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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 09.02.2009
Aktenzeichen: 16 W 5/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 357
ZPO § 406
Zur Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen bei Durchführung eines Ortstermins ohne Anwesenheit des Antragsgegners bzw. seines Verfahrensbevollmächtigten.
16 W 5/09

Beschluss

in der Beschwerdesache

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Hannover vom 2. Januar 2009 - Einzelrichterin der 16. Zivilkammer - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis zu 30.000 EUR.

Gründe:

I.

Das Landgericht beauftragte den Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zu Feststellung von Baumängeln. Der Sachverständige führte drei Ortstermine durch und erstattete sein Gutachten. Daraufhin wurde er von den Antragsgegnern wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil sie bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter nicht zu dem dritten Ortstermin geladen worden seien.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht, auf dessen Beschluss wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat im Ergebnis mit Recht einen Grund für die Ablehnung des Sachverständigen nicht festzustellen vermocht.

1. Entscheidend ist, ob vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügende objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit und Objektivität des Sachverständigen zu erregen (BGH NJW 1975, 1363). Das ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar kann die Durchführung eines Ortstermins in Anwesenheit nur einer Partei und ohne Benachrichtigung der anderen Partei grundsätzlich die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen nach § 406 ZPO rechtfertigen, wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist. Der Senat unterstellt auch, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner eine Benachrichtigung vom Ortstermin am 26. August 2008 nicht erhalten hat. Indessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies etwa auf einem einfachen Büroversehen entweder im Büro des Sachverständigen oder auch in der Kanzlei des Rechtsanwalts oder auf einem Verlust des Schreibens im Postwege beruhte. Der Sachverständige hat dargelegt und hinreichend belegt, er habe die Absendung der Terminsbenachrichtigung an beide Anwälte zur Post gegeben, ebenso wie die Benachrichtigung des Landgerichts selbst und des weiteren Gutachters zum Zweck der Probenentnahme per Fax. Ebenso überzeugend wie der Sachverständige hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner vorgetragen, es könne ausgeschlossen werden, dass die Terminsnachricht in der Kanzlei eingegangen sei. Es handelt sich mithin nicht um einen Fall, in dem der Sachverständige von der Ladung oder Benachrichtigung einer Partei (bewusst) abgesehen und sie daher von der Teilnahme praktisch ausgeschlossen hat. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Antragsgegner, der Sachverständige sei verpflichtet, eine Ladung zum Ortstermin zuzustellen, auch um den Nachweis des Zugangs erbringen zu können. Das mag in Einzelfällen gerechtfertigt oder angebracht sein. Indessen ergibt sich aus den Vorschriften über den Sachverständigenbeweis eine solche Pflicht nicht. Es gilt vielmehr analog § 357 ZPO der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit bei Durchführung der Beweisaufnahme, zu der eben auch der Ortstermin eines gerichtlichen Sachverständigen gehört (Musielak/Stadler, ZPO, 6. Aufl., § 357 Rn. 2), wobei eine formlose Ladung genügt.

Bei diesem Sachverhalt bestehen aus der maßgeblichen vernünftigen Sicht der Partei keine Gründe für die Annahme oder auch nur Besorgnis, der Sachverständige werde nicht mit der gebotenen Neutralität den Gutachtenauftrag erledigen können. Es kommt hinzu, dass unstreitig die Notwendigkeit eines dritten Ortstermins zur Probenentnahme bereits zuvor von dem Sachverständigen angesprochen worden war, allerdings noch ohne einen konkreten Termin zu benennen. Weil es nur noch um den augenscheinlich in Anwesenheit aller Beteiligter bereits erfassten Bereich des behaupteten Pilzbefalls ging und hier lediglich noch die erforderlichen Proben durch das chemische Labor Dr. W. genommen werden sollten, um sie auf den Befall des echten Hausschwamms zu untersuchen, was der Sachverständige auch in dem Ladungsschreiben bereits angekündigt hatte, konnte er mit Recht davon ausgehen, dass die Antragsgegner und ihr Verfahrensbevollmächtigter ebenso wie der Anwalt der Antragsteller an der Teilnahme dieses Termins kein gesteigertes Interesse haben werden. Solches wird auch mit dem Ablehnungsantrag und der Beschwerdebegründung nicht dargetan. Deshalb war hier auch nicht noch eine telefonische Nachfrage durch den Sachverständigen vor Durchführung dieses Termins erforderlich, zu dem im Übrigen auch der Anwalt der Antragsteller nicht erschienen war. Die Eigentümer der betreffenden Wohnung waren ersichtlich lediglich deshalb vor Ort, um den Zugang zu ermöglichen.

2. Soweit die Antragsgegner in der Beschwerdeschrift (Bl. 181 f. zu Ziffer 5) einen weiteren Grund zur Ablehnung des Sachverständigen in dessen Stellungnahme vom 18. Dezember 2008 geltend machen, hat sich der Senat damit nicht zu befassen, weil erstmals mit der Beschwerde vorgetragene Ablehnungsgründe nicht zu berücksichtigen sind. solche können nämlich nicht im Ablehnungsverfahren mit der sofortigen Beschwerde nachgeschoben werden (OLG Düsseldorf MDR 2000, 1335). Abgesehen davon erscheint auch der hierzu vorgetragene Grund aus der Sicht einer vernünftig abwägenden Partei nicht überzeugend. Worauf die geringfügige Abweichung in der Ladung des Anwalts der Antragsteller beruht (mit Fax vorab, während diese Zeile in der Zweitschrift fehlt), kann deshalb offen bleiben, denn unstreitig hat er eine solche Ladung nur auf dem Postweg erhalten, wie der Sachverständige auch erklärt hat. Jedenfalls könnte eine Besorgnis der Befangenheit darauf nicht mit Erfolg gestützt werden.

3. Ob aus Gründen der (nachträglichen) Herstellung der Waffengleichheit und Parteiöffentlichkeit der Ortstermin zur Probenentnahme zu wiederholen ist, mag das Landgericht - wie im angefochtenen Beschluss am Ende erwogen - nach Anhörung der Parteien entscheiden. Die Antragsgegner sollten dazu dann allerdings vorsorglich vortragen, welches berechtigte Interesse sie daran haben könnten, zumal es lediglich - wie oben zu 1. erörtert - um die Probenentnahme an den zuvor bereits bei früheren Ortsterminen besichtigten Stellen ging, bei denen sie einschließlich ihres Verfahrensbevollmächtigten anwesend gewesen sind oder jedenfalls anwesend sein konnten. Ein solches Interesse ist bisher nicht erkennbar.

4. Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 3 ZPO (etwa 1/4 der Hauptsache).

Ende der Entscheidung

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