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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 16 W 155/04
Rechtsgebiete: GG, FEVG


Vorschriften:

GG Art 104 Abs. 2 Satz 2
FEVG § 11
FEVG § 13 Abs. 1 Satz 1
Die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über eine nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden ist dann nicht unverzüglich, wenn der Betroffene vor 14.00 Uhr durch die Polizei festgenommen worden ist und erst am nächsten Tag dem Abschiebehaftrichter vorgeführt wird bzw. der Haftantrag erst am Vormittag des Folgetages gestellt hat.
16 W 155/04

Beschluss

In der Abschiebehaftsache

des eritreischen Staatsangehörigen B. M. T., geboren am ... in A.,

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter ... und die Richter ... und ... am 22. Dezember 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 4. August 2004 wird der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. Juni 2004 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Freiheitsentziehung des Betroffenen in der Zeit vom 24. Juni 2003, 14:00 Uhr, bis zum Erlass des Haftbeschlusses des Amtsgerichts Hannover vom 25. Juni 2003 (44 XIV 326/03) rechtswidrig war.

Die Beteiligte hat dem Betroffenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung getätigten Auslagen zu erstatten.

Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Betroffenen vom 4. August 2004 bleibt vorbehalten. Ihm wird aufgegeben, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb von zwei Wochen vorzulegen.

Gründe:

Die zulässige weitere sofortige Beschwerde ist begründet. Die Zurückweisung des Antrags des Betroffenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung in der Zeit vom 24. Juni 2003, 14:00 Uhr, bis zum Erlass des Haftbeschlusses durch das Landgericht verstößt gegen das Gesetz (§ 27 Abs. 1 FGG).

Zutreffend macht der Betroffene geltend, dass die durch die Ausländerbehörde veranlasste Freiheitsentziehung jedenfalls für die Zeit ab 14:00 Uhr rechtswidrig war. Nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG und § 13 Abs. 1 Satz 1 FEVG ist bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Das ist nicht geschehen. Der Betroffene wurde jedenfalls vor 14:00 Uhr (Bl. 9 d. A.) auf Ersuchen der Ausländerbehörde durch die Polizei zum Zwecke der Verbringung in Abschiebungshaft festgenommen, um damit dessen geplante Abschiebung zu sichern. Die Vorführung beim Abschiebehaftrichter am Folgetag war nicht mehr unverzüglich. Zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung gehört, dass der Haftantrag unverzüglich gestellt und darüber unverzüglich eine Entscheidung ergeht (Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 104 Rn. 38 [1958]). Dass dies geschehen kann, haben die Amtsgerichte jedenfalls außerhalb der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 StPO) durch geeignete Maßnahmen, etwa durch die Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes (§ 22 c GVG; BVerfG 105, 239), sicherzustellen. Im vorliegenden Fall fehlt es an einer unverzüglichen Stellung des Haftantrags, den die Beteiligte erst am Vormittag des Folgetages gestellt hat (Bl. 21). Dabei wäre es ihr ohne weiteres möglich gewesen, den Haftantrag sofort stellen, im Grunde hätte sie sogar einen Antrag auf vorläufige Freiheitsentziehung nach § 11 Abs. 1 FEVG stellen können, nachdem sie aufgrund der Ankündigung des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen vom 26. Mai 2003 (Bl. 5) damit rechnen musste, dass der Betroffene ihre Dienststelle aufsuchen werde.

Die Auslagenentscheidung beruht auf § 16 FEVG.

Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag war zurückzustellen, weil der Betroffene eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zur Akte gereicht hat. Die per Telefax übermittelte Erklärung des Betroffenen vom 23. Juli 2003 (AG Hannover, 44 XIV 326/03, Bl. 93) gibt über die Verhältnisse des Betroffenen zum Zeitpunkt der Einlegung der weiteren Beschwerde keine Auskunft.

Ende der Entscheidung

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