom 11. November 1998, Bl. 16 f) und einem prozentualen Sachkos-tenanteil von 10 % ergeben sich danach Sachkosten i. H. v. 45 DM pro Gutachten. Bei 265 fiktiv erteilten Gutachtenaufträgen in den Monaten Januar und Februar 2001 (1592 im Jahr 2000 :12 x 2) folgt daraus eine Sachkostensumme i. H. v. 11.925 DM. Der Ansatz von 10 % erscheint dem Senat hier angemessen, weil einerseits zwar auch Kosten für Wagnis und Kapitaldienst einzubeziehen sind, andererseits die Klägerin bereits einen erheblichen Teil der Sachkosten, nämlich Benzin-, Telefon- und Reisekosten, von ihrer Forderung in Abzug gebracht hat.

e) Insgesamt ergeben sich danach durch Schätzung ermittelte zusätzliche Abzüge i. H. v. 12.705 DM.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die sonstigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10 und 11, 711 i. V. m. § 544 Abs. 1 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. liegen nicht vor.

Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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